VwGH 2000/14/0115

VwGH2000/14/01159.12.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des G T in A, vertreten durch Dr. Peter Wiesauer und Mag. Johannes Mühllechner, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Graben 21/3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 16. Mai 2000, RV-120.94/1-7/1994, betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für die Jahre 1982 bis 1992, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §2 Abs2;
EStG 1972 §2 Abs3;
EStG 1988 §2 Abs2;
EStG 1988 §2 Abs3;
LiebhabereiV §2 Abs1;
EStG 1972 §2 Abs2;
EStG 1972 §2 Abs3;
EStG 1988 §2 Abs2;
EStG 1988 §2 Abs3;
LiebhabereiV §2 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte die belangte Behörde die Ansicht des Finanzamtes, dass ab dem Jahr 1982 hinsichtlich des Betriebes des Beschwerdeführers Liebhaberei vorliege.

Zur Begründung hielt die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer mit 1. Jänner 1977 eine Gastwirtschaft und den "Produktenhandel" - den beschwerdegegenständlichen Kohlenhandel, an den auch ein Baumaterialienhandel angeschlossen war - von seinem Vater übernommen habe, jedoch die Veranlagung der Einkünfte bis inklusive 1978 bei seinem Vater erfolgt sei. Die (negativen) Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb hätten 1977 minus S 70.415,--, 1979 minus S 111.825,-- und 1980 minus S 6.266,-- betragen. Der Betrieb der Gastwirtschaft sei mit 5. Mai 1981 eingestellt worden. Die Umsätze und Verluste betreffend den Kohlenhandel würden folgende Zahlen zeigen:

  

Umsatz

 

Verlust

1981

S

515.000,--

S

- 107.900,--

1982

S

519.125,--

S

- 206.094,--

1983

S

624.990,--

S

- 119.692,--

1984

S

432.713,--

S

- 186.216,--

1985

S

357.536,--

S

- 159.233,--

1986

S

269.941,--

S

- 89.373,--

1987

S

277.802,--

S

- 107.939,--

1988

S

155.479,--

S

- 35.045,--

1989

S

197.072,--

S

- 85.530,--

1990

S

199.307,--

S

-60.750,--

1991

S

200.862,--

S

- 61.968,--

1992

S

219.185,--

S

- 37.804,--

Ab dem Jahr 1982 seien die Veranlagungen vorläufig ergangen, weil im Zug einer über den Zeitraum 1982 bis 1985 ergangenen Betriebsprüfung festgehalten worden sei, dass der für die Beurteilung, ob eine Einkunftsquelle im Sinn des EStG vorliege, heranzuziehende Zeitraum noch nicht ausreiche, um eine abschließende Beurteilung zu treffen. Anlässlich einer 1994 hinsichtlich der Jahre 1990 bis 1992 durchgeführten Betriebsprüfung sei nun die Feststellung erfolgt, dass ab dem Jahr 1982 Liebhaberei vorliege. Dies sei auf die angeführte Umsatz- und Verlustentwicklung sowie darauf gestützt worden, dass die Umsätze der Prüfungsjahre 1990 bis 1992 nur mehr ca. ein Drittel der Umsätze der Jahre 1981 bis 1983 betragen haben. Dies sei durch den Umstieg von Kohle auf andere Energieträger zu erklären, zumal die Gasversorgung im Raum A (dem Ort, in dem sich der gegenständliche Betrieb befinde) ausgebaut worden sei und der Ölpreis im Verhältnis zu Koks und Kohle günstig liege. Weiters würden größere Konkurrenzbetriebe (Lagerhaus etc.) eine wesentlich günstigere Preisgestaltung vornehmen. In den Umsätzen seien auch Lieferungen für die vom Beschwerdeführer vermieteten Räumlichkeiten enthalten.

Der Beschwerdeführer sei während des gesamten Zeitraums als Angestellter in Wien tätig gewesen, weshalb er aus zeitlichen Gründen nur zwei bis drei Mal monatlich den betrieblichen Belangen in A nachkommen habe können. Aus diesem Grund sei er ausschließlich auf Fremdleistungen angewiesen gewesen. Die Liebhabereiverordnung 1990 - LVO sei erst auf die Jahre 1990 bis 1992 anzuwenden. Für diesen Zeitraum sei keine Trennung des Kohlenvom Baumaterialienhandel zu führen, dies umso mehr, als in diesem Wirtschaftszweig traditionell der Kohlen- und Baumaterialienhandel in einer Einheit geführt werde.

Die streitgegenständliche Tätigkeit sei als solche mit widerlegbarer Einkunftsquellenvermutung gemäß § 1 Abs. 1 LVO zu qualifizieren. Aus dem Berufungsvorbringen, wonach der Beschwerdeführer sein Angestelltenverhältnis in Wien als gar nicht so "sicher" gesehen habe, weshalb ein Grund zur Fortführung des gegenständlichen Betriebs die Angst vor Arbeitslosigkeit im Alter um die 50 Jahre gewesen sei, ergebe sich eindeutig, dass die Verluste nicht aus gesamtwirtschaftlichen Gründen oder im Hinblick auf öffentliche Interessen bzw. aus besonderen regionalen Gründen, sondern nur aus persönlichen Gründen in Kauf genommen worden seien.

Ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit weiteren Einkunftsquellen des Beschwerdeführers (Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung) sei nicht gegeben, zumal schon allein aus der Höhe der Verluste im Verhältnis zur geringen Höhe der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung eindeutig verneint werden müsse, dass aus Gründen der Gesamtrentabilität der Kohlenhandel betrieben worden sei. Mit Ausnahme des Jahres 1992 hätten die gegenständlichen Verluste die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung übertroffen. Ein objektiv erkennbares Ertragsstreben müsse darauf gerichtet sein, im Lauf der Betätigung Gewinne in einer Höhe zu erwirtschaften, die nicht nur die angefallenen Verluste ausgleichen, sondern darüber hinaus bei einer betrieblichen Einkunftsquelle zu einer Mehrung des Gesamtgewinns führen würden, wobei Gesamtgewinn das Ergebnis von der Begründung der Tätigkeit bis zu deren Beendigung sei.

Gemäß § 1 Abs. 1 LVO seien die in den ersten drei Kalenderjahren anfallenden Verluste steuerlich jedenfalls anzuerkennen. Da die (negativen) Einkünfte aus dem Betrieb dem Beschwerdeführer bereits ab 1979 zugerechnet worden seien, liege der dreijährige Anlaufzeitraum bereits vor dem streitgegenständlichen Zeitraum. Hinsichtlich der Kriterien nach § 2 Abs. 1 LVO sei auszuführen, dass die Umsätze im gegenständlichen Zeitraum sukzessive um mehr als die Hälfte gesunken seien. Die Verluste seien ab 1988 im Verhältnis zu den Verlusten ab 1981 zwar gesunken, das Verhältnis zu den jeweiligen Umsätzen des jeweiligen Jahres habe sich aber wesentlich geändert (gemeint: relativ gesehen erhöht), was auf eine Kontinuität in der Verlustentwicklung schließen lasse. Auf Grund des Fehlens von Gewinnen ergebe sich eindeutig ein Indiz für das Vorliegen von Liebhaberei. Durch die gestiegene Gasversorgung in A, das Sinken der Heizölpreise sowie das billigere Kohlenangebot vom Anbieter Lagerhaus wären keine optimalen äußeren Umstände für den gegenständlichen Betrieb gegeben gewesen, doch sei diesen Ursachen keinesfalls durch unternehmensgerechte Reaktionen seitens des Beschwerdeführers entgegengetreten worden. Der Beschwerdeführer habe sich vielmehr in der Angebotspalette an den wenigen Kunden orientiert, die säckeweise Kohlenzustellung gewünscht hätten. Die Betriebsstruktur sei nicht im Geringsten geändert worden. Weiters seien fremde Arbeitskräfte überproportional stark eingesetzt worden, nämlich auf Grund des beruflichen Engagements des Beschwerdeführers an seiner Arbeitsstelle in Wien. Es könne nicht als übliche und gewinnorientierte Wirtschaftsführung bezeichnet werden, wenn jahrelang ein Betrieb verlustbringend geführt werde, bloß weil die Vermutung bestehe, man könnte vielleicht in einem kritischen Alter den Arbeitsplatz verlieren. Ein verlustbringender Betrieb könne kein existenzmäßiger Halt sein.

Zu den Berufungsausführungen über negative Auswirkungen der Aufgabe des Kohlenhandels für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sei auf die Ausführungen zur Gesamtrentabilität hinzuweisen. Außerdem bestünde die doch zu erwartende Flexibilität eines Unternehmers darin, dort zu kaufen, wo das günstigste qualitativ vergleichbare Angebot vorliege und nicht selbst den jeweiligen - verlustbringenden - Handel zu führen.

Da die LVO auf die vor 1990 liegenden Jahre nicht angewendet werden könne, sei "an Hand erprobter Überlegungen" bei Beurteilung der Tätigkeit als Liebhaberei vorrangig auf objektive Umstände abzustellen; Liebhaberei liege also vor, wenn eine Betätigung objektiv nicht geeignet sei, Überschüsse/Gewinne abzuwerfen. Dies treffe auch auf den Zeitraum vor 1990 zu.

In der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinen Rechten dadurch verletzt, dass die streitgegenständliche Tätigkeit als Liebhaberei eingestuft worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer tritt den behördlichen Feststellungen nicht entgegen.

