VwGH 99/13/0174

VwGH99/13/017421.1.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Mag. Heinzl, Dr. Fuchs und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidl LL. M., über die Beschwerde des B in B, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 30. Juni 1999, Zl. RV/144-15/15/99, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1991, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §16 Abs1;
EStG 1988 §20;
EStG 1988 §16 Abs1;
EStG 1988 §20;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1172,88 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In einer Berufung gegen den vom Finanzamt unter anderem erlassenen Jahresausgleichsbescheid für 1991 beantragte der Beschwerdeführer im August 1993, diesen wegen "inhaltlicher und verfahrensmäßiger Rechtswidrigkeit" aufzuheben und die Werbungskosten entsprechend seinen Anträgen zu berücksichtigen.

Mit Bescheid vom 14. Oktober 1993 wies die belangte Behörde unter Fristsetzung darauf hin, dass der Berufung insofern Mängel anhafteten, als eine Erklärung, welche Änderungen (Höhe der Werbungskosten) beantragt würden, fehle, und forderte den Beschwerdeführer auf, eine entsprechende Aufstellung der Werbungskosten und sämtliche Belege nachzureichen.

Mit Schriftsatz vom 27. Oktober 1993 beantragte der Beschwerdeführer die Berücksichtigung von Werbungskosten in Höhe von rund S 125.000,--, wobei er darauf hinwies, dass anlässlich seiner vor Kurzem erfolgten Übersiedlung die meisten Detailbelege verloren gegangen bzw. nicht auffindbar seien. Er ersuche daher, ihm Gelegenheit einzuräumen, die Werbungskosten für 1991 glaubhaft zu machen, er habe sich bei den nachfolgenden Schätzungen weitgehend an der im Akt des Finanzamtes befindlichen Werbungskostenaufstellung 1988 orientiert.

Mit Berufungsvorentscheidung änderte das Finanzamt den Jahresausgleichsbescheid zu Gunsten des Beschwerdeführers ab und führte unter Hinweis darauf, dass die Werbungskosten "weitgehend in Anlehnung an die 1988 anerkannten" Werbungskosten geschätzt bzw. als glaubhaft anerkannt worden seien, detailliert die jeweils anerkannten oder verweigerten Werbungskosten an. Anerkannt wurden neben anderen Aufwendungen "in Anlehnung an die VwGH-Entscheidung vom 15.2.1991" die berufliche Nutzung der Privatwohnung mit 11 %. Zahlreiche andere Aufwendungen, darunter solche für ein Musikzimmer, wurden nicht anerkannt, (geschätzte) Telefonkosten wurden nicht wie beantragt mit 50 %, sondern mit 25 % anerkannt. Das Finanzamt wies auch darauf hin, dass Aufwendungen im Zusammenhang mit der Funktion des Beschwerdeführers als Baureferent sowie mit einem Personalvertretungs-Wahlkampf in keinem Zusammenhang mit dem Erwerb, der Erhaltung und Sicherung seiner Einkünfte als Hochschulprofessor stünden.

In seinem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz führte der Beschwerdeführer ergänzend unter anderem aus: Die von ihm ins Treffen geführten ehrenamtlichen Funktionen stünden entgegen der Ansicht des Finanzamtes sehr wohl in Zusammenhang mit seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit. Es könnten nämlich nur Beamte des Dienststandes in Personalvertretungsorgane nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz gewählt werden. Die Erfüllung der Pflichten der Personalvertreter erfolge im Rahmen des Dienstes, den Personalvertretern werde hiefür die notwendige freie Zeit zur Verfügung gestellt. Eine Vergütung für diese Tätigkeit sei - mit Ausnahme der Entschädigung für Inlandsdienstreisen - nicht vorgesehen, Personalvertreter könnten jedoch unter Fortzahlung der Bezüge auch zur Gänze dienstfrei gestellt werden. Der dienstliche Zusammenhang der Personalvertretungstätigkeit gehe auch aus den Bestimmungen des PVG hervor, wonach der Dienstgeber den Personalvertretungsorganen Räume, Personal und Büromittel zur Verfügung zu stellen habe. Die prekäre Raumsituation sei auch Gegenstand einer Bestätigung des Rektorates, welche bereits dem "do. Akt 1988" beiliege. Grundsätzlich Gleiches gelte für die Funktion eines Baureferenten des Gesamtkollegiums der Hochschule, da diese Funktion auch nur von einem Hochschullehrer des Dienststandes wahrgenommen werden könne. Der dienstliche Zusammenhang ergebe sich nicht nur aus den sachlichen Interessen der Hochschule und damit auch des Bundes, er gehe unter anderem auch daraus hervor, dass dem Beschwerdeführer in dieser Funktion Dienstreisen genehmigt worden seien. Die vom Dienstgeber nicht refundierten Spesen stellten daher nach Ansicht des Beschwerdeführers Werbungskosten dar.

