VwGH 2002/06/0156

VwGH2002/06/015630.3.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, in der Beschwerdesache 1. des H H und 2. der C H, beide in B, gemeinsam vertreten durch Dr. Markus Ch. Weinl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntnerring 3, gegen den Gemeindevorstand der Gemeinde B wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einem Bauverfahren, den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §38;
AVG §73 Abs2;
AVG §73;
B-VG Art118 Abs5;
B-VG Art132;
VwGG §27;
AVG §38;
AVG §73 Abs2;
AVG §73;
B-VG Art118 Abs5;
B-VG Art132;
VwGG §27;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Gemeinde B insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Gemäß § 27 VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998, kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, oder der unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine kürzere oder längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

Im vorliegenden Verwaltungsverfahren wurde der Berufungsbescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde Berwang vom 5. Februar 2002, mit dem die Berufung der Beschwerdeführer gegen den erstinstanzlichen, das angezeigte Bauvorhaben untersagenden Bescheid abgewiesen wurde, aufgrund der Vorstellung der Beschwerdeführer von der Tiroler Landesregierung mit Bescheid vom 17. April 2002 aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand der Gemeinde zurückverwiesen. Diese Vorstellungsentscheidung wurde der Gemeinde nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten am 19. April 2002 zugestellt. Der Gemeindevorstand hat bisher nicht neuerlich inhaltlich über die Berufung der Beschwerdeführer entschieden, jedoch mit Bescheid vom 9. Oktober 2002 gemäß § 38 AVG die Aussetzung der zu treffenden Berufungsentscheidung bis zur rechtskräftigen Erledigung des beim Landesgericht Innsbruck zu 41 Cg 272/01 anhängigen Verfahrens betreffend den Grenzverlauf verfügt.

Gemäß § 30 Abs. 1 erster Satz der Tiroler Gemeindeordnung 2001 (TGO), LGBl. Nr. 36/2001, ist der Gemeinderat das oberste Organ der Gemeinde.

Gemäß Abs. 5 dieser Bestimmung ist der Gemeinderat in den hoheitlichen Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde die höchste sachlich in Betracht kommende Oberbehörde.

Gemäß Art. 118 Abs. 3 Z. 9 B-VG gehören die Angelegenheiten der örtlichen Baupolizei zu jenen behördlichen Aufgaben, die der Gemeinde zur Besorgung im eigenen Wirkungsbereich vorbehalten sind.

Aus Art. 118 Abs. 5 B-VG ergibt sich die Stellung des Gemeinderates als oberstes Gemeindeorgan aus der Verfassung (vgl. den hg. Beschluss eines verstärkten Senates vom 24. April 1986, Slg. Nr. 12.123/A, und das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Dezember 1992, Slg. Nr. 13.304).

Die vorliegende Säumnisbeschwerde wendet sich somit nicht gegen die oberste Behörde im Sinne des § 27 VwGG.

Es ist ferner darauf hinzuweisen, dass eine Behörde, die von ihrem durch § 38 AVG eingeräumten Recht auf Aussetzung des Verfahrens Gebrauch macht, solange die Aussetzung berechtigt andauert, nicht gegen die Bestimmungen des § 73 AVG über die Entscheidungspflicht verstoßen kann.

Infolge der mit Bescheid vom 9. Oktober 2002 ausgesprochenen Aussetzung des Verfahrens gemäß § 38 AVG war die Behörde ihrer Entscheidungspflicht für die Dauer derselben enthoben; daraus ergibt sich, dass von da an die Geltendmachung der Entscheidungspflicht im Wege einer Säumnisbeschwerde im Sinne des Art. 132 B-VG ausgeschlossen war. Auch aus diesem Grunde erweist sich die vorliegende Säumnisbeschwerde als unzulässig.

Da die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Säumnisbeschwerde gemäß § 27 VwGG somit nicht gegeben waren, war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen (vgl. den hg. Beschluss vom 3. September 1998, Zl. 98/06/0102, und den in diesem angeführten hg. Beschluss vom 28. November 1991, Zl. 91/06/0141).

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 30. März 2004

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