Normen
AVG §56;
B-VG Art10 Abs1 Z8;
EO §35;
GütbefG 1995;
RechtshilfeAbk Deutschland 1990 Verwaltungssachen Art9 Abs6;
VVG §10 Abs2;
VVG §10 Abs3;
VVG §3 Abs2;
VwGG §47 Abs5;
VwRallg;
AVG §56;
B-VG Art10 Abs1 Z8;
EO §35;
GütbefG 1995;
RechtshilfeAbk Deutschland 1990 Verwaltungssachen Art9 Abs6;
VVG §10 Abs2;
VVG §10 Abs3;
VVG §3 Abs2;
VwGG §47 Abs5;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Mit dem erstinstanzlichen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 23. November 2000 wurden an sie als Vollstreckungsbehörde erhobene Einwendungen bezüglich der Vollstreckbarkeit der gegen den Beschwerdeführer von der belangten Behörde mit Bescheid vom 1. Februar 2000 gemäß § 23 Abs. 1 iVm § 23 Abs. 2 zweiter Satz des Güterbeförderungsgesetzes 1995 wegen Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 1 Z. 8 leg. cit. verhängten Geldstrafe (sowie der Verfahrenskosten des erstinstanzlichen Verfahrens) gemäß § 3 Abs. 2 VVG und § 35 EO iVm Art. 9 Abs. 6 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl. Nr. 526/1990 (im Folgenden als "Vertrag" bezeichnet) abgewiesen und zugleich festgestellt, dass der Bescheid der belangten Behörde vom 1. Februar 2000 keinem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug unterliege.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde als unbegründet abgewiesen.
2. Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
2.1. Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsstrafakten stellte der (anwaltlich u.a. durch den Beschwerdeführervertreter vertretene) Beschwerdeführer an die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck bezogen auf die genannte Bestrafung wegen Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995 "soweit eine Mahnung bzw. eine Vollstreckungsankündigung bereits gegen den Einschreiter angekündigt ist" mit Schriftsatz vom 7. November 2000 folgende (begründete) Anträge "zur zwingenden Entscheidung der Behörde" (die Hervorhebungen im Original fehlen):
"1. Es wird beantragt, gemäß Art. 9 Abs. 5 des Vertrages zu entscheiden über die Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Vollstreckbarkeit des zu vollstreckenden Anspruchs wegen des bestehenden Vollstreckungsverbotes des Warenverkehrs.
2. Es wird beantragt, gemäß Art. 9 Abs. 6 des Vertrages zu entscheiden über die Einwendungen gegen das Bestehen, die Höhe oder die Vollstreckbarkeit des zu vollstreckenden Anspruchs wegen mangelhafter Umrechnung und die fehlende Vollstreckbarkeit des Titels zur Kenntnis zu nehmen.
3. Es wird nach Art. 4 Abs. 1 und 2 des Vertrages beantragt, die Vollziehung der Amts- und Rechtshilfe im Wege der Entscheidung auszusetzen.
4. Es wird gemäß Art. 9 Abs. 7 des Vertrages beantragt, von der Vollstreckung abzusehen und bisherige Vollstreckungsmaßnahmen aufzuheben und einzustellen.
5. Es wird in jedem Fall beantragt, eine behördliche Entscheidung zu den gestellten Anträgen zu treffen.
Begründung
Es wird festgestellt, dass eine deutsche staatliche Behörde als ersuchte Behörde von der Republik Österreich nur im Wege der Amts- und Rechtshilfe in öffentlichrechtlichen Verwaltungssachen tätig werden kann.
Hiefür ist grundsätzlich der Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen vom 31. Mai 1988, BGBl. Teil II 1990, S. 358 ff. iVm dem Gesetz zu dem Vertrag vom 31. Mai 1988 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungsstrafsachen anwendbar.
I. Entscheidung gem. § 9 Abs. 5 d. Vertrages wegen desVerbots der Vollstreckung gem. Art. 1 Abs. 2 Nr. 2
Nach Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 des Vertrages ist zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich Amts- und Rechtshilfe nicht zu leisten, sofern "Verbote und Beschränkungen für den Warenverkehr über die Grenze" betroffen sind.
Dies ist im vorliegenden Fall gegeben!
Aus dem Straferkenntnis ergibt sich, dass dem Betroffenen vorgeworfen wird, dass er im grenzüberschreitenden Verkehr zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich Warentransporte mit einem LKW-Transport im Transit durchgeführt hat.
Die Anhaltung dieses Transportes erfolgte in Österreich. Der Transport kam aus Italien und überschritt nach Österreich die Grenze.
Da der vollstreckende Bescheid gerade einen derartigen Warentransport zum Inhalt der Vollstreckung hat, darf er nach dem Vollstreckungsabkommen nicht vollstreckt werden!
Demzufolge handelt es sich nach Art. 1 Abs. 2 Nr. 2 des Vertrages um eine Angelegenheit hinsichtlich von Verboten und Beschränkungen für den Warenverkehr über die Grenze, sodass eine Vollstreckung von den deutschen Behörden nicht durchgeführt werden darf.
Vielmehr wird ausdrücklich beantragt, dass eine Entscheidung nach Art. 9 mit dem Inhalt der Einstellung der Vollstreckung wegen des bestehenden Vollstreckungsverbotes behördlich erlassen wird.
II. Vollstreckungsverbot wegen Ausspruch
einer Freiheitsstrafe gem. Art. 10 Abs. 3
Gem. Art. 10 Abs. 3 des Vollstreckungsabkommens gilt der Ausspruch eines Freiheitsentzuges wegen "Nichtzustellung" als nicht bewirkt, sodass das Straferkenntnis der Behörde, welches vollstreckt werden soll, von Gesetzes wegen unwirksam ist nach Art. 10 Abs. 3.
Aus dem Akteninhalt ergibt sich, dass eine (Ersatz-) Freiheitsstrafe bei Nichtbezahlung ausgesprochen wird. Dieser Ausspruch gilt als nicht zugestellt, sodass insgesamt der Bescheid der Behörde unwirksam ist und nicht vollstreckt werden darf.
Aus den obigen Gründen ist somit die Vollstreckung in Deutschland ausgeschlossen und die angekündigte Vollstreckung von der ersuchenden Behörde gegenüber deutschen Behörde unverzüglich einzustellen.
Salzburg, am".
2.2. Die in diesen Anträgen erhobenen Einwendungen sind - entgegen dem oben wiedergegebenen Abspruch im bekämpften Bescheid - keine Einwendungen gegen den Anspruch im Sinn des § 35 EO, zumal diese Anträge - anders als dies im § 35 EO vorgesehen ist - nicht auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des Exekutionstitels eingetreten sind. § 3 Abs. 2 zweiter Satz VVG, wonach Einwendungen gegen den Anspruch im Sinn des § 35 EO bei der Stelle einzubringen sind, von der der Exekutionstitel ausgegangen ist, wobei sich diese Zuständigkeit nicht nur auf die Entgegennahme der Einwendungen, sondern auch auf deren materielle Erledigung erstreckt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2000, Zl. 99/03/0307), kommt im Beschwerdefall daher nicht zum Tragen. Aus dem zitierten Erkenntnis, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ergibt sich weiters, dass die Entscheidung über Einwendungen, wie sie der Beschwerdeführer unter Hinweis auf Art. 9 Abs. 6 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe, BGBl. Nr. 526/1990, erhoben hat, und über die nach dem Spruch des angefochtenen Bescheids entschieden wurde, nicht als Vollstreckungsverfügung anzusehen ist, sondern zu den im Zuge eines Vollstreckungsverfahrens ergehenden verfahrensrechtlichen Bescheiden zählt, für welche sowohl die Zuständigkeitsregelungen des VVG als auch (hinsichtlich einer Geldstrafe zumindest soweit sie die Vollstreckung des zu vollstreckenden Anspruches betrifft) die Vorschriften über den zweigliedrigen Instanzenzug gelten. Danach geht die Berufung gegen den Bescheid einer (wie vorliegend) als Vollstreckungsbehörde angerufenen Bezirkshauptmannschaft an den Landeshauptmann, sofern es sich aber um eine Angelegenheit im selbstständigen Wirkungsbereich des Landes handelt, an die Landesregierung; die demnach zuständige Behörde entscheidet endgültig. Über die vom Beschwerdeführer gegen den erstinstanzlichen Bescheid eingebrachte Berufung wäre somit gemäß § 10 Abs. 3 zweiter Satz VVG vom Landeshauptmann zu entscheiden gewesen. Dies hat die belangte Behörde - ein unabhängiger Verwaltungssenat - verkannt.
2.3. Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.
2.4. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001 (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29. November 2002, Zl. A 9/01-15, wonach (mangels abweichender Regelung) eine Kostentragungspflicht für den Sachaufwand, der mit der konkreten Tätigkeit der Behörde erst entsteht (konkreter Sachaufwand), den Bund insoweit trifft, als die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern in Angelegenheiten tätig werden, die - wie die Handhabung des Güterbeförderungsgesetzes 1995 - nach den Zuständigkeitsregeln des B-VG in den Vollzugsbereich des Bundes fallen).
Wien, am 29. Jänner 2003
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