VwGH 2000/07/0004

VwGH2000/07/000411.9.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde der V in P, vertreten durch Dr. Klaus Nuener, Rechtsanwalt in Innsbruck, Anichstraße 40, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 4. Februar 1999, Zl. LAS-131/24- 87, betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheit Absonderung von Anteilsrechten von einer Agrargemeinschaft, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
FlVfGG §17 Abs2;
FlVfLG Tir 1978 §38 Abs3;
FlVfLG Tir 1978 §38 Abs4;
FlVfLG Tir 1978 §74 Abs4;
FlVfLG Tir 1996 §38;
FlVfLG Tir 1996 §74 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
AVG §8;
FlVfGG §17 Abs2;
FlVfLG Tir 1978 §38 Abs3;
FlVfLG Tir 1978 §38 Abs4;
FlVfLG Tir 1978 §74 Abs4;
FlVfLG Tir 1996 §38;
FlVfLG Tir 1996 §74 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die im Eigentum des F. V. stehende Stammsitzliegenschaft einer näher genannten EZ des GB P. (G.-Hof) ist mit 54/396 Anteilen an der - unregulierten - Agrargemeinschaft L.-Alpe in einer näher genannten EZ des GB F. beteiligt. Mit Schenkungsvertrag vom 30. März 1998 hat F. V. das mit der genannten Stammsitzliegenschaft verbundene Anteilsrecht an dieser Agrargemeinschaft an die Beschwerdeführerin zur realrechtlichen Verbindung mit EZ 240, GB F., bestehend allein aus einem näher genannten Grundstück mit Baufläche im Ausmaß von 193 m2 übergeben. An dem zuletzt genannten Grundstück ist das Eigentumsrecht für die Beschwerdeführerin einverleibt. Die Beschwerdeführerin beauftragte als Geschenknehmerin den Beschwerdevertreter mit der Errichtung und Verbücherung dieser Urkunde samt allen damit verbundenen Rechts- und Vertretungshandlungen. Dieser stellte mit Eingabe vom 20. Juli 1998 den Antrag, den Schenkungsvertrag agrarbehördlich zu genehmigen.

Mit Bescheid vom 28. Dezember 1998 wies das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz den Antrag auf Genehmigung der im Schenkungsvertrag vom 30. März 1998 vereinbarten Absonderung von Anteilsrechten an der Agragemeinschaft L.-Alpe von der vorgenannten Stammsitzliegenschaft und Verbindung dieser Anteilsrechte mit der Liegenschaft EZ 240, GB F., ab. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen - gestützt auf die Stellungnahme eines landwirtschaftlichen Amtssachverständigen - mit dem Vorliegen des Verweigerungstatbestandes des § 38 Abs. 4 lit. c TFLG 1996 begründet.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 4. Februar 1999 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin als unzulässig zurückgewiesen.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird u.a. ausgeführt, dass mit der Liegenschaft EZ 240, GB F., kein Anteilsrecht an der agrargemeinschaftlichen L.-Alpe verbunden sei; sie sei somit auch nicht Stammsitzliegenschaft. Die Beschwerdeführerin als Eigentümerin der Liegenschaft EZ 240 sei daher auch nicht Mitglied der (Nordtiroler) Agrargemeinschaft L.- Alpe, weil sie auch nicht Inhaberin eines persönlichen (walzenden) Anteilsrechtes sei. Daraus folge, dass der Anteilserwerb der Verbesserung der Leistungsfähigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebes dienen müsse. Dass diese Voraussetzung nicht gegeben sei, werde von der Beschwerdeführerin in der Berufung auch nicht bekämpft. Der landwirtschaftliche Amtssachverständige Ing. N., dessen Stellungnahme der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides zu Grunde liege, habe erhoben, dass auf dem vorgenannten Grundstück der Beschwerdeführerin ein verfallenes, nicht mehr benützbares Stallgebäude stehe.

Eine nähere Auseinandersetzung mit der Frage, ob die materiellen Bewilligungsvoraussetzungen nach § 38 Abs. 4 und 5 TFLG 1996 für die im vorgelegten Schenkungsvertrag vereinbarte Anteilsübertragung gegeben seien, und zwar kumulativ, erübrige sich, weil es der Beschwerdeführerin an der Parteistellung mangle. § 38 Abs. 3 TFLG 1996 verbiete die Absonderung der mit einer Liegenschaft (Stammsitzliegenschaft) verbundenen Mitgliedschaft an einer Agrargemeinschaft von der Stammsitzliegenschaft ohne Bewilligung der Agrarbehörde. Diese Bestimmung richte sich ausschließlich an den Eigentümer der Anteilsrechte. Nur ihm stehe daher auch bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen das Recht auf Bewilligung der Absonderung zu. Dem Erwerber von Anteilsrechten komme kein entsprechendes subjektives Recht und keine Parteistellung zu. Dem Erwerber eines Anteilsrechtes an einer Agrargemeinschaft seien auch durch das TFLG 1996 weder Rechte eingeräumt noch Pflichten auferlegt worden, weshalb aus § 74 TFLG 1996 eine derartige Parteistellung nicht abgeleitet werden könne. Da das Recht auf Berufung die Parteistellung voraussetze, diese jedoch der Beschwerdeführerin nicht zukomme, erweise sich die vorliegende Berufung als unzulässig.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung derselben mit Beschluss vom 29. November 1999, B 568/99, ablehnte und dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 ?-VG abtrat.

