Normen
AVG §42 idF 1998/I/158;
AVG §8;
BauO NÖ 1996 §6 Abs1;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2;
BauRallg;
VwFormV 2000;
AVG §42 idF 1998/I/158;
AVG §8;
BauO NÖ 1996 §6 Abs1;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2;
BauRallg;
VwFormV 2000;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Eingabe vom 20. August 1999, bei der Behörde eingelangt am 28. September 1999, ersuchte H. S. (kurz: Bauwerber) um die Erteilung der baubehördlichen Genehmigung zur Errichtung eines Einfamilienhauses samt Einfriedung auf einem Grundstück im Gemeindegebiet. Die Bauverhandlung wurde am 24. November 1999 durchgeführt. Mit Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde vom 15. Dezember 1999 wurde die angestrebte baubehördliche Bewilligung erteilt.
Der Mitbeteiligte (kurz: Nachbar) ist Eigentümer eines nördlich angrenzenden Grundstückes ("seitlicher Nachbar"). An der nordwestlichen Ecke des Gebäudes (das ist die rückwärtige Ecke jener Front, welche zum Grundstück des Mitbeteiligten gerichtet ist) ist ein achteckiger Turm vorgesehen, welcher mit einem achteckigen Pyramidendach gedeckt ist.
Mit Eingabe vom 2. Februar 2000 (bei der Gemeinde eingelangt am 18. April 2000) ersuchte der Bauwerber abermals um Erteilung der baubehördlichen Genehmigung zur Errichtung eines Einfamilienhauses auf seinem Grundstück. Angeschlossen war ein Satz an "Austauschplänen". Der zum Vorhaben gemäß § 22 NÖ BO 1996 gehörte Nachbar erhob mit Schriftsatz vom 7. Juni 2000 Einwendungen gegen das Vorhaben: Die Pläne seien widersprüchlich; nun werde der Eingangsbereich, welcher in der Front zu seinem Grundstück vorgesehen sei, vorspringend ausgeführt, zusammen mit dem laut Plan bestehenden "Erker" (gemeint ist der Turm) widerspreche dies der NÖ Bauordnung. Im Übrigen sei das Gebäude auch ca. 1 m länger als im Plan vorgesehen.
Die Behörde beraumte für den 26. Juni 2000 einen Bauverhandlung an.
Die Ladungen zur (wie auch die Kundmachung der) Bauverhandlung (wie auch die Ladungen und Kundmachungen zu den folgenden Bauverhandlungen in diesem Bauverfahren) enthielten folgenden Hinweis: "Einwendungen, die nicht spätestens am Tage vor der Verhandlung beim Gemeindeamt oder während der Verhandlung vorgebracht werden, finden keine Berücksichtigung und die Vertreter der Beteiligten werden als dem Vorhaben zustimmend angesehen".
Als Ergebnis der Bauverhandlung vom 26. Juni 2000 wurden dem Bauwerber die Pläne zur Korrektur zurückgestellt. In der nächsten Bauverhandlung vom 1. September 2000 wurde die Frage erörtert, ob es sich beim nunmehr (zwischenzeitig) tatsächlich errichteten und im Auswechslungsplan vom (nunmehr) 27. Juli 2000 dargestellten Gebäude im Vergleich zu dem mit Bescheid vom 6. Dezember 1999 bewilligten Gebäude um ein aliud handle oder nicht. Dies erscheine klärungsbedürftig.
In einer Eingabe vom 3. Dezember 2000 legte der Nachbar seine Auffassungen näher dar (und wandte sich insbesondere gegen den Turm). Am 23. Juli 2001 kam es zu einer neuerlichen Bauverhandlung. Darin führte der Nachbar aus, seiner Meinung nach handle es sich beim gegenständlichen Vorhaben nicht um eine "Auswechslung sondern um eine Neueinreichung". Der Turm widerspreche seiner Meinung nach der NÖ BO, weil er Teil des Gebäudes sei und kein Vorbau.
Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 20. August 2001 erteilte der Bürgermeister der beschwerdeführenden Gemeinde dem Bauwerber die Bewilligung "für die Errichtung eines Einfamilienhauses mit Garage und einer straßenseitigen Einfriedung" gemäß den vorgelegten Auswechslungsplänen, was im Wesentlichen damit begründet wurde, dass das Vorhaben nach den schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen den gesetzlichen Voraussetzungen entspreche.
Dagegen erhob der Nachbar Berufung, in welcher er vorbrachte, die Auswechslungspläne seien nicht ausreichend, sondern es sei eine "Neueinreichung" notwendig. Der Turm entspreche in der geplanten Form nicht der niederösterreichischen Bauordnung, weil er Teil des Gebäudes und kein Vorbau sei.
