VwGH 2003/05/0094

VwGH2003/05/00947.9.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde der Tiroler Regelzone AG in Thaur, vertreten durch Dr. Heinz Knoflach, Dr. Eckart Söllner und Dr. Erik Kroker, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2, gegen den Bescheid der Energie-Control Kommission vom 6. Mai 2003, Zl. K NZV 01/02-38, betreffend Netzzugang (Mitbeteiligte Partei: Elektrizitäts-Gesellschaft Laufenberg Austria GmbH in Wien, vertreten durch Neudorfer Griensteidl Hahnkamper Stapf & Partner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Esslinggasse 9), zu Recht erkannt:

Normen

11997E081 EG Art81 Abs1;
11997E081 EG Art81 Abs2;
11997E081 EG Art81 Abs3;
11997E081 EG Art81;
11997E082 EG Art82;
11997E086 EG Art86 Abs2;
11997E234 EG Art234;
31996L0092 Elektrizitätsbinnenmarkt-RL Art17 Abs4;
31996L0092 Elektrizitätsbinnenmarkt-RL Art7 Abs5;
31996L0092 Elektrizitätsbinnenmarkt-RL Präambel Abs3;
31996L0092 Elektrizitätsbinnenmarkt-RL;
31999R2790 GruppenfreistellungsV vertikale Vereinbarungen Art2;
31999R2790 GruppenfreistellungsV vertikale Vereinbarungen Art3 Abs1;
61965CJ0056 Societe Technique Miniere / Maschinenbau Ulm VORAB;
61971CJ0022 Beguelin Import VORAB;
61981CJ0283 CILFIT und Lanificio di Gavardo VORAB;
61989CJ0234 Delimitis VORAB;
AVG §1;
AVG §38;
AVG §56;
ElektrizitätsG Tir 2001 §33;
ElektrizitätsG Tir 2001 §35 Z1;
ElektrizitätsG Tir 2001 §35;
ElektrizitätsG Tir 2001 §36 Abs1 litb;
ElektrizitätsG Tir 2001 §36 Abs2;
ElektrizitätsG Tir 2001 §38 Abs1;
ElektrizitätsG Tir 2001;
ElWOG 1998 §15;
ElWOG 1998 §19 Z1;
ElWOG 1998 §19;
ElWOG 1998 §20 Abs1;
ElWOG 1998 §20 Abs2 idF 2002/I/149;
ElWOG 1998 §22 Abs1;
ElWOG 1998 §22;
ElWOG 1998 idF 2002/I/149;
EURallg;
VwGG §38b idF 2004/I/089;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
11997E081 EG Art81 Abs1;
11997E081 EG Art81 Abs2;
11997E081 EG Art81 Abs3;
11997E081 EG Art81;
11997E082 EG Art82;
11997E086 EG Art86 Abs2;
11997E234 EG Art234;
31996L0092 Elektrizitätsbinnenmarkt-RL Art17 Abs4;
31996L0092 Elektrizitätsbinnenmarkt-RL Art7 Abs5;
31996L0092 Elektrizitätsbinnenmarkt-RL Präambel Abs3;
31996L0092 Elektrizitätsbinnenmarkt-RL;
31999R2790 GruppenfreistellungsV vertikale Vereinbarungen Art2;
31999R2790 GruppenfreistellungsV vertikale Vereinbarungen Art3 Abs1;
61965CJ0056 Societe Technique Miniere / Maschinenbau Ulm VORAB;
61971CJ0022 Beguelin Import VORAB;
61981CJ0283 CILFIT und Lanificio di Gavardo VORAB;
61989CJ0234 Delimitis VORAB;
AVG §1;
AVG §38;
AVG §56;
ElektrizitätsG Tir 2001 §33;
ElektrizitätsG Tir 2001 §35 Z1;
ElektrizitätsG Tir 2001 §35;
ElektrizitätsG Tir 2001 §36 Abs1 litb;
ElektrizitätsG Tir 2001 §36 Abs2;
ElektrizitätsG Tir 2001 §38 Abs1;
ElektrizitätsG Tir 2001;
ElWOG 1998 §15;
ElWOG 1998 §19 Z1;
ElWOG 1998 §19;
ElWOG 1998 §20 Abs1;
ElWOG 1998 §20 Abs2 idF 2002/I/149;
ElWOG 1998 §22 Abs1;
ElWOG 1998 §22;
ElWOG 1998 idF 2002/I/149;
EURallg;
VwGG §38b idF 2004/I/089;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der Mitbeteiligten in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Tiroler Wasserkraft AG (TIWAG) hat in Umsetzung des EIWOG und des Tiroler Elektrizitätsgesetzes 2001 (TEG) die Beschwerdeführerin (im Folgenden auch: TIRAG) als 100%-ige Tochter gegründet und per 5. Dezember 2001 mit den Funktionen des Regelzonenführers und Übertragungsnetzbetreibers betraut. Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 16. Jänner 2002 wurde die TIRAG als Regelzonenführer für den vom Übertragungsnetz der TIWAG abgedeckten Netzbereich benannt.

