VwGH 2001/11/0129

VwGH2001/11/012925.2.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde der Gemeinde Hof, vertreten durch Dr. Ingrid Stöger und Dr. Roger Reymann, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Erzabt-Klotz-Straße 4, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 20. Februar 2001, Zl. 9/01-47.008/42-2001, betreffend Enteignung für Friedhofszwecke (mitbeteiligte Parteien: A und B in H, beide vertreten durch Dr. Roman Moser, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Rudolfsplatz 1), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
LeichenbestattungsG Slbg 1986 §27 idF 1994/110;
LStG Krnt 1991 §11;
LStG Krnt 1991 §36 Abs1 lita;
LStG Krnt 1991 §38 Abs2;
MRKZP 01te Art1;
StGG Art5;
VwRallg;
AVG §8;
LeichenbestattungsG Slbg 1986 §27 idF 1994/110;
LStG Krnt 1991 §11;
LStG Krnt 1991 §36 Abs1 lita;
LStG Krnt 1991 §38 Abs2;
MRKZP 01te Art1;
StGG Art5;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 19. Dezember 1995 beantragte die beschwerdeführende Gemeinde gemäß § 27 des Salzburger Leichen- und Bestattungsgesetzes 1986 die Enteignung einer (in einem Plan näher bezeichneten) Teilfläche von 2.000 m2 eines im Miteigentum der Mitbeteiligten stehenden Grundstückes zum Zwecke der Erweiterung des von der Beschwerdeführerin erhaltenen bestehenden Friedhofes.

Die Mitbeteiligten sprachen sich gegen die Enteignung aus und bestritten die Notwendigkeit der Erweiterung des Friedhofes, die Eignung des Grundstückes, dessen Enteignung beantragt wurde, für Friedhofszwecke und die Unmöglichkeit, den Bedarf anders als durch Enteignung zu decken.

Mit der Beendigung des Enteignungsverfahrens wurde über Ersuchen der Parteien des Verwaltungsverfahrens wiederholt zugewartet, weil eine einvernehmliche Lösung angestrebt wurde. Die Parteien erstatteten im Verwaltungsverfahren in mehreren Schriftsätzen umfangreiches Vorbringen, warum es zu keiner Einigung gekommen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin vom 19. Dezember 1995 gemäß § 27 des Salzburger Leichen- und Bestattungsgesetzes 1986, LGBl. Nr. 84, in der Fassung LGBl. Nr. 110/1994, ab. Die Entscheidung über den Kostenersatz wurde einem gesonderten Bescheid vorbehalten.

In der Begründung des Bescheides führte die belangte Behörde im Wesentlichen Folgendes aus:

Nach dem eingeholten Gutachten des landesgeologischen Dienstes vom 23. August 1996 seien die natürlichen Bodenverhältnisse im Bereich der geplanten Friedhofserweiterung gemäß § 1 Abs. 2 der Bestattungsverordnung für die Anlage eines Friedhofes nicht geeignet. Um aus geologischer Sicht der Friedhofserweiterung zustimmen zu können, müsse das natürliche Bodenmaterial ausgewechselt und durch möglichst luftdurchlässiges, leichtes und trockenes Lockermaterial ersetzt werden. Die Abtragung könne unterbleiben, wenn die Friedhofsfläche um mindestens 2 m mit dem beschriebenen Bodenmaterial aufgeschüttet werde.

Die Landessanitätsdirektion habe mitgeteilt, dass unter dieser Voraussetzung der Erweiterung des Friedhofs aus sanitätspolizeilicher Sicht zugestimmt werden könne.

Die gesetzliche Grundlage für die Enteignung zu Friedhofszwecken finde sich im § 27 des Salzburger Leichen- und Bestattungsgesetzes 1986. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sei die Enteignung nur zulässig, wenn ein konkreter Bedarf bestehe, dessen Deckung im öffentlichen Interesse liege, wenn die Eignung des Objektes für die unmittelbare Deckung des Bedarfes gegeben sei und wenn es unmöglich sei, den Bedarf anders als durch Enteignung zu decken. Im öffentlichen Interesse gelegen und in diesem Sinne erforderlich sei eine Enteignung nur dann, wenn ernsthafte Bemühungen des Enteignungswerbers misslungen seien, das für einen öffentlichen Zweck benötigte Grundstück privatrechtlich zu angemessenen Bedingungen zu erwerben. Derartige ernsthafte Bemühungen des Enteignungswerbers stellten eine von der Enteignungsbehörde zu prüfende Bedingung der Zulässigkeit der Enteignung dar. Diese Bedingung sei im vorliegenden Fall erfüllt, zumal seit der Antragstellung umfassende Gespräche, insbesondere über Tauschmöglichkeiten geführt worden seien, die jedoch letztlich zu keiner Einigung geführt hätten.

