Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, der zuletzt seit 1. Jänner 2000 im Bezug von Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung stand, stellte am 16. Mai 2001 den Antrag auf Gewährung von Notstandshilfe.
Mit Bescheid vom 13. Juli 2001 wies die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice diesen Antrag mangels Arbeitslosigkeit ab. In der Begründung wurde nach Gesetzeszitaten dazu ausgeführt, der Beschwerdeführer habe das organschaftliche Verhältnis zu einer näher umschriebenen GmbH nicht beendet und gelte daher nicht als arbeitslos.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Darin führte er aus, seine Tätigkeit als Geschäftsführer für die GmbH sei bereits mit 31. Dezember 1999 beendet worden. Mit diesem Datum sei auch seine Tätigkeit als Organ der GmbH beendet worden. Dies habe er sowohl dem Magistratischen Bezirksamt für den 23. Bezirk in Wien als auch dem Handelsgericht Wien angezeigt. Mangels Mitwirkung des Mehrheitsgesellschafters der GmbH habe er dem Handelsgericht aber keinen Gesellschafterbeschluss über seine Abberufung als Geschäftsführer vorlegen können. "Diese mangelnde Mitwirkung des Mehrheitsgesellschafters", seines Bruders, sei ihm aber nicht zurechenbar. Mangels Mitwirkung seines Bruders habe er die Löschung im Firmenbuch auf Grund eines Gesellschafterbeschlusses nicht vornehmen können. Tatsache sei, dass er bereits seit dem 1. Jänner 2000 nicht mehr Geschäftsführer der GmbH sei und lediglich die Löschung im Firmenbuch unterblieben sei, weil der Mehrheitsgesellschafter trotz mehrfacher Aufforderung bei der Löschung nicht mitgewirkt habe. Er übe seit dem 1. Jänner 2000 keine Geschäftsführertätigkeit oder Funktion aus und beziehe auch keinerlei Einkommen von der GmbH.
Mit Schreiben vom 10. Juli 2001 habe er neuerlich seine Löschung als Geschäftsführer der GmbH im Firmenbuch beantragt. Nachdem er die vom Gericht geforderten Zustellnachweise vorgelegt habe, sei er im Firmenbuch als Geschäftsführer der GmbH gelöscht worden.
Der Berufung war ein Schreiben der GmbH vom 31. Dezember 1999 an das Magistratische Bezirksamt für den 23. Bezirk angeschlossen, womit die GmbH anzeigte, dass der Beschwerdeführer mit heutigem Tag aus dem Unternehmen ausscheide und an der Einsetzung eines neuen Geschäftsführers gearbeitet werde. Eine gleich lautende Mitteilung erfolgte an das Handelsgericht Wien. Laut dem der Berufung angeschlossenen Schreiben des Beschwerdeführers an das Handelsgericht Wien vom 10. Juli 2001 begehrte er die Löschung aus dem Firmenbuch, weil er seit 1. Jänner 2000 nicht mehr bei der Gesellschaft beschäftigt sei. Er habe dies auch allen Gesellschaftern per Einschreiben mitgeteilt. In der Folge entsprach der Beschwerdeführer der Aufforderung des Handelsgerichtes Wien vom 13. Juli 2001, das Rücktrittsschreiben samt Nachweis des Zugangs an sämtliche Gesellschafter nachzureichen.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge und änderte den bekämpften Bescheid dahingehend ab, dass der Antrag auf Gewährung von Notstandshilfe für den Zeitraum vom 16. Mai 2001 bis 16. Juli 2001 abgewiesen werde. Dazu führte die belangte Behörde in der Begründung nach Gesetzeszitaten und einer Darstellung des Verwaltungsgeschehens aus, dass der Beschwerdeführer laut der Arbeitsbescheinigung bei der GmbH vom 1. Oktober 1998 bis 31. Dezember 1999 arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Nach dem Firmenbuchauszug vertrete der Beschwerdeführer die Gesellschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer seit 14. Oktober 1998 selbständig. Für die Beurteilung seines Leistungsanspruches ab 16. Mai 2001 sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer mit der Bestellung zum Geschäftsführer die zugewiesenen Aufgaben übernommen habe. Der Abschluss des Anstellungsvertrages sei eine bloße Ergänzung des Organverhältnisses und regle nur die nähere Ausgestaltung der gesetzlichen Verpflichtungen. Durch die Beendung des Anstellungsvertrages laut Arbeitsbescheinigung mit 31. Dezember 1999 ende nicht die Hauptleistungspflicht als Geschäftsführer der Gesellschaft. Durch die bloße Auflösung des Anstellungsvertrages ohne Ausscheiden aus dem körperschaftlichen Organverhältnis als Geschäftsführer werde das Beschäftigungsverhältnis gemäß § 12 Abs. 1 AlVG nicht beendet. Der Rücktritt als Geschäftsführer sei allen Gesellschaftern gegenüber mitzuteilen. Erst mit den der Berufung beigelegten Zustellnachweisen habe der Beschwerdeführer den einzelnen Gesellschaftern seinen Rücktritt angezeigt. Eine frühere Rücktrittserklärung gegenüber allen Gesellschaftern vor dem 16. Juli 2001 habe der Beschwerdeführer nicht behauptet. Ab 17. Juli 2001 sei daher erstmals Arbeitslosigkeit im Sinne des § 12 Abs. 1 AlVG eingetreten.