Die auf der Nord- und Südtiroler Seite bestehenden Leitungsteilstücke Steinach-Brenner und Brenner-Prati di Vizze waren nicht elektrisch miteinander verbunden. Im Jahr 2000 wurde mit der Reaktivierung der grenzüberschreitenden Leitung begonnen, wobei insbesondere auf die höhere Betriebsspannung auf italienischer Seite (132 kV) Bedacht zu nehmen war. Die Tiroler Landesregierung erteilte mit Bescheid vom 27. Jänner 2003 der TIWAG gemäß § 7 Abs. 1 und 2 Tiroler Starkstromwegegesetz die Bau- und Betriebsbewilligung für den Umbau der bestehenden 110 kV-Leitung Steinach-Brenner auf eine Betriebsspannung von 132 kV und für die Erweiterung des 110/30 kV-Umspannwerkes Steinach auf die Betriebsspannung von 132 kV. Mit Bescheid vom 18. Februar 2003 erteilte die Tiroler Landesregierung eine entsprechende naturschutzrechtliche Bewilligung.

Das hier gegenständliche Feststellungsverfahren nach § 20 Abs. 2 ElWOG wurde durch das Schreiben der mitbeteiligten Partei (auch: EGL) vom 27. November 2002 eingeleitet. Dieses Schreiben lautet:

"Wir haben bei der TIRAG Kapazitätsreservierungen für die projektierte Leitung nach Italien für die Jahre 2003 und 2004 vorgenommen.

Aus dem Antwortschreiben der TIRAG geht hervor, dass auf Grund bereits vorliegender Reservierungsansuchen und daraus resultierender Kapazitätsüberschreitungen, aus momentaner Sicht ein Netzzugang für die EGL nicht gewährt werden kann. Die Verweigerung des Leitungszuganges ist nach unserer Ansicht nicht gerechtfertigt. Wir erwarten eine transparente Vergabe der Kapazitäten und beantragen deshalb eine Prüfung der Verweigerungstatbestände durch die E- Control gemäß ElWOG § 20 (2).

Beiliegend erhalten Sie die Kopien der Kapazitätsreservierungen der EGL und das Antwortschreiben der TIRAG."

Dem waren zwei Schreiben der Mitbeteiligten an die Beschwerdeführerin mit Datum 8. Oktober 2002 (Telefax) angeschlossen. Das eine Schreiben betraf das Kalenderjahr 2003; darin wollte die Mitbeteiligte mit sofortiger Wirkung nach Fertigstellung für den Export nach Italien 100 MW bzw. 50 % des NTCs (= net transfer capacity) reservieren. In dem das Jahr 2004 betreffenden Schreiben wollte die Mitbeteiligte mit sofortiger Wirkung nach Fertigstellung für die Zeit vom 1. Jänner 2004 bis 31. Dezember 2004 200 MW bzw. 50 % des NTCs für den Export nach Italien reservieren.

Weiters vorgelegt wurde das Antwortschreiben der Beschwerdeführerin vom 14. November 2002, welches lautet:

"Wir beziehen uns auf Ihr Telefax vom 08.11.2002 sowie Ihre Urgenz vom 13.11.2002, mit denen Sie eine Reservierung für die Jahre 2003 und 2004 über 50% der Kapazität der projektierten Leitung nach Italien beantragen Wir dürfen Ihnen dazu mitteilen, dass mit einem gesicherten Betrieb der Leitungsverbindung jedenfalls erst im Jahr 2004 zu rechnen sein wird. Die Kapazitätsvergabe auf der gegenständlichen Leitung wird nach den Bestimmungen des § 19 EIWOG 2001 bzw. den jeweils gültigen Marktregeln erfolgen. § 19 (1) sieht für eingehende Reservierungsanmeldungen das 'first come, first serve'-Prinzip vor. Da bereits Reservierungsansuchen für diese Leitungsverbindung vorliegen, die die von uns zu vergebende Kapazität deutlich überschreiten, werden wir Ihre Anmeldung entsprechend dem zeitlichen Einlangen vormerken und dann berücksichtigen, wenn zeitlich vor Ihnen liegende Reservierungsansuchen entfallen."

