VwGH 2000/03/0377

VwGH2000/03/037726.2.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Bernegger, Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde der T Aktiengesellschaft in Wien, vertreten durch Cerha, Hempel & Spiegelfeld, Partnerschaft von Rechtsanwälten in 1010 Wien, Parkring 2, gegen den Bescheid der Telekom-Control-Kommission vom 6. November 2000, Zl. Z 13/00-10, betreffend Zusammenschaltungsanordnung gemäß § 41 Abs. 3 TKG (mitbeteiligte Partei: C GmbH in W), zu Recht erkannt:

Normen

TKG 1997 §41 Abs2;
TKG 1997 §41 Abs3;
TKG 1997 §41 Abs2;
TKG 1997 §41 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin, die P AG (P), und die Mitbeteiligte haben am 27. März 1998 einen Zusammenschaltungsvertrag betreffend die Zusammenschaltung des Festnetzes der P mit dem Mobilnetz der Mitbeteiligten geschlossen. Dieser Vertrag besteht aus einem Allgemeinen Teil und einem Besonderen Teil. In Punkt 8. des Allgemeinen Teiles sind Regelungen betreffend die Vertragsdauer, Kündigung und Vertragsanpassung enthalten. In Punkt 8.1.1. ist die Anrufung der belangten Behörde bis 31. Dezember 1998 für den Fall vorgesehen, dass die Vertragsparteien einander bis 30. September 1998 allfällige Änderungswünsche für den diesem erstmalig abgeschlossenen Zusammenschaltungsvertrag nachfolgenden Vertrag für die Zeit ab 1. Jänner 1999 mitgeteilt haben und binnen 6 Wochen ab Einlangen des Änderungswunsches keine Einigung erfolgt ist. Wenn der Vertrag über den 31. Dezember 1998 hinaus fortgesetzt wird, ohne dass der Mechanismus des Punktes 8.1. zur Anwendung gekommen wäre, läuft dieser Vertrag gemäß Punkt 8.2.1. des Allgemeinen Teiles auf unbestimmte Zeit weiter. Er kann dann unter Einhaltung einer 6 monatigen Kündigungsfrist jeweils zum Ende des Kalenderjahres gekündigt werden. Die Präambel des Besonderen Teiles sieht vor, dass im Falles des Widerspruches zwischen dem Allgemeinen und dem Besonderen Teil die Regelungen des Besonderen Teiles Vorrang haben. Nach Punkt 2. des Besonderen Teiles vereinbaren die Vertragsparteien, für den Fall, dass sich die Entgelte für im Festnetz der P entstehende Gespräche, die in Mobilnetzen anderer Mobilfunkbetreiber (M AG) terminieren (Gesprächstyp P 8), ändern, rechtzeitig Verhandlungen auch für Terminierungsentgelte und die Entgeltstruktur für die Terminierung im Netzwerk der Mitbeteiligten aufzunehmen.

Mit Telefax vom 4. August 2000 teilte die Beschwerdeführerin der Mitbeteiligten mit, dass mit Bescheid (der belangten Behörde) Z 7/00 vom 31. Juli 2000 die Verbindungsentgelte zwischen dem Mobilnetz der Mitbeteiligten und dem Mobilnetz der M festgelegt worden seien. Diese betrügen für die Terminierung im Mobilnetz der Mitbeteiligten ATS 2,20 ab 1. August 2000 und ATS 1,90 - vorläufig - ab 1. Jänner 2001. Weiters führte die Beschwerdeführerin in diesem Schreiben aus:

"Die T stellt hiermit, für den Fall, dass das Schiedsgericht zu der Auffassung kommt, dass der am 27. März 1998 abgeschlossene Vertrag noch aufrecht ist, die Nachfrage nach der Anwendung der Entgelte gemäß Z 7/00 auch für Verbindungen vom Teilnehmer-Festnetz der T zum Mobilnetz der C.

...

Für den Fall, dass das Schiedsgericht zu der Auffassung gelangt, dass der Vertrag vom 27.3.1998 nicht mehr aufrecht ist, stellt die T die Nachfrage nach den Bedingungen des Z 4/00 in Verbindung mit den Entgelten des Z 7/00 sowie die Übermittlung der CLI.

... ."

Mit Telefax vom 10. August 2000 teilte die Beschwerdeführerin der Mitbeteiligten zu ihrem Fax vom 4. August 2000 ergänzend mit, dass die darin gestellte Nachfrage auch als Wunsch zur Aufnahme von Verhandlungen für Terminierungsentgelte und die Entgeltstruktur für Terminierung im Netzwerk der Mitbeteiligten gemäß Punkt 3 der Präambel des Zusammenschaltungsvertrages vom 27. März 1999 zu verstehen sei.

