VwGH 2001/07/0045

VwGH2001/07/004529.1.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde der O Aktiengesellschaft in Wien, vertreten durch Dr. Christian Onz, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Ungargasse 59-61, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 26. Jänner 2001, Zl. 31 3606/2-III/1 U/01-Au, betreffend Feststellung nach § 10 des Altlastensanierungsgesetzes (mitbeteiligte Partei: Bund, vertreten durch das Hauptzollamt Wien, 1030 Wien, Schnirchgasse 9), zu Recht erkannt:

Normen

ALSAG 1989 §10 Abs1 Z2 idF 1998/I/151;
ALSAG 1989 §10 Abs2 idF 1998/I/151;
ALSAG 1989 §13 Abs2;
ALSAG 1989 §2 Abs1 idF 1992/760;
ALSAG 1989 §2 Abs13 idF 1992/760;
ALSAG 1989 §2 Abs14 idF 1992/760;
ALSAG 1989 §2 Abs2 idF 1992/760;
ALSAG 1989 §2 Abs3 idF 1992/760;
ALSAG 1989 §2 Abs4 idF 1992/760;
ALSAG 1989 §3 Abs2 idF 1996/201;
ALSAG 1989 §3 idF 1992/760;
VwRallg;
ALSAG 1989 §10 Abs1 Z2 idF 1998/I/151;
ALSAG 1989 §10 Abs2 idF 1998/I/151;
ALSAG 1989 §13 Abs2;
ALSAG 1989 §2 Abs1 idF 1992/760;
ALSAG 1989 §2 Abs13 idF 1992/760;
ALSAG 1989 §2 Abs14 idF 1992/760;
ALSAG 1989 §2 Abs2 idF 1992/760;
ALSAG 1989 §2 Abs3 idF 1992/760;
ALSAG 1989 §2 Abs4 idF 1992/760;
ALSAG 1989 §3 Abs2 idF 1996/201;
ALSAG 1989 §3 idF 1992/760;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit Schreiben vom 18. April 2000 stellte die beschwerdeführende Partei an die mitbeteiligte Partei (MP) den Antrag, ihr von den von ihr im Jahr 1999 für die Ablagerung von

14.899 t Erdaushub auf der betriebseigenen Deponie A geleisteten Altsanierungsbeiträgen den auf 6.744 t Erdaushub geleisteten Teilbetrag rückzuerstatten, weil mit diesem Aushub eines potentiellen Kontaminationsherdes eine Reduktion des Gefährdungspotentials bewirkt und - weil ihr Betriebsstandort im Altlastenatlas eingetragen sei - damit eine Maßnahme zur Sicherung bzw. Sanierung einer Altlast gesetzt worden sei. Es seien daher die Voraussetzungen für die Beitragsfreiheit gemäß § 3 Abs. 2 Altlastensanierungsgesetz (ALSAG) erfüllt.

Mit Schreiben vom 20. Oktober 2000 stellte die MP an die BH den Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß § 10 ALSAG hinsichtlich einer eventuellen "Beitragspflicht von

6.744 t kontaminiertem Erdaushub", der von der beschwerdeführenden Partei auf der Deponie A abgelagert worden sei, und begründete diesen Antrag damit, dass kontaminierter Erdaushub, der bei einer Baumaßnahme innerhalb des Geländes einer Altlast anfalle und dann auf eine Deponie verbracht werde, nicht unter den Tatbestand des § 3 Abs. 2 leg. cit. falle. Gegenstand des Antrages der beschwerdeführenden Partei vom 18. April 2000 sei der im Zug der Errichtung einer neuen Gasnachverarbeitungsanlage auf dem Gebiet ihrer Raffinerie getätigte Erdaushub, und es handle sich bei der begrenzten Verminderung der Masse kontaminierten Erdaushubes einer Altlast anlässlich einer Baumaßnahme lediglich um einen Nebeneffekt, wobei von der Altlast weiterhin Umweltgefährdungen ausgingen.