Er vermag auch keine Gründe aufzuzeigen, die gegen die Annahme der belangten Behörde über das Vorliegen von Liebhaberei betreffend den gegenständlichen Gewerbebetrieb sprächen. Für die Jahre vor dem Inkrafttreten der LVO 1990, BGBl. Nr. 322, hielt der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Juli 1996, 93/13/0171 (Slg. 7107/F), fest, dass die Einkunftsquelleneigenschaft einer Betätigung in erster Linie danach zu beurteilen ist, ob die zu prüfende Tätigkeit in der betriebenen Weise objektiv Aussicht habe, sich lohnend zu gestalten. Unter der Ertragsfähigkeit einer Betätigung als Tatbestandsvoraussetzung ihrer Einkunftsquelleneigenschaft ist die Eignung der Tätigkeit zu verstehen, einen der positiven Steuererhebung aus der betroffenen Einkunftsart zugänglichen wirtschaftlichen Gesamterfolg innerhalb eines absehbaren Zeitraumes abzuwerfen. Nicht ein tatsächlich erwirtschafteter Gesamterfolg, sondern die objektive Eignung der Tätigkeit zur Erwirtschaftung eines solchen, subsidiär das nach außen in Erscheinung tretende Streben des Tätigen nach einem solchen Erfolg, hat demnach als Tatbestandsvoraussetzung des Vorliegens von Einkünften zu gelten.

Die Beschwerde enthält keinerlei Vorbringen, innerhalb welchen Zeitraums nach Ansicht des Beschwerdeführers mit einem wirtschaftlichen Gesamterfolg zu rechnen gewesen wäre. Schon deswegen ist der Beschwerdevorwurf nicht zielführend, der Beobachtungszeitraum von 1982 bis 1992 sei zu kurz gewählt worden.

Mit dem Vorbringen, nach Wegfall von Anfangsverlusten sei der Betrieb mit Gewinnerzielungsabsicht geführt worden, übersieht der Beschwerdeführer, dass in erster Linie nicht subjektive, sondern objektive Maßstäbe anzulegen sind. Die behördliche Feststellung, dass unter den gegebenen Voraussetzungen die Tätigkeit nicht geeignet war, einen der positiven Steuererhebung aus der betroffenen Einkunftsart zugänglichen wirtschaftlichen Gesamterfolg innerhalb eines absehbaren Zeitraumes abzuwerfen, kann im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Überprüfung (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. November 2001, 98/15/0056) in keiner Weise als unschlüssig gewertet werden. Auf die in der Beschwerde relevierten Motive für die Beibehaltung des gegenständlichen Betriebes kommt es nach dem Gesagten nicht an.

Die hier für die Jahre ab 1990 anzuwendende LVO 1990 besagte, dass Einkünfte bei einer Betätigung dann vorliegen, wenn die Betätigung durch die Absicht veranlasst ist, einen Gesamtgewinn oder einen Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen, wobei dies anhand objektiver Umstände nachvollziehbar sein muss.

Das Beschwerdevorbringen, dass beim Kohlenhandel samt Vermietung und Verpachtung typischerweise keine Liebhaberei vorliege, muss erfolglos bleiben, weil die belangte Behörde ohnedies die Betätigung als solche mit widerlegbarer Einkunftsquellenvermutung gemäß § 1 Abs. 1 LVO und nicht als solche nach § 1 Abs. 2 LVO gewertet hat. Sie hat sohin angenommen, dass beim Kohlenhandel nicht schon typischerweise eine Liebhaberei vorliege. Die Beschwerde tritt den behördlichen Argumenten nicht entgegen, dass keine unternehmensgerechte Reaktion seitens des Beschwerdeführers erfolgt und die Betriebsstruktur nicht im Geringsten geändert worden sei, worin ein gewichtiges Kriterium im Sinn des § 2 Abs. 1 LVO zu erblicken war. Der Mängelrüge, die belangte Behörde hätte Informationen über Vergleichsbetriebe einholen müssen, fehlt somit die Relevanz. Von einem zu fordernden Gesamtplan (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. April 2002, 96/13/0191) kann keine Rede sein.

Entgegen der Beschwerdeansicht hat die belangte Behörde nicht die hauptberufliche Angestelltentätigkeit des Beschwerdeführers für sich als Begründung dafür genommen, dass ein daneben geführter Betrieb eine Liebhaberei darstelle, sondern sie hat auf die - zugestandenen - Motive des Beschwerdeführers verwiesen, den Betrieb für den Fall einer Arbeitslosigkeit aufrecht erhalten zu wollen. Dass diese Absicht das Vorliegen von Liebhaberei in keiner Weise entkräften kann, liegt auf der Hand.

Soweit die Beschwerde letztlich die behördlichen Überlegungen in Bezug auf § 32 EStG anspricht, ist ihr zu entgegnen, dass diesen Überlegungen im Rahmen des Beschwerdepunktes keine streitentscheidende Bedeutung zukommt. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse hat die Frage einer möglichen Darlehenstilgung keinen Einfluss auf die nach den konkreten Umständen zu beurteilende objektive Ertragsfähigkeit.

Nach dem Gesagten vermag die Beschwerde weder für den Zeitraum der Geltung der LVO noch für den davor liegenden Zeitraum eine Rechtswidrigkeit der Ansicht der belangten Behörde aufzuzeigen, dass die streitgegenständliche Betätigung des Beschwerdeführers als Liebhaberei zu werten sei.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 9. Dezember 2004

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