Zu prüfen sei, ob die beantragte Enteignung das letzte in Betracht kommende Mittel zur Verwirklichung der angestrebten Friedhofserweiterung sei. Den Bestimmungen des Salzburger Leichen- und Bestattungsgesetzes 1986 sei nicht zu entnehmen, dass in einer Gemeinde die Errichtung mehrerer Bestattungsanlagen unzulässig sei. Nach § 36 leg. cit. seien die Friedhofsgebühren für die einzelnen Friedhöfe einer Gemeinde je nach der örtlichen Lage und Ausstattung in verschiedener Höhe festzusetzen.

Bei der Beurteilung der Eignung der Fläche, deren Enteignung beantragt worden sei, zur unmittelbaren Deckung des Bedarfes seien die eingeholten Gutachten des landesgeologischen Dienstes und der Landessanitätsdirektion zu beachten. Außerdem müsse berücksichtigt werden, dass auf Grund der Hanglage der gegenständlichen Liegenschaft im Falle der Friedhofserweiterung die Errichtung einer Stützmauer erforderlich sei. Gehe man davon aus, dass erst nach Erfüllung dieser Voraussetzungen die Friedhofserweiterung möglich sei, könne die gegenständliche Liegenschaft als für die Friedhofserweiterung lediglich bedingt geeignet betrachtet werden. Falls die für die Nutzbarmachung der Friedhofsfläche zu erwartenden Kosten nicht den Grundsätzen einer sparsamen, wirtschaftlichen und zweckmäßigen Verwaltung des Gemeindevermögens entsprechen und die aufsichtsbehördliche Genehmigung versagt werde, könne unter zusätzlicher Berücksichtigung auch dieses Aspektes keinesfalls von einer unmittelbaren Eignung der gegenständlichen Liegenschaft gesprochen werden.