Die BH holte eine Stellungnahme des Amtssachverständigen für Chemie-Abfalltechnik des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung ein, der mit Schreiben an die BH vom 22. November 2000 mitteilte, dass das gesamte Areal der Raffinerie der beschwerdeführenden Partei im Altlastenatlas als Altstandort ohne weitere Prioritätenfestlegung eingetragen sei. Sofern die gegenständlichen Abfälle von diesem Standort stammten, könne die Entfernung von kontaminiertem Boden von dieser Altlast als Sanierung im Sinn des § 2 Abs. 14 ALSAG angesehen werden, weil diese Maßnahme eine teilweise Beseitigung der Ursache der Gefährdung darstelle. Diese Festlegung finde sich auch in einschlägigen technischen Regelwerken, die sich mit Altlasten befassten (z.B. ÖNORM S 2089), und es unterlägen daher die Abfälle nicht dem Altlastenbeitrag.

Mit Bescheid vom 22. Dezember 2000 stellte die BH gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 und § 21 ALSAG fest, dass der Abfall (6.744 t kontaminierter Erdaushub, der von der beschwerdeführenden Partei auf der Deponie A abgelagert worden sei) nicht dem Altlastenbeitrag unterliege. Begründend führte die BH im Wesentlichen aus, dass eine Teilsanierung auch eine Sanierung im Sinn des § 2 Abs. 14 leg. cit. darstelle und im Hinblick auf § 3 Abs. 2 leg. cit. der Abfall daher nicht dem Altlastenbeitrag unterliege.

Mit dem vorliegend angefochtenen Bescheid vom 26. Jänner 2001 hob die belangte Behörde den Bescheid der BH vom 22. Dezember 2000 gemäß § 10 Abs. 2 ALSAG zur Gänze auf.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass das Areal der Raffinerie der beschwerdeführenden Partei als Altlast N 18 im Altlastenatlas eingetragen sei. Wenn der Amtssachverständige in seiner Stellungnahme vom 22. November 2000 angeführt habe, dass das verfahrensgegenständliche Material im Zug von Fundamentierungsarbeiten angefallen sei, und die Auffassung vertreten habe, dass die Entfernung von kontaminiertem Erdaushub aus dem Bereich einer Altlast als Sanierung einer Altlast im Sinn von § 2 Abs. 14 leg. cit. angesehen werden könne, so handle es sich dabei um eine Rechtsfrage, deren Beurteilung nicht durch den Sachverständigen erfolgen könne.

Für die Inanspruchnahme der Beitragsbefreiung nach § 3 Abs. 2 leg. cit. seien entgegen der Auffassung des Amtssachverständigen ausschließlich die Legaldefinitionen des § 2 leg. cit. und nicht technische Regelwerke, die sich mit Altlasten befassten, maßgeblich. Im Sinn der Legaldefinition des § 2 Abs. 14 leg. cit. könne das Ausheben einer Baugrube im Bereich einer Altlast keineswegs als deren Sanierung gelten. Da durch den Aushub des Materials Umweltgefährdungen aus der Altlast nicht verhindert würden, komme auch die für Sicherungen von Altlasten im Sinn des § 2 Abs. 13 leg. cit. vorgesehene Ausnahme nicht in Betracht. Selbst eine vergleichende Heranziehung der in der ÖNORM S 2089, ausgegeben am 1. Juli 1998, zitierten Begriffe (Altlasten-Sicherung und Sanierung) führe zu keinem anderen Ergebnis. Danach setze die Sanierung auch eine Beseitigung der Auswirkungen der Gefährdung im kontaminierten Umfeld voraus und sei im Zusammenhang mit der Umlagerung innerhalb des Bereichs der Altlast Voraussetzung, dass im Ergebnis im Sinne einer gesicherten Altlast eine Gefährdung der Umwelt, insbesondere die Emission von Schadstoffen, verhindert werde. Von einer gesicherten Altlast könne bei einer Betrachtung, die sich ausschließlich auf das ausgehobene Material und nicht auf die Altlast selbst beziehe, nicht ausgegangen werden.

