Normen
AVG §13 Abs3;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
GewO 1994 §353;
AVG §13 Abs3;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
GewO 1994 §353;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Landeshauptmann von Niederösterreich hob mit Bescheid vom 15. September 1999 den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach vom 14. Mai 1999, womit der Beschwerdeführerin die Änderung einer näher bezeichneten Betriebsanlage durch die Errichtung und den Betrieb von sechs Stahlsilozellen zur Lagerung von Getreide (in der Zeit jeweils von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr) genehmigt wurde, gemäß § 66 Abs. 2 AVG auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz.
Der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde gab der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 22. März 2000, Zl. 99/04/0197, statt und hob den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. In der Begründung führte der Verwaltungsgerichtshof aus, es sei im Beschwerdefall nicht zu erkennen, warum die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unter Teilnahme aller Parteien unumgänglich sei. Zwecks Vermeidung entbehrlicher Wiederholungen wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.
Mit dem im fortgesetzten Verfahren ergangenen Bescheid vom 12. Dezember 2000 behob der Landeshauptmann von Niederösterreich in Erledigung der Berufungen der Mitbeteiligten den vor ihm angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach vom 21. April 1999 und wies den zu Grunde liegenden Antrag der Beschwerdeführerin auf Genehmigung der Änderung einer näher bezeichneten Betriebsanlage unter Hinweis auf § 66 Abs. 4 AVG iVm § 13 Abs. 3 leg. cit. und § 353 GewO 1994 wegen Nichtbehebung von Mängeln zurück.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie (zusammengefasst) vorbrachte, der Behörde seien sämtliche Unterlagen zur Verfügung gestanden. Es sei nicht klar, welche weiteren Unterlagen die Behörde vermisse. Wenn sie - ohne Beiziehung eines Sachverständigen, der Derartiges verlange - der Meinung sei, dass sie weitere Unterlagen benötige, hätte sie dies zu präzisieren gehabt.
Der vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit in weiterer Folge beigezogene Amtssachverständige gab am 31. August 2001 eine gutächtliche Äußerung ab, wonach nach Einsichtnahme in die Projektunterlagen nicht nachvollziehbar sei, welche Unterlagen gefehlt hätten. Aus seiner Sicht wären die im Bezugsakt enthaltenen Unterlagen für die Beurteilung des Sachverhaltes ausreichend gewesen. Auf Grund von Stellungnahmen der Mitbeteiligten ergänzte der Amtssachverständige seine Äußerung am 14. Mai und schließlich am 13. August 2002 dahingehend, dass (zusammengefasst) nach seiner Auffassung die zu beurteilende Frage, "ob die von der Konsenswerberin vorgelegten technischen Unterlagen zur Beurteilung durch die Behörde ausreichend waren" aus technischer Sicht so weit erörtert worden sei, als dies auf Grund der Angaben und Unterlagen im Bezugsakt möglich gewesen sei. Eine weitere technische Erörterung der unterschiedlichen Parteienstandpunkte werde nicht mehr als sinnvoll bzw. zielführend erachtet.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 11. Oktober 2002 hob der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 12. Dezember 2000 gemäß § 66 Abs. 2 AVG auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an den Landeshauptmann. Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, auf Grund der ausführlichen, eindeutigen und klaren Ausführungen des von ihr im Berufungsverfahren beigezogenen gewerbetechnischen Amtssachverständigen stehe fest, dass die im Bezugsakt enthaltenen Unterlagen für eine Beurteilung ausreichend gewesen wären. Der technische Sachverständige der Unterinstanz habe sich jedoch weder mit Schall- noch mit Staubimmissionsprognosen befasst, sodass diesbezüglich keine Prüfung der eingereichten Unterlagen oder Nachforderung konkreter Ergänzungen erfolgt sei. Vielmehr seien von der Konsenswerberin zusätzlich zu den vorhandenen Angaben ganz allgemein die für die Beurteilung des Projektes und die zu erwartenden Emissionen der bestehenden Anlage erforderlichen Unterlagen verlangt worden. Mangels Beiziehung technischer Sachverständiger sei aber nicht konkret dargestellt worden, welche Informationen über die bisher eingereichten hinaus benötigt worden wären. Daraus ergebe sich, dass das von der Unterinstanz durchgeführte Verfahren nicht ausgereicht habe, um den maßgeblichen Sachverhalt zu erheben. Die Voraussetzungen für eine Entscheidung im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG seien gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gelten gemacht wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und - wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin bringt vor, die belangte Behörde habe nicht begründet, weshalb ein Fall des § 66 Abs. 2 AVG vorliege. Im Übrigen sei die Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG verpflichtet, immer in der Sache selbst zu entscheiden, was bedeute, dass sie sich mit der ihr vorliegenden Verwaltungssache in gleicher Weise wie die Unterinstanz zu befassen habe. Prozessgegenstand der Berufungsentscheidung sei daher die Verwaltungssache, die der Unterinstanz vorgelegen sei.
Die Beschwerde ist im Hinblick auf folgende Überlegungen begründet:
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat - außer dem im Abs. 2 erwähnten Fall - die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Der Landeshauptmann von Niederösterreich hat als Berufungsbehörde den Antrag auf Änderung einer näher bezeichneten Betriebsanlage gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen. Über die dagegen erhobene Berufung hatte die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG "in der Sache selbst" zu entscheiden. "Sache" im Sinne dieser Gesetzesstelle war aber allein die Frage, ob die Entscheidung des Landeshauptmannes den Bestimmungen des § 13 Abs. 3 AVG entsprach, ob also der Antrag auf Änderung der Betriebsanlage zu Recht - wegen eines Formgebrechens - zurückgewiesen wurde (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 12. Juni 1981, Zl. 81/04/0081). Die belangte Behörde hätte dementsprechend entweder (im Falle der zu Recht bestehenden Annahme des Vorliegens eines Formgebrechens) das Rechtsmittel abzuweisen oder (im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung) den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben gehabt, dass die Unterinstanz in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den gestellten Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen des Vorliegens eines Formgebrechens zurückweisen dürfte. Eine Behebung des Bescheides gemäß § 66 Abs. 2 AVG war der belangten Behörde dagegen verwehrt.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne dass es einer Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens bedurft hätte.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhang mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 2. Juni 2004
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