VwGH 2001/15/0134

VwGH2001/15/013424.6.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde des E in W, vertreten durch Dr. Eduard Tschofen, Wirtschaftsprüfer in 6800 Feldkirch, Gallmiststraße 17, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg (Berufungssenat) als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom 14. Mai 2001, RV 687, betreffend Finanzordnungswidrigkeit, zu Recht erkannt:

Normen

FinStrG §139;
FinStrG §161 Abs3;
FinStrG §162 Abs2;
FinStrG §29;
FinStrG §49;
FinStrG §8;
FinStrG §9;
FinStrG §139;
FinStrG §161 Abs3;
FinStrG §162 Abs2;
FinStrG §29;
FinStrG §49;
FinStrG §8;
FinStrG §9;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er den Schuldspruch betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, im Übrigen wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis vom 29. September 2000 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als abgabenrechtlich verantwortlicher Prokurist des Einzelunternehmens Sophie S die Kammerumlage 1 iSd § 57 HKG, BGBl 661/1994, für die Zeiträume Jänner bis Dezember 1995, Jänner bis Dezember 1996 und Jänner bis Juli 1997 in Höhe von 232.182 S nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet. Er habe dadurch die Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs 1 lit a FinStrG begangen, weshalb eine Geldstrafe von 25.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe eine Woche) verhängt wurde.

Sophie S habe ein Einzelunternehmen mit Unternehmensschwerpunkt Kunststofferzeugung betrieben. Der Beschwerdeführer sei durch viele Jahre hindurch bis zum 31. Oktober 1997 in diesem Unternehmen Prokurist gewesen. Er sei in abgabenrechtlichen Belangen sehr versiert gewesen. Er sei der Verantwortliche für die Entrichtung der "inkriminierten" Abgaben gewesen, die in der Folge - nach einem Vorhalt des Finanzamtes - erst am 27. Juli 1999 entrichtet worden seien. Die Abgaben (Kammerumlage 1 für Jänner 1995 bis Dezember 1998) seien (zunächst) nicht gemeldet und nicht entrichtet worden, sie seien aber in den Jahresabschlüssen des Einzelunternehmens aufwandswirksam ausgewiesen worden.

Der Beschwerdeführer habe vorgebracht, nicht vorsätzlich gehandelt zu haben. Er sei nämlich überzeugt gewesen, dass die Kammerumlage 1 bis zur endgültigen Klärung der Rechtswidrigkeit dieser Abgaben nicht entrichtet werden müsse. Es könne ihm allenfalls Fahrlässigkeit vorgeworfen werden, weil er sich nicht beim Steuerberater oder beim Finanzamt erkundigt habe. Die Rechtmäßigkeit der Abgabe sei von Beginn ihrer Einführung an in Fachkreisen bezweifelt worden. Beiser habe sie in RdW 1994, 369, als verfassungswidrig eingestuft. Der Verfassungsgerichtshof habe dies erst mit Erkenntnis vom 7. März 1995, B 1993/94, abgelehnt. In der Folge habe Rill in RdW 1995, 501, die Verfassungsmäßigkeit noch einmal thematisiert. Schließlich sei die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Abgabe ein bedeutsames Thema gewesen und habe zu Massenbeschwerden an den Verwaltungsgerichtshof geführt. Dieser habe die Frage mit Beschluss vom 18. September 1996, 96/15/0065, dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt. Es habe sohin keine klare Rechtslage geherrscht. Der Beschwerdeführer habe im Ergebnis Kenntnis von der ernsthaft drohenden Verfassungs- und EU-Widrigkeit gehabt. Die Nichtabfuhr der Abgabe sei daher auf die Überzeugung des Fehlens einer Abfuhrverpflichtung zurückzuführen. Im Übrigen liege eine Selbstanzeige vor, weil die Abgaben in den Jahresabschlüssen angeführt gewesen seien und in den Jahres-Umsatzsteuererklärungen die Kammerumlagepflicht als bestehend angegeben worden sei.