Bezüglich des Bedarfes, dessen Deckung im öffentlichen Interesse liege, sei festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 25. Jänner 1996 mitgeteilt habe, dass ohne Berücksichtigung des Zuzuges auf Grund des Anteiles der Personen im Alter von 60 Jahren und darüber, welche im bestehenden Friedhof noch über keine Grabstelle verfügten, in den nächsten Jahren mit einem Bedarf von etwa 77 neuen Grabstellen zu rechnen sei. Zur Deckung des Bedarfes sei ausgeführt worden, dass Maßnahmen wie die Auflassung von alten Gräbern, Zusammenlegungen etc., die jedoch nur kurzfristige Notsituationen überbrücken könnten, ausgeschöpft worden seien. In einem weiteren Schreiben der beschwerdeführenden Gemeinde vom 28. Oktober 1996 sei darauf hingewiesen worden, dass die Situation auf Grund der geringen Anzahl an verfügbaren Grabstellen von Woche zu Woche prekärer werde. In dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Gutachten des Dipl.Ing. H. vom April 1997 werde ausgeführt, dass auf Grund des dynamischen Bevölkerungswachstums in der Gemeinde seit Beginn der 70er-Jahre sich die Situation verschärft habe und sich aus der vorliegenden Raumsituation ein akuter kurzfristig absehbarer Bedarf ergebe, wobei die zu diesem Zeitpunkt verfügbaren Grabstellen lediglich den Bedarf der nächsten ein bis zwei Jahre befriedigen könnten. Insgesamt seien neben fünf Urnengräbern acht Erdgräber verfügbar. Auf Grund der demografischen Daten der Gemeinde und der Entwicklung der Begräbniszahlen in den 90er-Jahren etc. werde ein Bedarf von sieben Grabstellen im Jahr angenommen. Auf der Grundlage dieser Berechnungen sei die Möglichkeit der Bedarfsdeckung für bestenfalls zwei Jahre prognostiziert worden. In diesem Gutachten seien auf Grund der sich insbesondere durch die Möglichkeit der Doppel- und Wiederbelegung ergebenden Unsicherheitsfaktoren im Zuge der Bedarfsberechnung für die erforderlichen neuen Grabstellen zwei unterschiedliche, jede für sich nachvollziehbare Berechnungsmethoden angewendet worden. Bei diesen Berechnungen seien allfällige Doppel- und Wiederbelegungen in der Weise berücksichtigt worden, als einerseits Annahmewerte auf Grund der statistischen Werte für die bestehenden Friedhofsteile ermittelt und diese andererseits beim Takt der Inanspruchnahme der Grabstellen aus den neuen Friedhofserweiterungen berücksichtigt worden seien. Die Berechnungsmethode 1 habe nach Abzug der Doppel- und Wiederbelegungen einen Bedarf an 292 neuen Grabstellen, die Berechnungsmethode 2 einen Bedarf an 281 neuen Grabstellen für die nächsten 4 Jahrzehnte (beginnend mit dem Jahr 1996 und ausgehend von einer Einwohnerzahl von 3.159 im Jahr 1996 und 4.625 im Jahr 2036) ergeben. Unter Zugrundelegung der Erfahrungswerte bei den letzten im Bundesland Salzburg vorgenommenen Friedhofserweiterungen sowie unter Bezugnahme auf bestehende Fachliteratur sei im Gutachten von einer Belegungsdichte von 45 % sowohl beim bestehenden Friedhof als auch bei der angestrebten Erweiterung ausgegangen worden. Ausgehend vom Ausmaß der antragsgegenständlichen Fläche (ca. 2.000 m2), der Belegungsdichte von 45 % sowie der Abmessung der einzelnen Grabstellen, welche im Durchschnitt über das verordnungsmäßig festgelegte Ausmaß hinausgehe, biete die gegenständliche Erweiterungsfläche Raum für ca. 230 neue Grabstellen (Erdgräber). Gehe man nun davon aus, dass bereits im Jahr 1996 eingewendet worden sei, dass die freien Grabstellen den Bedarf längstens für zwei Jahre (also bis Ende 1998) befriedigen könnten, könne das Vorliegen eines konkreten Bedarfes ebenfalls nicht bejaht werden, zumal bereits zwei weitere Jahre mit den noch vorhandenen freien Grabstellen das Auslangen habe gefunden werden können. Eine Enteignung sei aber unzulässig, wenn die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe, für die das Gesetz eine Enteignungsmöglichkeit vorsehe, nicht unmittelbar bevorstehe.

Bezüglich des Kriteriums der Unmöglichkeit, den Bedarf anders als durch Enteignung zu decken, sei festzuhalten, dass im Gutachten des Dipl.Ing. H. dargelegt werde, dass die Verwendung anderer unter Umständen zur Verfügung stehender Flächen für die Friedhofserweiterung aus ortsstrukturellen, landschaftsästhetischen und nutzungsbedingten Gründen verworfen werde. Die Beschwerdeführerin habe in ihrem Schriftsatz vom 15. Mai 1997 bezüglich der allfälligen Anlage eines zweiten Friedhofes ausgeführt, dass die im Ortsteil E. im Anschluss an das so genannte Betriebsgebiet E. angrenzend näher bezeichneten Grundstücke im Ausmaß von 3.740 m2 sich etwa 2,5 km vom Ortskern entfernt und damit in unzumutbarer Entfernung von der Kirche befänden. Weiters würde die Anlage eines Friedhofes auf diesen Grundstücken nicht vertretbare Aufwendungen für die Errichtung der Infrastruktur mit sich bringen. Da die Errichtung eines zweiten Friedhofes nicht unzulässig sei, stelle sich die Frage, ob der dafür erforderliche Aufwand letztlich maßgeblich über dem für die gewünschte Erweiterung zu tätigenden Aufwand liege.

Einer Äußerung des Bürgermeisters der Beschwerdeführerin vom Mai 2000 sei zu entnehmen, dass mit anderen Grundeigentümern bisher keine ernsthaften Gespräche über die allfällige Zurverfügungstellung anderer in der Gemeinde befindlicher Liegenschaften für eine Friedhofserweiterung bzw. Anlage eines zweiten Friedhofs geführt worden seien. Da nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Bedarf anders als durch Enteignung befriedigt werden könne, sei der Antrag abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift - ebenso wie die Mitbeteiligten in der von ihnen erstatteten Gegenschrift - die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Salzburger Leichen- und Bestattungsgesetzes 1986 (i.d.F.

