VwGH 2000/02/0218

VwGH2000/02/021830.1.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel-Lanz, über die Beschwerde des AK in M, vertreten durch Hauer-Puchleitner-Meister Rechtsanwälte OEG in Gleisdorf, Bürgergasse 37, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark vom 4. Juli 2000, Zl. LGS600/ALV/1218/2000-Wa/S, betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheit Widerruf und Rückzahlung von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §45 Abs3;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheiden des AMS Graz jeweils vom 9. Februar 2000 wurde

1. gegenüber dem Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 2 AlVG der Bezug des Arbeitslosengeldes für den Zeitraum vom 14. Februar 1997 bis 12. Februar 1998 widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt und der Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs. 1 AlVG zur Rückzahlung des unberechtigten Arbeitslosengeldes im Gesamtbetrag von S 119.028.-- verpflichtet, und 2. gegenüber dem Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 2 i.V.m. § 38 AlVG der Bezug der Notstandshilfe für den Zeitraum vom 18. Februar 1998 bis 30. Juni 1999 widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt und der Beschwerdeführer hinsichtlich dieses Zeitraumes gemäß § 38 i. V.m. § 25 Abs. 1 AlVG zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe im Gesamtbetrag von S 145.889.-- verpflichtet.

Gegen diese Bescheide erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 5. Juni 2000 Berufung.

Mit Bescheid vom 4. Juli 2000 wies die belangte Behörde diese Berufung als "verspätet eingebracht" zurück.

In der Begründung dieses Bescheides wird u.a. ausgeführt, die erstinstanzlichen Bescheide seien dem Beschwerdeführer erst am 8. Mai 2000 von der Regionalen Geschäftstelle des AMS Graz übermittelt worden, weil der aktuelle Aufenthaltsort des Beschwerdeführers erst ermittelt werden habe müssen. Unter Berücksichtigung eines dreitägigen Postweges seien ihm die erstinstanzlichen Bescheide spätestens am 11. Mai 2000 zugestellt worden, sodass der letzte Tag für ein fristgerechte Einbringung der 22. Mai 2000 gewesen sei. Gegen diese Bescheide richte sich das Schreiben des Beschwerdeführers vom 5. Juni 2000, das als Berufung gewertet werde. Die Berufung sei daher verspätet.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer wendet im Wesentlichen ein, die Gründe für die Zurückweisung der Berufung als verspätet würden ausschließlich auf Vermutungen basieren. Abgesehen davon, dass der Postweg mehr als drei Tage in Anspruch nehmen könne, wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, die tatsächliche Zustellung der Bescheide zu ermitteln, um über die Rechtzeitigkeit der Berufung entscheiden zu können. Offensichtlich sei auch die belangte Behörde nicht in der Lage, den genauen Zustelltag an den Beschwerdeführer anzugeben, weil sie ansonsten derartige Berechnungen, wie in der Bescheidbegründung angeführt, nicht anstellen hätte müssen. Die Behörde habe es unterlassen, den Beschwerdeführer einzuvernehmen, wann die Bescheide ihm tatsächlich zugekommen seien, und hätte erst auf Grund dieser Einvernahme über die Rechtzeitigkeit der Berufung entscheiden dürfen. Dem Beschwerdeführer sei es durch die unterlassene Einvernahme genommen worden darzutun, dass die erhobene Berufung tatsächlich rechtzeitig sei.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hat die Rechtsmittelbehörde das Risiko einer Bescheidaufhebung dann zu tragen, wenn sie von der Feststellung der Versäumung der Berufungsfrist ausgeht, diese Feststellung aber dem Rechtsmittelwerber vor ihrer Entscheidung nicht vorgehalten hat (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 2. Auflage, S. 1260 unter E 88 zu § 66 AVG wiedergegebene Judikatur).

Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ist zu ersehen, dass der Beschwerdeführer zwar von der belangten Behörde mit Schreiben vom 16. Juni 2000 zur Klärung "einiger offener Fragen" im Zusammenhang mit seinem Schreiben vom 5. Juni 2000 (offenbar gemeint: in Zusammenhang mit seiner Berufung) "zu einem persönlichen Gespräch" am 20. Juni 2000 "eingeladen" wurde, jedoch dieser "Einladung" - wie aus einem Aktenvermerk der belangten Behörde vom 21. Juni 2000 hervorgeht - keine Folge leistete. Dem Beschwerdeführer wurde die in der Folge von der belangten Behörde angenommene Versäumung der Berufungsfrist nicht vorgehalten. Im Lichte der vorzitierten hg. Judikatur wurde daher mit den vorzitierten Beschwerdeeinwendungen ein Verfahrensmangel gerügt, zumal das behördliche Schreiben vom 16. Juni 2000 auch keinen Hinweis auf die von der belangten Behörde in der Folge angenommene Versäumung der Berufungsfrist enthielt.

Es entspricht allerdings der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. April 2001, Zl. 97/02/0343), dass allfällige Verfahrensfehler nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen, wenn die Behörde bei deren Unterbleiben zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Diese Relevanz des Verfahrensverstoßes darzutun, ist Sache des Beschwerdeführers; er hat durch konkretes tatsächliches Vorbringen in der Beschwerde anzuführen, zu welchem anderen Ergebnis die belangte Behörde bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften hätte kommen können. Im vorliegenden Fall unterlässt der Beschwerdeführer allerdings Angaben darüber, zu welchem anderen Zeitpunkt ihm die erstinstanzlichen Bescheide zugestellt wurden.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 30. Jänner 2004

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte