VwGH 2000/09/0083

VwGH2000/09/008324.4.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hanslik, über die Beschwerde des G in G, vertreten durch Dr. Josef Peißl und Mag. Klaus Rieger, Rechtsanwälte in 8580 Köflach, Judenburgerstraße 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark vom 16. März 2000, Zl. UVS 30.11-75/1999-17, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien:

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §28 Abs2;
AVG §66 Abs4;
VStG §1 Abs2;
VStG §24;
VStG §31 Abs2;
VStG §44a Z1;
VStG §44a Z2;
VStG §9;
AuslBG §28 Abs2;
AVG §66 Abs4;
VStG §1 Abs2;
VStG §24;
VStG §31 Abs2;
VStG §44a Z1;
VStG §44a Z2;
VStG §9;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 16. März 2000 wurde der Beschwerdeführer - in Stattgebung der Berufung des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten gegen den erstinstanzlichen Einstellungsbescheid - der Begehung von vier Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) dahingehend schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der K GmbH in G - diese Gesellschaft ist persönlich haftende Gesellschafterin der K GmbH & Co KG in G - zu verantworten, dass die genannte GmbH & Co KG als Arbeitgeberin vier namentlich näher bezeichnete Ausländerinnen (deren jeweilige Staatsangehörigkeit im angefochtenen Bescheid bezeichnet wurde) während der im Einzelnen näher umschriebenen Tatzeiträume (die jeweils am 14. Mai 1997 enden) in einem näher bezeichneten Modemarkt in W ohne die erforderlichen arbeitsmarktbehördlichen Genehmigungen beschäftigt habe.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Beschwerdeführer nach dem dritten Strafsatz gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG zwei Geldstrafen in Höhe von jeweils S 40.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen jeweils drei Tage) und zwei Geldstrafen in Höhe von jeweils S 35.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen jeweils zwei Tage und 12 Stunden) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, nicht der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nach dem AuslBG schuldig erkannt und dafür bestraft zu werden. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht geltend, es sei ihm anders als in den Ladungsbescheiden (vom 30. Juli 1997, 24. August 1998 und 10. September 1998) im angefochtenen Bescheid vorgeworfen worden, als handelsrechtlicher Geschäftsführer der K GmbH dafür verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich zu sein, dass die K GmbH & Co KG als Arbeitgeberin die Ausländerinnen unerlaubt beschäftigt habe. Innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist sei ihm jedoch immer angelastet worden, als handelsrechtlicher Geschäftsführer der K GmbH dafür verantwortlich zu sein, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin die Ausländerinnen unerlaubt beschäftigt habe. Es sei innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist niemals eine Verfolgungshandlung gesetzt worden, die sich auf die K GmbH & Co KG als Arbeitgeberin bezogen habe. Die belangte Behörde habe daher ein wesentliches Tatbestandsmerkmal (außerhalb der Verjährungsfrist) ausgewechselt.

Diesem Vorbringen ist zu erwidern, dass Beschuldigter des vorliegenden Verwaltungsstrafverfahrens immer der Beschwerdeführer als physische Person und nicht eine der involvierten Kapitalgesellschaften war. Auch die in der Beschwerde genannten Ladungsbescheide waren an den Beschwerdeführer als Beschuldigter gerichtet (vgl. hiezu etwa auch das hg. Erkenntnis vom 27. Oktober 1999, Zl. 98/09/0113). Demnach war dem Beschwerdeführer keinen Augenblick unklar, dass er als Geschäftsführer der K GmbH, die Komplementärin (persönlich haftende Gesellschafterin) der K GmbH & Co KG war, zur Verantwortung gezogen wurde.

