Normen
ASVG §410 Abs1;
ASVG §73 Abs1a;
ASVG §410 Abs1;
ASVG §73 Abs1a;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die mitbeteiligte Partei hat mit Schreiben vom 21. Mai 2001 der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse (in der Folge kurz: Beschwerdeführerin) mitgeteilt, dass sie an ehemalige Dienstnehmer regelmäßig Zusatzpensionsleistungen auszahle. Nach einer ihr mitgeteilten Rechtsansicht habe sie von diesen Zusatzpensionsleistungen Krankenversicherungsbeiträge gemäß § 73 Abs. 1a ASVG einzubehalten. Eine solche Einbehaltung berühre nicht nur die Interessen ihrer ehemaligen Dienstnehmer, sondern bereite ihr einen Verwaltungsaufwand. Es werde daher der Antrag gestellt, die Beschwerdeführerin "wolle im Sinne des § 410 Abs. 1 Z. 7 ASVG bescheidmäßig darüber absprechen, ob (die mitbeteiligte Partei) gemäß § 73 Abs. 1a ASVG dazu verpflichtet ist, von Zusatzpensionsleistungen Krankenversicherungsbeiträge einzubehalten".
Die Beschwerdeführerin hat über diesen Antrag mit Bescheid vom 12. Juli 2001 wie folgt abgesprochen:
"Gemäß § 410 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) wird festgestellt, dass der Dienstgeber (mitbeteiligte Partei), verpflichtet ist, ab 1.1.2001 für die Zusatzpensionsleistungen, welche an Anspruchsberechtigte auf Grund einzelvertraglicher Regelungen unter Zugrundelegung des 'Pensionszuschussregulativs' gemäß § 38 der Freien Betriebsvereinbarung vom 27.2.1961 (aktuelle Fassung vom 1.12.1992) direkt ausgezahlt werden, unter Beachtung der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage nach § 45 Abs. 3 ASVG Beiträge gemäß § 73 Abs. 1a ASVG zu entrichten. Dies unter der Voraussetzung, dass diese Personen eine Eigenpension oder eine Hinterbliebenenpension - mit Ausnahme der Waisenpension - nach den Bestimmungen des ASVG ausbezahlt erhalten."
Die mitbeteiligte Partei hat Einspruch erhoben.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde dem Einspruch stattgegeben und den bekämpften Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG aufgehoben. In der Begründung hat sie ausgeführt, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf die Erkenntnisse vom 24. März 1992, 89/08/0360, und vom 20. Oktober 1992, 90/08/0024) habe ein Bescheid, mit dem über eine Beitragsvorschreibung abgesprochen werde, einen Ausspruch über die Verpflichtung zur Entrichtung ziffernmäßig bestimmter Beträge zu enthalten. Der Spruch des bekämpften Bescheides lasse jedoch nicht erkennen, in welcher ziffernmäßig konkret bestimmten Höhe Sozialversicherungsbeiträge geschuldet werden. Der bekämpfte Bescheid entspreche sohin nicht der dargelegten Rechtslage. Sollte die Beschwerdeführerin der Ansicht sein, sie habe nicht einen Beitragsbescheid, sondern einen Feststellungsbescheid erlassen, sei sie auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Juli 1997, 97/08/0421, zu verweisen, in dem ausgeführt worden sei, dass der Bescheid, der die Verpflichtung zur Beitragsentrichtung feststelle, in Wahrheit ein Leistungsbescheid im Kleid eines Feststellungsbescheides sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Die mitbeteiligte Partei hat sich am Verfahren nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 410 Abs. 1 erster Satz ASVG ist die Beschwerdeführerin - sofern ihr Recht auf Erlassung von Bescheiden nicht ausgeschlossen ist (ein solcher Fall liegt nicht vor) - immer berechtigt, in Verwaltungssachen (zu denen die Angelegenheiten der Beiträge der Versicherten zählen) die sich aus dem Gesetz in solchen Angelegenheiten ergebenden Rechte und Pflichten der Versicherten mit Bescheid festzustellen; verpflichtet ist sie hingegen zur Bescheiderlassung in den in den Z. 1 bis 8 des § 410 Abs. 1 zweiter Satz ASVG aufgezählten Fällen. Demnach ist die Beschwerdeführerin zur Erlassung eines Bescheides, mit dem die Beitragsgrundlage oder die Beitragspflicht eines Versicherten an sich festgestellt wird, berechtigt, es sei denn, es ist bereits die Erlassung eines Beitragsbescheides (d.h. ein Bescheid über die Verpflichtung zur Leistung konkreter Beiträge) zulässig oder ein solcher ist vom Versicherten nach § 410 Abs. 1 Z. 7 ASVG beantragt worden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 19. März 1987, 86/08/0239).
Im Beschwerdefall ist nicht das Ausmaß der (gegebenenfalls) geschuldeten Beiträge strittig, sondern die Verpflichtung zur Beitragsentrichtung für bestimmte Zusatzpensionsleistungen dem Grunde nach. Daher hat die mitbeteiligte Partei als Dienstgeberin am 21. Mai 2001 den Antrag gestellt, über ihre - abstrakte - Beitragspflicht im Sinne des § 73 Abs. 1a ASVG abzusprechen. Diese durch Art. 66 Z. 9 des Budgetbegleitgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 142/2000, eingefügte Bestimmung lautet:
"Personen nach Abs. 1, die die Zusatzpensionsleistungen von regelmäßig aus öffentlichen Mitteln finanzierten Rechtsträgern beziehen, haben von diesen Zusatzpensionsleistungen einen Beitrag zu entrichten. Dabei ist
1. der jeweilige Beitragsatz nach Abs. 1 Z. 1 oder 2 anzuwenden und
2. die Zusatzpension nur in dem Ausmaß heranzuziehen, als sie zusammen mit der gesetzlichen Pension die monatliche Höchstbeitragsgrundlage nach § 45 Abs. 3 nicht übersteigt.
Der Beitrag ist von der die Zusatzpensionsleistung auszahlenden Stelle einzubehalten und am Ende eines jeden Kalenderjahres an den jeweiligen zuständigen Krankenversicherungsträger zu überweisen. Als öffentliche Mittel im Sinne des ersten Satzes gelten insbesondere Steuern, Abgaben, Pflichtbeiträge und Umlagen."
§ 73 Abs. 1a ASVG in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2001 ist mit 1. Jänner 2001 in Kraft getreten (§ 589 Abs. 1 ASVG in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2001) und wurde mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 28. Juni 2002, VfSlg. 16.585, mit Ablauf des 31. Dezember 2002 als verfassungswidrig aufgehoben.
Auf Grund des zulässigen Antrages der mitbeteiligten Partei hat daher die Beschwerdeführerin zulässigerweise einen Feststellungsbescheid über die abstrakte Beitragspflicht im Sinne der genannten Bestimmung erlassen. Dazu war die Beschwerdeführerin im Rahmen des § 410 Abs. 1 ASVG berechtigt und verpflichtet. Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Den von der belangten Behörde angesprochenen hg. Erkenntnissen lag jeweils ein anderer Sachverhalt zugrunde.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 22. September 2004
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