VwGH 2003/16/0020

VwGH2003/16/002022.5.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde 1. der R in N, 2. des F in L und 3. des G in B, alle vertreten durch Dr. Eva Schneider und Dr. Christoph Schneider, Rechtsanwälte in Bludenz, Bahnhofstraße 8a, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Feldkirch vom 17. Dezember 2002, Jv 2030-33/02, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Normen

GEG §6;
GEG §7;
GGG 1984 §26;
VwRallg;
GEG §6;
GEG §7;
GGG 1984 §26;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer, die ursprünglich Miteigentümer mehrerer Liegenschaften gewesen waren, beantragten mit Grundbuchseingabe vom 24. Mai 2002 beim BG Bludenz die Verbücherung eines Realteilungsvertrages, wofür ihnen mit Zahlungsauftrag des Kostenbeamten vom 14. Juni 2002 Eintragungsgebühr von EUR 5.474,20 (Erstbeschwerdeführerin), 4.358,90 (Zweitbeschwerdeführer) und EUR 3.834,10 (Drittbeschwerdeführer) vorgeschrieben wurden.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berichtigungsanträge, wobei alle drei gleichlautend Folgendes vorbrachten:

"Offenbar hält sich der Kostenbeamte an die vom Finanzamt in der Unbedenklichkeitsbescheinigung vom 5.3.2002, Steuernummer 048/4970, festgelegte Bemessungsgrundlage für die Eintragungsgebühr in Höhe von EUR 546.716,00. Diese Bemessungsgrundlage ist aber unrichtig.

Das Finanzamt hat, wie eine telefonische Nachfrage ergeben hat, einen Grundstückswert in Höhe von S 1.800,00 pro m2 (entsprechend EUR 130,81) zugrundegelegt. Diese Bemessung ist jedoch aus verschiedenen Gründen unrichtig.

Die zu teilende Liegenschaft, insbesondere die von der Antragstellerin übernommenen Teilflächen GSTNRn 56/1, 56/2 und 55/2 wiesen zum Zeitpunkt der Realteilung keine Zufahrt und keine sonstige Erschließung auf. Sie waren also auch nicht mit Kanal, Wasser, Telefon etc. ausgestattet.

Überdies sind die Grundstücke landwirtschaftlich genutzt und waren im Zeitpunkte der Realteilung die Grundstücke 55/1 und 55/2 als Landwirtschaftsflächen gewidmet. Auch Grundstücke 56/1 und 56/2 waren landwirtschaftlich gewidmet, wurden aber nach der Realteilung umgewidmet. Überdies ist unmittelbar neben der Liegenschaften der Friedhof angeordnet, welcher bei einem Verkauf der Liegenschaft sich negativ auf den zu erzielenden Preis auswirken wird.

Der vom Finanzamt angenommene Grundpreis ist also überhöht."

Der Drittbeschwerdeführer erstattete zusätzlich in seinem Berichtigungsantrag folgendes Vorbringen:

"Selbst wenn aber der vom Finanzamt zugrunde gelegte Wert richtig wäre, wäre die Höhe des in der UB genannten Betrages zu hoch. Der Antragsteller hat 1/7 Anteile an den Liegenschaften GSTNRn 56/1 und 56/2 sowie 55/2 an R überlassen. Wird der Wert dieser Anteile ausgehend von einem Grundwert in Höhe von S 1.800,00 berechnet, ergibt sich höchstens eine Bemessungsgrundlage in Höhe von EUR 108.797,40 und nicht die in der UB genannten EUR 382.701,00. Schon allein daraus errechnet sich eine deutliche Differenz zum vorgeschriebenen Betrag."

Daraufhin richtete die belangte Behörde an das Finanzamt F (im Folgenden kurz: Finanzamt) datiert mit 16. Oktober 2002 folgendes Schreiben:

"Betrifft: Mitteilung über den wertmäßigen Anteil der

Liegenschaftseigentümer

Bezug: Unbedenklichkeitsbescheinigungen vom 5.3.2002

(ERFNr. 308.848/1001, SteuerNr. 048/4970, 048/4962, 048/4939)

Nach § 26 Abs. 1 GGG hat das Finanzamt den Wert der Liegenschaft in der Unbedenklichkeitsbescheinigung anzugeben.