Da somit beim Ausheben von 6.744 t kontaminiertem Erdaushub aus einer ca. 1,5 km2 großen Altlast nicht von einer Sicherung oder Sanierung dieser Altlast gesprochen werden könne, sei die Voraussetzung für die angesprochene Beitragsbefreiung im § 3 Abs. 2 leg. cit. nicht erfüllt. Der Bescheid der BH sei daher in seinem Inhalt rechtswidrig, weshalb er gemäß § 10 Abs. 2 Z. 2 leg. cit. aufzuheben gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die MP - eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 10 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 2 ALSAG, BGBl. Nr. 299/1989, in der bei Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden Fassung BGBl. I Nr. 151/1998, lautet:

"§ 10. (1) Die Behörde (§ 21) hat in begründeten Zweifelsfällen auf Antrag des in Betracht kommenden Beitragsschuldners oder des Hauptzollamtes des Bundes durch Bescheid festzustellen,

...

2. ob ein Abfall dem Altlastenbeitrag unterliegt,

... .

(2) Der Bescheid ist unverzüglich an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zu übermitteln. Unbeschadet des § 68 Allgemeines Verfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, kann ein Bescheid gemäß Abs. 1 vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft innerhalb von sechs Wochen nach Einlangen abgeändert oder aufgehoben werden, wenn

1. der dem Bescheid zugrunde liegende Sachverhalt unrichtig festgestellt oder aktenwidrig angenommen wurde oder

2. der Inhalt des Bescheides rechtswidrig ist."

Für die Beurteilung, ob der Bescheid der BH vom 22. Dezember 2000 mit einer Rechtswidrigkeit im Sinn des § 10 Abs. 2 leg. cit. belastet war, ist auf den Zeitpunkt dessen Erlassung, somit dessen Zustellung an die beschwerdeführende Partei, abzustellen.

Die im vorliegenden Zusammenhang zu betrachtenden Regelungen des § 2 Abs. 1 bis 4, 13 und 14 ALSAG, BGBl. Nr. 299/1989, idF BGBl. Nr. 760/1992 und des § 3 Abs. 2 ALSAG idF BGBl. Nr. 201/1996, lauten:

"§ 2. (1) Altlasten sind Altablagerungen und Altstandorte sowie durch diese kontaminierte Böden und Grundwasserkörper, von denen - nach den Ergebnissen einer Gefährdungsabschätzung - erhebliche Gefahren für die Gesundheit des Menschen oder die Umwelt ausgehen. Kontaminationen, die durch Emissionen in die Luft verursacht werden, unterliegen nicht dem Geltungsbereich des Gesetzes.

(2) Altablagerungen sind Ablagerungen von Abfällen, die befugt oder unbefugt durchgeführt wurden.

(3) Altstandorte sind Standorte von Anlagen, in denen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen wurde.

(4) Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Abfälle gemäß § 2 Abs. 1 bis 4 des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990, in der jeweils geltenden Fassung, soweit Abs. 5 nicht anderes bestimmt.

...

(13) Sicherung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist das Verhindern von Umweltgefährdungen, insbesondere der Ausbreitung möglicher Emissionen von gesundheits- und umweltgefährdenden Schadstoffen aus Altlasten.

(14) Sanierung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Beseitigung der Ursache der Gefährdung sowie die Beseitigung der Kontamination im Umfeld.

§ 3. ...

(2) Von der Beitragspflicht ausgenommen ist das Ablagern, Lagern und Befördern von Abfällen, die im Zuge der Sicherung oder Sanierung von Altlasten anfallen, sowie das Umlagern von Abfällen, soweit bereits ein Altlastenbeitrag entrichtet wurde."

