VwGH 2001/08/0027

VwGH2001/08/002726.5.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Strohmayer, Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des L in L, vertreten durch DDr. Heinz Mück, Dr. Peter Wagner, Dr. Walter Müller und Dr. Wolfgang Graziani-Weiss, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Kroatengasse 7, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 11. Dezember 2000, Zl. SV(SanR)-410393/4-2000-Bb/May, betreffend Beitragsnachverrechnung (mitbeteiligte Partei: Oberösterreichische Gebietskrankenkasse in 4010 Linz, Gruberstraße 77), zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §1 Abs1 lita;
ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs2;
AlVG 1977 §1 Abs1 lita;
ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Dem beschwerdeführenden Verband obliegt der Klassifizierungsdienst im Zusammenhang mit der Klassifizierung von Schlachtkörpern nach dem Qualitätsklassengesetz BGBl. Nr. 161/1967. Mit Bescheid vom 11. Mai 1999 verpflichtete die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse nach Durchführung einer Beitragsprüfung die beschwerdeführende Partei als Dienstgeber zur Entrichtung von allgemeinen Beiträgen in der Höhe von S 526.827,10 zuzüglich näher bezifferten Verzugszinsen. Nach der Begründung dieses Bescheides - soweit diese für das vorliegende Beschwerdeverfahren von Bedeutung ist - hätte die beschwerdeführende Partei für die in der Beitragsrechnung unter dem Begründungssymbol "N 25" angeführten Versicherten bei der Berechnung des Feiertagsentgeltes die regelmäßig gewährten Klassifizierungsentgelte nicht berücksichtigt. Es seien deshalb allgemeine Beiträge nachverrechnet worden. Gemäß § 65 Abs. 3 der oberösterreichischen Landarbeitsordnung 1989 sei für Feiertage, die gemäß § 34 Abs. 1 und 2 leg. cit. als Ruhetage gelten, das regelmäßige Entgelt zu leisten. Werde an diesen Tagen gearbeitet, so gebühre, sofern die Arbeiten nicht zu den im § 64 Abs. 4 leg. cit. verzeichneten zählten, außer dem regelmäßigen Entgelt das auf die geleistete Arbeit entfallende Entgelt. Der Nachverrechnungsmodus sei einvernehmlich mit dem Dienstgeber nach Jahressummen und dem durchschnittlichen Anfall von Klassifizierungstagen, die pro Dienstnehmer auf einen Feiertag fielen "(durchschnittlich 104 Klassifizierungstage pro Jahr, davon 4 an einem Feiertag = Faktor 0,0384)", durchgeführt worden. Hinsichtlich weiterer Versicherter sei es zur Auszahlung von "Urlaubsauslösen" und dadurch zu einer Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze gekommen.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Einspruch. Darin wendete sie sich ausschließlich gegen die Beitragsnachverrechnung aus dem Titel des Feiertagsentgelts und brachte dazu im Wesentlichen vor, dass die bei der beschwerdeführenden Partei beschäftigten "Klassifizierer" vereinbarungsgemäß nur nach Maßgabe ihrer tatsächlichen Einsatzzeiten entlohnt worden seien. Die monatliche Prüfungszeit sei unterschiedlich gewesen. Es sei auch keine regelmäßige Dienstzeit vereinbart gewesen. Die Klassifizierer hätten in kleinen Schlachtbetrieben etwa 15 Minuten Zeitaufwand gehabt, in anderen "Extremfällen" hingegen tägliche Arbeitszeiten von bis zu 14 Stunden. Es seien dadurch "wöchentliche Arbeitszeiten von 1 Stunde pro Woche bis zu 45 Stunden pro Woche (Spitzenwerte)" zu Stande gekommen. Mit den für den Zeitraum des tatsächlichen Arbeitseinsatzes bezahlten Entschädigungen seien alle Ansprüche der Klassifizierer befriedigt worden. Zwischen der beschwerdeführenden Partei und den Klassifizierern habe in Wahrheit ein freies Dienstverhältnis bestanden. Es habe kein "disziplinäres Weisungsrecht" gegeben, da die Klassifizierer "als qualifizierte Sachverständige mit abgelegter Prüfung ausschließlich für die Klassifizierung und Qualitätssicherung der Schlachtkörper zuständig" gewesen seien. Der Schlachtbetrieb sei verpflichtet gewesen, den Klassifizierungsdienst (also die beschwerdeführende Partei) nachweislich rechtzeitig vom jeweiligen Beginn der Schlachtung zu verständigen. Der Klassifizierungsdienst habe sich jeweils nach den Vorgaben des Schlachtbetriebes zu richten, sei jedoch dienstrechtlich mit dem Schlachtbetrieb in keiner wie immer gearteten Form "verhaftet". Der beschwerdeführende Landesverband habe lediglich die Administration der Klassifizierung vorzunehmen, sei also entsprechend dem Qualitätsklassengesetz lediglich Durchführungsorgan des Landes. Der Landesverband sei Verrechnungsstelle, "ob und in welchem Ausmaß die eingesetzten öffentlichen Mittel ordnungsgemäß verrechnet" würden. Die Klassifizierer seien selbst Landwirte und durch die Ablegung einer Prüfung (Befähigungsprüfung) dazu berechtigt, entsprechend den Bestimmungen des Qualitätsklassengesetzes die Prüfung der Schlachtkörper durchzuführen. Diese Ausbildung erfolge im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, und es werde auch dort die Prüfung abgenommen. Mit der Ablegung der Prüfung sei der Klassifizierer berechtigt, Qualitätssicherung in den Schlachthöfen zu betreiben. Die Administration des Einsatzes bewerkstellige der Landesverband für Leistungsprüfungen. Nachdem weder eine kollektivvertragliche Regelung noch eine gesetzliche Vorgabe bestehe, "Feiertagsentgelt zu fiktieren", sondern vertraglich geregelt sei, dass lediglich für den tatsächlichen Einsatz Entgelt entrichtet werde, sei davon auszugehen, dass mit der Entschädigung grundsätzlich alle Rechtsansprüche abgegolten seien. Dass darüber hinaus Sonderzahlungen und Urlaubsablösen bezahlt worden seien, sei "eine vertragliche Sonderstellung bzw. entgeltliche Zubuße", die zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer ausgehandelt worden sei.

Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse legte den Einspruch der belangten Behörde mit einer Stellungnahme vor, in der zu den Einspruchsbehauptungen ausgeführt wird, es würden von der beschwerdeführenden Partei "Schweine- und Rinderklassifizierer und Kontrollassistenten beschäftigt". Bei der Ermittlung des Feiertagsentgeltes seien die regelmäßig geleisteten Klassifizierungsentgelte nicht berücksichtigt gewesen. De facto sei überhaupt kein Feiertagsentgelt abgerechnet worden. Bereits bei der Beitragsprüfung im Jänner 1993 seien diese Differenz aufgegriffen und Sozialversicherungsbeiträge bescheidmäßig nachverrechnet worden. Dem dagegen erhobenen Einspruch habe der Landeshauptmann keine Folge gegeben. Die in der Beitragsrechnung angeführten Personen seien als Dienstnehmer zur Sozialversicherung gemeldet. Wenn die beschwerdeführende Partei die Dienstnehmereigenschaft im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG in Frage stelle, dann sei dazu festzuhalten, dass die in der Beitragsrechnung angeführten Dienstnehmer als solche von der beschwerdeführenden Partei zur Sozialversicherung gemeldet und Beiträge abgerechnet worden seien. Zu dem übrigen Vorbringen sei festzustellen, dass die Verordnung auf Grund des Qualitätsklassengesetzes hinsichtlich der Dienstnehmereigenschaft der Klassifizierer nichts auszusagen vermöge. Es werde geregelt, welche Aufgaben ein von der Agrarmarkt Austria zugelassenes Unternehmen zu erfüllen habe. Dienstvertragliche Regelungen seien darin nicht enthalten. Im Schlachtkörperqualifizierungsvertrag (dabei handelt es sich um einen Vertrag zwischen dem Schlachtbetrieb als Auftraggeber und dem Landesverband als Auftragnehmer) seien allerdings jene Bedingungen und Verpflichtungen festgelegt, unter denen die Klassifizierer tätig zu werden hätten. Dieser Vertrag lege zwar nicht die einzelnen Dienstpflichten zwischen dem Klassifizierungsdienst und den Klassifizierern fest, er gebe aber einen derartig engen Rahmen vor, dass die Klassifizierungen "ausschließlich im Rahmen von persönlichen wirtschaftlich abhängigen Dienstverhältnissen" auszuüben seien. Nach § 10 des Vertrages seien die Klassifizierer entsprechend zu beauftragen. Wenn also die Klassifizierer nach Maßgabe des Schlachtkörperklassifizierungsvertrages beschäftigt würden, seien sie jedenfalls an Arbeitszeit, Arbeitsort sowie an arbeitsbezogene Weisungen gebunden. Damit lägen die Kriterien eines persönlichen wirtschaftlich abhängigen Dienstverhältnisses vor. Die mitbeteiligte Partei habe mit Schreiben vom 26. Februar 1993 einen zwischen dem Klassifizierungsdienst und den Klassifizierern abgeschlossenen Vertrag als Dienstvertrag im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG beurteilt. Demgemäß habe die beschwerdeführende Partei die Klassifizierer als Dienstnehmer zur Sozialversicherung gemeldet und abgerechnet. Sie habe weder bei der Beitragsprüfung noch im Einspruch vorgebracht, dass sich die Verträge geändert hätten. Die Dienstnehmereigenschaft nach § 4 Abs. 2 ASVG sei daher jedenfalls gegeben.