LGBl. Nr. 110/1994) maßgebend:

III. Abschnitt

Bestattung

Bestattungspflicht und -arten

§ 14

Jede Leiche ist zu bestatten. Als Bestattungsarten kommen die

Erdbestattung und die Feuerbestattung in Betracht.

...

Leichenhalle (Leichenkammer)

§ 17

(1) Bei jedem Friedhof und bei jeder Feuerbestattungsanlage muss eine Leichenhalle oder Leichenkammer vorhanden sein.

(2) Zur Errichtung und Erhaltung der Leichenhalle (Leichenkammer) ist die Rechtsperson verpflichtet, die den Friedhof oder die Feuerbestattungsanlage errichtet und verwaltet (§ 24).

(3) Die Leichenhalle (Leichenkammer) muss so groß gehalten sein, dass sie erfahrungsgemäß zur Aufbahrung der Leichen ausreicht. Außerdem ist in Orten mit mehr als 5000 Einwohnern, in denen keine allgemeine öffentliche Krankenanstalt besteht, bei der Neuerrichtung oder Erweiterung von Leichenhallen (Leichenkammern) ein Raum vorzusehen, der für die Vornahme behördlich angeordneter Obduktionen von Leichen ausgestattet ist.

(4) Die Errichtung einer Leichenhalle (Leichenkammer) bedarf der sanitätspolizeilichen Genehmigung durch die Bezirksverwaltungsbehörde.

Aufbewahrung der Leiche

§ 18

Nach durchgeführter Totenbeschau ist die Leiche zur Aufbahrung in eine Leichenhalle (Leichenkammer) zu überführen. Im Sterbehaus oder sonst außerhalb der Leichenhalle (Leichenkammer) kann eine Leiche nur mit Zustimmung des Totenbeschauers aufgebahrt werden, wobei diese Zustimmung nur versagt werden darf, wenn sanitätspolizeiliche Bedenken gegen eine solche Aufbahrung bestehen.

Erdbestattung

§ 19

(1) Die Erdbestattung (Beerdigung der Leiche) darf grundsätzlich nur auf einem Friedhof erfolgen.

(2) Außerhalb von Friedhöfen dürfen Leichen nur bestattet werden, wenn eine entsprechende Begräbnisstätte vorhanden ist. Die Errichtung einer Begräbnisstätte außerhalb eines Friedhofes bedarf der Genehmigung der Bezirksverwaltungsbehörde, die hiebei die erforderlichen Vorschreibungen zur Hintanhaltung gesundheitlicher Gefährdungen zu machen hat.

...

Errichtung und Erhaltung von Bestattungsanlagen

§ 24

(1) Bestattungsanlagen, d. s. Friedhöfe, Feuerbestattungsanlagen, Urnenhaine und Urnenhallen, können von den Gemeinden, jeder gesetzlich anerkannten Kirche und Religionsgesellschaft sowie von statutengemäß hiezu berufenen Vereinen errichtet und erhalten werden. Soweit die Errichtung und Erhaltung von Friedhöfen auf diese Weise nicht gesichert ist, hat die Gemeinde dafür zu sorgen.

(2) Mit der Errichtung einer Bestattungsanlage ist die Verpflichtung verbunden, die Anlage zu erhalten und für die Bereitstellung der notwendigen Betriebsmittel und des erforderlichen Personals (Verwaltung, Bestattungspersonal) Vorsorge zu treffen.

(3) Die näheren sanitätspolizeilichen Bestimmungen über die Errichtung und Erhaltung von Bestattungsanlagen (Grundbeschaffenheit, Grabtiefe usw. bei Friedhöfen und Begräbnisstätten außerhalb von Friedhöfen, notwendige Einrichtung usw. bei Feuerbestattungsanlagen) und das bei Bestattungen zu beobachtende Verhalten (Beschaffenheit der Särge und Urnen und von mit zur Bestattung kommenden Gegenständen wie z.B. Sargeinlagen, Bestattungshüllen, Kleidung, Führung von Einäscherungsverzeichnissen usw.) werden nach Anhörung des Landessanitätsrates durch Verordnung der Landesregierung erlassen. Dabei sind die Erfordernisse des Umweltschutzes zu berücksichtigen.

Genehmigung der Errichtung,

Erweiterung und Auflassung von Bestattungsanlagen

§ 25

(1) Die Errichtung, Erweiterung und Auflassung einer Bestattungsanlage (§ 24 Abs. 1) bedarf der behördlichen Genehmigung. Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn sich gegen das Vorhaben keine sanitätspolizeilichen Bedenken ergeben. Zur Sicherstellung dieser Voraussetzung kann die Behörde die erforderlichen sanitätspolizeilichen Bedingungen und Auflagen vorschreiben.