Gemäß § 13 Abs. 2 ALSAG hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zur Erfassung von Altlasten alle Maßnahmen zur Abschätzung des Gefährdungspotentials der erfassten Verdachtsflächen zu koordinieren und sind die auf Grund der Gefährdungsabschätzung festgestellten sicherungs- bzw. sanierungsbedürftigen Verdachtsflächen in einem Altlastenatlas (§ 11 Abs. 2 Z. 2) als Altlasten auszuweisen, der vom Umweltbundesamt zu führen ist.

Dem angefochtenen Bescheid liegt folgende, von der Beschwerde nicht in Zweifel gezogene Sachverhaltsannahme zu Grunde:

Das gesamte Areal der Raffinerie der beschwerdeführenden Partei ist als Altlast mit einer Fläche von ca. 1,5 km2 im Altlastenatlas eingetragen. Im Zuge von Fundamentierungsarbeiten (laut Beschwerdevorbringen: anlässlich der Errichtung einer neuen Gasnachverarbeitungsanlage) wurden auf diesem Areal 6.744 t kontaminiertes Erdreich ausgehoben und (laut Vorbringen der beschwerdeführenden Partei im Verwaltungsverfahren: im Jahr 1999) von der beschwerdeführenden Partei zur Deponie A gebracht und dort abgelagert.

Die belangte Behörde erachtete den Tatbestand des § 3 Abs. 2 ALSAG mit der Begründung für nicht erfüllt, dass das Ausheben einer Baugrube im Bereich einer Altlast im Hinblick auf die Legaldefinition des § 2 Abs. 14 ALSAG nicht als Sanierung der Altlast gelten könne. Das Ausheben der Baugrube stelle auch keine Sicherung der Altlast im Sinn des § 2 Abs. 13 leg. cit. dar, weil damit Umweltgefährdungen aus der Altlast nicht verhindert würden. Selbst bei vergleichender Heranziehung der ÖNORM 2089 könne bei einer Betrachtung, die sich ausschließlich auf das ausgehobene Material und nicht auf die Altlast selbst beziehe, von einer Sanierung oder Sicherung der Altlast nicht ausgegangen werden.

