VwGH 2001/05/1086

VwGH2001/05/108616.9.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführern Mag. Thalhammer, über die Beschwerde 1. des Engelbert Freudenschuß und 2. der Leopoldine Freudenschuß, beide in Zeillern, vertreten durch Mag. Dr. Josef Kattner, Rechtsanwalt in 3300 Amstetten, Burgfriedstraße 17, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 12. Juli 2001, Zl. RU1- V-94107/17, betreffend Kanalanschluss (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Zeillern, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

BauO NÖ 1976 §56 Abs1;
BauO NÖ 1976 §56 Abs2;
BauO NÖ 1976 §56;
BauRallg;
B-VG Art10 Abs1 Z10;
B-VG Art15 Abs1;
KanalG NÖ 1977 §17 Abs1;
KanalG NÖ 1977 §17 Abs2;
KanalG NÖ 1977 §17 Abs3;
KanalG NÖ 1977 §17;
VwRallg;
BauO NÖ 1976 §56 Abs1;
BauO NÖ 1976 §56 Abs2;
BauO NÖ 1976 §56;
BauRallg;
B-VG Art10 Abs1 Z10;
B-VG Art15 Abs1;
KanalG NÖ 1977 §17 Abs1;
KanalG NÖ 1977 §17 Abs2;
KanalG NÖ 1977 §17 Abs3;
KanalG NÖ 1977 §17;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer waren je zur Hälfte Eigentümer der Grundstücke Nr. .82 und 834 je KG Zeillern; die genannten Grundstücke dienen den Beschwerdeführern als Hofstelle ihres landwirtschaftlichen Betriebes in Kirchholz. Das darauf errichtete "Ausnehmerhaus" dient auch Wohnzwecken.

Aufgrund des Tauschvertrages vom 20. September 2000 ist nunmehr der Erstbeschwerdeführer Alleineigentümer des Grundstückes Nr. ./82 der Liegenschaft EZ 914 KG Zeillern und die Zweitbeschwerdeführerin Alleineigentümerin des Grundstückes Nr. 834 inneliegend der EZ 913 KG Zeillern. Die Verbücherung dieses Tauschvertrages erfolgte im Jahre 2001.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 30. September 1994 wurde den Beschwerdeführern gemäß § 17 Abs. 1 und 3 Niederösterreichisches Kanalgesetz 1977, LGBl. 8230, für die Grundstücke Nr. .82 und 834 KG Zeillern der Anschluss an den in Zeillern, Nebensammler Kirchholz, neu zu errichtenden Schmutzwasserkanal aufgetragen.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 21. April 1995 wurde der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführer keine Folge gegeben. Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 6. Dezember 1995 wurde jedoch dieser Berufungsbescheid aufgrund der dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführer aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde zurückverwiesen. Nach Ansicht der Vorstellungsbehörde war das Ermittlungsverfahren noch ergänzungsbedürftig. Mit hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1998, Zl. 97/05/0304, wurde die dagegen erhobene Beschwerde, u.a. auch der hier beschwerdeführenden Parteien als unbegründet abgewiesen und ausgesprochen, dass tragender Aufhebungsgrund des Vorstellungsbescheides nur die Verletzung von Verfahrensvorschriften im Verfahren vor der Berufungsbehörde gewesen sei.

Mit Bescheiden des Gemeinderates je vom 7. November 1997 wurde der Berufung der Beschwerdeführer gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 30. September 1994 neuerlich keine Folge gegeben. Der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde stützte sich auf das Gutachten des Zivilingenieurs für Kulturtechnik und Wasserwirtschaft Dipl. Ing. Franz M. vom 23. Februar 1995, aus welchem sich im Zusammenhang mit dem den Nebensammler Kirchholz wiedergebenden Lageplan entnehmen lässt, dass das Grundstück Nr. 834 auf Höhe der projektierten Schächte 22 bis 24 liegt. Dieses Grundstück schließt das "Punktgrundstück" Nr. .82 ein. Plangemäß beträgt die Kellerfußbodenhöhe des darauf errichteten Gebäudes 319,46 m. Schacht Nummer 22 liegt bei 318,31 m, Schacht Nummer 23 bei 319,54 m. Im Gutachten vom 21. Mai 1997 führte dieser Sachverständige aus, dass bei ordnungsgemäß erstellten Hausanschlussleitungen mit Nennwert von 150 bzw. 200 mm ein Mindestgefälle von 0,5 % ausreichend sei und keinerlei Beeinträchtigungen beim Betrieb solcher Hausanschlussleitungen zu erwarten seien. Die Liegenschaft sei aus technischer Hinsicht problemlos an den öffentlichen Kanalstrang anschließbar. Die Beschwerdeführer seien diesem Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Die Beschwerdeführer hätten nicht vermocht nachzuweisen, dass die Feststellungen des Sachverständigen unrichtig und unlogisch seien. Eine Befangenheit dieses Sachverständigen liege nicht vor.

Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 24. November 1998 wurde der dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführer Folge gegeben, die Berufungsbescheide wurden aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde zurückverwiesen. Die Vorstellungsbehörde erachtete das Berufungsverfahren für ergänzungsbedürftig. Im Hinblick auf die technischen Richtlinien sei im Einzelnen anzuführen, weshalb das jeweilige Gefälle ausreiche bzw. die Mindestgefälle teilweise unterschritten werden könnten. Der Sachverständige habe auch Aussagen darüber zu treffen, welche Überdeckung bei Freispiegelkanälen eine Frostsicherheit gewährleiste.

In dem von der Berufungsbehörde in Auftrag gegebenen Gutachten des Amtssachverständigen für Vermessungswesen Dipl. Ing. Otto A. vom 26. Mai 1999 wird betreffend die Höhenlagen der anschlussverpflicheten Anwesen ausgeführt, dass der Vergleich der Vermessungsergebnisse mit dem Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. M. eine gute Übereinstimmung der Höhenkoten ergebe. Die Interpretation der aufnehmenden Höhen der großteils mit Naturboden versehenen Keller und insbesondere der darin verbundenen Bodensümpfe ergebe geringfügige Höhendifferenzen zwischen den Plänen. Die im Projektslageplan eingetragenen Abzweiger vom Hauptkanal zu den einzelnen Hausanschlüssen hätten wegen Unzugänglichkeit nicht überprüft werden können. Sie könnten jedoch aus dem Vergleich der überprüften Sohlen im Bereich der Kanaldeckel mit hoher Wahrscheinlichkeit als richtig angenommen werden. Aufgrund der Unzugänglichkeit der Abzweiger könne auch die an den Sachverständigen gestellte Frage der exakten Länge der Hausanschlussleitungen nicht beantwortet werden, die Längenangaben seien der Lageaufnahme der Abteilung Vermessung und der Projektspläne des Sachverständigen Dipl. Ing. M. als Cirka-Längen entnommen. Für das beschwerdegegenständliche Anwesen der Beschwerdeführer gab der Sachverständige für die Kellersohle eine Höhe von 319,37 m und für den Abzweigerhausanschluss laut Projekt eine Höhe von 319,22 m an. Die Anschlusslänge enthält die Cirka-Angabe 20 m, das durchschnittliche Gefälle 0,75 %.

Der Sachverständige Dipl. Ing. Franz M. ergänzte hierauf auftragsgemäß sein Gutachten wie folgt:

"Die Einleitung der Abwässer in den öffentlichen Kanal kann grundsätzlich an beliebiger Stelle vorgenommen werden.

Ausgehend von den vom Amtssachverständigen Hofrat Dipl. Ing. A. vorgenommenen Messungen und dem daraus folgenden Gutachten vom 26. Mai 1999 ist ein Anschluss an den Hauptkanal ohne Pumpvorgang möglich.

Die Einleitung müsste direkt bei Schacht 22 erfolgen. Dieser Anschlusspunkt am Hauptkanal würde auf einer Kote von 318,28 m (5 cm über der bestehenden Schachtsohle 318,23) liegen. Die Länge des Hauptkanals beträgt dabei 40 m bis zum Punkt 50 der Aufnahme HR Dipl. Ing. Otto A.

Bei einem Gefälle von 2 % wird beim Punkt 50 der Aufnahme HR Dipl. Ing. Otto A. eine Hausanschlusskanalsohle auf Kote 319,08 erreicht und liegt somit 0,29 m unter der gemessenen Kellersohle (319,37).