Die beschwerdeführende Partei nahm zum Vorlagebericht der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse schriftlich Stellung:

Nach Hinweisen auf § 25a des Qualitätsklassengesetzes BGBl. Nr. 161/1967 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 523/1995 wird ausgeführt, dass der Klassifizierungsdienst durch ein Regulativ des Landesverbandes für Leistungsprüfungen organisiert werde. Dieser Landesverband sei also nur als Organisationseinheit zwischengeschaltet, damit einerseits der Produktionsbetrieb (nämlich der Bauer) zum gerechten Preis eines gelieferten Qualitätstieres komme und andererseits dem Konsumenten ein einwandfreies und geprüftes Qualitätsfleisch zum Verkauf angeboten werden könne. Nachdem Landwirte, - ausgebildet als Klassifizierer im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft - die Klassifizierungstätigkeit durchführten und infolge ihrer besonderen Ausbildung die Fachkundigkeit ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit einbrächten, sei die Begründung eines Dienstverhältnisses an sich unmöglich. Mit den §§ 23 und 24 BSVG in der Fassung der 22. und 23. Novelle seien Nebentätigkeiten und Nebengewerbe eines selbständigen Landwirtes in die Versicherungs- und Beitragspflicht einbezogen, also dem selbständigen Tätigkeitsbereich eines bäuerlichen Unternehmers zugeordnet. In Anlage 2 zu § 23 BSVG in der Fassung der 23. Novelle seien zusätzliche Einkünfte aus der Klassifizierungstätigkeit der Versicherungs- und Beitragspflicht unterworfen. Diese Personen seien nicht als Dienstnehmer im Sinne des § 4 ASVG anzusehen.

