VwGH 2002/18/0232

VwGH2002/18/023227.2.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des F, geboren 1969, vertreten durch Dr. Martina Schweiger-Apfelthaler, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Graf Starhemberg-Gasse 39/12, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 28. Mai 2002, Zl. SD 1005/01, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs2;
FrG 1997 §75 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs2;
FrG 1997 §75 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 28. Mai 2002 wurde der Beschwerdeführer, ein jugoslawischer Staatsangehöriger, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer am 16. September 1997 illegal in das Bundesgebiet gelangt sei und einen Asylantrag gestellt habe, der mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 23. Februar 2001 (richtig: 2000) rechtskräftig abgewiesen worden sei. Die Behandlung einer dagegen beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Beschwerde sei - entgegen den Feststellungen im erstinstanzlichen Bescheid vom 5. November 2001 - mit Beschluss vom 29. Juni 2000 abgelehnt worden.

Schon zuvor habe der Beschwerdeführer in Deutschland einen Asylantrag gestellt, der im März 1995 rechtskräftig abgelehnt worden sei. Im Jänner 1997 sei er von Deutschland nach Jugoslawien abgeschoben worden.

Dem Beschwerdeführer sei vom 16. Oktober 1999 bis 31. März 2000 ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht als kriegsvertriebener Kosovo-Albaner zugekommen. Jedenfalls seit 1. April 2000 sei sein Aufenthalt im Bundesgebiet unrechtmäßig, weil er nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels für Österreich sei. Der Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis im Sinn des § 10 Abs. 4 FrG sei vom Bundesminister für Inneres nicht zugestimmt worden. Es seien daher die Voraussetzungen zur Erlassung der Ausweisung - vorbehaltlich der Bestimmung des § 37 Abs. 1 FrG - im Grund des § 33 Abs. 1 leg. cit. gegeben.

Der Beschwerdeführer sei ledig und habe keine Sorgepflichten. Familiäre Bindungen bestünden zu einer Schwester, mit der er jedoch nicht im gemeinsamen Haushalt lebe. Sofern daher überhaupt von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in sein Privatleben auszugehen gewesen sei, sei dieser Eingriff jedenfalls zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier:

zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens - dringend geboten. Gerade den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Gegen dieses Interesse habe der Beschwerdeführer durch seinen mehr als zweijährigen unrechtmäßigen Aufenthalt gravierend verstoßen. Dazu komme, dass er nicht im Besitz eines Reisepasses sei und unter den gegebenen Voraussetzungen seinen Aufenthalt in Österreich vom Inland aus nicht zu legalisieren vermöge. Angesichts aller Umstände sei die Erlassung der Ausweisung dringend geboten und sohin im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG zulässig.

Mangels sonstiger besonderer, zugunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände habe keine Veranlassung bestanden, von der Erlassung der Ausweisung im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen. Dass der Beschwerdeführer seit Dezember 1999 offenbar durchgehend beschäftigt sei und auch Beschäftigungsbewilligungen bzw. nunmehr eine Arbeitserlaubnis habe, stelle solche besonderen, zu seinen Gunsten sprechenden Umstände nicht dar, sei doch eine solche Beschäftigung mangels einer dafür erforderlichen Niederlassungsbewilligung aus fremdenrechtlicher Sicht als unrechtmäßig zu werten.

Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Bedrohung in seinem Heimatstaat sei nicht zu berücksichtigen gewesen, weil mit der Erlassung der Ausweisung nicht darüber abgesprochen werde, in welches Land er auszureisen habe, und darüber hinaus für ein derartiges Vorbringen ein eigenes Verfahren zur Verfügung stehe.

Das Berufungsvorbringen, dass der erstinstanzliche Bescheid dem Beschwerdeführer selbst und nicht dessen ausgewiesenen Vertreter zugestellt worden wäre, habe sich als unbeachtlich erwiesen, weil dieser Bescheid dem rechtsfreundlichen Vertreter in weiterer Folge auch tatsächlich zugekommen sei und der Zustellmangel sohin saniert sei.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat (Beschluss vom 9. Oktober 2002, B 1135/02). Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren stellte der Beschwerdeführer unter Geltendmachung von Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften den Antrag, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde bringt vor, dass der erstinstanzliche Bescheid gemeinsam mit der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme, womit dem Beschwerdeführer eine vierzehntägige Frist zur Stellungnahme eingeräumt worden sei, an diesen rechtsunwirksam am 16. November 2001 durch Hinterlegung zugestellt worden sei. Wenn er auch in der Folge beide Schriftstücke seiner Rechtsvertreterin übergeben habe und dadurch der Zustellmangel geheilt worden sein sollte, so habe die vierzehntägige Frist zur Stellungnahme nicht mehr wahrgenommen werden können, sodass der erstinstanzliche Bescheid rechtswidrig sei.