Die Länge des Hausanschlusses, bis zum Punkt 50 der Aufnahme Dipl. Ing. Otto A., auf Grundstück 834, KG Zeilern, wird sicherlich unter 35 m betragen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang deutlich darauf verweisen, dass die Messergebnisse von Hofrat Dipl. Ing. Otto A. und die von mir vorgenommene Naturaufnahme (Plan vom 20.2.1995) im Hinblick darauf, dass die eigentlichen Messpunkte nicht exakt abgestimmt sind, bestmöglich übereinstimmen für den Bereich der gegenständlichen Liegenschaft.

"Höhendifferenz Kellersohle (·82) - Schachtsohle 23

"A

319,37 - 319,47 =

0,10 m

M

319,46 - 319,54 =

0,08 m

 

Differenz

0,02 m

Höhendifferenz Kellersohle (·82) - Schachtsohle 22

A

319,37 - 318,23 =

1,14 m

M

319,46 - 318,31 =

1,15 m

 

Differenz

0,01 m"

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 18. September 2000 wurde die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Zeilern vom 30. September 1994 abgewiesen. Die Berufungsbehörde führte in der Begründung dieses Bescheides im Wesentlichen aus, selbst die Beschwerdeführer hätten angegeben, dass die Anschlussleitung 20 m betrage und die Höhe der Einmündungssohle 119,22 m sei. Das Erfordernis des § 56 Abs. 2 Z. 1 Niederösterreichische Bauordnung 1976 liege daher vor. Ein Pumpvorgang sei nicht erforderlich. In der selbst von den Beschwerdeführern zitierten Ö-Norm 2501 genüge bei einer lichten Weite der Anschlussleitung von 200 mm ein Mindestgefälle von bereits 1 %. Ein Gefälle von mehr als 1 % könne unter Einhaltung einer Länge des Hausanschlusskanals von weniger als 35 m erreicht werden. Leiteten die Beschwerdeführer die Abwässerung direkt bei Schacht 22 des Hauskanals sohin auf einer Höhenkote von 318,28 m ein, so könne unter Erreichung eines Gefälles von 2 % und einer Hausanschlusskanalsohle auf einer Höhenkote von 319,08 m die Ableitung der Abwässer jedenfalls ohne Pumpvorgang und mit einer unter 35 m langen Hausanschlussleitung erreicht werden. Der Hauptkanal sei bereits seit mehreren Jahren in Betrieb. Gefährdungen habe es diesbezüglich nicht gegeben. Es läge an den Beschwerdeführern, die Errichtung der Anschlussleitung sowie des Hauskanals dermaßen vorzunehmen, dass weder eine Gesundheitsgefährdung noch eine Gefährdung des Grundwassers, der Statik von Gebäuden etc. eintrete. Bezüglich der von den Beschwerdeführern vorgebrachten Geruchsbelästigung und der hiefür erforderlichen Geruchsverschlüsse sei darauf zu verweisen, dass es nicht Sache der Behörde sei, den Beschwerdeführern eine bestimmte Art oder Ausführung von Geruchsverschlüssen vorzuschreiben. Ein Geruchsverschluss könne bereits durch eine einfache Klappe erzielt werden. Die Beschwerdeführer hätten nicht darlegen können, weshalb in ihrem Fall diese Klappe nur 20 cm erhöht über der Kellersohle und nicht auf einer Ebene mit der Kellersohle versetzt werden könnte. Die von den Beschwerdeführern geltend gemachten Ablehnungsgründe bezüglich des Sachverständigen Dipl. Ing. M. lägen nicht vor. Ein persönliches und wirtschaftliches Interesse des Sachverständigen an der Ausführung des Kanalbaues hätten die Beschwerdeführer nicht einsichtig machen können. Gerade der Projektant des gegenständlichen Kanals sei besonders geeignet, die von den Beschwerdeführern vorgebrachten Einwendungen hinsichtlich des erforderlichen Pumpvorganges, Mindestgefälle und Anschlusstiefe zu überprüfen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, es treffe zwar zu, dass zufolge des vermessungstechnischen Gutachtens bei einer Einleitung in den Schacht Nr. 23 ein Hauskanal für die gegenständliche Liegenschaft bei einer Länge von 20 m ein Gefälle von 0,75 % erreichen würde. Da jedoch der Straßenrohrstrang entlang der verfahrensgegenständlichen Grundstücke ein Gefälle von 5 % aufweise, werde schließlich bei Schacht Nr. 22 eine Höhe von 318,23 m über Adria erreicht, woraus sich nachvollziehbar bei dem 5 cm über der Schachtsohle liegenden Anschlusspunkt ein Gefälle von 2 % - bei Berücksichtigung eines Geruchsverschlusses mit 29 cm Tiefe unterhalb der Kellersohle - ergebe. Damit sei zweifelsfrei erwiesen, dass der Kanalanschluss entlang der Grundstücksgrenze der Beschwerdeführer jedenfalls möglich sei, wobei es den Beschwerdeführern unbenommen bleibe, an jedem Punkt ihrer Liegenschaft (bergabwärts des Schachtes Nr. 23 bzw. oberhalb des Schachtes Nr. 22) die Einmündung ihres Hauskanalanschlusses vorzusehen, auf welchem bereits ein Mindestgefälle von 1 % erreicht werde. Kriterium für die Anschlussverpflichtung sei lediglich, dass generell eine Ableitung ohne Pumpvorgang möglich sei, was aus dem Gutachten des Dipl. Ing. M. zweifelsfrei erhelle und sich im Übrigen rechnerisch auch aus dem vermessungstechnischen Amtssachverständigengutachten des Dipl. Ing. A. nachvollziehen lasse. Die Behauptung der Beschwerdeführer, dass ein Anschluss bei Schacht 22 wegen der Lage an der Grundgrenze und Erforderlichkeit der Errichtung eines "Parallelkanals" technisch unmöglich wäre, sei nicht nachvollziehbar. Tatsache sei lediglich, dass in diesem Bereich ein Gefälle von 2 % erreicht werden könne und es sei im Übrigen Sache der Gemeinde, die Anschlussleitung - das sei nach § 17 Abs. 2 Niederösterreichisches Kanalgesetz das Verbindungsstück zwischen dem Straßenrohrstrang und dem Hauskanal - dorthin zu verlegen, wo die Beschwerdeführer bei einer Einleitung ohne Pumpvorgang, also ab einem Mindestgefälle von 1 %, die Einmündung ihres Hauskanals beabsichtigten. Dem von der Berufungsbehörde beigezogenen Sachverständigen Dipl. Ing. M. sei aufgrund seiner Ausbildung und langjährigen Erfahrung bei der Planung und Errichtung ähnlicher Abwasserbeseitigungsanlagen durchaus zuzumuten, ein Projekt zu erstellen, das dem Stand der Technik entspreche. Die Beschwerdeführer hätten keine Mängel aufzuzeigen vermocht, die einen Hinweis auf ein mangelndes Funktionieren der Anlage ergeben, zumal der Nebensammler "Kirchholz" bereits seit Jahren in Betrieb sei und es nach Auskunft der mitbeteiligten Marktgemeinde noch keinen Grund für eine Beanstandung gegeben habe. Das Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. A. zeige zum Gutachten des Dipl. Ing. M. nur geringfügige Differenzen auf, was teilweise durch divergierende Messpunkte bedingt sei, sodass die erkennende Behörde keinen Zweifel an der sachlichen Richtigkeit der erstatteten gutachtlichen Stellungnahme habe, da bei nachprüfender Kontrolle im Wesentlichen Übereinstimmung bestehe und die oben angeführten Unterschiede keinen Einfluss auf die Bejahung der Anschlusspflicht hätten. In der Berufungsentscheidung sei nachvollziehbar begründet worden, warum die Berufungsbehörde nicht einen Amtssachverständigen beigezogen habe; die Beiziehung des Sachverständigen Dipl. Ing. M. sei mit Rücksicht auf die Besonderheit des Falles auch für die Vorstellungsbehörde schlüssig. Da der Sachverständige für sein Gutachten kein Geld erhalten habe und auch sonst keine Gründe für eine Befangenheit vorlägen und auch den Beschwerdeführern keine Kosten vorgeschrieben worden seien, seien die Beschwerdeführer durch die Beziehung dieses Sachverständigen nicht in ihren Rechten verletzt worden. Die Beschwerdeführer hätten auch in ihrer Vorstellung keine konkreten Mängel des Gutachtens aufzuzeigen vermocht. Das von den Beschwerdeführern angeführte Argument, der Kanal sei tiefer verlegt als bewilligt worden, sei nicht zielführend. Dies deshalb, weil einerseits gerade durch die Tieferlegung des Kanals die erforderlichen Gefälle jedenfalls erreicht bzw. sogar überschritten würden. Die Kanalanschlussverpflichtung hänge nicht von einer für die öffentliche Kanalanlage bestehenden öffentlichrechtlichen Bewilligung ab. Eine Liegenschaft könne aus mehreren Grundstücken bestehen; im Falle der Anschlussverpflichtung nach § 17 NÖ Kanalgesetz sei jedoch ein unmittelbarer räumlicher Zusammenhang der Grundstücke erforderlich. Eine Punktparzelle mit anschließender Gartenparzelle wie im gegenständlichen Fall sei daher sehr wohl eine Liegenschaft im Sinne des Kanalgesetzes, da beide Parzellen wirtschaftlich und funktionell eine Einheit bildeten und überdies durch jene Verkehrsflächen aufgeschlossen würden, in denen der Kanal verlegt worden sei.