...

Enteignung für Friedhofszwecke

§ 27

Die Landesregierung kann Grundstücke gegen angemessene Entschädigung enteignen, wenn dies zur Errichtung oder Erweiterung eines Friedhofes unbedingt erforderlich ist. Hiebei finden die Vorschriften des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954, BGBl. Nr. 71, mit folgenden Abweichungen sinngemäß Anwendung:

a) Die Durchführung des Enteignungsverfahrens obliegt der Landesregierung,

b) Der Enteignungsbescheid hat auch die Höhe der Entschädigung festzusetzen; sie ist mangels einer Vereinbarung der Parteien auf Grund der Schätzung beeideter Sachverständiger zu ermitteln;

c) Jeder der beiden Teile kann, wenn er sich durch die Entscheidung über die Festsetzung der Entschädigungssumme benachteiligt hält, innerhalb eines Jahres nach Zustellung des Enteignungsbescheides die Festsetzung des Betrages der Enteignung bei jenem Bezirksgericht begehren, in dessen Sprengel sich der Gegenstand der Entscheidung befindet. Wenn die gerichtliche Entscheidung angerufen wird, tritt der Bescheid der Landesregierung hinsichtlich der Höhe der zu leistenden Entschädigung mit dem Zeitpunkt der Anrufung des Gerichtes außer Kraft. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung kann nur mit Zustimmung des Antragsgegners zurückgezogen werden.

d) Der Vollzug eines rechtskräftigen Enteignungsbescheides kann jedoch nicht gehindert werden, sobald die im Enteignungsbescheid ermittelte Entschädigung gerichtlich erlegt ist.

e) Solange und insoweit die Enteignung nicht vollzogen und die Entschädigung nicht ausbezahlt oder gerichtlich hinterlegt ist, ist die im § 24 Abs. 1 genannte, jeweils in Betracht kommende Rechtsperson bis zum Ablauf von drei Jahren nach Zustellung des Enteignungsbescheides oder, wenn für die Auszahlung der Entschädigung ein späterer Zeitpunkt vereinbart wurde, bis zum Ablauf von drei Jahren von diesem Zeitpunkt an, der Enteignete aber nach diesem Zeitpunkt berechtigt, bei der Landesregierung die gänzliche oder teilweise Aufhebung des Enteignungsbescheides zu begehren.

f) Grundstücke und Rechte, die Zwecken dienen, für die nach einem anderen Gesetz ein Enteignungsrecht besteht, dürfen nur im Einvernehmen mit den für diese Zwecke sachlich zuständigen Behörden enteignet werden.

Sonderbestimmungen für Bestattungsanlagen der Gemeinden

Grundsätzliche Bestimmungen

§ 28

(1) Die von der Gemeinde errichteten und erhaltenen Bestattungsanlagen (§ 24 Abs. 1) sind öffentlich...

..."

Auf Grund des § 24 Abs. 3 des Salzburger Leichen- und Bestattungsgesetzes 1986 erging die Bestattungsverordnung der Salzburger Landesregierung LGBl. Nr. 50/1987. Folgende Bestimmungen dieser Verordnung (i.d.F. LGBl. Nr. 52/1994) sind für den Beschwerdefall von Bedeutung:

"Errichtung und Erweiterung von Friedhöfen

§ 1

(1) Friedhöfe dürfen nur in Gebieten errichtet und erweitert werden, die im Flächenwidmungsplan der Gemeinde als Friedhöfe (§ 19 Z. 8 Salzburger Raumordnungsgesetz 1992, LGBl. Nr. 98) ausgewiesen sind.

(2) Die für Friedhöfe zur Verwendung kommenden Grundflächen sollen einen möglichst luftdurchlässigen, leichten und trockenen Boden aufweisen. Der Grundwasserstand (Höchststand) darf nicht über 3 m unterhalb Bodenniveau reichen.

(3) Innerhalb von Wasserschutzgebieten (§ 34 Abs. 1 Wasserrechtsgesetz 1959) dürfen Friedhöfe nicht angelegt werden. Außerhalb solcher Gebiete sind Friedhöfe grundsätzlich grundwasserstromabwärts von Brunnen und Quellen so anzulegen, dass Grundwasser, das als Trinkwasser benützt wird, durch den Friedhof nicht verunreinigt und verseucht wird.