Mit Schreiben der Beschwerdeführerin vom 21. September 2000 wurde die Erlassung einer Zusammenschaltungsanordnung betreffend das öffentliche feste Telekommunikationsnetz der Beschwerdeführerin und das öffentliche mobile Telekommunikationsnetz der Mitbeteiligten im Sinne eines näher angeführten Bescheides der belangten Behörde ab 1. August 2000 auf unbestimmte Zeit beantragt.

In der Stellungnahme der Mitbeteiligten (vom 12. Oktober 2000) zu diesem Antrag verwies diese auf den Schiedsspruch des Schiedsgerichtes vom 31. Juli 2000, in dem das Klagebegehren der Beschwerdeführerin des Inhaltes, das Schiedsgericht möge feststellen, dass der Zusammenschaltungsvertrag zwischen der Mitbeteiligten und der Beschwerdeführerin vom 27. März 1998 mit 31. Dezember 1998 erloschen sei, abgewiesen wurde und der angeführte Zusammenschaltungsvertrag als nach wie vor aufrecht angesehen wurde.

In der Replik der Beschwerdeführerin (vom 23. Oktober 2000) zur Stellungnahme der Mitbeteiligten wurde der ursprüngliche Antrag der Beschwerdeführerin wie folgt abgeändert:

"Für die Zusammenschaltung des öffentlichen festen Telekommunikationsnetzes der T AG mit dem öffentlichen mobilen Telekommunikationsnetz der C GmbH gelten die Entgeltregelungen gemäß Bescheid Z 7/00-38 vom 31.07.2000, alle übrigen Regelungen gemäß Bescheid Z 4/2000 vom 31.07.2000. Die Zusammenschaltungsanordnung gilt ab 01.08.2000 auf unbestimmte Zeit."

In eventu stellte die Beschwerdeführerin folgenden Antrag:

"Für die Zusammenschaltung des öffentlichen festen Telekommunikationsnetzes der T AG mit dem öffentlichen mobilen Telekommunikationsnetz der C GmbH gelten die Entgeltregelungen gemäß Bescheid Z 7/00-38 vom 31.07.2000. Die übrigen Regelungen richten sich nach dem zwischen den Parteien am 27.03.1998 vereinbarten Zusammenschaltungsvertrag. Die Zusammenschaltungsanordnung gilt ab 01.08.2000 auf unbestimmte Zeit."

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Zusammenschaltung des öffentlichen festen Telekommunikationsnetzes der Beschwerdeführerin mit dem öffentlichen mobilen Telekommunikationsnetz der Mitbeteiligten gemäß § 111 Z. 6 i.V.m. § 41 Abs. 3 TKG als unzulässig zurückgewiesen.

Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Anrufung der belangten Behörde gemäß § 41 TKG zulässig sei, wenn der Anrufende die Zusammenschaltungsleistung mindestens sechs Wochen vor der Anrufung nachgefragt habe, wenn er selbst ein öffentliches Telekommunikationsnetz betreibe und wenn keine Vereinbarung über die Zusammenschaltung zu Stande gekommen sei. Es ergebe sich aus dem Schreiben der Beschwerdeführerin an die Mitbeteiligte vom 4. August 2000, dass die Beschwerdeführerin unter der Voraussetzung, es sei nach Auffassung des Schiedsgerichtes der am 27. März 1998 abgeschlossene Vertrag noch aufrecht, lediglich eine Neuordnung der Zusammenschaltungsentgelte rechtzeitig nachgefragt habe, nicht jedoch die übrigen Zusammenschaltungsbedingungen. Hinsichtlich der übrigen Zusammenschaltungsbedingungen sei keine rechtzeitige Nachfrage durch die Beschwerdeführerin erfolgt. Der Antrag der Beschwerdeführerin erweise sich in diesem Umfang als unzulässig.

