VwGH 2003/04/0186

VwGH2003/04/018625.2.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer sowie Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (ASFINAG), vertreten durch Doralt Seist Csoklich, Rechtsanwalts-Partnerschaft in 1090 Wien, Währinger Straße 2-4, gegen den Bescheid des Bundesvergabeamtes vom 7. November 2003, Zl. 14N-89/03-42, betreffend Vergabe-Nachprüfungsverfahren (mitbeteiligte Partei: STRABAG AG, vertreten durch Dr. Werner Mecenovic, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Joanneumring 11/IV), zu Recht erkannt:

Normen

61989CJ0243 Kommission / Dänemark;
61994CJ0087 Kommission / Belgien ;
BVergG 2002 §98 Z8;
61989CJ0243 Kommission / Dänemark;
61994CJ0087 Kommission / Belgien ;
BVergG 2002 §98 Z8;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seiner Spruchpunkte II und IV wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Partei, vertreten durch die vergebende Stelle Land Steiermark, hat in einem offenen Vergabeverfahren Tunnel-, Brücken- und Straßenbauarbeiten im Rahmen "des Bauvorhabens A2 Südautobahn Steiermark Abschnitt 'Mooskirchen-Modriach', Baulos 'Steinberg' (Proj.-km 207,425 - Proj.- km 217,265)" ausgeschrieben. Sowohl die Bietergemeinschaft bestehend aus 1.) Bauunternehmung Granit GmbH, 2.) Östu-Stettin Hoch- und Tiefbau GmbH, 3.) Swietelsky Bauges.m.b.H. und

4.) Gebr. Haider GmbH & Co KG (im Folgenden: BG) als auch die mitbeteiligte Partei legten fristgerecht entsprechende Angebote.

In den Ausschreibungsunterlagen Teil B 8 "Erklärungen des Bieters" wurde auf S. 3 nachstehende - und zwar von Bietergemeinschaften auszufüllende - Bietererklärung verlangt:

"B) Bietergemeinschaft

Die unterzeichneten Unternehmen erklären, dass sie im Auftragsfall die ausgeschriebenen Leistungen als Arbeitsgemeinschaft erbringen werden. Für alle wie immer gearteten Verpflichtungen aus dem gegenständlichen Auftrag haften sämtliche Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft der ASFINAG als Auftraggeberin zur ungeteilten Hand (§ 891 ABGB).

 

Wir, die nachstehend angeführten Partner der ARGE, das sind

 
 

1. .................................................................... ................................................

 

2. .................................................................... ................................................

 

3. .................................................................... ................................................

 

4. .................................................................... ................................................

 

ermächtigen und beauftragen den Partner

 
 

.......................................................... .............................

(federführendes

Unternehmen)

  
 

und dieser weiter

 
 

Herrn/Frau .................................................................... ...

und als dessen

Vertreter

  
 

Herrn/Frau .................................................................... ...

die unter der

Anschrift

....................................................... ...................

und dem Fernruf

     

zu erreichen sind, uns nach außen hin in allen Angelegenheiten der Ausschreibung, des Angebotes und gegebenenfalls des Auftrages verbindlich zu vertreten."

Die von der BG ausgefüllte Erklärung hatte folgenden Wortlaut:

"B) Bietergemeinschaft

Die unterzeichneten Unternehmen erklären, dass sie im Auftragsfall die ausgeschriebenen Leistungen als Arbeitsgemeinschaft erbringen werden. Für alle wie immer gearteten Verpflichtungen aus dem gegenständlichen Auftrag haften sämtliche Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft der ASFINAG als Auftraggeberin zur ungeteilten Hand (§ 891 ABGB).

Wir, die nachstehend angeführten Partner der ARGE, das sind

1. BU GRANIT, 8022 Graz

  1. 2. ÖSTU-STETTIN, 8700 Leoben
  2. 3. SWIETELSKY BaugesmbH, 8053 Graz
  3. 4. Gebr. HAIDER Ges.m.b.H., 4463 Großraming

    ermächtigen und beauftragen den Partner

    BU GRANIT, GesmbH (federführendes Unternehmen)

    und dieser weiter

Herrn/Frau Ing. W und als dessen Vertreter

Herrn/Frau Ing. A, die unter der Anschrift ......................