Der Amtsbeauftragte habe eingewendet, die Vorgangsweise des Beschwerdeführer weise auf Vorsatz hin. Die Kammerumlage sei seit ihrer Einführung in Geltung gestanden, möge auch ihre Verfassungswidrigkeit "bis an den EuGH vorgetragen und in weiterer Folge abschlägig erledigt worden sein". Der Beschwerdeführer habe sich nicht den erwähnten Massenbeschwerden angeschlossen. Von einer vertretbaren Rechtsauslegung könne keine Rede sein. Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abgabe berechtigten vor der Entscheidung der Gerichtshöfe nicht, sie nicht zu melden und nicht zu entrichten. Es existiere auch ein Beitrag eines anerkannten Steuerexperten in den Vorarlberger Nachrichten vom 8. Mai 1995 über die Kammerumlage, in welchem keine Rede von der Rechtswidrigkeit der Abgabe sei.

Die belangte Behörde könne aus den angeführten Überlegungen den vom Beschwerdeführer in Kritik gezogenen Punkten zur subjektiven Tatseite nicht entsprechen. Die Informationen über die Rechtswidrigkeit der Abgabe hätten nicht dazu berechtigt, sie nicht zu entrichten. Immerhin habe sich der Beschwerdeführer vorsichtshalber dazu verstanden, die Abgabe zu verbuchen. Daraus sei zu schließen, dass er sich seiner Sache nicht so sicher gewesen sei, wie er vorgebe. Er habe sich der Verpflichtung, das Einvernehmen mit der Finanzbehörde bzw dem Steuerberater herzustellen, entzogen. Somit habe er zumindest bedingt vorsätzlich die Abgabe nicht fristgerecht entrichtet.

Bei der Strafbemessung seien erschwerend der längere Begehungszeitraum und mildernd die bisherige Unbescholtenheit zu berücksichtigen.

In der Berufung verweist der Beschwerdeführer wiederum darauf, er habe aus den Medien und von Kollegen erfahren habe, dass die Kammerumlage 1 rechtswidrig (verfassungswidrig und gemeinschaftsrechtswidrig) sei. Der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts bringe die Abfuhrpflicht in Wegfall. Er habe die Abgaben zwar aus Vorsichtsgründen in das Rechenwerk aufgenommen, aber nicht an das Finanzamt abgeführt. Im maßgeblichen Zeitraum seien Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof, dem Verwaltungsgerichtshof und dem EuGH anhängig gewesen. Der Verwaltungsgerichtshof habe diese vertretbare Rechtsauffassung betreffend die Rechtswidrigkeit der Abgabe dem EuGH vorgelegt. Da der Beschwerdeführer die in den Medien dargestellte Rechtswidrigkeit der Kammerumlage gekannt habe, habe er nicht vorsätzlich gehandelt, sondern sei vom Fehlen einer Abfuhrverpflichtung ausgegangen. Der Steuerberater habe die Beträge in die endgültigen Bilanzen aufgenommen. Die Jahresabschlüsse 1995 und 1996 seien im Jahr 1997 erstellt und beim Finanzamt eingereicht worden. Zu beachten sei auch, dass die Fälligkeit der Kammerumlage für Juli 1997 am 15. November 1997 eingetreten sei; zu diesem Zeitpunkt sei der Beschwerdeführer nicht mehr für das Einzelunternehmen Sophie S tätig gewesen. Bei der Strafbemessung hätte die Behörde weitere Milderungsgründe (unklare Rechtslage, Unbesonnenheit des Beschwerdeführers, dessen Irrtum und dessen geringes Einkommen, Angaben in den Bilanzen, Selbstanzeige, Wiedergutmachung des Schadens,) berücksichtigen müssen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung insoweit teilweise Folge, als sie den Kalendermonat Juli 1997 aus den vom Schuldspruch umfassten Zeitraum herausnahm und deshalb den strafbestimmenden Wertbetrag auf 211.634 S senkte. Im Übrigen wies sie die Berufung als unbegründet ab.

