Normen
ABGB §1116;
ABGB §884;
BSVG §2 Abs1 Z1;
LandpachtG 1969;
ABGB §1116;
ABGB §884;
BSVG §2 Abs1 Z1;
LandpachtG 1969;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer hat im Jahre 1971 mit seinen Eltern eine als Bestandvertrag bezeichnete und unstrittig als Pachtvertrag zu beurteilende Vereinbarung abgeschlossen, nach der er das elterliche Viehhandelsunternehmen sowie die Land- und Forstwirtschaft seiner Eltern in Pacht genommen hat. Diese Vereinbarung wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und konnte gemäß Punkt Drittens "von beiden Vertragsteilen unter Einhaltung einer halbjährigen Aufkündigungsfrist vom 30. April eines jeden Jahres aufgekündigt werden". Gemäß Punkt Sechstens bedurften Änderungen des Vertrages und dazu getroffene Nebenabreden zu ihrer Gültigkeit der Schriftform.
Am 12. März 1996 teilte der Beschwerdeführer der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt mit, er habe seit dem Jahre 1971 eine Landwirtschaft mit einem Einheitswert von S 76.000,-- als Betriebsführer gepachtet; den der Betriebsführung zu Grunde liegenden Pachtvertrag habe er mit 10. Juli 1995 gekündigt; seit diesem Zeitpunkt führe er keine Landwirtschaft mehr.
Diese Mitteilung veranlasste die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt zu einer Anfrage an die Eltern des Beschwerdeführers, von wem die in ihrem Eigentum stehenden Liegenschaften ab dem Zeitpunkt der Kündigung des Bestandvertrages bewirtschaftet worden seien (Schreiben vom 24. Mai 1996). Die Eltern des Beschwerdeführers haben dieses Schreiben nicht beantwortet.
Einem im Versicherungsakt enthaltenen Aktenvermerk einer Mitarbeiterin der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt folgend teilte der Beschwerdeführer am 30. Juli 1996 telefonisch mit, dass er "die Gründe" am 10. Juli 1995 an seine Eltern zurückgegeben habe und seither ein Teil der "Gründe" von verschiedenen Landwirten abgemäht werde. Sein Vater sei mit 90 Jahren nicht mehr in der Lage, den Betrieb zu bewirtschaften; da der Beschwerdeführer nicht Eigentümer sei, sei er nicht berechtigt, die Namen der Landwirte, die das Gras mähten, zu nennen oder eine Anmeldung für seine Eltern auszufüllen.
Gemäß einem weiteren Aktenvermerk vom 2. August 1996 wurde einer Mitarbeiterin der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt vom Gemeindeamt O. mitgeteilt, dass laut Auskunft des Beschwerdeführers die Landwirtschaft "auf Rechnung seiner Eltern geführt" werde und die Beiträge ab Oktober 1995 den Eltern des Beschwerdeführers vorgeschrieben werden sollten.
Bei einer von einem Mitarbeiter der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt im Haus der Eltern des Beschwerdeführers am 5. September 1996 durchgeführten Einvernahme gab der Beschwerdeführer unter Anderem an, er sei auf Grund eines Unfalles am 10. Juli 1996 nicht mehr im Stande, die in Rede stehende Landwirtschaft zu bewirtschaften. Am Unfallstag habe er den gesamten Viehbestand verkauft; seither gebe es auf der Liegenschaft kein Vieh mehr. Den Eltern des Beschwerdeführers sei es alters- und gesundheitsbedingt nicht mehr möglich, den landwirtschaftlichen Betrieb zu führen, er müsse sich daher weiter um die Landwirtschaft kümmern. Die landwirtschaftlich genutzten "Gründe" der Liegenschaft seien "verstreut" und bestünden nur aus Wiesen; Äcker seien nicht vorhanden. Die Gründe seien nicht verpachtet, da der Beschwerdeführer nach dem 10. Juli 1996 keine Pächter habe finden können. Etwa ein Joch Wiesengrund werde als Weide für drei Kalbinnen, die nicht dem Beschwerdeführer gehörten, genützt; der übrige Grund werde fallweise von verschiedenen Landwirten "abgefechst", wobei das Gras von diesen Landwirten in deren Landwirtschaft verfüttert werde. Weder der Beschwerdeführer noch seine Eltern erhielten für die Überlassung der Weide bzw. für das Abfechsen eine Gegenleistung. Diese ab 10. Juli 1996 betriebene Bewirtschaftung habe der Beschwerdeführer in Vertretung seiner Eltern vereinbart; die Bewirtschaftung erfolge nur, damit die Gründe nicht gänzlich verwilderten, eine Düngung oder Unkrautbekämpfung gäbe es nicht. Die "Gründe" lägen auch nicht brach. Namen und Anschrift der Personen, die die Gründe der Liegenschaft abfechsen und abweiden ließen, gebe der Beschwerdeführer nicht an, weil diese Personen die Gründe dann nicht mehr nützen würden; die Gründe würden verwildern. Förderungen für die Liegenschaft seien weder vom Beschwerdeführer noch von seinen Eltern oder den die Liegenschaft nutzenden Landwirten beantragt worden. Steuern und Abgaben für die Landwirtschaft entrichteten seit 10. Juli 1996 die Eltern des Beschwerdeführers, Einkünfte seien keine vorhanden. Im Anschluss an die Niederschrift hielt der das Protokoll aufnehmende Beamte in einem Aktenvermerk fest, dass die Eltern des Beschwerdeführers nicht ansprechbar gewesen seien.