Die Beschwerde wendet sich gegen diese Beurteilung mit dem Vorbringen, dass bei fortlaufendem Raffineriebetrieb eine Totalsanierung des Areals uno actu nicht möglich sei, die gegenständliche Bauführung lediglich ein Anlass gewesen sei, eine Maßnahme zur (Teil-)Sanierung der Altlast vorzuziehen, wobei der Untergrund bis zur Untergrenze der Kontaminierung auszuheben sei, weshalb auch das Ausheben des kontaminierten Bodens und das Versiegeln der Oberfläche ein geeigneter Teilschritt zur Altlastensicherung bzw. -sanierung sei. Im Fall von Altstandorten, die fortbetrieben werden müssten, sei eine Sanierung nur in Teilschritten, allenfalls mit kombinierter Sicherung, denkbar. Durch das von der beschwerdeführenden Partei seit 1987 im Hinblick auf die als Altlast registrierte Grundwasserkontamination betriebene Sicherungs- und Sanierungsprojekt (dieses sei mit Bescheid des Landeshauptmannes für Niederösterreich vom 2. September 1987 gemäß § 138 Abs. 1 lit. b WRG und mit dessen Bescheid vom 12. September 1990 genehmigt bzw. aufgetragen worden) werde eine weitere Gefahrenausbreitung unterbunden. § 3 Abs. 2 ALSAG anerkenne (auch) Sanierungsbeiträge, und es sei § 2 Abs. 14 leg. cit. ebenfalls nicht zu entnehmen, dass Teilsanierungsschritte, die die Gefahrenlage verringerten, keine Sanierung darstellen sollten. Die von der beschwerdeführenden Partei im Rahmen dieses Sicherungs- und Sanierungskonzepts gesetzten Maßnahmen würden durch die Behörde jährlich überprüft. Von diesen Maßnahmen würden nicht nur das kontaminierte Grundwasser, sondern auch der darüber befindliche Kapillarraum (bestehend aus Kiesen und Sanden) und die dort befindlichen Öle miterfasst. Zur Unterstützung des permanent laufenden Projekts sei es daher sinnvoll, im Zuge des Neubauvorhabens die gesamte kontaminierte Schicht abzutragen, um das "Nachrücken" der Ölkontamination in das Grundwasser dort zu verhindern. Diese Umstände hätte die beschwerdeführende Partei der belangten Behörde vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides zur Kenntnis bringen können, hätte diese ihr Parteiengehör eingeräumt. Die belangte Behörde habe jedoch, ausgehend von der unrichtigen Rechtsansicht, dass nur eine vollständige Sanierung eine Abgabenbefreiung ermögliche, jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Unter Zugrundelegung des von der belangten Behörde ihrem Bescheid zugrunde gelegten Sachverhaltes handelt es sich beim antragsgegenständlichen, auf der Deponie A abgelagerten kontaminierten Bodenaushub um Abfall (vgl. § 2 Abs. 4 ALSAG) aus einer ausgewiesenen Altlast (vgl. § 13 Abs. 2 leg. cit.). Gemäß § 3 Abs. 2 leg. cit. ist das Ablagern, Lagern und die Beförderung von Abfällen nur dann von der Altlastenbeitragspflicht ausgenommen, wenn sie im Zuge der Sicherung - somit der Verhinderung von Umweltgefährdungen, insbesondere der Ausbreitung möglicher Emissionen von gesundheits- und umweltgefährdenden Schadstoffen aus Altlasten (vgl. § 2 Abs. 13 leg. cit.) - oder Sanierung - somit der Beseitigung der Ursache der Gefährdung und der Beseitigung der Kontamination im Umfeld (vgl. § 2 Abs. 14 leg. cit.) - der Altlast angefallen sind. Ihrem Wortlaut nach enthält diese Ausnahmebestimmung keine Einschränkung darauf, dass bei einer Sicherung oder Sanierung einer Altlast in Teilabschnitten eine Beitragsbefreiung nicht in Betracht käme. Die Wortfolge "... im Zuge der Sicherung oder Sanierung ..." deutet vielmehr darauf hin, dass auch bei einer erst zum Teil durchgeführten Sanierung oder Sicherung eine Beitragsbefreiung eintreten soll. Ein Blick auf die Gesetzesmaterialien führt zu keinem anderen Normenverständnis:

Mit der ALSAG-Novelle BGBl. Nr. 760/1992 wurde § 3 ALSAG durch Abs. 2 erweitert, wodurch Ausnahmen von der Beitragspflicht - so für das Deponieren, das länger als einjährige Zwischenlagern und die Ausfuhr von Abfällen, die im Zuge der Sicherung und Sanierung von Altlasten anfallen, sowie das Umlagern von Abfällen, für die bereits ein Altlastenbeitrag entrichtet wurde - geschaffen wurden. Den Gesetzesmaterialien (vgl. RV 534 BlgNR, 18. GP, 8: "Zu Art. I § 3") ist diesbezüglich zu entnehmen, die Regelung dieser Ausnahmen wurde getroffen, um nicht die Sanierung bzw. die Sicherung der Altlasten zusätzlich mit Altlastenbeiträgen zu belasten. Ferner sei laut diesen Materialien zu § 2 Abs. 14 ALSAG mit der Novellierung dieser Gesetzesbestimmung klargestellt worden, dass eine Sanierung nicht nur auf die Beseitigung der Ursache, sondern auch auf das kontaminierte Umfeld abziele. § 3 Abs. 2 leg. cit. wurde sodann im Rahmen des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201/1996, novelliert und damit insbesondere an die nunmehr verwendeten Begriffe "langfristiges Ablagern" und "Lagern" angepasst (vgl. dazu RV 72 BlgNR, 20. GP, 303: "Zu Art. 87 Z. 3"). Nach der Zielsetzung des ALSAG wäre nicht einzusehen, dass bei einer Sicherung oder Sanierung eines räumlichen Teilbereiches einer Altlast insoweit keine Beitragsbefreiung eintreten und somit keine finanzielle Hilfestellung bzw. kein finanzieller Anreiz erfolgen sollte. Abgesehen davon ist - worauf auch die Beschwerde hingewiesen hat - vielfach bei fortbetriebenen Altstandorten ein Austausch des Bodens zwecks Beseitigung von Kontaminierungen uno actu , ohne den Betrieb einzustellen, gar nicht möglich, sodass in diesen Fällen ein Bodenaustausch, ohne die Existenz des Betriebes zu gefährden, nur abschnittsweise möglich sein wird. Hiebei ist zu berücksichtigen, dass - wie aus den oben bereits zitierten Materialien zur ALSAG-Novelle BGBl. Nr. 760/1992 hervorgeht - eine zusätzliche Belastung des (üblicherweise ohnedies kostspieligen) Sanierungs- oder Sicherungsaufwandes durch zusätzliche Altlastenbeiträge vermieden werden soll.