Der Beschwerdeführer bestreite das Vorliegen von Vorsatz mit der Begründung, er habe sich im Irrtum befunden. Der Steuerberater des Einzelunternehmens Sophie S habe ausgesagt, er habe den Beschwerdeführer anlässlich der Bilanzbesprechung darauf aufmerksam gemacht, dass die Kammerumlage 1 abgeführt werden müsse. Der Beschwerdeführer habe aber die Meinung vertreten, die Abgabe sei verfassungswidrig und müsse nicht gezahlt werden. Nach Ansicht der belangten Behörde sei sich der Beschwerdeführer in seiner rechtlichen Einschätzung keineswegs ganz sicher gewesen. Wäre er überzeugt gewesen, dass keine Verpflichtung zur Entrichtung der Kammerumlage bestanden habe, hätte er nicht "aus Vorsichtsgründen" die Verbuchung der Abgabenschulden vorgenommen und sie aufwandwirksam berücksichtigt. Es habe keine vertretbare Rechtsauffassung vorgelegen. Jedem mit Durchschnittswissen ausgestatteten Bürger sei bekannt, dass ein Gesetz so lange bindende Wirkung entfalte, als es nicht durch den Verfassungsgerichtshof oder den Gesetzgeber aufgehoben worden sei. Die subjektive Meinung, ein Gesetz sei verfassungswidrig, berechtigte nicht zur Missachtung des Gesetzes vor seiner Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof. Die belangte Behörde gehe daher davon aus, dass sich der Beschwerdeführer des Verstoßes gegen bestehendes Recht bewusst gewesen sei. Er habe somit das Tatbild mit zumindest bedingtem Vorsatz verwirklicht. Auch den zahlreichen Publikationen, auf welche sich der Beschwerdeführer berufen habe, sei zu entnehmen, dass die Kammerumlage 1 noch in Rechtsbestand sei. Für den Vorsatz des Beschwerdeführers spreche auch der Umstand, dass die Kammerumlagepflicht in den Umsatzsteuer-Jahreserklärungen angeführt worden sei.

Die Angaben in den Jahresabschlüssen und in den Umsatzsteuererklärungen seien keine Selbstanzeige iSd § 29 FinStrG. Es sei nämlich keine unverzügliche Entrichtung der Abgaben erfolgt (Zahlung erst am 28. Juli 1999).

Auch der Strafausspruch der Erstbehörde müsse bestätigt werden. Die in der Berufung angeführten weiteren Milderungsgründe lägen nicht vor. Von einer unklaren Rechtslage könne keine Rede sein. Der Beschwerdeführer habe auch nicht unbesonnen gehandelt. Die Schadensgutmachung sei nicht von ihm vorgenommen worden. Es möge zutreffen, dass er über ein relativ geringes Einkommen verfüge. Angesichts des (korrigierten) strafbestimmenden Wertbetrages und der übrigen für die Strafzumessung maßgebenden Gründe bestehe jedoch keine Anlass zu einer Minderung der von der Erstbehörde ausgemessenen Strafe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

§ 49 FinStrG lautet:

"(1) Einer Finanzordnungswidrigkeit macht sich schuldig, wer vorsätzlich

a) Abgaben, die selbst zu berechnen sind, Vorauszahlungen an Umsatzsteuer oder Vorauszahlungen an Abgabe von alkoholischen Getränken nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet oder abführt, es sei denn, dass der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des geschuldeten Betrages bekannt gegeben wird; im übrigen ist die Versäumung eines Zahlungstermines für sich allein nicht strafbar;

b) durch Abgabe unrichtiger Voranmeldungen (§ 21 des Umsatzsteuergesetzes 1972) ungerechtfertigte Abgabengutschriften geltend macht.

(2) Die Finanzordnungswidrigkeit wird mit einer Geldstrafe geahndet, deren Höchstmaß die Hälfte des nicht oder verspätet entrichteten oder abgeführten Abgabenbetrages oder der geltend gemachten Abgabengutschrift beträgt."

§ 9 FinStrG lautet:

"Dem Täter wird weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit zugerechnet, wenn ihm bei einer Tat ein entschuldbarer Irrtum unterlief, der ihn das Vergehen oder das darin liegende Unrecht nicht erkennen ließ; ist der Irrtum unentschuldbar, so ist dem Täter Fahrlässigkeit zuzurechnen. Dem Täter wird Fahrlässigkeit auch dann nicht zugerechnet, wenn ihm bei der Tat eine entschuldbare Fehlleistung unterlief."

