Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der am 8. Oktober 2001 zur Post gegebene Einspruch des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 15. Mai 1995, mit dem der Beschwerdeführer verpflichtet wurde, als Geschäftsführer einer näher bezeichneten GesmbH rückständige Sozialversicherungsbeiträge samt Nebengebühren im Betrag von S 267.491,22 an die Wiener Gebietskrankenkasse zu bezahlen, als verspätet zurückgewiesen. Die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides sei am 6. Juni 1995 erfolgt, die Einspruchsfrist habe somit am 6. Juli 1995 geendet. Der Einspruch vom 8. Oktober 2001 sei trotz richtiger Rechtsmittelbelehrung erst am 8. Oktober 2001 zur Post gegeben worden. Die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides sei rechtswirksam erfolgt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wie schon im Verwaltungsverfahren vor der belangten Behörde bestreitet der Beschwerdeführer auch in seiner Beschwerde, dass ihm der Bescheid vom 15. Mai 1995 am 6. Juli 1995 durch Hinterlegung rechtswirksam zugestellt worden sei. Er habe auf Grund eines Schreibens der Wiener Gebietskrankenkasse vom 31. Jänner 2001 erstmals davon Nachricht erhalten, dass ein Bescheid vom 15. Mai 1995 überhaupt existiere, welcher schließlich am 13. September 2001 zu Handen seines Rechtsvertreters (gemeint: erstmalig wirksam) zugestellt worden sei. Die Zustellung vom 6. Juni 1995 an der Adresse des Beschwerdeführers in Wien, X-Gasse 5/18, sei nichtig, weil der Beschwerdeführer "an dieser Adresse keine Gewahrsame" besessen habe, dort auch keinen Geschäfts- oder Wohnsitz begründet habe oder sonst aufhältig gewesen sei. Der Beschwerdeführer bekämpft in diesem Zusammenhang allerdings nicht die in seiner Beschwerde ausdrücklich erwähnte Feststellung der belangten Behörde, dass "laut Zettel an der Wohnungstür des (Beschwerdeführers) dieser bis ca. 30. Mai 1995 ortsabwesend" gewesen sei. Er beharrt in seiner Beschwerde aber im Wesentlichen darauf, auch im fraglichen Zeitpunkt der Hinterlegung an der Abgabestelle nicht ortsanwesend gewesen zu sein. Im Übrigen sei die Zustellung durch "Hinterlegung ohne zweimaligen Zustellungsversuch" erfolgt. Dies sei auch aus der Verständigung gemäß § 22 ZustellG ersichtlich, sei doch die Hinterlegung am 6. Juni 1995, dies sei der Tag des ersten Zustellversuches gewesen, bereits erfolgt. Im Zusammenhang mit diesen Tatsachenbehauptungen legt der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die einschlägigen Bestimmungen des Zustellgesetzes dar, aus welchem Grund die belangte Behörde teils unter "Verkennung der Beweislastverteilung", teils in Verkennung der Rechtslage den Einspruch zu Unrecht als verspätet zurückgewiesen habe.
Es blieb im Verfahren der Sache nach unbestritten, dass der Zusteller gemäß seiner Beurkundung auf dem Rückschein, am 6. Juni 1995 nach einem vergeblichen Zustellversuch die Verständigung über die Hinterlegung in das Hausbrieffach eingelegt und das Poststück beim Zustellpostamt Wien (Beginn der Abholfrist 6. Juni 1995) hinterlegt hat.
Die Ausführungen des Beschwerdeführers vermögen eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun:
Soweit er rügt, es sei nur ein Zustellversuch vorgenommen worden, ist ihm entgegenzuhalten, dass damit dem von der Behörde verfügten Zustellvorgang im Sinne des § 17 ZustellG Genüge getan war. Eine Zustellung zu eigenen Handen nach § 21 ZustellG, bei welcher gemäß § 21 Abs. 2 leg. cit. zwei Zustellversuche vorgeschrieben sind, hat die Behörde nicht angeordnet.