Darauf erwiderte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse in einer weiteren Stellungnahme, in der sie zunächst ihren bisherigen Rechtsstandpunkt wiederholte. Zu den Hinweisen auf die Bestimmungen der §§ 23 und 24 BSVG führte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse aus, dass für die Begründung einer Pflichtversicherung nach dem BSVG bzw. zur Einrechnung der aus der Nebentätigkeit erzielten Entgelte in die Beitragsgrundlagen nach diesem Gesetz ein land- und forstwirtschaftliches Nebengewerbe erforderlich sei. Anlage 2 zum Bauernsozialversicherungsgesetz beinhalte in diesem Zusammenhang unter Punkt 7 die Qualitätssicherung und damit auch die "Fleischqualifizierer" (gemeint offenbar: Fleischklassifizierer). Es handle sich dabei - wie auch näher bezeichnete Literaturstellen zeigen würden - um die Erbringung einer Dienstleistung eines land-(forst-)wirtschaftlichen Betriebes für einen anderen solchen Betrieb im selben oder einem angrenzenden Verwaltungsbezirk. Im vorliegenden Fall werde die Fleischklassifizierung aber nicht gewerbsmäßig ausgeübt, weil die Merkmale des Erwerbszweckes (der Gewinnabsicht) fehlen würden. Es würden Dienstleistungen erbracht, wobei für die Erbringer dieser Dienstleistung kein Unternehmerrisiko bestehe. Das Vertragsverhältnis bestehe nur gegenüber einem einzigen Vertragspartner, nämlich dem beschwerdeführenden Verband. Der Fleischklassifizierer trete auch nicht gegenüber einem unbestimmten Kundenkreis auf. Er unterliege vielmehr einem Konkurrenzverbot. Es liege weder eine Unterordnung noch eine organisatorisch eng verbundene Erscheinungsform der Tätigkeit als Fleischklassifizierer mit der eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes vor. Tatsache sei, dass die Fleischklassifizierer von der beschwerdeführenden Partei in verschiedene Schlachtbetriebe entsendet würden und dort an Schlachtzeiten gebunden seien. Sie würden mit den Betriebsmitteln des Schlachtbetriebes arbeiten. Um die Tätigkeit der Fleischklassifizierer als landwirtschaftliches Nebengewerbe beurteilen zu können, müssten diese nach § 2 Abs. 4 Z. 4 Gewerbeordnung mit Betriebsmitteln erbracht werden, wie sie der Landwirt im eigenen Betrieb verwendet. Dies sei jedoch nicht der Fall. Ebenso wenig könne von einer Unterordnung der Tätigkeit der Fleischklassifizierer gegenüber der eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes gesprochen werden. Die Fleischklassifizierung falle nach dem vorliegenden Sachverhalt daher nicht unter das BSVG. Sowohl § 148c BSVG also auch die Anlage 2 zum BSVG würden die Anwendung dieser Bestimmungen insofern einschränken, als die in diesen Bestimmungen aufgezählten Tätigkeiten nur dann unter das BSVG fielen, wenn sie nicht im Rahmen des Dienstverhältnisses erbracht würden. Hinsichtlich der Nachverrechnung von Feiertagsentgelt hält die Gebietskrankenkasse in dieser Stellungnahme fest, dass weitere neue Einwände der beschwerdeführenden Partei nicht vorgetragen worden seien.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid hat die belangte Behörde dem Einspruch der beschwerdeführenden Partei keine Folge gegeben und den Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 11. Mai 1999 bestätigt.

Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens einschließlich der wesentlichen Teile der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides und der im Einspruchsverfahren eingeholten Stellungnahmen führt die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht zur Frage, ob die Klassifizierungstätigkeit eine Dienstnehmereigenschaft begründe, nach Hinweis auf § 4 Abs. 2 ASVG Folgendes aus:

"Tatsache ist, dass (die beschwerdeführende Partei) bereits seit Jahren die Klassifizierer als Dienstnehmer zur Sozialversicherung gemeldet und auch abgerechnet hat.

Wie aus der Aktenlage hervorgeht hat (sie) weder bei der Beitragsprüfung noch im Einspruch vorgebracht, dass sich die betreffenden Verträge geändert hätten.

§ 10 des Schlachtkörperqualifizierungsvertrages sieht eine entsprechende Beauftragung der Klassifizierer vor. Bei entsprechender Beauftragung bzw. Beschäftigung nach Maßgabe dieses Vertrages ist jedenfalls eine Bindung an Arbeitsort, Arbeitszeit sowie an arbeitsbezogene Weisungen gegeben. Dies zeigt sich in § 2 und § 3 des Schlachtkörperklassifizierungsvertrages, wo überdies genaue Anweisungen für den Klassifizierer für die Vornahme von Klassifizierungen enthalten sind. Nach § 6 dieses Vertrages sind die Klassifizierer weiters verpflichtet, Tagesprotokolle über ihre Arbeitszeiten zu führen, welche auch gegenzuzeichnen sind.

Der Schlachtkörperklassifizierungsvertrag legt zwar nicht die einzelnen Dienstpflichten zwischen dem Klassifizierungsdienst und den Klassifizierern fest. Er gibt jedoch einen sehr engen Rahmen vor, sodass von einem Dienstverhältnis gemäß § 4 Abs. 2 ASVG auszugehen ist.