Der Beschwerdeführer bringt vor, der Verwaltungsgerichtshof habe aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht Bedenken gegen die Kammerumlage 1 (geregelt in § 57 Abs 1 HKG, BGBl 661/1994 bzw § 122 WKG, BGBl 103/1998) gehegt und die Frage mit Beschluss vom 18. September 1996, 96/15/0065, dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt.(Der EuGH hat mit Urteil vom 19. 2. 1998, C-318/96 , die Bedenken nicht geteilt.) Diese Auffassung über die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit sei für den Beschwerdeführer eine vertretbare Rechtsauffassung gewesen. Die belangte Behörde habe sich mit den gemeinschaftsrechtlichen Überlegungen, insbesondere dem Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts, nicht auseinander gesetzt. In den Jahren 1994 bis 1997 sei laufend über die Rechtswidrigkeit der Kammerumlage 1 berichtet worden. Der Beschwerdeführer habe daher die Auffassung vertreten, wegen der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Abgabe bestehe keine Abfuhrverpflichtung. Im Hinblick auf die vertretbare Rechtsauffassung könne dem Beschwerdeführer kein Vorsatz angelastet werden. Der Beschwerdeführer habe die Kammerumlage 1 richtig berechnet, verbucht und dem Steuerberater in den Saldenlisten als Schuld zum Bilanzausweis übergeben. Der Steuerberater habe diese Verbindlichkeiten in den Jahresabschluss übernommen. Der Bilanzausweis sei aus Gründen der Bilanzvorsicht erfolgt; erkennbare Risken und drohende Verluste müssten demnach ausgewiesen werden. Der Beschwerdeführer sei von der Rechtswidrigkeit der Abgabe überzeugt gewesen. Aus der "vorsichtshalber" erfolgten Verbuchung könnte nicht auf Vorsatz des Beschwerdeführers geschlossen werden. Der Beschwerdeführer sei zudem in seiner Rechtsauffassung dadurch bestärkt worden, dass das Finanzamt weder Vorhalt noch Zahlungserinnerung gesandt habe.

Die belangte Behröde hat die Sachverhaltsfeststellung getroffen, dass sich der Beschwerdeführer nicht in einem Irrtum über das Bestehen der Verpflichtung zur Abfuhr von Kammerumlage 1 befunden habe. Sie hat sich auf die Angabe in den Umsatzsteuer-Jahreserklärungen bezogen, obwohl diese nicht vom Beschwerdeführer erstellt worden sind. Die belangte Behörde hat für ihre Beweiswürdigung aber - zulässigerweise - als Indiz herangezogen, dass der Beschwerdeführer die Verbuchung der Abgabe (als Schuld) veranlasst und dies mit Vosichtsgründen begründet hat. Sie hat sich allerdings auch auf die Überlegung gestützt, jedem mit Durchschnittswissen ausgestatteten Bürger sei bekannt, dass ein Gesetz so lange verbindlich sei, als es nicht durch den Verfassungsgerichtshof oder den Gesetzgeber aufgehoben sei (und ist damit ausschließlich auf das Vorbringen betreffend den Irrtum über die Verfassungswidrigkeit der Abgabe eingegangen).

Der Beschwerdeführer hat sich in seiner Berufung auch darauf gestützt, dass er seinerzeit die Auffassung vertreten, die Kammerumlage verstoße gegen Gemeinschaftsrecht, und dass - wegen des Anwendungsvorranges des Gemeinschaftsrechts - im Falle der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Abgabe von vornherein keine Abfuhrverpflichtung bestanden hätte.

Mit diesem Vorbringen betreffend die irrtümliche Annahme der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Abgabe hat sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid (im Rahmen der Beweiswürdigung) in keiner Weise auseinandergesetzt. Es widerspricht aber rechtsstaatlichem Denken, wenn sich die Finanzstrafbehörde mit dem Vorbringen eines Beschuldigten nicht hinlänglich auseinandersetzt und den Schuldvorwurf nicht einwandfrei begründet. Allenfalls verbleibende Zweifel müssen hierbei in Ansehung des Rechtsgrundsatzes "in dubio pro reo" zugunsten des Beschuldigten wirken (vgl hiezu das hg Erkenntnis vom 26. Jänner 1989, 88/16/0191).