Auf Anfrage der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt übermittelte die Agrarmarkt Austria einen mit 9. April 1996 datierten "Mehrfachantrag" des Beschwerdeführers auf Gewährung diverser (landwirtschaftlicher) Beihilfen, der oberhalb des Vermerks "Unterschrift des Antragstellers/ Vertretungsbevollmächtigten" vom Beschwerdeführer unterzeichnet wurde. In einer "Tierliste zum Mehrfachantrag" gab der Beschwerdeführer an, drei Nutz- und Zuchtkalbinnen und vier Milchkühe zu halten.
Mit Bescheid vom 14. April 1997 stellte die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt fest, dass der Beschwerdeführer "vom 01.07.1995 bis laufend in der Pensionsversicherung der Bauern pflichtversichert" sei. Nach der Begründung habe der Beschwerdeführer die Liegenschaft seiner Eltern mit Bestandvertrag vom 21. Mai 1971 zur Eigenbewirtschaftung übernommen; die Mitteilung vom 12. März 1996 über die Kündigung dieses Vertrages habe sich als nicht stichhältig erwiesen. Auch sei der Verkauf des gesamten Viehbestandes am 10. Juli 1995 nicht mit dem Ende der Betriebsführung gleichzusetzen. Die Fortführung des Bestandvertrages würden die vom Beschwerdeführer beantragten und auch bezogenen Förderungen beweisen.
In dem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch brachte der Beschwerdeführer in Ergänzung seiner erstinstanzlichen Behauptungen vor, er beziehe seit 1. November 1995 die vorzeitige Alterspension wegen geminderter Erwerbsfähigkeit von der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter. Durch die Kündigung des Bestandvertrages sei der Vater des Beschwerdeführers seit Juli 1995 bis zu dessen Tod (19. Februar 1997) Bewirtschafter des landwirtschaftlichen Betriebes gewesen. Derzeit sei das Verlassenschaftsverfahren anhängig und die Bewirtschaftung sei ungeklärt. Der "EU-Förderungsantrag" sei zwar auf seinen Namen ausgefüllt worden, der Beschwerdeführer habe jedoch nicht gewusst, dass dies Auswirkungen im Sozialversicherungsrecht habe. Es sei nur sein Name verwendet worden, Förderungsgelder seien ihm nicht zugekommen, diese seien auf ein Konto seiner Eltern überwiesen worden. Zudem legte der Beschwerdeführer im Einspruchsverfahren Bestätigungen namentlich genannter Personen vor, nach denen in den Jahren 1995 und 1996 Wiesen abgemäht worden seien bzw. von dort das Futter geholt worden sei.
Mit Bescheid vom 9. Jänner 1998 gab der Landeshauptmann von Oberösterreich dem Einspruch teilweise Folge und stellte fest, dass der Beschwerdeführer vom 1. Juli 1995 bis 1. März 1997 in der Pensionsversicherung nach dem BSVG pflichtversichert gewesen sei. Nach der Begründung sei es als erwiesen anzunehmen, dass der in Rede stehende Betrieb auch nach dem 10. Juli 1995 bewirtschaftet worden sei und der Beschwerdeführer Dritten gegenüber weiterhin als Betriebsführer aufgetreten sei. Erst ab dem Tod der Eltern des Beschwerdeführers könne eine Betriebsführung durch ihn als Pächter nicht mehr angenommen werden; der Nachlass sei der Tochter eingeantwortet worden, die die landwirtschaftlichen Flächen per 1. Mai 1997 verpachtet habe.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, er habe nach dem 10. Juli 1995 seinen Vater lediglich beraten, den Betrieb habe er nicht mehr geführt. Die Auflösung des Pachtvertrages wegen seines Unfalles habe sein Steuerberater durchgeführt. Das Förderungsansuchen habe deshalb auf seinen Namen gelautet, weil zu dieser Zeit noch nicht klar gewesen sei, ob die Landwirtschaft verpachtet oder behalten werden sollte. Das "Landwirtschaftskonto" habe auf den Namen seiner Mutter gelautet, die auch alle Versicherungsprämien bezahlt hätte.