Die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 10. Oktober 2001, B 1220/01-6, abgelehnt und mit Beschluss vom 5. November 2001, B 1220/01-8, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten. Vor dem Verwaltungsgerichtshof machen die Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Die mitbeteiligte Marktgemeinde erstattete ebenfalls eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 77 Abs. 1 der am 1. Jänner 1997 in Kraft getretenen (siehe § 78 Abs. 1 dieses Gesetzes) Niederösterreichischen Bauordnung 1996 sind die am Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes anhängigen Verfahren nach der bisherigen Rechtslage zu Ende zu führen.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Verpflichtung der Beschwerdeführer zum Anschluss näher bezeichneter, ihnen gehöriger Grundstücke an den öffentlichen Kanal. Dieses Verfahren wurde vor Inkrafttreten der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 eingeleitet, weshalb die ausgesprochene Verpflichtung anhand der Rechtslage der Niederösterreichischen Bauordnung 1976 (in der Folge: BO) zu prüfen war.

Die hier maßgeblichen Bestimmungen haben folgenden Wortlaut:

"§ 56 Abwässerbeseitigung

(1) Für jedes Gebäude ist Vorsorge zur Beseitigung der Abwässer (Niederschlags- und Schmutzwässer) zu treffen.

(2) In Gemeinden mit öffentlichen Kanälen zur Beseitigung der Abwässer sind die Abwässer unter Einhaltung der geltenden Rechtsvorschriften durch flüssigkeitsdichte, entsprechend bemessene und in frostfreier Tiefe verlegte Rohrleitungen in diese Kanäle abzuleiten, wenn jeweils

1. die Anschlussleitung (§ 17 Abs. 2 des NÖ Kanalgesetzes 1977, LGBl. 8230-2) nicht länger als 50 m und

2. die Ableitung in den öffentlichen Kanal ohne Pumpvorgang möglich ist.

Fehlen solche öffentlichen Kanäle, sind die Abwässer in Senkgruben zu leiten oder gemäß anderen gesetzlichen Vorschriften in unschädlicher Weise zu beseitigen. Die Jauche aus Stallgebäuden ist durch flüssigkeitsdichte Rohre in Jauchegruben zu leiten."