(4) Jeder Friedhof hat mindestens einen Auslaufstelle für sanitär einwandfreie Wasser und geeignete Einrichtungen zur Ablagerung verwelkter Kränze und Blumen aufzuweisen.

Gräber und Grüfte

§ 2

(1) Für die Graböffnung von Gräbern in und außerhalb von Friedhöfen gelten folgende Mindestmaße:

a) Erdgräber für mehrfachen Belag (Einzelgräber):

Länge 2,0 m; Breite 0,80 m; Tiefe: 1,80 m.

b) Erdgräber für mehrfachen Belag (Doppel- oder Familiengräber):

Länge und Breite wie bei Einzelgräbern; Tiefe 2,50 m.

c) Aschengrabstellen: Tiefe 0,60 m.

(2) Die Grabtiefe ist bei Erdgräbern für mehrfachen Belag so zu wählen, dass der am höchsten liegende Sarg mit mindestens 1 m Erdreich überdeckt ist.

(3) Der seitliche Abstand zwischen Erdgräbern hat mindestens 0,60 m zu betragen.

(4) Grüfte müssen in und außerhalb von Friedhöfen fugenlos abgedeckt sein. Der Boden der Grüfte ist gegen die Mitte zu leicht abschüssig auszubilden; am Tiefpunkt ist ein Auslauf zur Versickerung von Flüssigkeiten vorzusehen.

(5) Die Mindestruhefrist für Erdgräber beträgt zehn Jahre."

Das im § 27 Salzburger Leichen- und Bestattungsgesetz 1986 als sinngemäß anzuwenden bezeichnete Eisenbahnenteignungsgesetz 1954 enthält folgende für den Beschwerdefall relevante Bestimmungen:

"§ 2. (1) Das Enteignungsrecht kann zu einer dauernden oder vorübergehenden Enteignung nur insoweit ausgeübt werden, als es die Herstellung und der Betrieb der Eisenbahn notwendig machen.

(2) Es umfasst insbesondere das Recht:

1. auf Abtretung von Grundstücken;

...

III. Enteignungsverfahren

A. Feststellung des Gegenstandes und Umfanges der Enteignung

§ 11. Gegenstand und Umfang der Enteignung werden auf Grund der dafür maßgebenden tatsächlichen Verhältnisse und unter Berücksichtigung des Ergebnisses einer mündlichen Verhandlung, die zur Prüfung des die Anlage der Bahn darstellenden Bauentwurfes vorgenommen wird, festgestellt.

...

§ 16. (1) Der Verhandlungsleiter hat nach Tunlichkeit dahin zu wirken, dass ein Einverständnis unter den Parteien erzielt werde.

...

(3) Die für die Entscheidung über die begehrte Enteignung maßgebenden Verhältnisse sind in jedem Fall zu ermitteln und die Ergebnisse der Erhebungen unter Angabe der benützten Grundlagen zu Protokoll zu bringen.

..."

Nach Art. 5 des Staatsgrundgesetzes vom 21. Dezember 1867 über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger für die im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder, RGBl. Nr. 142/1867, ist das Eigentum unverletzlich. Eine Enteignung gegen den Willen des Eigentümers kann nur in den Fällen und in der Art eintreten, welche das Gesetz bestimmt. Eine weitere Garantie des Eigentumsschutzes im Verfassungsrang enthält Art. 1 des ersten Zusatzprotokolles zur EMRK, BGBl. Nr. 210/1958.

§ 27 des Salzburger Leichen- und Bestattungsgesetzes 1986 enthält eine spezielle gesetzliche Ermächtigung im Sinne der genannten Verfassungsbestimmungen, die eine Enteignung für die darin genannten Fälle ermöglicht. Nach der ständigen Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes ist eine Enteignung nur dann rechtmäßig, wenn sie im öffentlichen Interesse notwendig ist. Als notwendig ist eine Enteignung anzusehen, wenn ein konkreter Bedarf vorliegt, dessen Deckung im öffentlichen Interesse liegt, wenn das Objekt der Enteignung geeignet ist, diesen Bedarf unmittelbar zu decken, und wenn es unmöglich ist, den Bedarf anders als durch Enteignung zu decken (siehe dazu Korinek/Pauger/Rummel, Handbuch des Enteignungsrechtes (1994), 22 ff und die dort zitierte Rechtsprechung; vgl. ferner die hg. Erkenntnisse vom 15. Dezember 1994, Zl. 94/06/0150, vom 24. Oktober 2000, Zl. 2000/05/0139, und vom 19. Dezember 2000, Zl. 2000/05/0195).