Mit Schreiben vom 11. Dezember 1998 ersuchte die belangte Behörde den Beschwerdeführer um Bekanntgabe des genauen Vorganges der Auflösung des Pachtverhältnisses mit seinen Eltern und um Vorlage entsprechender Urkunden.
Die Anfrage beantwortete der Beschwerdeführer am 8. Jänner 1999 wie folgt:
"Am 10.7.1995 hatte ich einen Unfall und konnte dadurch ab
diesen Tag die Landwirtschaft nicht mehr führen.
Zu Punkt 3. und Punkt 6.
Meine Eltern haben verstanden, dass ich die Landwirtschaft nicht mehr arbeiten kann. Zu dem Zeitpunkt hatte ich noch Hoffnung, gesundheitlich wieder hergestellt zu werden, was nicht eintraf und ich daher im Oktober 1995 um die Pension ansuchte."
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und ging in der Begründung nach geraffter Wiedergabe des Verfahrensganges und einer Darstellung der Rechtslage von folgendem Sachverhalt aus:
"Der (Beschwerdeführer) hat von seinen Eltern mit Bestandsvertrag vom 21.5.1971 deren land(forst)wirtschaftlichen Betrieb mit einem Einheitswert von Schilling 76.000,-- zur Bewirtschaftung übernommen. Am 10.7.1995 erlitt der (Beschwerdeführer) einen Unfall, durch den seine Arbeitsfähigkeit erheblich gemindert wurde. Es wurde ihm daraufhin von der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter eine vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit für die Zeit ab dem 1.11.1995 zuerkannt. Mit Schreiben vom 12.3.1996 teilte er der Sozialversicherungsanstalt der Bauern mit, dass er sein Bestandsverhältnis mit seinen Eltern mit 10.7.1995 aufgekündigt habe und seither keine Landwirtschaft mehr führe."
Beweiswürdigend stellte die belangte Behörde den Angaben des Beschwerdeführers, er habe am Tag seines Unfalls den Viehbestand zur Gänze verkauft, weder er noch seine Eltern oder andere Landwirte hätten für den landwirtschaftlichen Betrieb Förderungen beantragt, die Ermittlungsergebnisse der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt gegenüber, wonach der Beschwerdeführer als Betriebsführer einen Antrag auf Gewährung von Förderungen gestellt habe und darin als Viehbestand drei Kalbinnen und vier Milchkühe angegeben habe und hielt wegen dieses Widerspruches die Angaben des Beschwerdeführers über die Auflösung des Pachtvertrages am 10. Juli 1995 für unglaubwürdig. Zudem wäre wegen der im Pachtvertrag vereinbarten Schriftform dessen Auflösung am Unfallstag nur durch eine schriftliche Änderung durch die Vertragsparteien möglich gewesen, was nicht behauptet worden und auch nicht wahrscheinlich sei. Die auf die Anfrage der belangten Behörde vom Beschwerdeführer gegebene Erklärung über die Vertragsauflösung zeige, dass eine Punkt Sechstens des Bestandvertrages entsprechende Aufkündigung oder eine schriftliche Abänderung des Vertrages, mit der die Auflösung des Vertragsverhältnisses möglich gewesen wäre, nicht durchgeführt worden sei. Nach der Rechtsprechung sei der Pächter eines land(forst)wirtschaftlichen Betriebes als Betriebsführer anzusehen, solange das Pachtverhältnis andauere. Erst durch den Tod des Vaters des Beschwerdeführers am 19. Februar 1997 sei der Bestandvertrag aufgelöst worden, weshalb die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung mit 1. März 1997 geendet habe.
Über die gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten durch die belangte Behörde und Erstattung einer Gegenschrift durch die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt, erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3 BSVG in der hier zeitraumbezogen maßgeblichen Fassung BGBl. Nr. 297/1995 sind auf Grund dieses Bundesgesetzes natürliche Personen in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung pflichtversichert, wenn sie auf ihre Rechnung und Gefahr einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Bestimmungen des Landarbeitsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 287, mit einem S 20.000,-- übersteigenden Einheitswert führen oder auf ihre Rechnung und Gefahr ein solcher Betrieb geführt wird.