Die Abs. 1 bis 3 des § 17 des NÖ Kanalgesetzes 1977 (im Folgenden: KanalG), lauten:

"§ 17 Hauskanäle, Anschlussleitungen

(1) Die Eigentümer von Liegenschaften oder Bauwerken oder Bauwerber, die zum Anschluss an die öffentliche Kanalanlage verpflichtet sind, haben Gebäude gemäß § 3 Abs. 2 erster Satz mit der öffentlichen Kanalanlage in Verbindung zu bringen. Der Hauskanal mitsamt dem Anschluss an die Anschlussleitung (Absatz 2) ist auf Kosten des Liegenschaftseigentümers (Bauwerbers) nach den näheren Bestimmungen der NÖ Bauordnung und den Anordnungen in der baubehördlichen Bewilligung und innerhalb der in demselben vorgeschriebenen Frist herzustellen. Die Liegenschaftseigentümer der im Zeitpunkt des Eintrittes der Anschlussverpflichtung bereits bestehenden Gebäude sind verpflichtet, die Aborte und sonstigen Abwasseranlagen einschließlich der Regenwasserableitungen auf ihre Kosten nötigenfalls derart umzubauen, dass ein Anschluss an die Hausentwässerungsanlage (Hauskanal) möglich ist. Bei Neubauten ist im Vorhinein auf die Anschlussmöglichkeit Bedacht zu nehmen.

(2) Der Hauskanal umfasst die Hausleitung bis zur Grenze der anschlusspflichtigen Liegenschaft, im Falle des § 18 Abs. 1 jedoch bis zur Einmündung in den öffentlichen Grund. Die Anschlussleitung umfasst das Verbindungsstück zwischen dem Hauskanal und dem Straßenrohrstrang.

(3) Bei Neulegung eines Hauptkanals der Gemeinde hat der Bürgermeister (Magistrat) den Liegenschaftseigentümern, für die dadurch eine Anschlusspflicht eintritt, rechtzeitig durch Bescheid den Anschluss aufzutragen. Die Liegenschaftseigentümer sind nach Rechtskraft des Bescheides verpflichtet, binnen 4 Wochen um die baubehördliche Bewilligung anzusuchen und unverweilt für den rechtzeitigen Anschluss der Hauskanäle Vorsorge zu treffen. Mit der Bauführung muss spätestens zwei Wochen nach Zustellung der baubehördlichen Bewilligung begonnen und diese längstens drei Monate nach Baubeginn beendet sein. Diese Fristen können in Einzelfällen vom Bürgermeister (Magistrat) auf begründetes schriftliches Ansuchen verlängert werden."

Voraussetzung für die Feststellung einer Anschlussverpflichtung ist somit u.a., dass die Anschlussleitung nicht länger als 50 m und kein Pumpvorgang erforderlich ist.

Nach § 56 BO im Zusammenhang mit § 17 Abs. 3 des NÖ Kanalgesetzes 1977 ist jeder Liegenschaftseigentümer verpflichtet, nach Maßgabe der in der Gemeinde bestehenden öffentlichen Einrichtungen die auf seinem Grundstück anfallenden Abwässer entsprechend zu entsorgen, wobei es im öffentlichen Interesse gelegen ist, möglichst alle Liegenschaftseigentümer an den Gemeindekanal anzuschließen. Seit Bestehen der öffentlichen Kanalanlage in der mitbeteiligten Marktgemeinde, ist somit die Anschlussverpflichtung grundsätzlich gegeben.

Zu den Beschwerdeausführungen ist vorweg festzuhalten: Gemäß § 17 Abs. 2 des NÖ Kanalgesetzes 1977 umfasst der Hauskanal die Hausleitung bis zur Grenze der anschlusspflichtigen Liegenschaft, im Falle des § 18 Abs. 1 jedoch bis zur Einmündung in den öffentlichen Grund. Ist aber jener Teil zwischen dem Hauskanal und dem (öffentlichen) Straßenrohrstrang nicht Teil der öffentlichen Kanalanlage, so kann es sich bei diesem Verbindungsstück nur um die Anschlussleitung im Sinne des § 17 Abs. 2 der NÖ Kanalgesetzes handeln. Gegen die Feststellungen, dass die hier maßgebliche Anschlussleitung nicht länger als 50 m ist bzw. die Ableitung über diese Anschlussleitung in den öffentlichen Kanal bei den vom Sachverständigen vorgeschlagenen Punkten ohne Pumpvorgang möglich ist, haben die Beschwerdeführer nichts Stichhältiges vorgebracht.