Dass eine nur in Bezug auf einen Abschnitt der als Altlast ausgewiesenen Verdachtsfläche bewirkte Verhinderung von Umweltgefährdungen oder Beseitigung der Ursache der Gefährdung bzw. Beseitigung der Kontamination im Umfeld dann keine Sicherung oder Sanierung im Sinn des § 2 Abs. 13 bzw. 14 ALSAG darstelle, wenn diese Maßnahme (auch) der weiteren Nutzung des Areals oder etwa Unternehmenszwecken dient, kann den vorzitierten Gesetzesbestimmungen und Gesetzesmaterialien ebenso nicht entnommen werden. Vielmehr legt § 2 Abs. 13 und 14 ALSAG seinem Wortlaut nach ein objektives Begriffsverständnis nahe und kommt es danach für die Verwirklichung der Begriffe "Sicherung" oder "Sanierung" darauf an, dass ein bestimmter Zustand hergestellt wird (z.B. nach § 2 Abs. 14 leg. cit. die Beseitigung der Ursache und Beseitigung der Kontamination im Umfeld), und nicht darauf, von welchen Überlegungen derjenige, der diese Maßnahme setzt, geleitet wird.

Der Umstand allein, dass nur in einem Teilbereich eines als Altlast ausgewiesenen Areals die (weitere) Ausbreitung von gesundheits- und umweltgefährdenden Schadstoffen aus dieser Altlast verhindert oder die Ursache der Gefährdung bzw. eine Kontamination im Umfeld beseitigt wird und dass diese Maßnahme (auch) - worauf die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift vom 30. Mai 2001 hinweist - Unternehmenszwecken dient, schließt daher eine Anwendung des § 3 Abs. 2 ALSAG nicht aus.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die Auffassung vertreten, dass durch den Aushub von 6.744 t kontaminierten Materials weder die Beseitigung der Ursache der Gefährdung und die Beseitigung der Kontamination im Umfeld erfolgt seien, noch Umweltgefährdungen aus der Altlast verhindert würden. Bei dieser Beurteilung konnte sie sich jedoch auf keine diesbezüglichen, auf fachkundiger Grundlage getroffenen Ermittlungsergebnisse stützen. Zu Recht rügt die Beschwerde, die u. a. vorbringt, dass die beschwerdeführende Partei die gesamte kontaminierte Schicht abgetragen habe, um das "Nachrücken" der Ölkontamination in das Grundwasser zu verhindern, dass die belangte Behörde, die der beschwerdeführenden Partei vor Erlassung des angefochtenen Bescheides keine Gelegenheit zur Stellungnahme geboten habe, in diese Richtung keine Ermittlungen durchgeführt habe.

Damit erweist sich der angefochtene Bescheid als mit einem wesentlichen Feststellungs- und Verfahrensmangel belastet, sodass jener gemäß § 42 Abs. 2 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 3 Abs. 2 Z. 2 Eurogesetz, BGBl. I Nr. 72/2000, und der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 29. Jänner 2004

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