VwGH 2002/04/0153

VwGH2002/04/015330.6.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde der Rgesellschaft m.b.H. in H (Deutschland), vertreten durch Mag. Harald Schuh und Mag. Christian Atzwanger, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Lüfteneggerstraße 12, gegen den Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom 22. April 2001, Zl. 611.071/002- BKS/2002, betreffend Zulassung zur Veranstaltung eines Hörfunkprogramms (mitbeteiligte Partei: A GmbH in R, vertreten durch Höhne, In der Maur & Partner, Rechtsanwälte OEG in 1070 Wien, Mariahilfer Straße 20), zu Recht erkannt:

Normen

PrivatradioG 2001 §6 Abs1;
PrivatradioG 2001 §6 Abs2;
PrivatradioG 2001 §6 Abs1;
PrivatradioG 2001 §6 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Kommunikationsbehörde Austria vom 18. Juni 2001 wurde der mitbeteiligten Partei antragsgemäß die Zulassung zur Veranstaltung eines Hörfunkprogramms für das Versorgungsgebiet "I" erteilt; der Antrag der beschwerdeführenden Partei wurde gemäß § 6 Abs. 1 und 2 PrR-G abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die mitbeteiligte Partei sende seit 1999 ein 24- Stunden-Vollprogramm mit lokalem Bezug. Das Programm berücksichtige alle auf den Gebieten Wirtschaft, Politik, Kultur, Sport und Gesellschaft relevanten Ereignisse im Versorgungsgebiet. Beim alleinigen Gesellschafter handle es sich um einen in der Region verankerten Wirtschaftstreibenden, der über entsprechende Erfahrungen verfüge und trotz des vergleichsweise kleinen Verbreitungsgebietes in einer starken Wettbewerbssituation auch durch deutsche Sender bisher als eigenständiger lokaler Radioveranstalter ein auf die Interessen im Versorgungsgebiet Bedacht nehmendes Programm - auch im Fall eines teilweisen Zukaufs von Mantelprogrammen - grundsätzlich weiter gestalten werde. Es könne daher mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die mitbeteiligte Partei für die gesamte Zulassungsdauer als Sender mit eigenständiger Programmschöpfung bestehen könne und einen Beitrag zur Meinungsvielfalt durch lokale Informationen im Verbreitungsgebiet leisten könne. Demgegenüber nehme das Konzept der beschwerdeführenden Partei nur geringfügig auf die Bevölkerung im Versorgungsgebiet Rücksicht, sondern ziele vielmehr im Musik- und Wortprogramm auf den Durchfahrtsverkehr bzw. auch Berufskraftfahrer und Fernfahrer ab. Es handle sich eigentlich um ein für das gesamte Bundesgebiet (bzw. sogar darüber hinaus, weil auch von dem für Deutschland geplanten Programm Übernahmen erfolgen sollen) gedachtes Spartenprogramm. Dies gelte sowohl für die Musikauswahl (Country-Musik) als auch für die geplanten Themengebiete in den Wortanteilen. Schließlich sei angesichts des Umstandes, dass kein ausreichendes Gesamtangebot an anderen Radioveranstaltungen im Versorgungsgebiet gegeben sei, auch nicht zu erwarten, dass das Spartenprogramm der beschwerdeführenden Partei einen besonderen Beitrag zur Meinungsvielfalt im Sinne der Zielsetzungen des Privatradiogesetzes (PrR-G) leisten werde.

Die beschwerdeführende Partei erhob Berufung, in der sie das wirtschaftliche Konzept der mitbeteiligten Partei in Zweifel zog und ausführte, es sei ungenügend gewürdigt worden, dass diese ein Mantelprogramm eines nationalen Anbieters übernehmen wolle, wofür nur das K Radio in Betracht komme. Demgegenüber sei das Programm der beschwerdeführenden Partei zur Gänze eigengestaltet. Der Lokalbezug im Programm der mitbeteiligten Partei sei nicht viel größer als im Programm der beschwerdeführenden Partei; es sei auch unberücksichtigt geblieben, dass der Wortanteil im Programm der mitbeteiligten Partei äußerst gering angesetzt sei, sodass für lokale Inhalte nur wenig Platz bleibe.

Mit Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom 22. April 2001 wurde die Berufung der beschwerdeführenden Partei abgewiesen.

Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, das Programmkonzept der beschwerdeführenden Partei bilde ein Spartenprogramm, dass sich an "Country-Freunde" und Fernfahrer richte. Dies zeige sich einerseits in den Angaben im Konzept über die Zusammensetzung der Zuhörerschaft sowie an den Bezeichnungen der "Senderkennungen" an Wochentagen, die fast ausschließlich einen Bezug zu Fernfahrern hätten. Überdies sei eine "Countrystar-Trucker-Hotline" vorgesehen, die den Hörern die Gelegenheit zur Beteiligung am Programm bieten solle. Dieses Programmkonzept, das in identer Weise auch Anträgen für andere Versorgungsgebiete zu Grunde liege, weise im Übrigen keinen spezifischen Bezug zu den Interessen der im Versorgungsgebiet ansässigen Bevölkerung auf. Im Hinblick auf das bereits bestehende Gesamtangebot an Privatradios sei vom Spartenprogramm der beschwerdeführenden Partei ein besonderer Beitrag zur Meinungsvielfalt gefordert. Weder im Programmkonzept noch in der Berufung habe die beschwerdeführende Partei jedoch dargetan, inwieweit sie einen besonderen Beitrag zur Meinungsvielfalt im Versorgungsgebiet leisten könnte. Vor allem die mitbeteiligte Partei biete gegenüber der beschwerdeführenden Partei ein Programmangebot, das erheblich mehr auf die Interessen im Verbreitungsgebiet Innviertel Bedacht nehme, möge durch dieses auch eine Autobahnstrecke (A 8) führen, die zu einer wichtigen Durchzugsstrecke gehöre, auf der zahlreiche Fernfahrer (ein wesentlicher Teil der Zielgruppe der beschwerdeführenden Partei) unterwegs seien. Dass der Lokalbezug der mitbeteiligten Partei nicht größer wäre als jener der beschwerdeführenden Partei, sei eine bloße Behauptung, zumal das Programm der mitbeteiligten Partei - wie schon die Erstbehörde festgestellt habe - alle relevanten Ereignisse im Versorgungsgebiet in den Gebieten Wirtschaft, Politik, Kultur, Sport und Gesellschaft berücksichtige. Zum Hinweis, das Programm der beschwerdeführenden Partei sei zur Gänze eigengestaltet, sei darauf zu verweisen, dass der größere Anteil an eigengestalteten Sendungen gemäß § 6 PrR-G nicht zwingend einen Vorrang einräume. Es bestehe auch kein Anhaltspunkt für Zweifel, dass die Finanzierung des Programms der mitbeteiligten Partei - entsprechend den Feststellungen der Erstbehörde - gesichert sei. Bei Erteilung der Zulassung an die mitbeteiligte Partei sei zu erwarten, dass die Zielsetzungen des PrR-G am besten gewährleistet seien.