Die belangte Behörde führte darauf ein Ermittlungsverfahren durch, wobei sie Stellungnahmen der Mitbeteiligten und der Beschwerdeführerin einholte; beide Parteien legten Urkunden vor. Hervorzuheben ist das Schreiben der Beschwerdeführerin vom 13. Jänner 2003, in welchem die Beschwerdeführerin erklärte, dass durch den Reservierungsvertrag mit dem Erstanmelder (TIWAG) bereits die volle zu vergebende Kapazität auf der neuen Leitungsverbindung vergeben war, weshalb die zeitlich nachgereihten Reservierungsansuchen gem. § 19 ElWOG abzulehnen waren. Im Zuge dieses Verfahrens wurde von der Beschwerdeführerin auch mangelnde Reziprozität bezüglich der Mitbeteiligten eingewendet. Am 9. April 2003 fand mit beiden Parteien eine mündliche Verhandlung statt, danach wurden weitere Urkunden vorgelegt.

Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde fest (Spruchpunkt 1), dass die Mitbeteiligte durch die Verweigerung des Netzzuganges seitens der Beschwerdeführerin in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Netzzugang verletzt worden ist. Andere Anträge der Mitbeteiligten wies sie wegen Unzuständigkeit gemäß § 20 Abs. 2 ElWOG in Verbindung mit § 6 AVG zurück (Spruchpunkt 2). Abgesehen vom eingangs wiedergegebenen Sachverhalt traf die belangte Behörde folgende, auszugsweise wiedergegebene Feststellungen:

"Die Reaktivierung der Leitung erfolgt durch die TIWAG im Auftrag der TIRAG als Übertragungsnetzbetreiber. Es erfolgte seitens TIRAG weder eine öffentliche Bekanntgabe der geplanten Inbetriebnahme der Leitung noch eine öffentliche Bekanntgabe der freien Leitungskapazitäten. Die Aufnahme des Probebetriebes der Leitung erfolgt - nach Vorliegen der entsprechenden Genehmigungen auf italienischer Seite - mit Jahresende 2003 bzw. Jahresbeginn 2004.

Reservierung von Kapazitäten auf der 'Brennerleitung':

1. Unternehmen A (= TIWAG):

Am 7.6.2002 suchte das mit der TIRAG verbundene Unternehmen A bei der TIRAG um Reservierung von Kapazitäten im Ausmaß von '200 bis 1.000 MW' für die Jahre 2003 bis 2033 an. A war der geplante Umbau der Leitung sowie das Vorhandensein freier Kapazitäten aus dem Umstand bekannt, dass dieses Unternehmen die Reaktivierung der Leitung im Auftrag der TIRAG vornimmt. Mit Schreiben vom 31.10.2002 wurde dem Unternehmen A seitens TIRAG ein entsprechender Vertrag über die Kapazitätsreservierung übermittelt, der von A angenommen wurde. Der Vertrag sieht vor, dass die gesamte technische Kapazität der Leitung bis zum Ende des Jahres 2007 für das Unternehmen A reserviert wird und die über diesen Zeitraum hinausgehenden Reservierungsanträge in Evidenz genommen werden und 'entsprechend den gesetzlichen Vorgaben' behandelt werden. Der wirtschaftliche Vorteil des Probebetriebes, d. h. die Ausnutzung des Preisgefälles zwischen Österreich und Italien, kommt dem Unternehmen A zugute.

2. EGL Austria GmbH

Die EGL Austria GmbH schloss am 5.11.2002 mit dem größten österreichischen Produzenten von Wasserkraft zwei 'Optionsvereinbarungen über den Kauf von TÜV-zertifizierter elektrischer Energie' betreffend das Jahr 2003 sowie eine weitere Vereinbarung betreffend das Jahr 2004. Die Vereinbarungen haben die Belieferung der Bilanzgruppen der Antragstellerin in den Regelzonen APG und TIRAG mit elektrischer Energie ausschließlich aus Wasserkraftwerken des Vertragspartners für die Zeiträume 1.1.2003 bis 31.12.2003 bzw. 1.1.2004 bis 31.12.2004 zum Gegenstand. Am 8.11.2002 beantragte die EGL Austria GmbH jeweils mit Fax bei der TIRAG die Reservierung von Kapazität für einen Export nach Italien bis zur Übergabestelle TIRAG/GRTN ...."