Die Ableitung von Abwässern darf sowohl aus wasserrechtlichen als auch aus baurechtlichen Gesichtspunkten einer Regelung unterzogen werden. Der Landesgesetzgeber darf somit eine Abgrenzung schaffen, unter welchen Voraussetzungen eine Anschlusspflicht von Liegenschaften besteht. Ob die Anwendung der Vorschriften hinsichtlich der Kanalanschlusspflicht durch die Baubehörde den von den Wasserrechtsbehörden zu vollziehenden maßgeblichen Rechtsvorschriften entspricht, kann nicht Gegenstand eines nach § 56 BO in Verbindung mit § 17 Niederösterreichisches Kanalgesetz 1977 durchgeführten Verfahrens sein (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 30. September 1997, Zl. 97/05/0063). Dass gemäß § 56 Abs. 2 BO bei Vorliegen dieser Tatbestandsvoraussetzungen die Abwässer "unter Einhaltung der geltenden Rechtsvorschriften durch flüssigkeitsdichte, entsprechend bemessene und in frostfreier Tiefe verlegte Rohrleitungen" zu erfolgen hat, betrifft die nach rechtskräftigem Ausspruch der Anschlusspflicht in einem gemäß § 17 Abs. 3 zweiter Satz Niederösterreichisches Kanalgesetz 1977 über Antrag des Liegenschaftseigentümers baubehördlich zu bewilligende Durchführung des Anschlusses des Hauskanals an den öffentlichen Kanal (vgl. hiezu das vorzitierte hg. Erkenntnis vom 30. September 1997). Für das Vorliegen der Anschlusspflicht kommt es nicht darauf an, ob eine andere Möglichkeit der Abwasserbeseitigung besteht (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 25. März 1997, Zl. 94/05/0056).

Das Wort Liegenschaft in § 17 Abs. 2 Kanalgesetz 1977 hat die Bedeutung von "Grundstück" (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 19. November 1996, Zl. 94/05/0098).

Ein Recht auf das gelindeste Mittel gibt es im Zusammenhang mit der Anschlussverpflichtung an das öffentliche Kanalgesetz gemäß § 56 Abs. 2 Niederösterreichische Bauordnung 1976 nicht (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 29. März 1995, Zl. 93/05/0086).

Die wirtschaftliche Zumutbarkeit ist im Verfahren über die Kanalanschlussverpflichtung nicht zu prüfen. Gemäß § 56 Abs. 1 BO ist für jedes Gebäude Vorsorge zur Beseitigung der Abwässer zu treffen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. September 1997, Zl. 94/05/0357). Im Beschwerdefall war daher der Ausspruch über die Verpflichtung zum Anschluss beider in den Bescheiden der Baubehörde genannten Grundstücke geboten, weil sie insgesamt als Hofstelle für die Landwirtschaft der Beschwerdeführer verwendet werden. Die Berufungsbehörde (hier: Gemeinderat) hatte ihrem Bescheid die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Entscheidung zu Grunde zu legen (vgl. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), (E 332 zu § 56 AVG, Seite 931 f). Zum damaligen Zeitpunkt waren die Beschwerdeführer Miteigentümer dieser Grundstücke. Im Rahmen der nachprüfenden Kontrolle hatte die belangte Behörde ihrer Entscheidung die Sach- und Rechtslage zu Grunde zu legen, die im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vorlag (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. November 1996, Zl. 96/05/0222, BauSlg 302).

Die von den Beschwerdeführern auch in der Beschwerde vorgetragenen Bedenken gegen die Sachverständigengutachten teilt der Verwaltungsgerichtshof nicht. Die belangte Behörde hat sich mit diesen Argumenten in dem angefochtenen Bescheid ausführlich in nachvollziehbarer Weise auseinandergesetzt. Gegen die Schlüssigkeit der Gutachten bestehen auch seitens des Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken. Der belangten Behörde ist auch kein Rechtsirrtum unterlaufen, wenn sie zum Ergebnis gelangt ist, dass die Berufungsbehörde im Beschwerdefall berechtigt war, im Sinne des § 52 Abs. 2 AVG einen nichtamtlichen Sachverständigen beizuziehen und auch die Besonderheit des Falles für die Heranziehung eines nichtamtlichen Sachverständigen hinreichend und nachvollziehbar begründet hat.

Die Beschwerde vermag daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 16. September 2003

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