Die Beschwerdeführerin führte in der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzten Begründung der Beschwerde u.a. aus, sie fühle sich in ihrem Recht auf Bewilligung der Absonderung von Anteilsrechten von der näher genannten Stammsitzliegenschaft des F. V. und der Verbindung dieser Rechte mit der Liegenschaft EZ 240, GB F., gemäß § 38 Abs. 3 TFLG 1996 verletzt. § 38 Abs. 3 TFLG 1996 verlange zwar die Bewilligung zur Absonderung durch die Agrarbehörde, bringe jedoch nicht zum Ausdruck, wer um diese Bewilligung anzusuchen habe, bzw. wem das diesbezügliche subjektive Recht zukomme. Halte man sich vor Augen, dass regelmäßig sowohl dem Eigentümer der Stammsitzliegenschaft, von der die Anteilsrechte abgesondert werden sollen, als auch dem Erwerber des Anteilsrechtes ein rechtliches Interesse an der Erteilung einer Bewilligung durch die Agrarbehörde zukomme, sei der von der belangten Behörde angewandten Auslegung nicht zu folgen. Ebenso wenig könne der Zweck der Regelung, der zweifellos darin zu sehen sei, dass die Übertragung von Anteilsrechten erschwert werde und nur unter Kontrolle - sowie in bestimmten Fällen - erfolgen solle, die Auslegung der belangten Behörde unterstützen. Dieser Zweck werde nämlich unabhängig davon erreicht, wem das subjektive Recht des § 38 Abs. 3 TFLG 1996 zukomme. Vielmehr müsse im Hinblick auf den verfolgten Zweck der Regelung und auf die dahinter stehenden Interessen festgehalten werden, dass auch dem Erwerber der Anteilsrechte ein subjektives Recht auf Erteilung der Bewilligung zur Absonderung von einer Stammsitzliegenschaft zukomme.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Beschwerdeführer replizierte auf die Gegenschrift der belangten Behörde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 74 TFLG 1996 regelt näher die Parteistellung in verschiedenen Verfahren nach diesem Gesetz. Da im Beschwerdefall keiner der Fälle nach den Abs. 1 bis 3 dieser Bestimmung zur Anwendung kommt, regelt sich die Parteistellung nach § 74 Abs. 4 TFLG 1996 in der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung der Wiederverlautbarung LGBL. Nr. 74/1996, die wie folgt lautet:

"Im übrigen kommt Personen eine Parteistellung nur insoweit zu, als ihnen in diesem Gesetz Rechte eingeräumt oder Pflichten auferlegt werden."

§ 38 Abs. 3 und 4 TFLG 1996 (hinsichtlich des Abs. 4 lit. c in der Fassung der im Beschwerdefall anzuwendenden Novelle LGBl. Nr. 77/1998) lauten:

"(3) Die mit einer Liegenschaft (Stammsitzliegenschaft) verbundene Mitgliedschaft an einer Agrargemeinschaft darf von der Stammsitzliegenschaft nur mit Bewilligung der Agrarbehörde abgesondert werden.

(4) Die Bewilligung nach Abs. 3 ist zu verweigern, wenn

a) das Anteilsrecht zur Deckung des Haus- und Gutsbedarfes der bisherigen Stammsitzliegenschaft nicht entbehrlich ist;

b) durch die Absonderung eine dem wirtschaftlichen Zweck der Agrargemeinschaft abträgliche Zersplitterung oder Anhäufung von Anteilsrechten eintritt;

c) der Erwerb des Anteilsrechtes nicht der Verbesserung der Leistungsfähigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebes dient, es sei denn dieser Erwerb erfolgt durch die Agrargemeinschaft oder durch die Gemeinde als Eigentümerin des agrargemeinschaftlichen Grundbesitzes."

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Zusammenhang mit § 38 Abs. 3 TFLG 1978 (vgl. die gleich lautende Bestimmung des § 38 Abs. 3 TFLG 1996) in seinem Erkenntnis vom 29. Oktober 1996, Zl. 96/07/0152, ausgeführt, diese Bestimmung verbiete die Absonderung der mit einer Liegenschaft (Stammsitzliegenschaft) verbundenen Mitgliedschaft an einer Agrargemeinschaft von der Stammsitzliegenschaft ohne Bewilligung der Agrarbehörde. Diese Bestimmung richte sich ausschließlich an den Eigentümer der Anteilsrechte. Nur ihm stünde daher auch bei Zutreffen der Voraussetzungen des § 38 Abs. 4 TFLG 1978 das Recht der Bewilligung zur Absonderung zu. Dem Käufer von Anteilsrechten komme kein entsprechendes subjektives Recht und keine Parteistellung zu.

Auf Grund der nach § 74 Abs. 4 TFLG 1996 in der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung der Wiederverlautbarung LGBL. Nr. 74/1996 (siehe auch die gleich lautende Bestimmung des § 74 Abs. 4 TFLG 1978) eingeschränkten Parteistellung im Rahmen anderer als der in den Abs. 1 bis 3 dieser Bestimmung genannten Verfahren sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlasst, von der vorzitierten hg. Judikatur, die zur gleich lautenden Bestimmung des § 38 Abs. 3 TFLG 1978 ergangen ist, im Beschwerdefall abzugehen. Da es der beschwerdeführenden Partei im Lichte dieser Judikatur aber an der Parteistellung fehlte, war die Zurückweisung ihrer Berufung nicht rechtswidrig.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 11. September 2003

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