Gegen diesen Bescheidausspruch richtet sich die der Sache nach Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Gewährung von Notstandshilfe für den Zeitraum 16. Mai 2001 bis einschließlich 16. Juli 2001 verletzt. Er führt aus, er sei bereits mit Gesellschafterbeschluss vom 23. Dezember 1999 per 31. Dezember 1999 als Geschäftsführer abberufen worden. Da sich sein Bruder und Mehrheitsgesellschafter geweigert habe, der Löschung als Geschäftsführer im Firmenbuch zuzustimmen, habe er, obwohl schon ein Abbestellungsbeschluss aller Gesellschafter vorgelegen sei, seinen Rücktritt von der Geschäftsführung gegenüber allen Gesellschaftern erklären müssen, um als Geschäftsführer im Firmenbuch gelöscht zu werden. Er habe alle ihm zur Verfügung stehenden Schritte gesetzt, um sein Ausscheiden als Geschäftsführer Dritten gegenüber offen zu legen. Er habe sowohl das Magistratische Bezirksamt für den 23. Bezirk als auch das Handelsgericht Wien von seinem Ausscheiden in Kenntnis gesetzt. Die belangte Behörde hätte daher zu der Feststellung gelangen müssen, dass sein Ausscheiden als Geschäftsführer per 31. Dezember 1999 erfolgt sei.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach der ständigen hg. Rechtsprechung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird (vgl. das Erkenntnis vom 30. Mai 1995, 93/08/0138, aus jüngerer Zeit etwa das Erkenntnis vom 16. Oktober 2002, 99/03/0451), setzt die "Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses" im Sinne des § 12 Abs. 1 AlVG jedenfalls voraus, dass der Vertrag und die beiderseitigen Hauptpflichten aus dem versicherungspflichtigen, anwartschaftsbegründenden Beschäftigungsverhältnis erloschen sind. Der bloße Umstand, dass das Anstellungsverhältnis eines Geschäftsführers bei Fortdauer seiner Organstellung endet, bedeutet noch keinen Entfall seiner Hauptleistungspflicht, gleichgültig ob er für seine Geschäftsführertätigkeit weiterhin Entgelt erhält oder nicht. Auch auf tatsächliche Tätigkeiten nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses kommt es nicht an.
Nicht strittig ist zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, dass das Anstellungsverhältnis des Beschwerdeführers zur GmbH per 31. Dezember 1999 beendet worden ist.
Unstrittig ist auch, dass die Eintragung als Geschäftsführer der GmbH im Firmenbuch auf Grund einer Rücktrittserklärung des Beschwerdeführers gegenüber allen Gesellschaftern der GmbH (spätestens per 16. Juli 2001) gelöscht worden ist.
Die belangte Behörde hat sich aber mit dem weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach er durch Gesellschafterbeschluss per 31. Dezember 1999 als Geschäftsführer abberufen worden sei, nicht auseinander gesetzt. Dies hat der Beschwerdeführer nicht nur in der Berufung behauptet und unter Beweis gestellt, sondern auch in seiner Eingabe vom 10. Juli 2001 an die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice behauptet.
Die Beschwerde ist begründet.
Die Bestellung zum Geschäftsführer kann durch Beschluss der Gesellschafter gemäß § 16 Abs. 1 GmbH-Gesetz jederzeit widerrufen werden. Für eine solche Abberufung des Geschäftsführers sind grundsätzlich die Gesellschafter zuständig. Sie fassen ihren Abberufungsbeschluss in einer Generalversammlung oder schriftlich im Umlaufweg. Daneben kommt aber auch eine formlose, sogar eine konkludente Beschlussfassung aller Gesellschafter in Betracht. Eine besondere Form ist für den Abberufungsbeschluss nicht vorgesehen (Reich-Rohrwig, GmbH-Recht I2, 2/599 ff, 2/625). Ein derartiger Beschluss wird sofort wirksam, auf die Löschung des Geschäftsführers im Firmenbuch kommt es nicht an. Der Abberufungsbeschluss muss dem Geschäftsführer gegenüber erklärt werden. Einer besonderen Form bedarf diese Erklärung nicht. Ist der abberufene Geschäftsführer in der Generalversammlung anwesend und wird ihm dort das Beschlussergebnis mitgeteilt, so ist die Abberufung sofort wirksam. Ist er hingegen nicht anwesend, so muss ihm das Beschlussergebnis mitgeteilt werden. Die Abberufung wird dann mit Zugang der Mitteilung wirksam (vgl. Reich-Rohrwig, a.a.O.).
Im vorliegenden Fall ist es somit entscheidungswesentlich, ob es - entsprechend dem Berufungsvorbringen - zutrifft, dass der Beschwerdeführer mit Gesellschafterbeschluss per 31. Dezember 1999 als Geschäftsführer abberufen worden ist. Die belangte Behörde hätte daher zu dieser Frage - falls sie die der Berufung angeschlossenen Schreiben als nicht ausreichend beurteilt - geeignete Ermittlungen anstellen müssen. Derartiges ist nach dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und der Bescheidbegründung jedoch unterlassen worden. Im Hinblick auf die Darlegungen in der Beschwerde kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Behörde bei Vermeidung dieses Verfahrensfehlers zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen können.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 13. August 2003
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