Weiters führte die belangte Behörde aus, dass ihre Tätigkeit bei Festlegung von Bedingungen für die Zusammenschaltung gegenüber den privatautonom geführten Verhandlungen der Zusammenschaltungspartner subsidiär sei. Primäres Ziel des § 41 TKG sei die Sicherstellung der Zusammenschaltung von Telekommunikationsnetzen, die noch nicht auf Grund gültiger Vereinbarungen miteinander verbunden seien. Bestünden zwischen den Betreibern von öffentlichen Telekommunikationsnetzen hingegen aufrechte Zusammenschaltungsvereinbarungen, so seien diese - schon im Sinne des Vorranges der Privatautonomie - nur in beschränktem Ausmaß bzw. zum Zwecke der Sicherstellung eines chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs (Eingriffsmöglichkeiten im Falle unzulässiger Diskriminierungen) einer Einflussnahme der Regulierungsbehörde zugänglich.

Im vorliegenden Fall habe die Mitbeteiligte mit der P, nunmehr die Beschwerdeführerin, am 27. März 1998 einen schriftlichen Zusammenschaltungsvertrag betreffend die Zusammenschaltung des Festnetzes der Beschwerdeführerin mit dem Mobilnetz der Mitbeteiligten abgeschlossen. Dieser Vertrag gliedere sich in einen Allgemeinen Teil und in einen Besonderen Teil. Der Allgemeine Teil des Zusammenschaltungsvertrages enthalte eine Öffnungsklausel für die Zeit ab dem 1. Jänner 1999, wonach die Vertragsparteien einander bis zum 30. September 1998 wechselseitig allfällige Änderungswünsche für die Zeit ab dem 1. Jänner 1999 mitzuteilen hätten (Punkt 8.1.1. des Allgemeinen Teils des Zusammenschaltungsvertrages vom 27. März 1998). Darüber hinaus enthalte der Zusammenschaltungsvertrag in Punkt 8.2.1. des "Allgemeinen Teiles" die Regelung, dass bei einer etwaigen Fortsetzung des Vertrages über den 31. Dezember 1998 hinaus, ohne dass der Mechanismus der Öffnungsklausel zur Anwendung gelange, der Vertrag auf unbestimmte Zeit laufe. Er könne dann in weiterer Folge von jeder Vertragspartei jeweils zum Ende eines Kalenderjahres unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist gekündigt werden.

Es sehe somit der Allgemeine Teil des Zusammenschaltungsvertrages vom 27. März 1998 die ausdrückliche Bestimmung vor, dass für die Zeit nach dem 1. Jänner 1999, wenn der Mechanismus des Punktes 8.1.1. des Allgemeinen Teils des Zusammenschaltungsvertrages nicht zur Anwendung gelange, die Zusammenschaltungsvereinbarung auf unbestimmte Zeit weiter gelten solle. Es werde somit deutlich, dass bei einer Laufzeit der Zusammenschaltungsvertrag über den 1. Jänner 1999 hinaus, die in Punkt 8.2.1. des Allgemeinen Teils des Zusammenschaltungsvertrages statuierte Kündigungsmöglichkeit bei sechsmonatiger Kündigungsfrist zum nachfolgenden Jahresende zum Tragen komme.

Tatsächlich seien zwischen der Beschwerdeführerin und der Mitbeteiligten auch nach dem 1. Jänner 1999 laufend Zusammenschaltungsleistungen erbracht worden. Es sei von Seiten der Beschwerdeführerin keine Kündigung des Vertrages erfolgt. Im Hinblick auf den klaren vertraglichen Wortlaut in Punkt 8.2.1. des "Allgemeinen Teils" der Zusammenschaltungsvereinbarung, wonach der Vertrag diesfalls auf unbestimmte Zeit gelten solle, könne daher keineswegs von einer Vertragslücke oder einem vertragslosen Zustand gesprochen werden. Die Nichtinanspruchnahme des in der Öffnungsklausel im Punkt 8.1.1. des "Allgemeinen Teils" des Zusammenschaltungsvertrages statuierten Mechanismus, sohin die nicht erfolgte Anrufung der Regulierungsbehörde bis zum 31. Dezember 1998, habe vielmehr dazu geführt, dass der Vertrag seit dem 1. Jänner 1999 auf unbestimmte Zeit, verbunden mit einer Kündigungsmöglichkeit, weiterlaufe. Es bestehe somit zwischen den Verfahrensparteien seit dem 1. Jänner 1999 eine aufrechte Zusammenschaltungsvereinbarung auf unbestimmte Zeit, die zum Ende eines Kalenderjahres unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist gekündigt werden könne.