Im angefochtenen Bescheid, mit welchem der Berufung teilweise stattgegeben wurde, wies die belangte Behörde Bezug nehmend auf das Arbeitszimmer darauf hin, dass der Beschwerdeführer in seiner "Berufung" (gemeint wohl: in seinem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde II. Instanz) ausgeführt habe, dass er Mitglied des Zentralausschusses gewesen sei und als solches den Wahlkampf einer näher angeführten Liste zu organisieren gehabt habe. Weiters sei er Listenführer der einzigen wahlwerbenden Liste an der Hochschule gewesen. Für die Durchführung dieser Arbeiten sei der Beschwerdeführer auf ein eigenes Zimmer angewiesen gewesen, da an der Hochschule kein Zimmer für diese Arbeiten zur Verfügung gestanden sei. Gleiches gelte für die Funktion des Baureferenten des Gesamtkollegiums der Hochschule. Die Aufwendungen aus der Tätigkeit als Personalvertreter dienten nicht der Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen aus dem Dienstverhältnis. Diese Tätigkeit stelle eine von der Tätigkeit als Dienstnehmer zu unterscheidende Tätigkeit dar. Die damit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen führten folglich nicht zu Werbungskosten. Da der Beschwerdeführer das Arbeitszimmer nicht ausschließlich beruflich nutze, könnten die in diesem Zusammenhang stehenden Kosten nicht als Werbungskosten anerkannt werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Hinsichtlich des Arbeitszimmers rügt der Beschwerdeführer, dass die "negative Entscheidung" (unter anderem) in diesem Punkt in Abweichung von "allen früheren" Entscheidungen einschließlich der erstinstanzlichen Entscheidung im gegenständlichen Verfahren selbst getroffen worden sei, ohne dass ihm Parteiengehör gewährt worden wäre. Er mache geltend, dass er bei Gewährung des Parteiengehörs den absolut eindeutigen Beweis "der ausschließlich beruflichen Verwendung (einschließlich Personalvertretungstätigkeit)" erbracht hätte.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer im Ergebnis eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf: Es trifft zwar nicht zu, dass die Verweigerung der Anerkennung der Aufwendungen für das Arbeitszimmer als Werbungskosten in Abweichung von der erstinstanzlichen Entscheidung erfolgt wäre, entsprechende Werbungskosten wurden nämlich nach einem Hinweis des Beschwerdeführers in seinem (Mängel der Berufung behebenden) Schriftsatz vom 27. Oktober 1993, wonach er "kein Hochschulbüro zur Verfügung" gehabt hätte, erst in der Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes in Anlehnung an eine das Jahr 1988 betreffende Entscheidung anerkannt. Dennoch ist nicht zu erkennen, dass die belangte Behörde dem Vorbringen des Beschwerdeführers im erwähnten Schreiben, insbesondere aber dessen Vorbringen im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde II. Instanz, in einer die entsprechende Beurteilung rechtfertigenden Weise Rechnung getragen hat. Die belangte Behörde beruft sich im angefochtenen Bescheid auf das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen sonstigen Funktionen und folgert daraus, dass die Aufwendungen aus der Tätigkeit als Personalvertreter nicht der Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen aus dem Dienstverhältnis dienten, sowie dass der Beschwerdeführer das Arbeitszimmer nicht ausschließlich beruflich nütze, weshalb die entsprechenden Kosten nicht als Werbungskosten anerkannt werden könnten. Ob die belangte Behörde dabei davon ausgegangen ist, dass der Beschwerdeführer das Arbeitzimmer ausschließlich oder neben seiner Tätigkeit im Rahmen seines Dienstverhältnisses auch für seine Tätigkeit als Personalvertreter (bzw. als Baureferent) verwendet hat, kann ungeachtet der unzureichenden Klarheit der entsprechenden Sachverhaltsfeststellungen vorerst dahingestellt bleiben, weil keine der beiden Annahmen ohne weiteres die Verweigerung der Anerkennung der Aufwendungen für das Arbeitszimmer als Werbungskosten trägt. Geht man von der Sachverhaltsannahme der belangten Behörde aus, der Beschwerdeführer habe das Arbeitszimmer nur für seine Tätigkeit als Personalvertreter verwendet, so steht diese Annahme mit dem im Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 27. Oktober 1993 unter Verweis auf sein Vorbringen hinsichtlich des Jahres 1988 zumindest angedeuteten Sachverhaltes einer notwendigen beruflichen Verwendung des Arbeitszimmers in Widerspruch. Geht man von der Sachverhaltsannahme der belangten Behörde aus, der Beschwerdeführer habe das Arbeitszimmer neben seiner Tätigkeit aus seinem Dienstverhältnis auch für seine Tätigkeit als Personalvertreter (und Baureferent) verwendet, so zeigt die belangte Behörde keine der Anerkennung von Aufwendungen für ein Arbeitszimmer als Werbungskosten entgegenstehende private Nutzung auf. Zwar teilt der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht der belangten Behörde, wonach Aufwendungen eines Beamten im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Personalvertreter bei der Ermittlung seiner Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Beamter nicht als Werbungskosten anzusehen sind (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 30. Jänner 1990, 89/14/0212, 21. November 1995, 95/14/0070 und vom 28. Mai 1997, 94/13/0203). Daraus ergibt sich aber - wie dem Beschwerdeführer einzuräumen ist - nicht, dass die fallweise Nutzung eines Raumes für die Tätigkeit als Personalvertreter eine die Anerkennung als Arbeitszimmer hindernde gemischte (der Lebensführung im Sinne des § 20 EStG 1988 zuzurechnende) Verwendung darstellt.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher schon deshalb als inhaltlich rechtswidrig. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 21. Jänner 2004

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