(Anmerkung: hier findet sich die Stampiglie der Bauunternehmung

Granit GmbH samt Adresse und Telefonnummer) und dem Fernruf

.......................... zu erreichen sind, uns nach außen hin

in allen Angelegenheiten der Ausschreibung des Angebotes und

gegebenenfalls des Auftrags verbindlich zu vertreten."

Dem Angebot der BG war ein Begleitschreiben angeschlossen.

Danach soll "die Gesamtbauleitung des o.a. Bauvorhabens ... durch

den Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Ing. W, Bauunternehmen GRANIT Gesellschaft m.b.H. durchgeführt" werden und wurde "als Stellvertreter ... DI D von der ÖSTU-Stettin bekannt" gegeben.

Die Angebotseröffnung fand am 30. April 2003 statt. Das Angebot der BG mit - jeweils brutto - EUR 50,461.876,13 wurde an die erste Stelle gereiht, das Angebot der mitbeteiligten Partei (mit einem um EUR 2,907,964,40 höheren Angebotspreis) an die zweite Stelle.

An die belangte Behörde wurden in der Folge sowohl von der mitbeteiligten Partei als auch von der BG Anträge gestellt, über die mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wie folgt abgesprochen wurde:

"Spruch

I.

Der Antrag der Strabag AG vom 5.9.2003, 'das Bundesvergabeamt möge ein Nachprüfungsverfahren gemäß § 162 Abs. 2 Z 2 BVergG einleiten',

wird zurückgewiesen.

II.

Dem Antrag der Strabag AG vom 5.9.2003, 'das Bundesvergabeamt möge die angefochtene Entscheidung der Antragsgegnerin, dem Angebot der Bietergemeinschaft Bauunternehmung Granit Gesellschaft m.b.H./Östu-Stettin Hoch- und Tiefbau GmbH, Leoben/Swietelsky Baugesellschaft m.b.H., Graz/Gebrüder Haider GmbH & Co KG mit einer Nettoangebotssumme von EUR 42.051.563,44 den Zuschlag zu erteilen, für nichtig erklären', wird stattgegeben.

Die Zuschlagsentscheidung der Auftraggeberin vom 27.8.2003 wird für nichtig erklärt.

III.

Der Antrag der Strabag AG vom 23.9.2003, 'das Bundesvergabeamt möge die angefochtene Entscheidung der Auftragsgegnerin, das Alternativangebot der Bietergemeinschaft Bauunternehmung Granit Gesellschaft m.b.H./Östu-Stettin Hoch- und Tiefbau GmbH, Leoben/Swietelsky Baugesellschaft m.b.H., Graz/Gebrüder Haider GmbH & Co KG mit einer Nettoangebotssumme von EUR 42.057.701,67 an zweite Stelle zu reihen, für nichtig erklären', wird zurückgewiesen.

IV.

Der Antrag der Bietergemeinschaft bestehend aus

1. Bauunternehmung Granit GmbH, 2. Östu-Stettin Hoch- und Tiefbau GmbH, 3. Swietelsky Bau Ges.m.b.H.,

4. Gebr. Haider GmbH & Co KG, vom 15.9.2003, 'das Bundesvergabeamt möge den Antrag der Strabag AG, die Entscheidung der Antragsgegnerin, der Teilnahmeantragstellerin den Zuschlag zu erteilen, für nichtig erklären, abweisen',

wird abgewiesen."

Der Spruchpunkt I. wird von der belangten Behörde (zusammenfassend) damit begründet, dass das "hier allgemein geltend gemachte Begehren auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens" im Gesetz nicht vorgesehen sei. Ein Antrag, dem es an der gesetzlichen Grundlage mangle, sei als unzulässig zurückzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. heißt es in der Begründung:

"Gemäß dem von Bietergemeinschaften auszufüllenden Teil B 8 der Bietererklärungen sind ein Vertreter und in dessen Vertretung eine weitere Person des federführenden Unternehmens der Bietergemeinschaft anzugeben, der (die) dazu ermächtigt ist (sind) und damit beauftragt wird (werden), die Bietergemeinschaft 'nach außen hin in allen Angelegenheiten der Ausschreibung, des Angebots und gegebenenfalls des Auftrags verbindlich zu vertreten'.

Der eindeutige Wortlaut dieser Rubrik des Teiles B 8 der Bietererklärungen bringt zum einen unmissverständlich zum Ausdruck, dass als Vertreter der Bietergemeinschaft nur eine Person und eine weitere Person als deren Vertreter (somit als Stellvertreter) der Bietergemeinschaft namhaft zu machen sind. Zum anderen lässt die ausdrückliche Textierung keinerlei Zweifel daran, dass diese eine zur Vertretung berufene Person und diese weitere, in Stellvertretung dieser Person zur Vertretung der Bietergemeinschaft berufene Person, die Bietergemeinschaft in sämtlichen angeführten Angelegenheiten, somit sowohl in Bezug auf die Ausschreibung als auch auf das Angebot als auch gegebenenfalls auf den Auftrag (somit im Falle der Zuschlagserteilung in der sich an diese anschließenden Ausführungsphase) rechtsverbindlich nach außen zu vertreten haben.

Daraus folgt zwingend, dass für die angeführten Phasen der Ausschreibung, des Angebots und des Auftrags nicht jeweils verschiedene Personen als Vertreter bzw. verschiedene Personen als Stellvertreter angegeben werden können.

In der durch die Auftraggeberin vorgegebenen und von der Teilnahmeantragstellerin ausgefüllten Textierung der von Bietergemeinschaften auszufüllenden Rubrik B 8 der Bietererklärungen ist Ing. A als Vertreter des Vertreters der die Bietergemeinschaft in allen Angelegenheiten der Ausschreibung, des Angebotes und gegebenenfalls des Auftrags - somit auch in der Ausführungsphase - nach außen verbindlich zu vertreten berechtigte Person angegeben. Durch das Begleitschreiben zum Angebot wird für die Phase der Auftragsabwicklung (Gesamtbauleitung) hingegen der - vorbestrafte - Ing. A durch den - unbescholtenen - DI D ausgetauscht. Ing. A wird im Begleitschreiben nur mehr als Brückenbauleiter angeführt. Für die Angelegenheiten des Angebots und der Ausschreibung ist demnach nach wie vor, wie in Teil B 8 der Bietererklärungen ausgefüllt wurde, Ing. A stellvertretender Vertreter der Bietergemeinschaft. Entgegen dem Erfordernis der Ausschreibungsbestimmungen handelt es sich jedoch bei dem für die Phase des Vergabeverfahrens (Anbotlegung bis Zuschlagserteilung) und für die Phase der Auftragsdurchführung (Phase ab Zuschlagserteilung) jeweils als Vertreter bzw. Stellvertreter angegebenen Personen um verschiedene Personen.

Gemäß Teil B 8 erster Satz der Bietererklärungen erklärt der Bieter, 'dass er die Ausschreibungsunterlagen samt Beilagen bearbeitet hat und alle darin festgelegten Bestimmungen und Richtlinien ohne Einschränkungen anerkennt'.

Gemäß Punkt 13.4. der Ausschreibungsbestimmungen (Bestandteile des Angebots) sind unter anderem die rechtsgültig unterfertigte Beilage B 8 inklusive Bietererklärung gemäß Anlage 1/B 8 mit allen geforderten Beilagen und Nachweisen als Angebot einzureichen. Die Bietererklärung bildet somit einen integrierenden Bestandteil des Angebots.

Die Verpflichtung zur einschränkungslosen Anerkennung aller in den Ausschreibungsunterlagen samt Beilagen festgelegten Bestimmungen und Richtlinien erstreckt sich zweifellos auch auf die Anerkennung der in den Ausschreibungsunterlagen vorgegebenen Textierung der durch den Bieter auszufüllenden Rubriken. Dies bedeutet gleichzeitig, dass die Textierung keiner inhaltlichen Abänderung durch den Bieter unterzogen werden kann.

Gemäß Punkt 13.3. der Ausschreibungsbestimmungen (Erklärungen zum Angebot) kann ein Bieter sein Angebot erläutern oder besondere, über die in der Ausschreibung geforderten Erklärungen hinausgehende Erklärungen in einem 'Begleitschreiben' zum ausschreibungsgemäßen Angebot erfassen.