Mit Berufungsbescheid vom 28. November 2001 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Vorstellung.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 12. April 2002 wurde der Vorstellung Folge gegeben, der bekämpfte Berufungsbescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurückverwiesen. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Begründung des Berufungsbescheides unzureichend sei, um beurteilen zu können, ob es sich bei diesem Turm um einen gemäß § 52 Abs. 3 NÖ BO 1996 im seitlichen oder hinteren Bauwich zulässigen Bauteil handle. Damit könne auch nicht beurteilt werden, ob der Beschwerdeführer durch die erteilte Baubewilligung in subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten verletzt worden sei.
Über Ersuchen der Gemeinde führte der Amtssachverständige in einer ergänzenden Stellungnahme vom 5. Juni 2002 aus, Gegenstand seiner bautechnischen Beurteilung seien jene Änderungen des Wohnhauses gewesen, welche entgegen der ursprünglichen Baubewilligung durchgeführt worden und die im Auswechslungsplan als geänderte Ausführungen ausgewiesen seien. Der Turm sei nicht "Projektsbestandteil im Auswechslungsplan", weil er bereits in der bestehenden Form von der ursprünglichen Baubewilligung erfasst und auch nicht geändert worden sei. Er sei somit auch nicht Gegenstand des Bauansuchens "für die geänderten Ausführungen" und daher auch nicht Gegenstand der bautechnischen Beurteilung gewesen. Die Ausführungen im Gutachten bezüglich der Vorbauten im rechten seitlichen Bauwich seien demnach davon ausgegangen, dass der Turm anlässlich der seinerzeitigen Baubewilligung als Vorbau beurteilt worden sei. Neu beurteilt worden sei lediglich der im Auswechslungsplan enthaltene neue Windfang. Dieser sei in der eingereichten Form als zulässiger Vorbau im seitlichen oder hinteren Bauwich anzusehen. Die bautechnische Beurteilung habe somit nicht mehr die Frage umfasst, "als welcher Vorbau" der Turm anzusehen sei, sondern habe unter Zugrundelegung der bereits rechtskräftigen bewilligten Abmessungen dieses Turms den zusätzlich neu eingereichten Windfang behandelt. Diese Beurteilung habe ergeben, dass die Summen der Längen von Windfang (neuer Vorbau) und Turm (bewilligter Bestand) weder ein Drittel der Gebäudelänge noch die Länge von 5 m überschritten.
Mit Berufungsbescheid vom 18. Juni 2002 wurde die Berufung des Nachbarn erneut als unbegründet abgewiesen. Zusammenfassend schloss sich die Berufungsbehörde der Auffassung des Amtssachverständigen in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 5. Juni 2002 an.
Dagegen erhob der Nachbar abermals Vorstellung. Er führte darin insbesondere aus, der Bauwerber habe mit Bescheid vom 15. Dezember 1999 eine Baubewilligung erhalten, obwohl er (Nachbar) auf Grund eines Irrtums der Gemeinde zur Verhandlung nicht geladen worden sei. Der Bauwerber habe nie mit dem Bau des bewilligten Gebäudes begonnen (weil er wesentliche Änderungen vorgenommen habe), womit diese Baubewilligung erloschen sei. Es handle sich beim nunmehrigen Vorhaben um ein aliud, Auswechslungspläne reichten nicht aus. Aus seiner Sicht sei "eindeutig eine Neueinreichung notwendig", weil folgende gravierende Änderungen vorgenommen worden seien: Die Firstrichtung des Daches sei geändert worden, womit es wesentlich vergrößert worden sei. Daraus ergäben sich für viele Fenster und Balkone andere Aufbauten und Ausrichtungen. Der Hauseingang sei gänzlich verändert worden. Das Gebäude sei um 70 cm verlängert worden. Die Dachüberhänge seien wesentlich verlängert worden. Das Gebäude sei mit einer Holzmassivwand genehmigt worden, der Bau sei aber "in Riegelwand" ausgeführt worden. Das Gebäude sei "in einer anderen Höhe gebaut worden als eingereicht". Die "überstehende Isolierung auf 2,90" sei im Erdgeschoss auf den "entsprechenden Abstand" reduziert worden, im Obergeschoss nicht (was auch aus den neuen Plänen nicht hervorgehe). Das "ganze Gebäude ist anders als eingereicht und genehmigt gebaut worden und sieht auch optisch komplett anders aus". Nicht "wirklich geklärt" seien auch die im Bauwich befindlichen Dächer. Wie könne ein Gebäude in Teilen genehmigt werden, wenn wesentliche Teile nicht der Niederösterreichischen Bauordnung entsprächen (die Abstände, der Turm). Er sehe das Bauwerk als gesamtes und nur als solches genehmigungsfähig oder nicht. Wieso würden die Längen der Vorbauten reduziert, der Turm bleibe aber gleich.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Vorstellung Folge gegeben, den bekämpften Berufungsbescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurückverwiesen.
