VwGH 2003/11/0127

VwGH2003/11/012723.5.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, in der Beschwerdesache des M in I, vertreten durch Dr. Engelbert Reis, Rechtsanwalt in 3580 Horn, Florianigasse 5, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich von 21. Mai 2001, Zl. RU6-St-G-0102/0, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

FSG 1997 §24 Abs1 Z1 idF 2001/I/025;
FSG 1997 §26 Abs3 idF 2001/I/025;
FSG 1997 §7 Abs3 Z4 idF 2001/I/025;
FSG 1997 §24 Abs1 Z1 idF 2001/I/025;
FSG 1997 §26 Abs3 idF 2001/I/025;
FSG 1997 §7 Abs3 Z4 idF 2001/I/025;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Krems vom 30. Oktober 2000 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 19. Mai 2000 um 16.33 Uhr im Gemeindegebiet G. auf der B 37 bei Kilometer 13,000 in Richtung K. mit einem nach dem Kennzeichen bestimmten PKW die auf einer Freilandstraße erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h überschritten. Als gefahrene Geschwindigkeit wurde "nach Abzug der Messtoleranz" eine Geschwindigkeit von 154 km/h angegeben. Der Beschwerdeführer habe § 20 Abs. 2 in Verbindung mit § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 übertreten. Über ihn wurde eine Geldstrafe in Höhe von S 3.500,-- verhängt. Die dagegen erhobene Berufung wurden vom Unabhängigen Verwaltungssenat im Land Niederösterreich mit Bescheid vom 2. April 2001 abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

Mit Bescheid vom 17. Jänner 2001 entzog die Bezirkshauptmannschaft Krems dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für Kraftfahrzeuge der Klassen A, B, C1, C, F und G auf die Dauer von zwei Wochen, gerechnet ab Zustellung des Bescheides. Die aufschiebende Wirkung einer Berufung wurde gemäß § 64 Abs. 2 AVG ausgeschlossen. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe am 19. Mai 2000 die "im Freiland" erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 54 km/h überschritten, wobei die Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel von einem Straßenaufsichtsorgan dienstlich festgestellt worden sei.

Die dagegen erhobene Berufung wies der Landeshauptmann von Niederösterreich mit Bescheid vom 21. Mai 2001 ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Begründend führte der Landeshauptmann von Niederösterreich nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der maßgeblichen Rechtslage aus, das am 19. Mai 2000 gesetzte Verhalten des Beschwerdeführers stelle eine bestimmte Tatsache im Sinn des § 7 Abs. 3 Z. 4 FSG dar. Angesichts der im Gesetz vorgesehenen fixen Entziehungszeit habe eine Wertung nach § 7 Abs. 5 FSG zu entfallen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Mit Erkenntnis vom 14. März 2003, G 2003/02 ua, hat der Verfassungsgerichtshof den Antrag des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Juli 2002, A 2002/23,

§ 26 Abs. 3 sowie die Wortgruppe "3 und" in § 26 Abs. 7 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997 (sowohl § 26 Abs. 3 als auch die in § 26 Abs. 7 erwähnte Wortfolge in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 2/1998)

in eventu

§ 7 Abs. 3 Z. 4, § 26 Abs. 3 sowie die Wortgruppe "3 und" in § 26 Abs. 7 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997 (§ 7 Abs. 3 Z. 4 in der Stammfassung; sowohl § 26 Abs. 3 als auch die in § 26 Abs. 7 erwähnte Wortfolge in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 2/1998)

in eventu

§ 7 Abs. 3 Z. 4 mit Ausnahme der Wortfolge "im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder", § 26 Abs. 3 sowie die Wortgruppe "3 und" in § 26 Abs. 7 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997 (§ 7 Abs. 3 Z. 4 in der Stammfassung; sowohl § 26 Abs. 3 als auch die in § 26 Abs. 7 erwähnte Wortfolge in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 2/1998)

als verfassungswidrig aufzuheben, abgewiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1. Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (seine Zustellung erfolgte nach der Aktenlage am 5. Juni 2001) ist für die Überprüfung seiner Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof das FSG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 25/2001 maßgeblich.

Die im Beschwerdefall einschlägigen Bestimmungen des FSG lauten (auszugsweise):

"Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung

§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:

...

2. verkehrszuverlässig sind (§ 7),

...

Verkehrszuverlässigkeit

§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 5) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, Trunkenheit oder einen durch Suchtgift oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand.

...

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

...

4. die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde;

...

(5) Für die Wertung der in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

...

5. Abschnitt

Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung

Allgemeines

§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

... .

...

Dauer der Entziehung

§ 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

...

(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. Wurden begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs. 3 angeordnet, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.

Sonderfälle der Entziehung

§ 26.

...

(3) Im Falle der erstmaligen Begehung einer in § 7 Abs. 3 Z 4 genannten Übertretung - sofern die Übertretung nicht geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen wurde (§ 7 Abs. 3 Z 3) oder auch eine Übertretung gemäß Abs. 1, 2 oder 4 vorliegt - hat die Entziehungsdauer zwei Wochen, bei der zweiten Begehung einer derartigen Übertretung innerhalb von zwei Jahren ab der ersten Begehung sechs Wochen zu betragen.

...

(7) Eine Entziehung gemäß Abs. 3 und 4 darf erst ausgesprochen werden, wenn das Strafverfahren in erster Instanz durch Strafbescheid abgeschlossen ist. ... .

..."

2. Unbestritten bleibt in der Beschwerde die Feststellung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei wegen des Vorfalls vom 19. Mai 2000 mit rechtskräftigem Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 2. April 2001 einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 in Verbindung mit § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 für schuldig erkannt worden.

Wie der Beschwerdeführer zutreffend vorbringt, erstreckt sich die bindende Wirkung eines rechtskräftigen Straferkenntnisses lediglich auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer eine Geschwindigkeitsübertretung begangen hat, im gegebenen Zusammenhang somit schneller als die erlaubten 100 km/h gefahren ist. In Ansehung des Ausmaßes der Geschwindigkeitsübertretung besteht keine solche Bindungswirkung (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2001, Zl. 99/11/0261 mwN). Von dieser Rechtsauffassung ist - entgegen dem Beschwerdevorbringen - auch die belangte Behörde ausgegangen. Wie sich aus ihrer Bescheidbegründung zweifelsfrei ergibt, hat sie sich die von ihr als zutreffend erachteten Feststellungen des Unabhängigen Verwaltungssenats im Land Niederösterreich über das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung zu Eigen gemacht.

Diese übernommene Feststellung, der Beschwerdeführer habe die erlaubte Höchstgeschwindigkeit um 54 km/h überschritten, wird vom Beschwerdeführer mit konkretem Vorbringen in der Beschwerde nicht bestritten. Soweit er in seiner Beschwerde weiterhin die Auffassung vertritt, nicht er, sondern ein Dritter, dem er sein Fahrzeug überlassen hätte, sei im maßgeblichen Zeitpunkt mit dem Fahrzeug unterwegs gewesen, steht diesem Vorbringen das rechtskräftige Straferkenntnis entgegen.

Angesichts des Fehlens konkreter Bestreitungen des Ausmaßes der Geschwindigkeitsüberschreitung in der Beschwerde kann die auf § 26 Abs. 3 FSG gestützte Entziehung der Lenkberechtigung des Beschwerdeführers für zwei Wochen mit dem angefochtenen Bescheid nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Die Beschwerde war aus diesen Erwägungen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501.

Wien, am 23. Mai 2003

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