In ihrer rechtlichen Beurteilung verwies die belangte Behörde zunächst darauf, dass sie bezüglich der Frage der Netzzugangsberechtigung der Mitbeteiligten, die ihren Sitz in Wien hat, die Vorschriften des Wiener Elektrizitätswirtschaftsgesetztes 2001 - WElWG, LGBl. Nr. 72/2001, hinsichtlich der Beurteilung der Netzzugangsverweigerungsgründe wegen des Sitzes der TIRAG (der Beschwerdeführerin) in Tirol das Tiroler Elektrizitätsgesetz 2001 - TEG, LGBl. Nr. 76/2001, anzuwenden habe.

Die belangte Behörde setzte sich in der weiteren Bescheidbegründung mit dem Netzzugangsverweigerungsgrund des § 36 Abs. 1 lit. b TEG (mangelnde Netzkapazität) auseinander. Bei knappen Kapazitäten müsse der Netzbetreiber eine Reihung der Anträge gemäß der Prioritätenliste im § 35 Z. 1 bis 4 TEG (§ 19 ElWOG) vornehmen. Die Beschwerdeführerin habe sich bei der Verweigerung des Netzzuganges auf § 35 Z. 1 TEG gestützt und das Vorliegen einer bestehenden Vereinbarung geltend gemacht, wodurch die gesamte technische Leitungskapazität für die Jahre 2003 bis 2004 ausgelastet sei. Wohl habe die belangte Behörde in einer veröffentlichten Entscheidung vom 13. Februar 2002, K NZV 21/01- 46, ausgeführt, dass es sich bei den "vertraglichen Verpflichtungen" um den zwischen Netzbetreiber und Netzbenutzer geschlossenen Transportvertrag handle und dass § 19 ElWOG mangels gegenteiliger gesetzlicher Anhaltspunkte grundsätzlich so zu interpretieren sei, dass Anträge in der Reihenfolge ihres Einlangens zu behandeln seien ("first come - first served"- Prinzip). Eine gewisse Lockerung dieses Prinzips sei allerdings durch die Sonstigen Marktregeln 2.0 eingetreten, die gemäß § 9 Abs. 1 Z. 1 Energie-Regulierungsbehördengesetz (E-RBG) von der Energie-Control GmbH gemeinsam mit den Marktteilnehmern ausgearbeitet und veröffentlicht worden seien. Diese am 1. Jänner 2003 in Kraft getretenen Marktregeln würden vorsehen, dass Anträge auf Reservierung eines Querschnittes an einer Kuppelstelle einer österreichischen Regelzone zu einer anderen ausländischen Regelzone für das jeweils folgende Kalenderjahr am ersten Donnerstag im Dezember des jeweils laufenden Kalenderjahres vom jeweiligen Regelzonenführer behandelt würden; alle bis zu diesem Tag bis 12 Uhr eingelangten Anträge auf Reservierung für das jeweils folgende Kalenderjahr würden vom Regelzonenführer als gleichzeitig eingetroffen betrachtet. Reichten die vorhandenen, in der Disposition des Regelzonenführers stehenden Leitungskapazitäten nicht aus, um allen Anträgen auf Nutzung der Kuppelstellen zu entsprechen, habe der Regelzonenführer unter Beachtung der Prioritätenreihung gemäß § 19 ElWOG die verfügbare Kapazität zwischen den Antragstellern im Verhältnis der angemeldeten Leistung aufzuteilen. Der Regelzonenführer dürfe den Querschnitt für den Zeitraum von höchstens einem Jahr reservieren; hinsichtlich bestehender Verträge würden die Marktregeln vorsehen, dass Ansprüche auf Transportquerschnitte an internationalen Kuppelstellen, die vom Regelzonenführer TIRAG in der Zeit zwischen 19. Februar 1999 und dem 31. Dezember 2002 genehmigt wurden, grundsätzlich aufrecht blieben. Dies gelte allerdings nur für rechtmäßig entstandene Ansprüche. Die belangte Behörde prüfte daher, ob die zwischen der TIWAG und der Beschwerdeführerin geschlossene Reservierungsvereinbarung eine rechtsgültig bestehende Vereinbarung sei.