Nach zusammengefasster Darstellung des Verfahrensganges und Wiedergabe der Vorstellung führte die belangte Behörde weiter aus, bei der Verhandlung am 23. Juli 2001 habe der bautechnische
Amtssachverständige Folgendes festgestellt:
Gegenstand des Ansuchens "um Auswechslung" seien folgende
Maßnahmen:
- Niveauveränderung in Form von Anschüttungen des Geländes jeweils am seitlichen und vorderen Bauwich. Die Anschüttungen begännen am westlichen Ende des Gebäudes vom bestehenden Niveau und endeten ca.1m südlich des Wohnhauses im vorderen Bauwich mit einer Schütthöhe von ca.50cm. Dadurch werde ein neues Niveau für die Bemessung der Gebäudehöhe geschaffen. Zu den seitlichen Grundstücksgrenzen werde diese Anschüttung im nördlichen Bauwich zum Grundstück Parzelle Nr.... (Grundstück des Nachbarn) so abgeböscht, dass ein unverändertes Niveau in einer Breite von ca.50cm zur Grundgrenze verbleibe und im südlichen Bauwich der bestehende Einfriedungssockel durch die Anschüttung nicht überragt werde.
- Das ursprünglich bewilligte Vordach auf zwei Säulen im nördlichen Bauwich solle nunmehr als Windfang ausgeführt werden, wobei die Länge 2,05m und die Breite in den Bauwich 1,5m betragen werde, sodass jedenfalls ein Abstand zur Grundgrenze von 1,5m eingehalten werde.
- Die Gebäudelänge sei von 12,45m auf 13,13m verlängert worden, wobei das Übermaß im vorderen Bauwich errichtet worden sei und somit die Bauführung an der hinteren Fluchtlinie dem ursprünglichen Konsens entspreche.
- die Firstrichtung des Hauptgebäudes sei nunmehr parallel zu den seitlichen Grundstücksgrenzen ausgeführt.
- Auch in der Raumaufteilung im Inneren des Hauses seien Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Konsens vorgenommen worden.
Der Sachverständige sei davon ausgehend zur Beurteilung gekommen, auf Grund der beschriebenen Ausführung der Niveauveränderungen sei gewährleistet, dass durch diese Veränderung der Höhenlage des Geländes weder die Standsicherheit eines Bauwerkes noch des angrenzenden Geländes gefährdet werde, bei der Bemessung der Gebäudehöhe keine Rechte der Nachbarn verletzt würden, weil der Lichteinfall unter 45 Grad auf Hauptfenster bestehender und noch zulässiger Gebäude gewährleistet bleibe, und auch die Niederschlagswässer ohne Beeinträchtigung der Nachbargrundstücke abgeleitet werden könnten. Durch die Verlängerung des Gebäudes und die geänderte Lage des Firstes ergäben sich auch geänderte Gebäudefronten, weil zu den seitlichen Grundstücksgrenzen an Stelle von geplanten Giebelfronten nunmehr traufenständige Ansichten zu liegen kämen. Dadurch ergebe sich eine mittlere Gebäudehöhe von weniger als 5 m, die jedenfalls der Bauklasse I entspreche und auch deutlich unter dem Doppelten des Bauwiches liege. Die Vorbauten im rechten seitlichen Bauwich (Anmerkung: zur Grenze des Grundstückes des Nachbarn) seien in jenem Bereich zu beurteilen, in dem sie innerhalb des seitlichen Bauwiches lägen. Dieser liege zwischen der vorderen und hinteren Fluchtlinie; die Summe der Länge der Vorbauten im seitlichen Bauwich sei weder länger als 5 m noch größer als ein Drittel der Gebäudelänge (ohne Hinzurechnung des Vorbaus über die hintere Fluchtlinie (Anmerkung: gemeint ist der Teil des Turmes, der über die hintere Fluchtlinie ragt)). Die Änderungen der Raumaufteilung im Gebäudeinneren entsprächen den Anforderungen der Niederösterreichischen Bautechnikverordnung 1997.