Die belangte Behörde stützt sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides - nach der Aktenlage zu Recht - darauf, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum zwischen dem 11. Februar 1993 und dem 14. Februar 1996 an der oben genannten Anschrift aufrecht gemeldet gewesen ist. Während nach dem ersten Versuch einer Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides am 22. Mai 1995 "der Rückschein seitens der Post mit dem Vermerk retour gekommen" sei, dass "laut Zettel an der Wohnungstür des Empfängers dieser bis ca. 30. Mai 1995 ortsabwesend sei", habe die Zustellung vom 6. Juni 1995 mit der postamtlichen Hinterlegung geendet. Der Rückscheinbrief - so die Feststellungen der belangten Behörde weiter - sei nicht als unbehoben an die Gebietskrankenkasse zurückgestellt worden. Die vom Beschwerdeführer geführten und von der Einspruchsbehörde gehörten Zeugen hätten sich nicht daran erinnern können, dass der Beschwerdeführer im fraglichen Zeitraum ortsabwesend gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe zum Beweis für seine Behauptung, sich vom 5. Juni 1995 bis 21. Juni 1995 zuerst in Liechtenstein und dann in Graz aufgehalten zu haben, weder einen Nachweis noch schriftliche Belege, wie z.B. Hotelrechnungen, Fahrtbelege uä, erbringen können.
Bei dieser Sachlage ist es nicht unschlüssig, wenn die belangte Behörde von einer ordnungsgemäßen Zustellung am 6. Juni 1995 an einer zulässigen Abgabestelle im Sinne des § 4 Zustellgesetz ausgegangen ist: Das Formular 4 zu § 22 des Zustellgesetzes (Übernahmsbestätigung), in welcher der Zusteller den Zustellversuch, die Verständigung über die Hinterlegung durch Einlegung in das Hausbrieffach und die Hinterlegung beim Zustellpostamt beurkundet, ist eine öffentliche Urkunde, von deren Richtigkeit bis zum Beweis des Gegenteils auszugehen ist. Der Gegenbeweis ist dem Beschwerdeführer nicht gelungen: Die belangte Behörde durfte bei der oben wiedergegebenen Sachlage nicht nur davon ausgehen, dass sich an dieser Anschrift im Prinzip eine Abgabestelle des Beschwerdeführers im Sinne des § 4 ZustellG befunden hat, sondern auch davon, dass der Beschwerdeführer die Postsendung - zumal diese nicht zurückgelangt ist - während der Abholfrist tatsächlich behoben hat.
Der Beschwerdeführer rügt in diesem Zusammenhang schließlich das Unterbleiben der von ihm beantragten Befragung des Postzustellers. Auch damit rügt der Beschwerdeführer keinen relevanten Verfahrensmangel: Ob der Postzusteller Grund zur Annahme gehabt hatte, dass der Beschwerdeführer zwischenzeitig an seiner Wohnanschrift nicht aufhältig gewesen sei, ist nicht auf Grund von dessen Befragung, sondern nach dem festgestellten Sachverhalt zu beurteilen. Danach steht aber nicht fest, dass der Beschwerdeführer - wie er behauptet - im fraglichen Zeitpunkt ortsabwesend gewesen ist. Sollte der Beschwerdeführer aber gemeint haben, der Zusteller hätte zum Beweis für seine Ortabwesenheit von der Behörde gehört werden müssen, so wäre es an ihm gelegen gewesen, darzutun, aus welchem besonderen Grunde der damalige Zusteller von der Ortsabwesenheit des Beschwerdeführers Kenntnis gehabt haben soll, zumal zeitlich unmittelbar davor der Beschwerdeführer dem Zusteller mittels eines "Zettels an der Wohnungstüre" noch mitgeteilt hatte, bis "30. Mai 1995" ortsabwesend sein zu wollen, und die vom Beschwerdeführer behauptete (spätere) Ortsabwesenheit nicht einmal von Angehörigen seines privaten Umfeldes (darunter seinem Vater) bestätigt werden konnte. Außerdem räumte der Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme selbst ein, es sei "durchaus möglich", dass er auch im gegenständlichen Monat Juni 1995 in Wien, X-Gasse 5/18, wohnhaft gewesen und dort somit "eine Abgabestelle vorhanden" gewesen sei. Er habe "nur aus Kalenderaufzeichnungen" entnehmen können, dass er im Zeitraum 5. Juni bis 1. Juli 1995 "im Ausland in Liechtenstein und dann in Graz" unterwegs gewesen sei, konnte diese Kalenderaufzeichnungen aber nicht vorlegen. Er räumte auch ein, weder einen Nachsendeauftrag erteilt noch sonst ein "Zustellverbot" bei der Post beantragt zu haben, und gab an, nicht zu wissen, ob der Briefträger "informell" von seiner Ortsabwesenheit Bescheid gewusst habe. Die Behörde war daher angesichts dieser Angaben nicht verpflichtet, den Zusteller zu ermitteln und einzuvernehmen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 17. November 2004
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