VwGH 2003/20/0077

VwGH2003/20/00773.7.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde der A in Abersee, geboren 1974, vertreten durch Mag. Wolfgang Wamprechtshamer, Rechtsanwalt in 5303 Thalgau, Salzburger Straße 23, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 16. Jänner 2003, Zl. 226.676/3- VIII/22/03, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in einer Asylangelegenheit (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
AVG §13 Abs3;
AVG §71 Abs1 Z1;
ZustG §17 Abs2;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
AVG §13 Abs3;
AVG §71 Abs1 Z1;
ZustG §17 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Georgien, reiste am 12. November 2001 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 13. November 2001 Asyl. Das Bundesasylamt wies diesen Antrag mit Bescheid vom 15. Februar 2002 gemäß § 7 AsylG ab und erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Georgien gemäß § 8 AsylG für zulässig.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Telefaxschreiben vom 26. Februar 2002 eine Berufung, für deren Verbesserung ihr die belangte Behörde mit Schreiben vom 11. September 2002 eine Frist von zwei Wochen setzte. Dieser Verbesserungsauftrag wurde der Beschwerdeführerin nach dem darüber vorliegenden Rückschein am 17. September 2002 durch Hinterlegung beim Postamt 5342 Abersee mit Beginn der Abholfrist am selben Tag zugestellt. Dem Rückschein zufolge war der Hinterlegung ein Zustellversuch am selben Tag vorausgegangen, wobei eine Verständigung über die Hinterlegung "an der Abgabestelle zurückgelassen" worden war.

Da kein Verbesserungsschriftsatz einlangte, wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin mit - dem nicht verfahrensgegenständlichen - Bescheid vom 17. Oktober 2002 zurück.

Mit Anwaltsschriftsatz vom 27. November 2002 beantragte die Beschwerdeführerin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Verbesserungsfrist. Zugleich nahm sie die fehlende Verbesserung der Berufung vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Wiedereinsetzungsantrag gemäß § 71 Abs. 1 Z 1 AVG ab.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird der Inhalt des Wiedereinsetzungsantrages wie folgt wiedergegeben:

"In dem Wiedereinsetzungsantrag werden ausschließlich Zustellmängel behauptet."

Zur rechtlichen Beurteilung führt die belangte Behörde - im Anschluss an eine Wiedergabe von Inhalten des § 71 AVG - aus:

"Ein Zustellmangel stellt kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis im Sinne des § 71 Abs. 1 Z 1 AVG dar (...). Die Wiedereinsetzungswerberin behauptet in ihrem Schriftsatz vom 27.11.2002 ausschließlich Zustellmängel. Diese stellen jedoch nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keinen tauglichen Wiedereinsetzungsgrund dar und braucht in diesem Zusammenhang auch nicht mehr darauf eingegangen zu werden bzw. darüber ein Beweisverfahren geführt zu werden, ob die Zustellmängel bei richtiger rechtlicher Beurteilung tatsächlich vorliegen. Im Übrigen ist festzuhalten, dass die Berufungswerberin mehr als ein halbes Jahr Zeit hatte, jene Beweisstücke, für die sie die Einräumung einer Frist von sechs Wochen beantragte, der Berufungsbehörde vorzulegen und den Berufungsantrag zu ergänzen. Der Wiedereinsetzungsantrag war daher abzuweisen."

Zu diesen Ausführungen ist zunächst anzumerken, dass der Hinweis auf die vor Erteilung des Verbesserungsauftrages verstrichene Zeit - was der belangten Behörde wohl auch bewusst war - zur Begründung des angefochtenen Bescheides nichts beiträgt.

Allein tragend ist die im angefochtenen Bescheid zweimal enthaltene Behauptung, die Beschwerdeführerin habe ihren Wiedereinsetzungsantrag "ausschließlich" auf Zustellmängel gestützt. Dem gegenüber enthält der Schriftsatz vom 27. November 2002 folgenden Absatz:

"Selbst wenn man aber davon ausgeht, dass die Hinterlegung nicht gesetzwidrig erfolgt ist, so ist mir doch die Hinterlegung ohne mein Verschulden nicht zur Kenntnis gebracht worden. Hinterlegungsanzeigen wurden mir niemals ausgefolgt, sodass ich ohne mein Verschulden daran gehindert war, die mir durch den Verbesserungsauftrag der Behörde gesetzte Frist einzuhalten."

Die Begründung des angefochtenen Bescheides ist somit aktenwidrig, wobei allerdings hinzuzufügen ist, dass es auch unabhängig von dem soeben wiedergegebenen Absatz in der Begründung des Wiedereinsetzungsantrages und der rechtlichen Würdigung ihres Vorbringens durch die Beschwerdeführerin selbst die Aufgabe der belangten Behörde gewesen wäre, sich mit den im Wiedereinsetzungsantrag enthaltenen Sachverhaltsbehauptungen der Beschwerdeführerin betreffend die Modalitäten, unter denen Hinterlegungsanzeigen an Angestellte des Unterkunftgebers ausgefolgt worden seien, inhaltlich auseinander zu setzen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. a, b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.

Wien, am 3. Juli 2003

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