Nach Rechtsausführungen zum Mitspracherecht des Nachbarn im Bauverfahren heißt es weiter, der Amtssachverständige habe in dem zuvor wiedergegebenen Gutachten die gegenüber dem ursprünglich eingereichten Projekt beantragten Änderungen aufgelistet. Darüber hinaus ergebe der Vergleich der Einreichpläne des bereits bewilligten und des nunmehr eingereichten Bauvorhabens, dass sämtliche Ansichten durch die Drehung des Daches um 90 Grad gegenüber dem bereits bewilligten Projekt vollkommen geändert und durch die Drehung des Daches auch die Fenster und Balkone anders als ursprünglich bewilligt errichtet worden seien. Des Weiteren gehe aus beiden Einreichplänen hervor, dass der sogenannte Turm Bestandteil des Gebäudes sei, weil er mit einem näher bezeichneten Raum eine Einheit bilde. Schließlich gehe aus den Einreichplänen hervor, dass der gesetzlich vorgesehene Bauwich von 3 m im seitlichen Bauwich nicht eingehalten worden sei.
Aus dem zuvor Gesagten ergebe sich, dass das nunmehr eingereichte Projekt von dem zuvor bewilligten Vorhaben sowohl "hinsichtlich der Lage (der Abstand zur vorderen Grundstücksgrenze beträgt nunmehr um 0,68 m weniger)" als auch hinsichtlich der Gebäudelänge, der Gebäudehöhe, des Windfanges, der Ausführung des Daches samt Balkonen und Fenstern sowie hinsichtlich der Raumaufteilung im Inneren des Hauses abweiche. Der Bauwerber habe somit gegenüber dem bewilligten Vorhaben ein aliud errichtet, womit das neuerliche Ansuchen einen Neubau und nicht eine Abänderung zum Inhalt habe, weshalb die Baubehörde das gesamte eingereichte Projekt auf seine Bewilligungsfähigkeit zu prüfen habe.
Nach Wiedergabe des § 50 Abs. 1 und des § 52 Abs. 3 der NÖ BO 1996 heißt es weiter, der fragliche Turm sei kein Bauteil, welcher gemäß § 52 Abs. 3 leg. cit. zulässigerweise im seitlichen oder hinteren Bauwich errichtet werden dürfe. Es sei daher der Vorstellung Folge zu geben gewesen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch der mitbeteiligte Nachbar hat eine Gegenschrift erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, uva.). Das gilt auch für den Nachbarn, der i.S. des § 42 AVG idF BGBl. I Nr. 158/1998, die Parteistellung behalten hat.
Ein Verlust der Parteistellung gemäß § 42 AVG (in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998) setzt eine gehörige Ladung zur bzw. eine gehörige Kundmachung der Bauverhandlung voraus. Dies ist nur dann der Fall, wenn in dieser Ladung bzw. Kundmachung auf die im § 42 AVG vorgesehenen Rechtsfolgen verwiesen wird (vgl. hiezu die in der Verwaltungsformularverordnung, BGBl. II Nr. 508/1999, vorgesehenen Formulare 7.1 und 7.2). Diesem Erfordernis wird nicht entsprochen, wenn in der Ladung bzw. Kundmachung nicht auf die im § 42 AVG in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998, sondern auf die in § 42 AVG in der früheren Fassung vorgesehenen Rechtsfolgen verwiesen wird (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. Mai 2001, Zl. 2000/05/0271, und vom 23. Mai 2001, Zl. 2000/06/0056). Eben dies war hier der Fall: Sämtliche Ladungen/Kundmachungen im zugrundeliegenden Bauverfahren enthielten den Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 42 AVG in der früheren Fassung. Damit kam es zu keinem Verlust der Parteistellung (Präklusion) des Nachbarn.
Die Beschwerdeführerin bestreitet die Auffassung der belangten Behörde, es handle sich hier um ein Bauvorhaben, welches sich derart vom seinerzeit bewilligten Vorhaben unterscheide, dass es sich um ein aliud handle, welches in seiner Gesamtheit (und damit auch einschließlich des fraglichen Turmes) zu prüfen sei. Sie hält der Auffassung der belangten Behörde entgegen, die beiden Vorhaben unterschieden sich nicht derart wesentlich, dass von einem aliud die Rede sein könne. Daher sei die baurechtliche Zulässigkeit des bereits rechtskräftig bewilligten Turmes nicht zu hinterfragen.
Dem ist Folgendes zu entgegnen:
Der Verwaltungsgerichtshof tritt der übeinstimmenden Auffassung des Bauwerbers sowie der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bei, dass - ungeachtet der missverständlichen Formulierung des nunmehr gegenständlichen Baugesuches, welche auch Eingang in die Formulierung des Spruches des erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheides vom 20. August 2001 gefunden hat, wonach "die Errichtung eines Einfamilienhauses" bewilligt werde - Gegenstand des erstbehördlichen und damit auch des Berufungsbescheides eine "Änderungsbewilligung" ist (also die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines im Vergleich zur ursprünglichen Baubewilligung geänderten Objektes).