Die belangte Behörde hält der Sache nach sämtliche der drei zuvor genannten Voraussetzungen für nicht erfüllt. Sie meint u.a., ein konkreter Bedarf sei nicht anzunehmen, weil mit den freien Grabstellen bisher das Auslangen gefunden worden sei, obwohl die Beschwerdeführerin behauptet habe, mit den freien Grabstellen nur mehr bis Ende 1998 das Auslangen finden zu können.

Diese Begründung ist nicht schlüssig, weil sich die belangte Behörde mit dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Gutachten des Dipl.Ing. H., in dem unter Darstellung der verwendeten statistischen Unterlagen und der angewendeten Berechnungsmethoden die Zahlen der erforderlichen neuen Grabstellen und der dazu erforderliche Platz ermittelt worden war, nicht auseinander gesetzt hat. Wenn die belangte Behörde dieses ausführlich begründete Gutachten für unrichtig hält, hat sie - allenfalls nach Einholung eines anderen Sachverständigengutachtens - darzulegen, weshalb sie die Sachverhaltsannahmen oder die fachlichen Schlussfolgerungen in dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Gutachten für unrichtig hält. Aus der Tatsache, dass bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides in der beschwerdeführenden Gemeinde die Leichen nicht unbestattet geblieben seien, kann nicht auf das Fehlen eines konkreten Bedarfes geschlossen werden. Die Beschwerdeführerin muss im Rahmen der sie gemäß § 24 Abs. 1 zweiter Satz in Verbindung mit § 28 Abs. 1 erster Satz des Salzburger Leichen- und Bestattungsgesetzes 1986 treffenden Verpflichtung zur Errichtung und Erhaltung eines öffentlichen Friedhofes maßhaltend planen. Soweit die belangte Behörde das Vorliegen eines konkreten Bedarfes in dem von der Beschwerdeführerin behaupteten Umfang verneint hat, ist das diesbezügliche Ermittlungsverfahren unvollständig geblieben und der angefochtene Bescheid unzureichend begründet.

Die belangte Behörde meint weiters, der vom Enteignungsantrag betroffene Grundstücksteil sei zur Deckung des Bedarfes nicht unmittelbar geeignet, weil erst das Bodenmaterial bis zur Tiefe von zwei Metern ausgetauscht oder in dieser Höhe aufgeschüttet werden müsse und zudem die Errichtung einer Stützmauer erforderlich sei. Die aufsichtsbehördliche Genehmigung für die Aufwendung dieser Kosten könne versagt werden, wenn diese nicht den Grundsätzen einer sparsamen, wirtschaftlichen und zweckmäßigen Verwaltung des Gemeindevermögens entsprächen.

Die Auffassung der belangten Behörde, das gegenständliche Grundstück sei zur Deckung des Bedarfes nicht unmittelbar geeignet, ist aus folgenden Erwägungen verfehlt:

Die Eignung zur unmittelbaren Bedarfsdeckung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass auf dem vom Enteignungsantrag betroffenen Grundstück Erdarbeiten bzw. Bauführungen erforderlich sind, um dem Bedarf, dessen Deckung im öffentlichen Interesse liegt, dienen zu können. Derartige Maßnahmen werden sogar in den meisten Enteignungsfällen erforderlich sein. Das Erfordernis der unmittelbaren Eignung zur Bedarfsdeckung bedeutet, dass das zu enteignende Grundstück selbst zur Bedarfsdeckung dient und nicht z. B. bloß als Tauschobjekt für Grundeinlösungen an anderer Stelle verwendet werden soll. An der Unmittelbarkeit der Eignung des gegenständlichen Grundstückes für Zwecke der Friedhofserweiterung besteht unter diesem Gesichtspunkt kein Zweifel. Soweit die belangte Behörde mit der möglichen Versagung einer aufsichtsbehördlichen Genehmigung argumentiert, ist ihren Ausführungen mangels näherer Begründung nicht zu entnehmen, was sie damit konkret meint. Die Vornahme von Arbeiten im Rahmen einer Friedhofserweiterung fällt jedenfalls nicht unter den Genehmigungsvorbehalt des § 85 der Salzburger Gemeindeordnung 1994.

Die belangte Behörde äußert schließlich die Auffassung, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Bedarf anders als durch Enteignung gedeckt werden könne. Sie führt einerseits ins Treffen, es sei möglich, einen zweiten Friedhof (ca. 2,5 km vom Ortskern entfernt) zu errichten, und stützt sich andererseits darauf, nach einer Mitteilung des Bürgermeisters der Beschwerdeführerin vom Mai 2000 seien "mit anderen Grundeigentümern bislang keine ernsthaften Gespräche über die allfällige Zurverfügungstellung anderer in der Gemeinde befindlicher Liegenschaften für die Friedhofserweiterung bzw. Anlage eines zweiten Friedhofs geführt" worden.

Auch mit diesen Ausführungen kann die belangte Behörde nicht überzeugen. Folgte man der Auffassung der belangten Behörde, dass die Möglichkeit der Errichtung eines weiteren Friedhofes die Enteignung zum Zwecke der Friedhofserweiterung unzulässig mache, wäre dem im § 27 des Salzburger Leichen- und Bestattungsgesetzes 1986 ausdrücklich vorgesehenen Enteignungsfall für Zwecke der Erweiterung eines Friedhofes der Anwendungsbereich entzogen, weil die Errichtung eines weiteren Friedhofes regelmäßig möglich ist. Die Auffassung der belangten Behörde kann daher mit dem Gesetz, das ausdrücklich die Möglichkeit der Enteignung auch für Zwecke der Friedhofserweiterung vorsieht, nicht in Einklang gebracht werden. Die Gemeinde ist demnach nicht gehalten, einen weiteren Friedhof zu errichten, wenn mit der möglichen Erweiterung des bestehenden Friedhofes das Auslangen gefunden werden kann.

Soweit die belangte Behörde die Unmöglichkeit der Bedarfsdeckung auf andere Weise deshalb verneint, weil der Bürgermeister "bislang keine ernsthaften Gespräche über die allfällige Zurverfügungstellung anderer in der Gemeinde befindlicher Liegenschaften für die Friedhofserweiterung bzw. Anlage eines zweiten Friedhofes" geführt habe, ist ihr entgegen zu halten, dass auf Grund der Ausführungen der belangten Behörde und des Akteninhaltes (insbesondere des darin erliegenden Planes bzw. der Mappendarstellung und des Gutachtens des Dipl.Ing. H.) nicht erkennbar ist, welches andere Grundstück, hinsichtlich dessen sich die Beschwerdeführerin ernsthaft um einen vertraglichen Erwerb zu angemessenen Bedingungen hätte bemühen müssen, für eine Erweiterung des bestehenden Friedhofes in Betracht kommen solle.

Im Übrigen finden die diesbezüglichen Ausführungen der belangten Behörde in dem Aktenvermerk vom 11. Mai 2000 keine ausreichende Deckung. Danach hat der Bürgermeister der Beschwerdeführerin über Befragen des Sachbearbeiters der belangten Behörde, inwieweit Gespräche mit anderen Grundeigentümern in der Gemeinde stattgefunden hätten, mit der Gegenfrage geantwortet, ob er etwa mit allen Grundeigentümern Gespräche in der gegenständlichen Angelegenheit führen solle. Von Grundstücken, die für die Friedhofserweiterung geeignet wären, war demnach bei diesem Telefonat nicht ausdrücklich die Rede. Aus dem Akt ergibt sich zudem, dass sich die beschwerdeführende Gemeinde bemüht hat, andere Grundstücke zu erwerben, um diese den Mitbeteiligten als Tauschobjekt anbieten zu können (siehe dazu u.a. den Aktenvermerk des Bürgermeisters der Beschwerdeführerin vom 30. Juli 1998 über ein diesbezügliches Gespräch im Anschluss an die Besprechung vom 9. Juli 1998, BlZl. 197 ff). Soweit sich die Äußerung des Bürgermeisters bei dem Telefonat mit dem Sachbearbeiter der belangten Behörde auf weitere derartige Bemühungen bezogen hat, kann daraus für die Frage, ob der Bedarf anders als durch Enteignung gedeckt werden kann, nichts gewonnen werden, weil den Enteignungswerber nicht die Obliegenheit trifft, Grundstücke zu erwerben, um sie dem Enteignungsgegner zum Tausch anbieten zu können.

Aus den dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen (prävalierender) Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 25. Februar 2003

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