Die belangte Behörde nahm eine Nichtigkeit dieser Reservierungsvereinbarung im Lichte des Art. 81 Abs. 1 und 2 EGV an. Bei der zwischen den integrierten Elektrizitätsunternehmen TIWAG (Handel, Erzeugung, Verteilernetzbetrieb) und deren verbundenem Unternehmen TIRAG (Übertragungsnetzbetrieb, Regelzonenführer) geschlossenen Reservierungsvereinbarung handle es sich um eine vertikale Vereinbarung, durch die Dritte langfristig, zumindest bis Ende des Jahres 2007 von der Lieferung elektrischer Energie aus der Regelzone Tirol nach Italien ausgeschlossen seien. Innerhalb Tirols habe die Beschwerdeführerin als Betreiber der einzigen grenzüberschreitenden Leitung nach Italien eine Monopolstellung. Durch die Vereinbarung mit der TIWAG würde Mitbewerbern der Zugang zur Leitung und damit in der Folge auch zum benachbarten sachlichen Markt der Belieferung von Weiterverteilern in Italien zumindest für den Zeitraum bis 2007 versperrt. Eine Einzelfreistellung durch die EG-Kommission sei offenbar nicht beantragt worden, erscheine aber auch unwahrscheinlich. Die Kommission habe zwar auch längere Liefervereinbarungen genehmigt, diese seien aber jeweils im Zusammenhang mit getätigten Investitionen erheblichen Ausmaßes gestanden. Die im Zusammenhang mit der Errichtung der Brennerleitung getätigten Investitionen seien dagegen bereits vollständig abgeschrieben, die Ausreservierung der Leitungskapazität zu Gunsten der TIWAG sei auch mit einer allfälligen Tragung der Umbaukosten nicht zu rechtfertigen.

Die Reservierungsvereinbarung wurde von der belangten Behörde auch im Sinne des Art. 82 EGV als nichtig angesehen. Der Beschwerdeführerin als Betreiberin der einzigen grenzüberschreitenden Leitung nach Italien in der Regelzone Tirol komme eine marktbeherrschende Stellung zu. Der Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung durch die TIRAG liege darin, dass diese sämtliche Leitungskapazitäten an das mit ihr verbundene Unternehmen TIWAG zumindest bis Jahresende 2007 vergeben habe, ohne dass Mitbewerber vom Vorhandensein freier Leitungskapazitäten Kenntnis erlangen konnten, womit sie für diesen Zeitraum von einem Zugang zur Leitung ausgeschlossen wurden.

Ein Ausschluss der beiden Nichtigkeitsgründe durch Art. 86 Abs. 2 EGV komme nicht in Betracht. Da der Elektrizitätsmarkt in Österreich hinsichtlich der Belieferung mit Strom und der freien Wahl des Lieferanten seit dem 1. Oktober 2001 vollständig liberalisiert sei und keine regionalen Versorgungsgebiete mit Gebietsschutz bestünden, käme als ausschließliches Recht im Sinne des Art. 86 EGV nur der Betrieb von Übertragungs- und Verteilerleitungen in Frage, der ein natürliches Monopol darstelle. Art. 86 Abs. 2 EGV sei jedoch als Ausnahmeregelung nicht nur zu den Wettbewerbsregeln, sondern auch zu den Grundfreiheiten eng auszulegen. Eine Argumentation, dass das Quasi-Kapazitätsmonopol bis Ende 2007 zu Gunsten der TIWAG zur Erfüllung der Aufgaben des Übertragungsnetzbetreibers TIRAG erforderlich wäre, sei nicht vertretbar.

Da somit die mit der TIWAG geschlossene Reservierungsvereinbarung als nichtig anzusehen sei, sei die Mitbeteiligte durch die mit mangelnden freien Leitungskapazitäten begründete Verweigerung des Netzzuganges durch die Beschwerdeführerin in ihrem gesetzlichen Recht auf Netzzugang verletzt.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Unzuständigkeit der belangten Behörde sowie Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht darauf verletzt, dass Kapazitätsreservierungen bei mangelnder Kapazität und mangels Reziprozität abgelehnt werden können, dass Kapazitätsreservierungen für regelzonenüberschreitende Lieferungen in der im Gesetz festgelegten Reihenfolge vorzunehmen seien sowie im Recht darauf, dass das EU-Wettbewerbsrecht auf den nicht liberalisierten Bereich des Stromwesens, sohin auf Übertragungsnetzbetreiber und den vorrangigen Reservierungsvertrag TIRAG-TIWAG, nicht Anwendung finde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete, ebenso wie die Mitbeteiligte, eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Mitbeteiligte stützte ihren Antrag auf § 20 Abs 2 Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz - ElWOG idF BGBl. I Nr. 149/2002; diese Verfassungsbestimmung lautet:

"Die Energie-Control Kommission hat über Antrag desjenigen, der behauptet, durch die Verweigerung des Netzzugangs in seinem gesetzlich eingeräumten Recht auf Gewährung des Netzzugangs verletzt worden zu sein, innerhalb eines Monats festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Verweigerung eines Netzzugangs gemäß Abs. 1 vorliegen. Der Netzbetreiber hat das Vorliegen der Verweigerungstatbestände (Abs. 1) nachzuweisen. Die Energie-Control Kommission hat in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Einigung zwischen Netzzugangsberechtigtem und Netzbetreiber hinzuwirken."

Die belangte Behörde muss somit auf Grund eines derartigen Antrages feststellen, ob Verweigerungsgründe gemäß § 20 Abs. 1 ElWOG vorliegen; dabei musste sie gemäß der Grundsatzbestimmung des § 20 Abs. 3 ElWOG das am Sitz des verweigernden Netzbetreibers geltende Recht anwenden. Die Grundsatzbestimmung des § 20 Abs. 1 ElWOG wird durch § 36 des hier noch anzuwendenden Tiroler Elektrizitätsgesetzes 2001, LGBl. Nr. 76, ausgeführt. Diese Bestimmung lautet:

"Verweigerung des Netzzugangs

§ 36. (1) Netzzugangsberechtigten kann der Netzzugang aus folgenden Gründen ganz oder teilweise verweigert werden:

  1. a) bei einem außergewöhnlichen Netzzustand (Störfall),
  2. b) bei mangelnder Netzkapazität,
  3. c) wenn der Netzzugang für Stromlieferungen für einen Kunden abgelehnt wird, der in dem System, aus dem die Lieferung erfolgt oder erfolgen soll, nicht als netzzugangsberechtigter Kunde gilt, oder

    d) wenn ansonsten Elektrizität aus fernwärmeorientierten, umwelt- und ressourcenschonenden sowie technisch-wirtschaftlich sinnvollen KWK-Anlagen oder aus Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien trotz Eingehens auf die aktuellen Marktpreise verdrängt würde, wobei Möglichkeiten zum Verkauf dieser elektrischen Energie an Dritte zu nutzen sind.

(2) Der Netzbetreiber hat dem Netzzugangsberechtigten die Verweigerung des Netzzugangs schriftlich zu begründen.

(3) Für die Beurteilung der Netzzugangsberechtigung sind diejenigen Rechtsvorschriften anzuwenden, die in jenem Land gelten, in dem derjenige, der einen Antrag nach § 20 Abs. 2 ElWOG stellt, seinen Sitz (Hauptwohnsitz) hat. Für die Beurteilung der Gründe über die Verweigerung des Netzzugangs sind jene Rechtsvorschriften anzuwenden, die am Sitz des Netzbetreibers, der den Netzzugang verweigert hat, gelten."

In seinem Erkenntnis vom 24. Februar 2004, Zl. 2002/05/0010, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es sich beim Anspruch auf Feststellung nach § 20 Abs. 2 ElWOG um einen zeitbezogenen Anspruch handle; es werde festgestellt, ob die Verweigerung durch den Netzbetreiber auf Netzzugang am Tag der Verweigerung zu Recht erfolgte. Daran anknüpfend ergibt sich, dass die Verweigerungserklärung des Netzbetreibers inhaltlich den Gegenstand des Feststellungsverfahrens begrenzt. Damit können auch nur die Gründe, die der Netzbetreiber für seine Verweigerung herangezogen hat, Gegenstand des Feststellungsverfahrens sein; ein "Nachschieben" von Verweigerungsgründen während des Feststellungsverfahrens kommt nicht in Betracht. Dafür spricht auch § 36 Abs. 2 TEG, wonach der Netzbetreiber den Netzzugangsberechtigten die Verweigerung des Netzzuganges schriftlich zu begründen hat.