...

Wenn (die beschwerdeführende Partei) ein Dienstverhältnis nach § 4 Abs. 2 ASVG ... deswegen ausschließt, weil die Tätigkeit als Klassifizierer unabhängig von Weisungen Dritter erfolgt, ist festzustellen, dass hier lediglich von Weisungen von dritter Seite die Rede ist und nicht arbeitsbezogene Weisungen im Sinne eines Dienstverhältnisses gemeint sein können. Der Sinn der Weisungsfreiheit ist vielmehr darin zu erblicken, dass der Klassifizierer seine Tätigkeit ausschließlich entsprechend der Richtlinien ohne Einflussnahme von dritter Seite vorzunehmen hat.

Wie auch der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgeführt hat, kommt es bei der Beurteilung eines Dienstverhältnisses darauf an, ob der Beschäftigte an Weisungen hinsichtlich des Arbeitsortes, der Arbeitszeit und des arbeitsbezogenen Verhaltens gebunden ist. Aus dem zitierten Einwand (der beschwerdeführenden Partei) kann jedenfalls nicht abgeleitet werden, dass der Klassifizierer nicht weisungsgebunden im Sinne eines Dienstnehmers gewesen ist."

Zum aus §§ 23 und 24 BSVG abgeleiteten Einwand der beschwerdeführenden Partei übernimmt die belangte Behörde im Wesentlichen die Argumentation der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse. Der Rest der Begründung des angefochtenen Bescheides beschäftigt sich mit der Verpflichtung der beschwerdeführenden Partei zur Leistung von Feiertagsentgelt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde des beschwerdeführenden Landesverbandes.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die beschwerdeführende Partei bezweifelt weder die rechnerische Richtigkeit der Beitragsnachverrechnung noch die sich daraus ergebende Höhe der Nachzahlungsverpflichtung.

Sie bestreitet aber die für die Rechtmäßigkeit der Beitragsnachverrechnung für Feiertagsentgelt rechtlich ausschlaggebende Prämisse der Behörden des Verwaltungsverfahrens, dass die Fleischklassifizierer bei der beschwerdeführenden Partei in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 1 iVm § 4 Abs. 2 ASVG beschäftigt wären.

Allerdings ist - anders als die beschwerdeführende Partei meint - aus § 23 BSVG betreffend Einbeziehung von Einkünften aus betrieblichen Tätigkeiten gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 letzter Satz BSVG in die Beitragsgrundlage nach dem BSVG (das sind Einkünfte aus land- und forstwirtschaftlichen Nebengewerben iS des § 2 Abs. 1 Z. 2 iVm Abs. 4 der Gewerbeordnung, wozu im hier maßgeblichen Zusammenhang ausdrücklich auf Grund der Anlage 2 Z. 7.1. zum BSVG auch Einkünfte aus der Tätigkeit eines Fleischklassifizierers zählen) insofern nichts zu gewinnen, weil die Einordnung einer Tätigkeit unter die erwähnte Ausnahmeregelung der Gewerbeordnung (als Tatbestandsmoment ihrer Einbeziehung in das BSVG) zumindest voraussetzt, dass sie ohne diese Ausnahmebestimmung in den Geltungsbereich der Gewerbeordnung fiele. Dies wäre aber bei Tätigkeiten, die im Rahmen eines Dienstverhältnisses ausgeübt werden, von vornherein nicht der Fall.

Gleichwohl lässt die im BSVG getroffene Regelung erkennen, dass die Auffassung der belangten Behörde, die Tätigkeit eines Fleischklassifizierers müsse notwendigerweise in einem Dienstverhältnis erfolgen, vom Gesetzgeber in dieser Allgemeinheit nicht geteilt wird.

Die Beschwerde erweist sich aber schon deshalb als begründet, weil der Verwaltungsgerichtshof auf Grund der bisherigen Feststellungen nicht in der Lage ist, die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides abschließend zu beurteilen:

Die belangte Behörde hat sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides zunächst auf den Umstand gestützt, dass die beschwerdeführende Partei die Fleischklassifizierer als Dienstnehmer zur Sozialversicherung gemeldet und auch abgerechnet habe. Nach der Aktenlage, insbesondere nach dem Vorbringen der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse, wurden zwischen der beschwerdeführenden Partei und den Fleischklassifizierern als "Werkvertrag" bezeichnete Vereinbarungen abgeschlossen, welche die Gebietskrankenkasse als Dienstvertrag beurteilte, worauf die beschwerdeführende Partei die erforderlichen Meldungen erstattet hat.