Für die Beantwortung der Frage, auf wessen Rechnung und Gefahr ein land(forst)wirtschaftlicher Betrieb geführt wird, ist maßgeblich, ob jene Person, deren Versicherungs- oder Beitragspflicht zu beurteilen ist, aus der Betriebsführung im Außenverhältnis (also im Verhältnis zu Dritten) berechtigt und verpflichtet wird. Statt des Eigentümers kann auf Grund eines dinglichen (zB durch Einräumung eines Fruchtgenussrechtes) oder obligatorischen Rechtsaktes (zB durch Abschluss eines Pachtvertrages) auch ein Nichteigentümer aus der Führung des Betriebes berechtigt und verpflichtet werden. Die bloße tatsächliche Betriebsführung reicht dazu nicht aus (vgl. das Erkenntnis vom 3. Oktober 2002, Zl. 98/08/0193, mwN).
Ausgehend von der von allen Parteien geteilten Rechtsansicht, dass bei Fortbestehen des Pachtvertrages zwischen dem Beschwerdeführer und seinen Eltern während des von der belangten Behörde festgestellten Zeitraums der Beschwerdeführer in der Pensionsversicherung nach dem BSVG pflichtversichert gewesen wäre, und ausgehend davon, dass bei einer Auflösung des Pachtvertrages am Tag des Unfalls des Beschwerdeführers (10. Juli 1995) die genannte Versicherungspflicht ab 1. Juli 1995 nicht mehr bestanden hätte, ist für die Frage der Versicherungspflicht entscheidend, ob der dem Beschwerdeführer die Betriebsführerschaft vermittelnde Pachtvertrag am 10. Juli 1995 aufgelöst worden ist. Die belangte Behörde kam in Würdigung der Beweise zum Ergebnis, die Angaben des Beschwerdeführers über die Beendigung des Pachtvertrages seien unglaubwürdig. Diese Beweiswürdigung bekämpft der Beschwerdeführer in der Beschwerde.
Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht, dass der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, dass - sofern in den besonderen Verwaltungsvorschriften nicht Anderes bestimmt ist -
die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt aber eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Schlüssig sind solche Erwägungen dann, wenn sie den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut nicht widersprechen. Unter Beachtung der nämlichen Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof auch zu prüfen, ob die Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat. Hingegen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt, einer Beweiswürdigung der belangten Behörde, die einer Überprüfung unter den genannten Gesichtspunkten stand hält, mit der Begründung entgegen zu treten, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig und begründbar wäre. Die belangte Behörde ist zwar gehalten, in der Begründung ihres Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammen zu fassen (§ 60 AVG), sie ist aber nicht verpflichtet, allen sonst noch denkbaren schlüssig begründbaren Sachverhaltsvarianten im Einzelnen nachzugehen, wenn sie sich nur mit allen Umständen schlüssig und nachvollziehbar auseinander gesetzt hat, die für und wider die von ihr tatsächlich getroffenen Sachverhaltsfeststellungen sprechen (vgl. das Erkenntnis vom 20. Februar 2002, Zl. 99/08/0028).
Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen hält die Beweiswürdigung der belangten Behörde einer näheren Überprüfung ihrer Schlüssigkeit aus folgenden Überlegungen nicht stand:
Die belangte Behörde ging davon aus, dass der Pachtvertrag vom Beschwerdeführer am 10. Juli 1995 nicht aufgelöst worden sei (offenbar mangels entsprechender Erklärungen) und führt in der - oben wiedergegebenen - Begründung des angefochtenen Bescheides als zentrales Argument gegen die Glaubwürdigkeit der Angaben des Beschwerdeführers den von ihm unterzeichneten Förderungsantrag bzw. die darin gemachten Angaben über den Viehbestand ins Treffen. Der belangten Behörde ist zuzugeben, dass der Antragstellung eine gewisse Indizwirkung dafür zukommen mag, dass der Beschwerdeführer noch mit dem in Rede stehenden Betrieb in Zusammenhang gebracht werden konnte; allein wegen der Angaben im Förderungsantrag die Vertragsauflösung zu verneinen, ist jedoch keinesfalls zwingend. Einerseits steht den Angaben des Beschwerdeführers über die Vertragsbeendigung kein anderes Beweisergebnis entgegen, andererseits hat die belangte Behörde zu den ihre Beweiswürdigung tragenden Argumenten nicht ermittelt, ob die Angaben im Förderungsantrag mit den tatsächlichen Umständen, über die auch