Mit diesem Vorbringen übersieht die Beschwerde, dass der angefochtene Bescheid an die Stelle des erstinstanzlichen Bescheides getreten ist und den Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht der erstinstanzliche Bescheid, sondern der von der belangten Behörde erlassene Berufungsbescheid bildet. Abgesehen davon, zeigt die Beschwerde auch nicht auf, inwieweit der Beschwerdeführer nicht Gelegenheit gehabt habe, in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid zu den Beweisergebnissen Stellung zu nehmen. Das obzitierte Beschwerdevorbringen ist daher nicht zielführend.

2. Auch mit dem weiteren Vorbringen, dass der Beschwerdeführer im September 1997 nach Österreich eingereist sei und als kriegsvertriebener Kosovo-Albaner vorübergehende Aufenthaltstitel gemäß § 2 der Verordnung der Bundesregierung, BGBl. II Nr. 133/1999, erhalten habe, zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Die in diesem Zusammenhang maßgeblichen Bestimmungen der §§ 4 und 5 der Verordnung der Bundesregierung, mit der das Aufenthaltsrecht kriegsvertriebener Kosovo-Albaner geregelt und die Niederlassungsverordnung 1999 geändert wird, BGBl. II Nr. 133/1999 idF BGBl. II Nr. 461/1999, haben folgenden Wortlaut:

"§ 4. (1) Das Aufenthaltsrecht gemäß der §§ 1 bis 3 besteht bis zum 31. Dezember 1999.

(2) Ein Aufenthaltsrecht Fremder gemäß den §§ 1 bis 3, das am 31. Dezember 1999 besteht, wird bis zur Ausreise der Fremden mit finanzieller Rückkehrhilfe, längstens bis 31. März 2000 verlängert.

§ 5. Fremden, denen gemäß den §§ 1 bis 3 ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht eingeräumt wurde und die über eine Bestätigung des Bundeslandes ihres Aufenthaltes verfügen, dass ihnen auf Grund individueller Umstände aus humanitären Gründen eine Rückkehr in den Kosovo vor dem 15. November 1999 nicht zugemutet werden konnte, kommt bis zum 31. Juli 2000 ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht zu."

In Anbetracht dieser Regelung begegnet die Beurteilung der belangten Behörde, dass das vorübergehende Aufenthaltsrecht des Beschwerdeführers als eines kriegsvertriebenen Kosovo-Albaners am 31. März 2000 geendet habe - die Beschwerde behauptet nicht, dass der Beschwerdeführer über eine Bestätigung des Bundeslandes seines Aufenthaltes im Sinn des § 5 der zitierten Verordnung verfügt habe - keinem Einwand. Im Übrigen bestreitet die Beschwerde auch nicht die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung, dass dem Beschwerdeführer keine Aufenthaltserlaubnis im Sinn des § 10 Abs. 4 FrG erteilt worden sei, und bringt auch keine sonstigen Gründe für eine Rechtmäßigkeit seines Aufenthaltes vor.

Gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 33 Abs. 1 FrG erfüllt sei, bestehen daher keine Bedenken.

3. Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 FrG hat die belangte Behörde auf die Dauer des inländischen Aufenthalts des Beschwerdeführers seit 16. September 1997, seine durchgehende Beschäftigung seit Dezember 1999 und seine familiären Bindungen zu seiner Schwester (mit der er nicht in einem gemeinsamen Haushalt lebt) Bedacht genommen. Seine aus der Dauer seines inländischen Aufenthaltes resultierenden persönlichen Interessen sind allerdings dadurch relativiert, dass diesem nur ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht bis zum 31. März 2000 zugrunde lag.

Dem steht gegenüber, dass sich der Beschwerdeführer seit 1. April 2000 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Dieses Verhalten stellt eine erhebliche Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, dem aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 31. Oktober 2002, Zl. 2002/18/0190, mwN), dar. Die Ansicht der belangten Behörde, die Ausweisung sei zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten und daher im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig, kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Dem weiteren Beschwerdevorbringen, dass der Beschwerdeführer in seinem Heimatland nach wie vor mit konkreter Verfolgung durch albanische Kräfte zu rechnen habe, ist zu erwidern, dass mit einer Ausweisung nicht darüber abgesprochen wird, dass der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder dass er (allenfalls) abgeschoben werde. Darüber hinaus ist das Vorliegen von Gründen des § 57 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG nicht im Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung, sondern in einem gesonderten Verfahren nach § 75 FrG oder in einem Verfahren betreffend die Erteilung eines Abschiebungsaufschubes (vgl. § 56 Abs. 2 leg. cit.) zu prüfen.

4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 27. Februar 2003

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