Die im Wege eines Begleitschreibens gegebenen zusätzlichen Erläuterungen zum Angebot haben sich daher im Rahmen des Angebotes zu halten und dieses lediglich zu präzisieren. Durch das Begleitschreiben zum Angebot wird der in der Bietererklärung für sämtliche Angelegenheiten als stellvertretender Vertreter der Bietergemeinschaft namhaft gemachte Ing. A für die Ausführungsphase (Gesamtbauleitung) gegen DI D ausgetauscht. Ing. A scheint im Begleitschreiben nur mehr als Brückenbauleiter auf. Aufgrund der insoweit vom Begleitschreiben nur mehr als Brückenbauleiter in Teil B 8 der Bietererklärungen ist Ing. A jedenfalls weiterhin als die für Ausschreibung und Anbot stellvertretend zu vertreten befugte Person anzusehen.

Die entsprechenden Angaben im Begleitschreiben bedeuten somit keine bloße Konkretisierung der in den Bietererklärungen enthaltenen Angaben, sondern vielmehr - wie auch in der mündlichen Verhandlung seitens der Teilnahmeantragstellerin nochmals bekräftigt - eine aufgrund der vorgegebenen Textierung der Bietererklärungen nicht mögliche Unterscheidung zwischen der für Ausschreibungs- und Angebotsphase einerseits und der für die Auftragsdurchführungsphase andererseits, jeweils zur stellvertretenden Vertretung der Bietergemeinschaft berufenen Person. Die Angaben im Begleitschreiben stehen durch Abänderung der in den Bietererklärungen enthaltenen Angaben im Widerspruch zu den Angaben in den Bietererklärungen und können damit nur als im Widerspruch zum Angebot stehend, gedeutet werden. Somit liegt ein die Ausschreibungsbestimmungen abänderndes, den Ausschreibungsbestimmungen widersprechendes Angebot im Sinne des § 98 Z 8 BVergG 2002 vor. Zu demselben Ergebnis führt auch die auf privatrechtliche Willenserklärungen eines Bieters anzuwendende Unklarheitenregel des § 915 ABGB, wonach eine undeutliche Äußerung zum Nachteil desjenigen auszulegen ist, der sich ihrer bedient hat.

Gemäß § 98 1. Satz iVm § 98 Z 8 BVergG 2002 hat die vergebende Stelle aufgrund des Ergebnisses der Prüfung vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung unter anderem den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende Angebote auszuscheiden, sofern die Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind. Aus § 98 Z 8 BVergG 2002 folgt, dass der Bieter nur im Falle eines behebbaren Mangels zunächst gemäß § 94 Abs. 1 BVergG 2002 zu einer schriftlichen Aufklärung innerhalb angemessener Frist aufzufordern ist. Unbehebbarkeit des Mangels führt hingegen zum sofortigen Ausscheiden des Angebotes.

Die Beurteilung, ob es sich um einen einer Mängelbehebung zuzuführenden verbesserungsfähigen oder um einen zum sofortigen Ausscheiden führenden unbehebbaren Mangel handelt, ist nach der von Aicher entwickelten und auch vom Verwaltungsgerichtshof herangezogenen Grundregel zu treffen, wonach nur solche Mängel verbesserungsfähig sind, die nicht nach Angebotseröffnung zu einer Veränderung - im Sinne einer Verbesserung - der Wettbewerbsstellung des Mängel behebenden Bieters führen (vgl. Aicher, Wettbewerbsrechtliche und wettbewerbspolitische Überlegungen zur Regierungsvorlage eines Vergabegesetzes in Korinek/Rill, Zur Reform des Vergaberechts (1985) 111). Maßgebend für die Qualifikation als unbehebbarer Mangel ist, dass die nachträgliche Veränderung des ursprünglichen Angebotes den Bieter gegenüber seinen Konkurrenten begünstigt, was den Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter verletzt und der Transparenz abträglich ist (vgl. dazu auch EuGH 25.4.1996, Rs C-87/94 (Kommission/Königreich Belgien), Rz 56, (BVA 3.4.1998, N-10/98-11)).

Eine allfällige Rücknahme der im Begleitschreiben zum Angebot abgegebenen Erklärungen würde zwar die angesprochene Divergenz und damit die Ausschreibungswidrigkeit des Angebotes beseitigen. Darin läge jedoch eine wettbewerbs- und gleichbehandlungswidrige, dem Verhandlungsverbot widersprechende nachträgliche Änderung im Sinne einer Verbesserung der Stellung des Mängel behebenden Bieters.

Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang auch der Inhalt nachträglicher Aufklärungsgespräche. Ein objektiv den Ausschreibungsbestimmungen widersprechendes Angebot kann im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter keinesfalls durch nachträgliche Aufklärungsgespräche, in denen ja keine Klarstellung, sondern im Hinblick auf den eindeutigen Gehalt der ursprünglichen Erklärung lediglich eine Abänderung möglich wäre, 'verbessert' werden (vgl. BVA 29.6.1999, N-25/99-16, N-28/99-4, BVA 19.1.1998, N-1/98, BVA 8.1.2002, N- 107/01-23). Die im Nachhinein von der Auftraggeberin verlangte und von der Bietergemeinschaft gegebene Aufklärung ist daher unbeachtlich. Diese wurde im Übrigen auch nicht in Bezug auf den Widerspruch des Begleitschreibens zum Angebot eingeholt, sondern allein in Bezug auf die als stellvertretenden Vertreter vorgesehenen Person des Ing. A im Hinblick auf dessen einschlägige rechtskräftige Verurteilung.

Da eine Behebung des Mangels nicht möglich ist, wäre die Auftraggeberin zum sofortigen Ausscheiden des Angebotes der Teilnahmeantragstellerin verpflichtet gewesen, sodass die Zuschlagsentscheidung bereits aus diesem Grund für nichtig zu erklären ist. Auf das weitere Vorbringen der Antragstellerin zur Verwirklichung des Ausscheidenstatbestandes des § 51 Z 3 BVergG 2002 im Hinblick auf die von dieser behauptete Unzuverlässigkeit der in der Bietererklärung angeführten Person des Ing. A war daher nicht näher einzugehen.

..."

Zu Spruchpunkt III. vertritt die belangte Behörde die Auffassung, dass diese angefochtene Entscheidung als nicht gesondert anfechtbare Entscheidung nur gemeinsam mit der nächstfolgenden gesondert anfechtbaren Entscheidung angefochten werden könne. Ein explizit auf Nichtigerklärung einer nur verbunden anfechtbaren Entscheidung gerichteter Nachprüfungsantrag sei unzulässig.

Die Abweisung des Antrages der Teilnahmeantragstellerin (der BG) auf Abweisung des Antrages der Antragstellerin auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung ergebe sich aus Spruchpunkt II.

Gegen diesen Bescheid - und zwar gegen die Spruchpunkt II. und IV. - richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich in ihrem subjektiven Recht auf Unterbleiben der Nichtigerklärung der getroffenen Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der BG und ihrem Recht auf Abweisung des unbegründeten Nachprüfungsantrages der mitbeteiligten Partei verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Von der beschwerdeführenden Partei wurde dazu eine Gegenäußerung abgegeben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 98 Z 8 BVergG 2002 sind den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende Angebote sowie nicht gleichwertige Alternativangebote, fehlerhafte oder unvollständige Angebote, wenn die Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind, ferner Teil- und Alternativangebote, wenn sie nicht zugelassen wurden, auszuscheiden.

Die belangte Behörde geht im angefochtenen Bescheid davon aus, dass die von den Bietern auszufüllende Textierung gebiete, für sämtliche Stadien der Vergabe (die Ausschreibung, das Angebot und gegebenenfalls die Auftragsabwicklung) eine Person als Vertreter und eine weitere Person als deren Vertreter zur Vertretung der Bietergemeinschaft nach außen berufene Person namhaft zu machen sei.

Wenn dagegen die beschwerdeführende Partei geltend macht, die belangte Behörde gehe von der unzutreffenden Prämisse aus, dass als Vertreter bzw. Stellvertreter des in der Bietererklärung namhaft gemachten federführenden Unternehmens für die Phase des Vergabeverfahrens und die Phase der Auftragsabwicklung nur jeweils dieselbe Person benannt werden hätte dürfen, wofür es in der Ausschreibung überhaupt keinerlei Hinweis gebe, so vermag der Verwaltungsgerichtshof diese Auffassung nicht zu teilen.