Der Wortlaut eines solchen Vertrages wurde von der belangten Behörde weder festgestellt, noch befindet sich ein Vertrag bei den Verwaltungsakten. Aus der Existenz eines solchen Vertrages einerseits und der über Aufforderung der Gebietskrankenkasse erfolgten Anmeldung der auf Grund eines solchen Vertrages Beschäftigten als Dienstnehmer kann jedenfalls nur abgeleitet werden, dass die beschwerdeführende Partei sich (vorerst) der Rechtsauffassung der Gebietskrankenkasse angeschlossen hat; es kann aber angesichts des Abschlusses eines als "Werkvertrag" bezeichneten Vertrages nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass die beschwerdeführende Partei selbst beabsichtigt habe, mit den Fleischklassifizierern Dienstverträge abzuschließen. Soweit die belangte Behörde das Bestehen der Versicherungspflicht nach § 4 Abs. 2 Z. 1 ASVG aus dem tatsächlichen Verhalten der beschwerdeführenden Partei ableiten möchte, kommt diesem Teil ihrer Begründung daher in rechtlicher Hinsicht keinerlei Argumentationswert zu.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 4 Abs. 2 ASVG ist bei Beurteilung des Vorliegens eines Beschäftigungsverhältnisses die vertragliche Gestaltung der Beschäftigung Ausgangspunkt der Betrachtung, weil sie (sofern keine Anhaltspunkte für ein Scheinverhältnis bestehen) die von den Vertragsparteien in Aussicht genommenen Konturen des Beschäftigungsverhältnisses sichtbar werden lässt, die wiederum bei der Deutung von Einzelmerkmalen der Beschäftigung relevant sein können; die vertragliche Vereinbarung hat die Vermutung der Richtigkeit (im Sinne einer Übereinstimmung mit der Lebenswirklichkeit) für sich (vgl. das Erkenntnis vom 8. Oktober 1991, Zl. 90/08/0057). Dabei kommt es auf die Bezeichnung des Verhältnisses (im Beschwerdefall als "Werkvertrag") zwischen einer Person und dem von ihr Beschäftigten durch die Vertragspartner grundsätzlich nicht an (vgl. das Erkenntnis vom 19. März 1984, Slg. Nr. 11361/A).

Sollten also die Verträge zwischen der beschwerdeführenden Partei und den Fleischklassifizierern Beschäftigungsverhältnisse in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit nicht indizieren, vermöchte die belangte Behörde nur dann in rechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem von ihr gewonnenen Ergebnis des Verfahrens zu gelangen, wenn feststünde, dass nach der tatsächlichen Durchführung dieser Beschäftigungsverhältnisse die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit iS des § 4 Abs. 2 ASVG zweifelsfrei überwogen haben.

Soweit die belangte Behörde in diesem Zusammenhang den Schlachtkörperklassifizierungsvertrag als Rechtsgrundlage für ihre Beurteilung heranzieht, so übersieht sie zwar nicht, dass sich dieser nicht an die Fleischklassifizierer richtet, meint jedoch, dass angesichts seines engen Rahmens (gemeint offenbar: den dieser Vertrag der Vertragsgestaltung der beschwerdeführenden Partei mit den Fleischklassifizierern offen lässt) von einem Dienstverhältnis nach § 4 Abs. 2 ASVG auszugehen sei.

Die wirtschaftliche Abhängigkeit, die nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel findet, ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit. Für das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit sind - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffes - als Ausdruck der weit gehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch seine Beschäftigung nur seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie zB die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeitsleistung) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt. Erlaubt allerdings im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien von maßgebender Bedeutung sein. Anhand dieser Merkmale ist die Beschäftigung einer Analyse zu unterziehen, wobei die vertragliche Gestaltung der Beschäftigung mit einzubeziehen ist (vgl. die ständige Rechtsprechung, zB das Erkenntnis vom 21. Februar 2001, Zl. 96/08/0028, mit zahlreichen Hinweisen auf die Vorjudikatur, und jenes vom 13. August 2003, Zl. 2000/08/0166, unter Hinweis ua. auf das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986, SlgNr. 12325/A).