Gemäß § 162 Abs 2 iVm § 139 FinStrG hat die Begründung der Rechtsmittelentscheidung in gedrängter Darstellung, aber mit voller Bestimmtheit anzugeben, welche Tatsachen die Finanzstrafbehörde zweiter Instanz als erwiesen oder als nicht erwiesen angenommen hat und aus welchen Gründen dies geschehen ist, ferner, von welchen Erwägungen sie bei der Würdigung der vorgebrachten Einwendungen und bei der Entscheidung von Rechtsfragen geleitet wurde.

Diesen an die Begründung einer Rechtsmittelentscheidung im Finanzstrafverfahren gestellten gesetzlichen Anforderungen wird der angefochtene Bescheid nicht gerecht, weil er sich mit dem Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers betreffend den Irrtum über die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Abgabe nicht auseinandersetzt und sich in Hinsicht auf die subjektive Tatseite im wesentlichen das Vorbringen betreffend den Irrtum über die Verfassungswidrigkeit der Abgabe beschränkt (zu den Besonderheiten bei der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Abgabenrechts siehe etwa Leitner, Österreichisches Finanzstrafrecht2, 196). In dieser Hinsicht entzieht sich der angefochtene Bescheid daher der Nachprüfbarkeit durch den Verwaltungsgerichtshof, und zwar auch hinsichtlich der Frage, ob (und insbesondere auch hinsichtlich welcher Monate) der Beschwerdeführer den Irrtum über die Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Abgabe hinreichend glaubhaft dartun konnte.

Da die belangte Behörde die insoweit erforderliche und für die Beurteilung des strafbaren Verhaltens maßgebende Klarstellung der subjektiven Tatseite unterließ, zu der sie gemäß dem § 57 Abs 2 FinStrG verpflichtet war, und Verfahrensvorschriften über die Begründungspflicht außer acht gelassen hat, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der angefochtene Bescheid erweist sich aber hinsichtlich seines Schuldausspruches auch mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

§ 161 Abs 3 erster Satz FinStrG lautet:

"Eine Änderung des Erkenntnisses zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten ist nur bei Anfechtung durch den Amtsbeauftragten zulässig."

Wird in zweiter Instanz das Strafverfahren in einem Punkt eingestellt, dann darf durch die im übrigen bestätigende Rechtsmittelentscheidung das von der ersten Instanz verhängte Strafausmaß nicht aufrecht erhalten werden, wenn nicht der Amtsbeauftragte seinerseits Berufung eingelegt hat (vgl die hg Erkenntnisse vom 1. Juli 2003, 2000/13/0045, und vom 25. April 1961, 1286/59, Slg 2423/F).

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs 1 lit d FinStrG hinsichtlich der Abgabe für Juli 1997 aus dem Schuldspruch ausgeschieden. Solcherart stellte sich die Aufrechterhaltung der Strafhöhe von 25.000 S für die verbliebenen Finanzordnungswidrigkeiten als Verstoß gegen § 161 Abs 3 erster Satz FinStrG dar.

Der Beschwerdeeinwand, die belangte Behörde habe zu Unrecht in der Einreichung der Jahresabschüsse und der Umsatzsteuer-Jahreserklärungen nicht den Strafaufhebungsgrund der Selbstanzeige iSd § 29 FinStrG erblickt, zeigt schon deshalb keine Rechtswidrigkeit auf, weil diese Eingaben von der Inhaberin des Einzelunternehmens bzw vom ihren Steuerberater in ihrem Namen vorgenommen worden sind und in keiner Weise erkennen lassen, dass sie für den Beschwerdeführer als Selbstanzeige wirken sollten. Nach der hg Rechtsprechung hat die Selbstanzeige aber die Person zu benennen, für die sie erstattet wird (vgl das hg Erkenntnis vom 14. April 1993, 92/13/0278).

Der angefochtene Bescheid war, soweit er den Schuldspruch betrifft, gemäß § 42 Abs 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, soweit er die Strafhöhe betrifft, wegen des Vorranges der inhaltlichen Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs 1 VwGG wegen dieser aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II 333/2003.

Wien, am 24. Juni 2004

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