Der Beschwerdeführer zieht nicht in Zweifel, dass die K GmbH & Co KG, zu deren Vertretung nach außen er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft berufen war, die Arbeitgeberin der unerlaubt beschäftigten Ausländerinnen gewesen ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes ist es nicht rechtswidrig, wenn die Berufungsbehörde das Verhalten des Beschuldigten einem anderen Tatbestand (Tatbild) unterstellt als die erste Instanz, sofern es sich um ein und dasselbe Verhalten des Täters handelt, also Identität der Tat vorliegt. Es findet allein durch die Aufrechterhaltung des Schuldspruches des erstbehördlichen Straferkenntnisses durch die Berufungsbehörde mit der Maßgabe, dass dem Beschuldigten die Straftat nicht für seine Person, sondern als Organ einer juristischen Person zuzurechnen sei, eine Auswechslung oder eine Überschreitung der "Sache" nicht statt. Dasselbe gilt für den Fall, dass dem Beschuldigten die ihm zur Last gelegten Übertretungen nicht in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer Gesellschaft mbH, sondern als Inhaber einer Einzelfirma zugerechnet werden können. Der § 9 VStG legt zwar fest, wer unter bestimmten Voraussetzungen als strafrechtlich Verantwortlicher anzusehen ist, er normiert jedoch nicht etwa ein zusätzliches, zum Tatbild der jeweiligen Strafnorm hinzutretendes Tatbestandselement, das mit der Änderung des Rechtsgrundes der Heranziehung zur strafrechtlichen Haftung gleichfalls eine Änderung erführe (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 14. November 2002, Zl. 2000/09/0174, und vom 30. Juni 1994, Zl. 94/09/0035, und die darin angegebene weitere hg. Judikatur).

Für den Beschwerdefall bedeutet dies, dass die belangte Behörde - ohne dass dadurch eine Auswechslung der Tat bzw. eine Überschreitung der "Sache" erfolgte - berechtigt war, das dem Beschwerdeführer mit den in der Beschwerde genannten Ladungsbescheiden als Verfolgungshandlung (innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist) vorgeworfene Verhalten in Abänderung des Spruches des erstinstanzlichen Einstellungsbescheides bzw. der rechtlichen Beurteilung der Erstbehörde dahingehend zu beurteilen, dass dem Beschwerdeführer diese Straftaten als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft mbH, der die Geschäftsführung und Vertretung der als Kommanditgesellschaft (Gesellschaft mbH & Co KG) errichteten Arbeitgeberin oblag, zuzurechnen seien. Es war nicht rechtswidrig, wenn erstmals im Berufungsbescheid (und nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist gemäß § 31 Abs. 2 VStG in Verbindung mit § 28 Abs. 2 AuslBG) dem Beschwerdeführer angelastet wurde, er habe die Verwaltungsübertretungen als handelsrechtlicher Geschäftsführer nicht der K GmbH als Arbeitgeberin sondern dieser Gesellschaft als zur Vertretung befugten Komplementärgesellschaft der als Gesellschaft mbH & Co KG (K GmbH & Co KG) errichteten Arbeitgeberin zu verantworten (vgl. hiezu etwa die hg. Erkenntnisse vom 15. September 1998, Zl. 95/09/0247, und vom 16. Dezember 1997, Zl. 96/09/0328). Daran vermag der Hinweis des Beschwerdeführers auf das hg. Erkenntnis vom 24. März 1993, Zl. 92/03/003, nichts zu ändern, weil die belangte Behörde damit vorliegend kein Tatbestandselement sondern den Rechtsgrund der Heranziehung zur strafrechtlichen Haftung änderte (berichtigte).

Mit dem Hinweis auf § 1 Abs. 2 VStG und die seit 1. Jänner 1998 im § 3 Abs. 1 AuslBG zudem angeführte EU-Entsendebestätigung zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil die ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen vor dem 1. Jänner 1998 begangen wurden. Das "Günstigkeitsprinzip" des § 1 Abs. 2 VStG bezieht sich nicht auf die durch die Tat verletzte Verwaltungsvorschrift sondern auf die Strafe (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1995, Zl. 94/04/0223). Nach dem zu den Tatzeiten geltenden Recht war im § 3 AuslBG, auf den der Tatbestand des § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG verweist, eine EU-Entsendebestätigung nicht geregelt. Im Übrigen wird in der Beschwerde auch nicht aufgezeigt, dass die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Beschäftigung betriebsentsandte Drittstaatsangehörige betroffen habe und die Ausstellung von EU-Entsendebewilligungen vorliegendenfalls überhaupt in Betracht hätte kommen können (vgl. auch § 18 Abs. 12 - 16 AuslBG). Dass für die Ausländerinnen, deren unerlaubte Beschäftigung dem Beschwerdeführer vorgeworfen wurde, EU-Entsendebestätigungen ausgestellt worden seien, behauptet er nicht.

Da es dem Beschwerdeführer insgesamt nicht gelungen ist, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 24. April 2003

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