Weiters ist auf Grund der Bindungswirkung der kassatorischen Vorstellungsentscheidung vom 12. April 2002 davon auszugehen, dass der Nachbar durch die nunmehr erteilte Baubewilligung in Bezug auf den Turm in Nachbarrechten verletzt sein kann, mit anderen Worten, eine solche Rechtsverletzung nicht von vornherein auszuschließen ist. Damit kann weiters die Frage, ob der Turm allenfalls auch Gegenstand der nunmehrigen Baubewilligung ist, ebenfalls nicht von vornherein verneint werden.
Die belangte Behörde hat die Auffassung vertreten, die beiden Vorhaben unterschieden sich derart wesentlich, dass von einem aliud auszugehen ist. Ihre Begründung ist aber unzureichend: Eine Lageveränderung liegt nämlich nicht schon dann vor, wenn die Gebäudelänge im hier gegenständlichen Ausmaß vergrößert wurde. Auch sind die sonst von der belangten Behörde festgestellten fraglos zahlreichen und wesentlichen Änderungen nicht derart einschneidend, dass schon deshalb von einem aliud gesprochen werden könnte (ob ein solches gegeben ist, ist letztlich nach den Umständen des Falles zu beurteilen). Aufklärungsbedürftig erscheint in diesem Zusammenhang aber, ob es zu einer Änderung der Seitenabstände gekommen ist (die beiden - sehr kleinen - Lagepläne sind nicht ganz klar. Es kann daher die Frage, ob es sich um ein "aliud" handelt, noch nicht abschließend beurteilt werden. Ebenso kann auf Grund dieser Unklarheit noch nicht mit ausreichender Sicherheit beurteilt werden, ob eine Änderung der Situierung des Turmes Gegenstand der angestrebten Bewilligung ist.
Zusammenfassend reicht daher der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt noch nicht aus, um die (Rechts-)Frage, ob ein aliud gegeben ist, abschließend beurteilen zu können.
Vor dem Hintergrund des Beschwerdefalles wäre die Rechtskraft der Baubewilligung vom 15. Dezember 1999 "Eingangsvoraussetzung" für die Erteilung einer "Änderungsbewilligung". Die belangte Behörde hat sich mit dieser Frage, ausgehend von ihrer (aber noch nicht tragfähigen) Auffassung, es liege ein aliud vor, nicht befasst. Die Aktenlage bietet zwar Anhaltspunkte für die Annahme, diese Baubewilligung sei noch nicht rechtskräftig, es ist dem Verwaltungsgerichtshof allerdings schon deshalb verwehrt, diese Frage im gegenständlichen Verfahren abschließend zu beurteilen, weil diese Frage im Verwaltungsverfahren mit dem Bauwerber noch nicht erörtert wurde und er auch nicht Partei dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist (ihm kommt nicht die Rechtsstellung einer mitbeteiligten Partei zu, weil er berechtigt gewesen wäre, den angefochtenen Bescheid anzufechten).
Damit bleibt offen, ob die Frage der baurechtlichen Zulässigkeit des Turmes (aus dem Blickwinkel der Frage, ob die Bewilligung des Turmes den Nachbarn in subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten verletzt) in diesem Bauverfahren überhaupt geprüft werden kann. Auf Grund dessen belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Im fortgesetzten Verfahren wird zu prüfen sein, ob die Annahme, der Bescheid vom 15. Dezember 1999 sei rechtskräftig, zutrifft, und insbesondere ob die den Verwaltungsakten zu entnehmende Auffassung der Gemeindebehörden richtig ist, der Nachbar habe in jenem früheren Bauverfahren seine Parteistellung verloren und hätte keinerlei Möglichkeiten mehr, Einwendungen zu erheben. Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf § 22 BO 1996 (idF der insofern am 17. September 1999 in Kraft getretenen Novelle LGBl. 8200-3) in ihrer Stellungnahme zur letzten Vorstellung geht wohl fehl. Zwar wäre diese Bestimmung im früheren Bewilligungsverfahren anwendbar gewesen (weil das Baugesuch lt. Aktenlage am 28. September 1999 eingebracht wurde), der Aktenlage zufolge hat die Baubehörde aber von der darin vorgesehenen Möglichkeit, von einer Bauverhandlung abzusehen, nicht Gebrauch gemacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 27. April 2004
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)