Auf den Beschwerdefall bezogen bedeutet dies, dass die belangte Behörde nur festzustellen hatte, ob die Voraussetzungen der im Schreiben der Beschwerdeführerin vom 14. November 2002 geltend gemachten Verweigerungsgründe vorlagen. In diesem Schreiben wurde der Netzzugang aber ausschließlich mangels Kapazität verweigert, weil die Kapazität bereits anderweitig reserviert worden sei. Die belangte Behörde hatte daher nur zu prüfen, ob sich die Beschwerdeführerin zu Recht auf § 36 Abs. 1 lit. b berufen hat; ob die Verweigerung auch auf § 36 Abs. 1 lit. c (Reziprozität) hätte gestützt werden können, war nicht Gegenstand des Feststellungsverfahrens. Zu Recht ist daher die belangte Behörde in ihrer rechtlichen Beurteilung auf diesen Verweigerungstatbestand nicht eingegangen, obschon sie Feststellungen getroffen hat, die auch diesbezüglich eine rechtliche Beurteilung ermöglichten.

Den Netzzugang bei nicht ausreichenden Kapazitäten regelt der in Ausführung des § 19 ElWOG ergangene § 35 TEG. Diese Bestimmung lautet:

"§ 35. Reichen die vorhandenen Leitungskapazitäten für regelzonenüberschreitende Lieferungen nicht aus, um allen Anträgen auf Nutzung eines Systems zu entsprechen, so ist der Netzzugang unter Einhaltung nachstehender Grundsätze (Reihung nach Prioritäten) zu gewähren, sofern bei grenzüberschreitenden Lieferungen keine mit ausländischen Netzbetreibern abgestimmten, entgegenstehenden Regelungen getroffen worden sind:

1. Vorrang haben Transporte auf Grund bestehender und an deren Stelle tretender vertraglicher Verpflichtungen,

2. der Z. 1 nachgeordnet sind Transporte zur Belieferung von Kunden mit Strom aus Wasserkraftwerken,

3. den in der Z. 2 genannten Transporten nachgeordnet sind Elektrizitätstransite im Sinne der Elektrizitätstransitrichtlinie und

4. die danach verbleibenden Kapazitäten sind zwischen den übrigen Berechtigten im Verhältnis der angemeldeten Leistungen aufzuteilen."

Die Beschwerdeführerin bekämpft die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung, die Mitbeteiligte sei im Recht auf Netzzugang verletzt worden, zunächst mit dem Argument, nach § 20 Abs. 2 ElWOG hätte die belangte Behörde nur feststellen dürfen, ob "die Voraussetzungen für die Verweigerung eines Netzzuganges" vorliegen. Daran knüpft sie die Forderung, dass die Prüfungsbefugnis bei Beurteilung der Gründe des § 20 Abs. 1 (wohl doch auch § 36 TEG) ende und darüber hinaus insbesondere die Prioritätenregelung im § 19 ElWOG bzw. § 35 TEG von der Prüfungsbefugnis nicht mehr umfasst sei.

Diese Argumentation ist nicht nachvollziehbar, zumal sich die Beschwerdeführerin selbst in ihrem Verweigerungsschreiben vom 14. November 2002 auf § 19 Z. 1 ElWOG berufen hat. Schon daraus, dass der Netzbetreiber die Verweigerung begründen muss (§ 36 Abs. 2 TEG) und für das Vorliegen der Verweigerungstatbestände beweispflichtig ist (§ 20 Abs. 2 ElWOG), erhellt, dass sich die Prüfung nicht allein darauf beschränken kann, ob die Kapazität für abgewiesene Bewerber nicht ausreicht (§ 36 Abs 1 lit b TEG), sondern auch die Gründe der Kapazitätsverknappung erfassen muss.

Dieser Verweigerungstatbestand wird durch § 35 TEG (§ 19 ElWOG) konkretisiert, der eine Rangfolge des Netzzuganges bei mangelnder Netzkapazität festlegt; reichen die vorhanden Kapazitäten nicht aus, um allen Anträgen auf Netzzugang zu entsprechen, so haben gemäß § 19 ElWOG die Ausführungsgesetze den Netzzugang nach Maßgabe der im Gesetz genannten Prioritäten zu gewährleisten (Potacs, Netzzugang und Netzzugangsverweigerung, in: Pauger, Ein Jahr ElWOG, 109). Hier geht es aber nicht etwa um eine fehlerhafte Anwendung der Prioritätenregelung und auch nicht darum, ob der Grundsatz "first come, first served" Anwendung findet, weil die belangte Behörde keine vertragliche Verpflichtung und daher auch eine dadurch nicht beeinträchtigte Netzkapazität angenommen hat.