Es mag nun die Formulierung in den Ausschreibungsunterlagen insoweit missverständlich sein, als einerseits auf die ARGE (das federführende Unternehmen der ARGE) abgestellt wird, andererseits aber bei der Stellvertreterregelung auch auf die Phase vor der Zuschlagserteilung. Angebote können aber nach § 30 Abs. 2 BVergG 2002 nicht nur Arbeitsgemeinschaften, sondern auch Bietergemeinschaften einreichen. Erst mit dem Auftragsfall tritt die gesetzliche Fiktion des § 30 Abs. 2 letzter Satz BVergG 2002 ein, dass die "Bietergemeinschaften als Arbeitsgemeinschaften" die solidarische Leistungserbringung schulden, die Bietergemeinschaft also erst mit dem Auftragsfall zur Arbeitsgemeinschaft "wird" (für die so erst in Zukunft "gewordene" Arbeitsgemeinschaft - bei einer bloßen Wortinterpretation - keine Vertretungshandlungen hinsichtlich "Angelegenheiten der Ausschreibung, des Angebotes" gesetzt werden können).

Dennoch ist der Verwaltungsgerichtshof (in Übereinstimmung mit der mitbeteiligten Partei) der Auffassung, dass der Wortlaut der Ausschreibungsunterlagen noch insoweit eindeutig ist und keinen Interpretationsspielraum ermöglicht, als - jeweils in der Singularform - auf eine zur Vertretung befugte Person ("Herrn/Frau"; ebenso: "als dessen Vertreter") abgestellt und weiters die Phasen "der Ausschreibung, des Angebotes und gegebenenfalls des Auftrages" kumulativ (arg.: "und") genannt werden. Im Übrigen ist auch der mitbeteiligten Partei zu folgen, wenn sie in ihrer Gegenschrift geltend macht, aus dem Vorbringen des Vertreters der Bietergemeinschaft, dass ein diese Differenzierung vorzunehmendes Begleitschreiben erforderlich gewesen sei, nämlich für die Dauer der Angebotslegung und für die Phase der Auftragsdurchführung jeweils verschiedene Personen einzusetzen und daher namhaft zu machen, folge, dass die BG selbst ihrem Angebot einen Erklärungsinhalt geben wollte und auch gegeben hat, der mit den Ausschreibungsunterlagen nicht in Einklang zu bringen ist, nämlich für die Phase der Ausschreibung und des Angebots Ing. A und für die Auftrags- bzw. Ausführungsphase DI D namhaft zu machen.

Daran vermag auch nichts zu ändern, wenn die Beschwerde die Fälle einer (Selbst-)Kündigung bzw. plötzlichen Krankheit oder Tod einer als Vertreter namhaft gemachten Person ins Treffen führt. Diesen Fällen des Erfordernisses der Nominierung einer Ersatzperson kommt keine Relevanz zu, weil in der Bietererklärung, somit im Zeitpunkt der Angebotslegung, ein Vertreter bzw. ein Stellvertreter der "ARGE" namhaft zu machen ist.

Der belangten Behörde ist auch kein Rechtsirrtum oder kein entscheidungswesentlicher Verfahrensmangel anzulasten, wenn sie auf dem Boden der Erklärungen der BG bzw. deren Vertreter das Begleitschreiben und damit das Angebot der Bietergemeinschaft so versteht, dass (wie es auch in der Beschwerde heißt) für die Phase der Auftragsdurchführung Ing. W als Vertreter der Arbeitsgemeinschaft und DI D als sein Stellvertreter benannt worden seien, während "Ansprechpartner" im Zuge des Vergabeverfahrens nach der Bietererklärung Ing. W und dessen Vertreter Ing. A gewesen sei.

Die beschwerdeführende Partei ist aber im Recht, wenn sie geltend macht, es sei ein behebbarer Mangel vorgelegen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - unter Bezugnahme auf Aicher (in Korinek/Rill, Zur Reform des Vergaberechtes (1985), 363 f und 411 f) - sind Mängel als unbehebbar zu qualifizieren, die nach Angebotseröffnung zu einer Änderung der Wettbewerbsstellung der Bieter führen können. Gravierende formale und inhaltliche Mängel in dem Angebot sowie unverbindliche Angebote sind sofort auszuscheiden (vgl. schon das hg. Erkenntnis vom 27. September 2000, Zl. 2000/04/0050).

Was unter behebbaren oder unbehebbaren Mangel zu verstehen ist, orientiert sich (zunächst) nach der oben wiedergegebenen hg. Rechtsprechung, von der abzugehen der Verwaltungsgerichtshof auch im Geltungsbereich des BVergG 2002 keinen Anlass findet, daran, ob eine Verbesserung nach Angebotseröffnung zu einer Änderung der Wettbewerbsstellung der Bieter führen könnte.

