VwGH 98/14/0132

VwGH98/14/013224.2.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, in der Beschwerdesache der I GmbH in L, vertreten durch die Rechtsanwälte Ganzert & Ganzert Partnerschaft in 4600 Wels, Dr. Koss-Straße 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 29. Juni 1998, RV-113.97/1-10/97, betreffend einen Antrag auf Bewilligung der Führung von Büchern und Aufzeichnungen im Ausland, den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs3;
VwGG §58 Abs2;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs3;
VwGG §58 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Aufwandersatz wird nicht zuerkannt.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde im Instanzenzug den Antrag der Beschwerdeführerin vom 15. Jänner 1997 auf bescheidmäßige Zustimmung zur Führung von Büchern und Aufzeichnungen im Ausland ab.

Begründend wird ausgeführt, Voraussetzung für die Genehmigung der Buchführung im Ausland sei nach § 131 Abs. 1 vierter Satz BAO, dass die Grundaufzeichnungen jedenfalls im Inland geführt würden, wovon im Beschwerdefall nicht ausgegangen werden könne, weil nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin die Ausgangsrechnungen in Deutschland erstellt und auch dort programmgesteuert automatisch kontiert werden sollen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der im Wesentlichen geltend gemacht wird, die von der belangten Behörde angewendete Bestimmung des § 131 Abs. 1 BAO verstoße gegen die gemeinschaftsrechtlich garantierte Niederlassungsfreiheit (Art. 52 EGV) und die Freiheit des Dienstleistungsverkehrs (Art. 59 EGV).

§ 131 Abs. 1 BAO in der Fassung des BGBl. Nr. 818/1993 lautete:

"Unbeschadet anderer gesetzlicher Anordnungen sind Bücher, die gemäß den §§ 124 oder 125 zu führen sind oder ohne gesetzliche Verpflichtung geführt werden, und Aufzeichnungen der in den §§ 126 bis 130 bezeichneten Art im Inland zu führen. Eine danach gegebene Verpflichtung zur Führung von Büchern oder Aufzeichnungen im Inland entfällt hinsichtlich jener Vorgänge, die einem im Ausland gelegenen Betrieb oder einer im Ausland gelegenen Betriebsstätte zuzuordnen sind, wenn hierüber im Ausland entsprechende Bücher oder Aufzeichnungen geführt werden und durch allenfalls notwendige Anpassungsmaßnahmen die Einhaltung der für die Erhebung von Abgaben bedeutsamen Vorschriften gewährleistet ist; soweit eine Verpflichtung zur Einsichtgewährung besteht, sind derartige Bücher oder Aufzeichnungen über Verlangen der Abgabenbehörde innerhalb angemessen festzusetzender Frist in das Inland zu bringen. Falls dies nach dem Recht des Staates, in dem diese Bücher oder Aufzeichnungen geführt werden, nicht zulässig ist, genügt die Beibringung urschriftgetreuer Wiedergaben. Bücher oder Aufzeichnungen brauchen ferner insoweit nicht im Inland geführt zu werden, als das für die Erhebung der Umsatzsteuer zuständige Finanzamt für den Einzelfall über Antrag die Führung im Ausland bewilligt hat. Die Bewilligung darf sich nur auf solche Bücher oder Aufzeichnungen erstrecken, die im Anschluss an im Inland geführte Grundaufzeichnungen geführt werden. Dabei muss gewährleistet sein, dass die Erforschung der für die Erhebung der Abgaben wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse ohne Erschwernisse möglich ist.

..."

Mit dem Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl. I Nr. 142/2000, wurde § 131 Abs. 1 in Ansehung der Verpflichtung zur Führung von Büchern im Inland geändert und lautet nunmehr:

"Bücher, die gemäß den §§ 124 oder 125 zu führen sind oder die ohne gesetzliche Verpflichtung geführt werden, und Aufzeichnungen der in den §§ 126 bis 128 bezeichneten Art dürfen, wenn nicht anderes gesetzlich angeordnet ist, auch im Ausland geführt werden. Derartige Bücher und Aufzeichnungen sind auf Verlangen der Abgabenbehörde innerhalb angemessen festzusetzender Frist in das Inland zu bringen. Den Büchern und Aufzeichnungen zu Grunde zu legende Grundaufzeichnungen sind, wenn sie im Ausland geführt werden, innerhalb angemessener Frist in das Inland zu bringen und im Inland aufzubewahren; diese Verpflichtung entfällt hinsichtlich jener Vorgänge, die einem im Ausland gelegenen Betrieb, einer im Ausland gelegenen Betriebsstätte oder einem im Ausland gelegenen Grundbesitz zuzuordnen sind. Es muss gewährleistet sein, dass auch bei Führung der Bücher und Aufzeichnungen im Ausland die Erforschung der für die Erhebung der Abgaben wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse ohne Erschwernisse möglich ist.

..."

Während die Führung der Bücher im Ausland nach der von der belangten Behörde anzuwendenden Fassung des § 131 Abs. 1 BAO nur unter gewissen Bedingungen und nach vorhergehender Bewilligung durch das Finanzamt gestattet war, ist der Ort der Buchführung nach der durch das Budgetbegleitgesetz 2001 gestalteten Rechtslage nunmehr grundsätzlich dem Buchführungspflichtigen überlassen. Einer vorherigen bescheidmäßigen Bewilligung der Buchführung im Ausland bedarf es nicht mehr. Nach § 323 Abs. 7 BAO idF BGBl. I Nr. 142/2000 haben gemäß § 131 Abs. 1 vierter Satz BAO erteilte Bewilligungen mit Inkrafttreten der Neufassung des § 131 Abs. 1 durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 142/2000, das ist der 30. Dezember 2000, ihre Wirksamkeit verloren.

Wie sich aus den Bestimmungen des § 33 Abs. 1 VwGG und des § 34 Abs. 3 VwGG ergibt, hat der Verwaltungsgerichtshof das Vorliegen der Prozessvoraussetzungen und damit auch das Fehlen eines Prozesshindernisses ("negative Prozessvoraussetzung") in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen und einen der meritorischen Erledigung der Beschwerde entgegenstehenden Umstand von Amts wegen wahrzunehmen.

In dem als verletzt bezeichneten "Recht auf Zulassung der Führung von Büchern und Aufzeichnungen im Ausland" kann die Beschwerdeführerin seit der dargestellten Gesetzesänderung, mit der zum einen Bewilligungsbescheide ihre Wirksamkeit verloren haben, zum anderen das Erfordernis der vorherigen Zustimmung des Finanzamtes zur Führung von Büchern im Ausland weggefallen ist, nicht mehr verletzt sein. Sohin ist während des Beschwerdeverfahrens zugleich mit der Gesetzesänderung die Möglichkeit einer Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin weggefallen und die Beschwerde rechtlich bedeutungslos geworden.

Wird eine Beschwerde inhaltlich gegenstandslos, ohne dass der angefochtene Bescheid formell beseitigt wird, so führt dies in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG zur Einstellung des Verfahrens, was der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat beschlossen hat.

Eine formelle Klaglosstellung (mit den Kostenfolgen des § 56 VwGG) liegt im Beschwerdefall nicht vor. Ein Zuspruch von Kosten nach § 58 Abs. 2 VwGG (eingefügt durch die Novelle BGBl. I Nr. 88/1997) setzt voraus, dass bereits ohne unverhältnismäßigen Aufwand an Prüfungstätigkeit des Verwaltungsgerichtshofes der fiktive Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens eindeutig ist, also entweder der angefochtene Bescheid offenkundig als rechtswidrig zu erkennen oder die Beschwerde offenkundig unbegründet ist; im Übrigen ist die Kostenfrage nach freier Überzeugung zu beantworten. Die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren von den Parteien erstatteten Vorbringen sind nicht von vornherein ohne nähere Prüfung als zutreffend oder unzutreffend anzusehen. Da die Klärung der Frage, wer als obsiegende Partei anzusehen wäre, im vorliegenden Fall demnach mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre, wird im Sinne der freien Überzeugung nach § 58 Abs. 2 VwGG kein Aufwandersatz zuerkannt.

Wien, am 24. Februar 2004

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