Nicht unerwähnt soll allerdings in Bezug auf das Ablehnungsschreiben der Beschwerdeführerin vom 14. November 2002 bleiben, dass der Grundsatz "first come, first served" im Wortlaut des § 19 Z. 1 ElWOG, soweit er bloß auf Anträge, aber nicht auf abgeschlossene Verträge angewendet werden soll, wohl keine Deckung findet (so auch Parschalk/ Zitter, Netzzugang im liberalisierten Strommarkt, wbl 2001, 512).

Die Beschwerdeführerin vermeint, eine Beschränkung der Prüfungsbefugnis der belangten Behörde auch aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Oktober 2000, Zl. 2000/05/0080, ableiten zu können. Dort wurde aber nur das Verhältnis der §§ 20 Abs. 1 zu 21 Abs. 1 ElWOG behandelt und ausgesprochen, dass der Bundesminister (nunmehr: die belangte Behörde) keine Zuständigkeit hinsichtlich der Entscheidung über die damals behauptete Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes habe. Dies wurde im Erkenntnis vom 6. März 2001, Zl. 2000/05/0200, wiederholt und ergänzt, dass der Bundesminister als zur Entscheidung über die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen für die Verweigerung eines Netzzuganges zuständige Behörde gemäß § 38 AVG die im Verfahren auftauchenden Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, zu beurteilen und diese Beurteilung seinem Bescheid zu Grunde zu legen habe.

Unter einer "Vorfrage" ist eine für die Entscheidung der Verwaltungsbehörde präjudizielle Rechtsfrage zu verstehen, über die als Hauptfrage von derselben Behörde in einem anderen Verfahren, von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden ist. Präjudiziell ist nur eine Entscheidung, die eine Rechtsfrage betrifft, deren Beantwortung für die Hauptfragenentscheidung unabdingbar ist und die diese in einer die Verwaltungsbehörde bindenden Weise regelt (Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht7, RZ 306). Hier hat sich die Beschwerdeführerin in ihrem Verweigerungsschreiben ausdrücklich auf § 19 Z. 1 ElWOG (§ 35 Z. 1 TEG) gestützt, wonach Transporte auf Grund bestehender vertraglicher Verpflichtungen Vorrang haben. Die belangte Behörde hat sich daher zu Recht mit der Frage befasst, ob eine vertragliche Verpflichtung bestand. Von der in diesem Zusammenhang geltend gemachten Unzuständigkeit der belangten Behörde kann somit keine Rede sein.

Der aktenkundige Inhalt jenes von der Beschwerdeführerin mit der TIWAG durch Brief und Gegenbrief abgeschlossenen Vertrages, der das Datum 31. Oktober 2002 trägt, lautet:

"Sehr geehrte Damen und Herren!

Wir (= TIRAG) nehmen Bezug auf Ihr Schreiben vom 28.10.2002, bei uns eingelangt am 29.10.2002, mit dem Sie die Bestätigung ihres Reservierungsantrages vom 07.06.2002 unter Hinweis auf die zwischenzeitlich erfolgten Arbeiten zur Reaktivierung der 110/132kV-Leitung Steinach-Prati di Vizze urgieren.

Zur rechtlichen Beurteilung der Situation haben wir den Bescheid der Elektrizitäts-Control Kommission (ECK) vom 13.02.2002, GZ. K NZV 21/01-46 (veröffentlicht auf der Homepage der Elektrizitäts-Control GmbH) herangezogen, mit dem die ECK über die von Ihnen seinerzeit eingebrachte Beschwerde hinsichtlich einer Netzzugangsverweigerung auf der Leitung Lienz-Soverzene entschieden hat.

In der Begründung zu ihrer Entscheidung führt die ECK darin u. a. aus:

(1) Mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken, insbesondere

a) die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen;

b) die Einschränkung oder Kontrolle der Erzeugung, des Absatzes, der technischen Entwicklung oder der Investitionen;

  1. c) die Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen;
  2. d) die Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber Handelspartnern, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden;

    e) die an den Abschluss von Verträgen geknüpfte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen, die weder sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen.

(2) Die nach diesem Artikel verbotenen Vereinbarungen oder Beschlüsse sind nichtig.

(3) Die Bestimmungen des Absatzes 1 können für nicht anwendbar erklärt werden auf

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