Davon ist auch die belangte Behörde zunächst ausgegangen.

Nicht im Recht ist sie aber, wenn sie im angefochtenen Bescheid die Auffassung vertritt, eine allfällige Rücknahme der im Begleitschreiben zum Angebot abgegebenen Erklärungen würde zwar die angesprochene Divergenz und damit die Ausschreibungswidrigkeit des Angebotes beseitigen; es läge jedoch darin eine wettbewerbs- und gleichbehandlungswidrige, dem Verhandlungsverbot widersprechende nachträgliche Änderung im Sinne einer Verbesserung der Stellung des mängelbehebenden Bieters.

Diese Sicht würde darauf hinauslaufen, dass eine Mängelbehebung überhaupt nie in Betracht käme, weil sie eben eine nachträgliche Änderung im Sinne einer Verbesserung der Stellung des mängelbehebenden Bieters sei. Derartiges würde jedoch dem Gesetzgeber unterstellen, etwas Sinnloses normiert zu haben. Eine solche Auffassung hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner bisherigen Rechtsprechung auch nicht vertreten, sondern vielmehr im Erkenntnis vom 26. Februar 2003, Zl. 2001/04/0037, ausgesprochen, dass bei Auslegung der Regelung über behebbare und unbehebbare Mängel der Gesichtspunkt der Wettbewerbsgleichheit nicht entgegenstehend sei, in einem zwar nicht firmenmäßig gefertigten, aber rechtsverbindlichen Angebot einen verbesserungsfähigen Mangel zu sehen.

Es ist daher bei der Abgrenzung zwischen behebbaren und unbehebbaren Mängeln darauf abzustellen, ob durch eine Mängelbehung die Wettbewerbsstellung des Bieters gegenüber seinen Mitbietern materiell verbessert würde (in dieser Art hat auch der EuGH in dem im angefochtenen Bescheid zitierten Urteil vom 25. April 1996 in der Rechtssache C-87/94 , Slg. 1996, I-2043, Kommission/Königreich Belgien, nicht bloß formal, sondern inhaltlich den Verstoß gegen die Gleichbehandlung hinsichtlich der im Lastenheft aufgestellten Aufschlagskriterien bzw. der Angaben zum Kraftstoffverbrauch erblickt).

Dem steht auch nicht entgegen, wenn der EuGH im Urteil vom 22. Juni 1993 in der Rechtssache C-243/89 , Slg. 1992, I-3353, Kommission/Dänemark, Rn. 37 darauf hingewiesen hat, dass "der Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter verlangt, dass alle Angebote den Vorschriften der Verdingungsunterlagen entsprechen, damit ein objektiver Vergleich der Angebote der einzelnen Bieter gewährleistet ist". Ändert die Möglichkeit der Mängelbehebung doch nichts daran, dass (letztlich) die Angebote den Vorschriften der Verdingungsunterlagen entsprechen müssen. Eine andere Sicht könnte freilich auch dann gegeben sein, wenn durch eine Mängelbehebung eine (wenn auch nur mittelbare) materielle Verbesserung der Wettbewerbsstellung insofern eintreten würde, als damit nicht alle Bieter nach der Veröffentlichung der Bekanntmachung über denselben Zeitraum verfügen würden, um ihre Angebote auszuarbeiten (durch die Möglichkeit der Mängelbehebung dem diesbezüglichen Bieter ein größerer Zeitraum zur Ausarbeitung seines Angebotes eingeräumt würde). Dass aber ein solcher Fall hier vorliegen würde, wird weder behauptet noch ist Derartiges für den Verwaltungsgerichtshof aus eigenem zu sehen.

Für den Verwaltungsgerichtshof ist auch nicht zu finden, dass dieser formale Mangel ein derartiger ist, dass dem Auftraggeber eine Bearbeitung nicht zugemutet werden könne und das Angebot nicht weiter behandelt werden müsse (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 2003, Zl. 2001/04/0037).

Indem die belangte Behörde in offensichtlicher Verkennung der Rechtslage davon ausging, dass es sich bei dem hier in Frage stehenden Mangel um einen unbehebbaren Mangel handle, verkannte sie die Rechtslage.

Der angefochtene Bescheid war daher in seinen Spruchpunkten II. und IV. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 25. Februar 2004

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