Die Art des Entgeltes und der Entgeltleistung ist in der Regel wegen des gesonderten Tatbestandscharakters des Entgeltes für die Dienstnehmereigenschaft nach § 4 Abs. 2 ASVG kein unterscheidungskräftiges Merkmal dafür, ob der Beschäftigte seine Beschäftigung in persönlicher Abhängigkeit verrichtet. Doch kann im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes einer Beschäftigung dann, wenn die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit eines Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit erlaubt, die vereinbarte und auch tatsächlich durchgeführte Art der Entgeltleistung von maßgeblicher Bedeutung sein (vgl. das Erkenntnis vom 21. September 1999, Zl. 97/08/0486).

Die belangte Behörde übersieht, dass ein "enger Rahmen" (soweit dieser die Ausübung der vereinbarten Tätigkeit in Beziehung auf Arbeitszeit, Arbeitsort und arbeitsbezogenes Verhalten betrifft) für die Abgrenzung eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit von anderen Formen der Beschäftigung dann nicht signifikant ist, wenn er nicht Ausfluss des Beschäftigungsverhältnisses ist, sondern - wie im hier vorliegenden Fall - jedenfalls auch auf Rechtsnormen zurückzuführen ist, die nicht das Rechtsverhältnis zwischen dem beschwerdeführenden Verband und den Fleischklassifizierern, sondern - im öffentlichen Interesse - die näheren Umstände und Bedingungen regeln, unter denen diese ihre Tätigkeit an den ihnen zur Prüfung zugewiesenen Schlachtorten durchzuführen und zu dokumentieren haben. In diesem Zusammenhang ist vor allem auf die Richtlinien der Agrarmarkt Austria für die Durchführung zur Klassifizierung, Verlautbarungsblatt der Agrarmarkt Austria (AMA) Nr. 12/1994 in der Fassung Nr. 2/1998, zu verweisen, welche den zwischen der beschwerdeführenden Partei und den Schlachthöfen abzuschließenden "Schlachtkörperklassifizierungsvertrag" im Wesentlichen determinieren. Soweit solche Vorschriften für Fleischklassifizierer unabhängig davon gelten, ob diese selbständig oder unselbständig erwerbstätig sind, stellen sie allgemein geltende Berufsausübungsregeln dar und sind für die hier maßgebende Abgrenzung nicht mehr aussagekräftig. Insoweit daher aus diesen Vorschriften für die Frage der Bindung der Fleischklassifizierer an Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten nichts zu gewinnen ist, hätte die belangte Behörde sonstige Merkmale der Beschäftigung zu ihrer Beurteilung heranziehen und allenfalls unter Einbeziehung des Inhaltes der zwischen der beschwerdeführenden Partei und den Fleischklassifizierern geschlossenen Verträge beurteilen müssen, ob zwischen den Vertragsparteien ein Arbeitsvertrag oder ein (wohl eher als ein "Werkvertrag" in Betracht kommender) "freier Dienstvertrag" abgeschlossen worden ist. Soweit nämlich die tatsächliche Durchführung eines Beschäftigungsverhältnisses keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit erlaubt, der Sachverhalt also die Beurteilung sowohl in die eine als auch in die andere Richtung zulässt, kommt nach der vorzitierten Rechtsprechung mangels Widerspruchs der Durchführung zum (gegebenenfalls schriftlich) abgeschlossenen Vertrag diesem die ausschlaggebende Bedeutung zu, wobei der Vertrag freilich nach seinem Inhalt und nicht bloß nach seiner Bezeichnung zu beurteilen ist.

Da somit das Verfahren einer Ergänzung in wesentlichen Punkten bedarf, war der angefochtene Bescheid schon aus diesen Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003; das Mehrbegehren auf Ersatz der Beschwerdegebühr war im Hinblick auf die auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Gebührenbefreiung gemäß § 110 ASVG abzuweisen.

Wien, am 26. Mai 2004

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