Die gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde, nachdem dieser deren Behandlung mit Beschluss vom 9. Oktober 2002, B 1001/02, abgelehnt hatte, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die beschwerdeführende Partei erachtet sich ihrem gesamten Vorbringen zufolge durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf gesetzmäßige Auswahlentscheidung gemäß § 6 Privatradiogesetz (PrR-G) verletzt. Sie bringt hiezu im Wesentlichen vor, es sei entsprechend der von ihr bereits im Verfahren geäußerten Vermutung die mitbeteiligte Partei von der K BeteiligungsgesmbH übernommen worden. Diese sei nunmehr alleinige Gesellschafterin der mitbeteiligten Partei, die - erwartungsgemäß - im Verbund des K Radios sende. Die belangte Behörde habe jedoch völlig außer Acht gelassen, dass die K-Gruppe durch die Tageszeitungen "N" und "K" bereits über eine erhebliche Medienmacht im Versorgungsgebiet verfüge, was wiederum Auswirkungen auf die Meinungsvielfalt habe. Auch das zweite im Verbreitungsgebiet empfangbare Hörfunkprogramm (L Radio) stehe im Einflussbereich des dominierenden Tageszeitungsherausgebers in Oberösterreich, sodass die Konsumenten im Verbreitungsgebiet im Bereich der Tagesprintmedien und im Bereich des privaten Hörfunks Informationen aus lediglich zwei Quellen bekämen, deren Programmformat sich überdies stark gleiche. Es sei absehbar gewesen, dass der Lokalbezug des Programms der mitbeteiligten Partei ein nur eingeschränkter sein werde, weil durch die Übernahme des Mantelprogramms nicht viel Spielraum verbleibe. Wenn die belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei vorwerfe, einen geringeren Lokalbezug aufzuweisen, übersehe sie, dass dieses Erfordernis gemäß § 16 Abs. 6 PrR-G für ein Spartenprogramm bzw. für ein zielgruppenorientiertes Programm wie das der beschwerdeführenden Partei gar nicht gelte. Für ein Spartenprogramm sei vielmehr entscheidend, ob im Hinblick auf das bereits bestehende Gesamtangebot an Programmen vom Spartenprogramm ein besonderer Beitrag zur Meinungsvielfalt zu erwarten sei. Dieser Beitrag bestehe darin, dass ein Country- und Westernprogramm geboten werde, das eine Kernzielgruppe in der Altersgruppe von 25 bis 65 Jahren anspreche und sich auf Grund der speziellen Konsumententypologie sowohl durch die Musikrichtung als auch durch das Wortprogramm und die darin transportierte Information abgrenzen solle. Angesichts dieser Umstände sei der Beitrag der beschwerdeführenden Partei zur Meinungsvielfalt wesentlich höher einzuschätzen als jener der mitbeteiligten Partei. Das Programm der beschwerdeführenden Partei sei überdies zu 100 % eigengestaltet. Einzig und allein hinsichtlich des Lokalbezuges möge die mitbeteiligte Partei höher einzuschätzen sein, was allerdings durch die Mitgliedschaft im Kradio-Verbund stark zu relativieren sei. Auch bleibe im Programm der mitbeteiligten Partei nach Abzug des Nachrichtenanteils vom Wortanteil ein verschwindend geringer Teil der Sendezeit für lokale Inhalte übrig. Nach den Wahrnehmungen der beschwerdeführenden Partei habe sich dieser auf das Verlesen von Pressemitteilungen der R Messe konzentriert. Obwohl die beschwerdeführende Partei dazu gar nicht verpflichtet sei, habe sie lokale Elemente in ihrem Programm geplant, was von der belangten Behörde nicht hinreichend berücksichtigt worden sei. Durch die Zulassung der mitbeteiligten Partei werde die Schaffung einer vielfältigen Hörfunklandschaft gerade nicht bewirkt, weil sich das Programm der mitbeteiligten Partei mit jenem des "L Radio" weitgehend überschneide. Überdies habe die belangte Behörde auf Grund eines "veralteten Konzepts" der mitbeteiligten Partei entschieden, weil das vorgelegte Programmkonzept im Entscheidungszeitpunkt nicht mehr Grundlage des Sendebetriebs der mitbeteiligten Partei gewesen sei. Soweit die belangte Behörde dargelegt habe, es sei vom Programm der beschwerdeführenden Partei kein besonderer Beitrag zur Meinungsvielfalt zu erwarten, sei diese Feststellung aktenwidrig. Die beschwerdeführende Partei habe nämlich ausgeführt, dass das Konzept eines Country- und Westernradios im deutschsprachigen Raum einzigartig sei. Der zu erwartende Marktanteil sei größer als bei anderen Spartenprogrammen; auf die überdurchschnittliche informative Qualität und die starke Unterscheidung im Wortprogramm werde ausdrücklich hingewiesen. In aktenwidriger Weise habe die belangte Behörde weiters den Lokalbezug im Programmkonzept der beschwerdeführenden Partei verneint. Dort sei nämlich ausgeführt worden, dass "besonderer Wert auf Meldungen aus dem Sendegebiet gelegt" werde. Die Erstbehörde habe "lokale Programmfenster" noch ausdrücklich festgestellt. Teil des Konzepts der beschwerdeführenden Partei seien auch lokale Verkehrsinformationen und Veranstaltungshinweise. Schließlich sei die beschwerdeführende Partei auch niemals mit Bedenken der belangten Behörde betreffend ein mangelhaftes Antragsvorbringen konfrontiert worden, sodass sie sich im Recht auf Parteiengehör verletzt erachte.

Der vorliegende Beschwerdefall gleicht in allen für die Entscheidung relevanten Umständen jenem, der mit hg. Erkenntnis vom 21. April 2004, Zlen. 2002/04/0006, 0034, 0145, entschieden wurde; eine Ausfertigung dieses Erkenntnisses ist zur Information angeschlossen. Aus den dort dargestellten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, erweist sich auch die vorliegende Beschwerde als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 30. Juni 2004

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