Beweisergebnisse vorlagen, übereinstimmten. So ließ die belangte Behörde bei ihrer Argumentation außer Acht, dass der Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme am 5. September 1996 davon sprach, dass ein Teil der Wiesen - wie von ihm auch im Förderungsantrag angegeben - für drei nicht ihm gehörige Kalbinnen genutzt würde und dass er den Förderungsantrag im Einspruch als "nicht korrekt" bezeichnet hat, womit er wohl zum Ausdruck bringen wollte, dass er einen "korrekten" Antrag nur als Betriebsführer, der er eben nicht mehr gewesen sei, hätte stellen können. Keine Erwähnung in der Beweiswürdigung haben auch die im Einspruchsverfahren vorgelegten Bestätigungen gefunden, wonach die Wiesen des Beschwerdeführers in den Jahren 1995 und 1996 nicht von ihm abgemäht worden seien bzw. das Futter von anderen Landwirten geholt worden sei. Ohne Auseinandersetzung auch mit diesen Beweisergebnissen kann aber die Glaubwürdigkeit der in Rede stehenden Angaben des Beschwerdeführers, und damit die entscheidungswesentliche Frage des Zeitpunktes der Beendigung des Pachtverhältnisses, nicht abschließend beurteilt werden. Die belangte Behörde hat auch den Umstand in ihre Überlegungen nicht einbezogen, dass der Beschwerdeführer an der Auflösung des Pachtvertrages schon im Hinblick auf die Gewährung einer vorzeitigen Alterspension gemäß § 253d ASVG auch tatsächlich interessiert gewesen sein musste, da anderen Falls die Pension gemäß § 253d Abs. 2 ASVG weggefallen wäre.
Da die belangte Behörde Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen hat, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Lediglich in Ergänzung der für den Ausgang des Verfahrens tragenden Beweiswürdigung vertrat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid in rechtlicher Hinsicht die Meinung, der Pachtvertrag hätte schon wegen des im Punkt Sechstens vorgesehenen Schriftformgebotes für Vertragsänderungen - nur solche führten zu einer wirksamen Beendigung des Vertrages - weiter Bestand gehabt, weil der Beschwerdeführer eine schriftliche Auflösungserklärung gar nicht behauptet hat. Dem ist zu entgegnen, dass die fehlende Schriftform nicht zwingend zur Unwirksamkeit der behaupteten Vertragsauflösung führen musste. Die Bestimmungen über den Bestandvertrag sehen keine bestimmte Form für dessen Aufkündigung vor (vgl. § 1116 ABGB); solche Formvorschriften finden sich auch nicht im Landpachtgesetz. Im Übrigen gilt die gesetzliche Vermutung, dass vor Erfüllung einer vereinbarten Form keine Bindung der Parteien eintreten soll (vgl. § 884 ABGB); von der vereinbarten Form können die Parteien jedoch jederzeit einvernehmlich abgehen, etwa durch formlose Abreden oder auch durch eine konkludente Aufhebung der Formvereinbarung, wobei dem auch eine Klausel, wonach mündliche Nebenabreden als nicht getroffen gelten, nicht entgegen steht (Rummel in Rummel I2, Rz 3 zu § 884 ABGB). Berücksichtigt man weiter das - von der belangten Behörde nicht näher gewürdigte - Vorbringen im Schreiben des Beschwerdeführers vom 8. Jänner 1999, in dem er ausdrücklich zu Punkt Drittens und Sechstens des Vertrages ausführte, seine Eltern hätten verstanden, dass er in der Landwirtschaft nicht mehr arbeiten könne, was in Anbetracht seines Unfalls, des behaupteten Verkaufes des gesamten Viehbestandes und der Überlassung der Nutzung der Wiesen an Andere durchaus so aufgefasst werden könnte, dass die Eltern des Beschwerdeführers unter Verzicht auf die Einhaltung der Schriftform der Auflösung des Pachtvertrages - zumindest schlüssig - zugestimmt hätten, wodurch es zu einer einvernehmlichen Auflösung des Pachtvertrages gekommen wäre. Bei einer einvernehmlichen Vertragsauflösung erfolgt die Auflösung zudem zum vereinbarten Zeitpunkt, weshalb im vorliegenden Fall auch die vertragliche Kündigungsfrist die sofortige Beendigung nicht gehindert hätte. Diese Überlegungen wird die belangte Behörde im weiteren Verfahren - so sie den Angaben des Beschwerdeführers zur Vertragsauflösung Glauben schenkt - zu berücksichtigen haben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Das auf den Ersatz der Stempelgebühren gerichtete Mehrbegehren war wegen der auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Abgabenfreiheit (§ 44 BSVG) abzuweisen.
Wien, am 19. März 2003
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