Die in den oa. Unbedenklichkeitsbescheinigungen vom 5.3.2002 angeführten Werte werden von den Parteien nun mittels Berichtigungsantrag bestritten, da die Bemessung der Grundstückswerte aus verschiedenen Gründen (keine Erschlossenheit der Grundstücke, landwirtschaftliche Nutzung etc.) unrichtig sei. Die vom Finanzamt angenommenen Grundstückspreis seien überhöht.

Weiters wurde der Antrag gestellt, das Gericht möge beim Finanzamt anfragen, ob die Bemessungsgrundlage im Hinblick auf das Vorbringen im Berichtigungsantrag aufrecht erhalten werde oder zu berichtigen sei.

Es wird daher ersucht bekanntzugeben, ob die Bemessungsgrundlage für die im angeschlossenen Berichtigungsantrag angeführten Grundstücke aufrechterhalten wird oder eine neue Bemessung vorgenommen werden wird."

Die in diesem Schreiben zitierten Unbedenklichkeitsbescheinigungen sind in den Verwaltungsakten nicht enthalten.

Mit Schreiben vom 7. November 2002 wurde seitens der belangten Behörde die Antwort des Finanzamtes auf die Anfrage vom 16. Oktober 2002 urgiert.

Mit Schreiben vom 9. Dezember 2002 antwortete das Finanzamt wie folgt:

"Die in der Unbedenklichkeitsbescheinigung angeführten Werte werden nicht abgeändert. Lt. Schreiben des Rechtsanwaltes Dr. Schneider Christoph vom 14.12.2001 liegen die betreffenden Grundstücke im Ortsgebiet von N und sind von Bauland umgeben, sodass ein m2 Preis von 130,81 angemessen erscheint."

Daraufhin gab die belangte Behörde mit dem im Kopf dieses Erkenntnisses näher bezeichneten Bescheid den Berichtigungsanträgen keine Folge - ohne vorher den Beschwerdeführern den Inhalt des Schreibens des Finanzamtes vom 9. Dezember 2002 zur Kenntnis gebracht zu haben - und begründete diese Entscheidung nach Wiedergabe des § 26 Abs. 1 GGG ua wie folgt:

"Um über die Berichtigungsanträge entscheiden zu können, wurde vom Landesgericht F mit Schreiben vom 16.10.2002 an das Finanzamt F die Anfrage gem. § 26 Abs. 1 GGG gestellt und ersucht mitzuteilen, ob die Bemessungsgrundlage im gegenständlichen Fall aufrechterhalten wird oder ob eine neue Bemessung vorgenommen werden wird.

Mit Schreiben vom 9.12.2002 teilte das Finanzamt F zu Str. Nr. 308.848/2001 dem gefertigten Gericht mit, dass die in den Unbedenklichkeitsbescheinigungen angeführten Werte nicht abgeändert werden. Lt. Schreiben des Vertreters der Berichtigungswerber Dr. Christoph Schneider vom 14.12.2001 lägen die betreffenden Grundstücke im Ortsgebiet von N und seien von Bauland umgeben, sodass ein m2 Preis von EUR 130,81 angemessen erscheine.

Somit kam es im gegenständlichen Fall nicht zur Berichtigung der Unbedenklichkeitsbescheinigungen und somit auch nicht zur Änderung der Bemessungsgrundlage für die Eintragungsgebühr gem. § 26 Abs. 1 GGG, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war und den Berichtigungsanträgen nicht Folge gegeben werden konnte."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht darauf verletzt, dass ihnen eine niedrigere Eingabengebühr vorgeschrieben wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Grundbuchs- und Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 26 Abs. 1 GGG lautet:

"(1) Der für die Berechnung der Eintragungsgebühr maßgebende Wert ist bei der Eintragung des Eigentumsrechtes und des Baurechtes - ausgenommen in den Fällen der Vormerkung - sowie bei der Anmerkung der Rechtfertigung der Vormerkung zum Erwerb des Eigentums und des Baurechtes mit dem Betrag anzusetzen, der der Ermittlung der Grunderwerbsteuer oder Erbschafts- und Schenkungssteuer zugrunde zu legen wäre; hiebei sind Steuerbegünstigungen nicht zu berücksichtigen. Wenn keine Selbstberechnung nach § 11 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 oder § 23a des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955 vorgenommen wurde, hat das Finanzamt diesen Betrag (Bemessungsgrundlage) in der Unbedenklichkeitsbescheinigung anzugeben; dies gilt auch für den Fall, als die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer oder der Erbschafts- und Schenkungssteuer unterbleibt. Soll das Eigentumsrecht oder das Baurecht auf mehrere Personen übertragen werden, so sind die auf jeden Berechtigten entfallenden Teilwerte vom Finanzamt gesondert anzuführen. Das Finanzamt hat die in der Unbedenklichkeitsbescheinigung angegebene Bemessungsgrundlage zu berichtigen, wenn sich ihre Unrichtigkeit im Zuge eines die Grunderwerbsteuer oder die Erbschafts- und Schenkungssteuer betreffenden abgabenbehördlichen Verfahrens oder auf Grund einer Anfrage der mit der Einhebung der Eintragungsgebühr betrauten Stellen herausstellt. Erfolgt eine solche Berichtigung nach der in Rechtskraft erwachsenen Vorschreibung der Eintragungsgebühr, so ist die Eintragungsgebühr von Amts wegen neu zu bemessen. Im Zwangsversteigerungsverfahren ist die Höhe des Meistbotes (Überbotes) maßgebend."

Nach ständiger hg. Judikatur hat die zuständige Justizverwaltungsbehörde über die Bemessungsgrundlage der Eintragungsgebühr selbständig und ohne Bindung an eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes zu entscheiden; Bindung bestünde nur an einen rechtskräftigen Bescheid der Abgabenbehörde (vgl. dazu insbesondere die bei Tschugguel/Pötscher MGA7 unter A 1 bis 4 zu § 26 GGG referierte Rechtsprechung).

Im Verfahren zur Vorschreibung der Gerichtsgebühren sind des weiteren - ebenfalls nach ständiger hg. Rechtsprechung - die allgemeinen Grundsätze eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens zu beachten (Tschugguel/Pötscher a.a.O. E I 2 und 3 zu § 6 GEG sowie E I 1-3 zu § 7 GEG), wozu unter anderem insbesondere die Vorschriften über die Wahrung des Parteiengehörs zählen (Tschugguel/Pötscher a.a.O. E I 8 zu § 7 GGG) sowie das Gebot, dass sich die Behörde mit den von einem Berichtigungswerber zur Stützung seines Antrages vorgebrachten Einwendungen auseinandersetzen muss (Tschugguel/Pötscher a. a.O. E I 2 zu § 7 GGG).

Da die belangte Behörde den Beschwerdeführern weder den Schriftverkehr mit dem Finanzamt vom 6. Oktober, 7. November und 9. Dezember 2002 zur Kenntnis gebracht hat, noch auf das Vorbringen des Drittbeschwerdeführers in dessen Berichtigungsantrag eingegangen ist, sein auf die Erstbeschwerdeführerin übertragener "1/7-Anteil" ergebe unter Heranziehung eines Quadratmeterwertes von EUR 130,81 eine ganz andere Bemessungsgrundlage, haftet dem von der belangten Behörde abgeführten Verfahren eine Verletzung der Grundsätze eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens an, die mit Rücksicht auf das Beschwerdevorbringen auch von Relevanz ist. Die Beschwerdeführer weisen nämlich unter Vorlage entsprechender Urkunden darauf hin, ihr Vertreter habe dem Finanzamt lediglich einen Grundstückswert von ATS 180,-- bis 200,-- pro Quadratmeter genannt, keinesfalls aber jenes Schreiben vom 14. Dezember 2001 an das Finanzamt gerichtet, das vom Finanzamt in seinem Schreiben vom 9. Dezember 2002 an die belangte Behörde erwähnt wird. Bezeichnenderweise findet sich in den vorgelegten Verwaltungsakten auch keine Kopie dieses Schreibens. Dass auch die Unbedenklichkeitsbescheinigungen nicht Aktenbestandteil sind, wurde oben in der Sachverhaltsschilderung schon bemerkt.

Da somit nicht auszuschließen ist, dass die belangte Behörde bei Vermeidung der aufgezeigten Verfahrensfehler zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47ff VwGG iVm der VO BGBl. II Nr. 501/2001.

Mit Rücksicht auf die einfache Sach- und Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Wien, am 22. Mai 2003

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