Nach Auffassung der belangten Behörde könne Punkt 2 des "Besonderen Teiles", der vorsehe, dass die Vertragsparteien im Falle, dass sich die Entgelte für im Festnetz der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin entstehende Gespräche, die in Mobilnetzen anderer Mobilfunkbetreiber terminierten, änderten, rechtzeitig Verhandlungen auch für die Terminierungsentgelte und die Entgeltstruktur für Terminierung im Netzwerk der Mitbeteiligten aufnähmen, nicht dahin verstanden werden, dass damit den Vertragsparteien bei aufrechtem Vertragsverhältnis einseitig die Anrufung der Regulierungsbehörde eröffnet werde. Vielmehr müsste in einer Öffnungsklausel klar zum Ausdruck gebracht werden, dass die Parteien "auch ohne Kündigung des gesamten Zusammenschaltungsvertrages in angemessener Zeit nach Inkrafttreten des Vertrages Verhandlungen über eine Neufestlegung bestimmter Bedingungen ... verlangen und im Fall des Scheiterns dieser Verhandlungen die Regulierungsbehörde anrufen" könnten. Die Klausel in Punkt 2 des "Besonderen Teiles" des Zusammenschaltungsvertrages enthalte jedoch keine derartige Regelung, wonach im Sinne einer "echten Öffnungsklausel" die Regulierungsbehörde bei Scheitern der Verhandlungen angerufen werden könne. Hätten die Vertragsparteien jedoch keine Öffnungsklausel für das Tätigwerden der Regulierungsbehörde im vorliegenden Zusammenhang vereinbart, so bleibe ihnen tatsächlich bloß die Kündigung des Vertrages, um - im Falle der Nichteinigung über die Bedingungen der Fortführung bzw. des Neuabschlusses - nach Aufforderung zur Abgabe eines Anbotes und Ablauf einer sechswöchigen Verhandlungsfrist gegebenenfalls die Regulierungsbehörde anzurufen.

Man könne Punkt 2 des "Besonderen Teiles" auch nicht als Ergänzung zu Punkt 8.1.1. des "Allgemeinen Teils" des Vertrages ansehen, da in dem zuletzt genannten Punkt lediglich für den Fall, dass die Regulierungsbehörde bis zum 31. Dezember 1998 angerufen werde, die Vertragsparteien den Zusammenschaltungsvertrag vorläufig weiter anwendeten, sohin trotz aufrechter vertraglicher Vereinbarung die Regulierungsbehörde anrufen könnten. Der vorliegende Fall sei jedoch auf Grund des verstrichenen Zeitraumes nicht mehr unter den Anwendungsbereich dieses Punktes subsumierbar, weshalb die Regelung des Punktes 8.2.1. des "Allgemeinen Teils" des Zusammenschaltungsvertrages vom 27. März 1998 gelte.

Zwar weise die Beschwerdeführerin zu Recht darauf hin, dass die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung dem im § 1 TKG festgelegten Gesetzeszweck sowie den im § 32 TKG angeführten Regulierungszielen bestmöglich zu entsprechen habe, jedoch bestehe für die belangte Behörde lediglich eine beschränkte Möglichkeit, in bestehende Zusammenschaltungsvereinbarungen einzugreifen. So könne die Regulierungsbehörde vor allem um der den Marktbeherrscher treffenden Verpflichtung zur Kostenorientiertheit der von ihm angebotenen Zusammenschaltungsentgelte und dem allgemeinen Diskriminierungsverbot zum Durchbruch zu verhelfen, von Amts wegen auch in bestehende Zusammenschaltungsvereinbarungen eingreifen. Der Eingriff in einen aufrechten Vertrag sei jedoch von der Situation im Verfahren nach § 41 TKG zu unterscheiden, für das gerade die Nichteinigung der Parteien über die Zusammenschaltungsvereinbarung bzw. über wesentliche Bestandteile derselben Voraussetzung sei. Da zwischen den Verfahrensparteien ein aufrechter Zusammenschaltungsvertrag bestehe, sei der Antrag der Beschwerdeführerin mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 41 Abs. 2 TKG zurückzuweisen.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 41 Abs. 1 bis 3 Telekommunikationsgesetz, BGBl. I Nr. 100/1997 (TKG), sieht Folgendes vor:

"§ 41. (1) Jeder Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes ist verpflichtet, anderen Betreibern solcher Netze auf Nachfrage ein Angebot auf Zusammenschaltung abzugeben. Alle Beteiligten haben hiebei das Ziel anzustreben, die Kommunikation der Nutzer verschiedener öffentlicher Telekommunikationsnetze untereinander zu ermöglichen und zu verbessern.

(2) Kommt zwischen einem Betreiber eines Telekommunikationsnetzes, der Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit anbietet, und einem anderen Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes eine Vereinbarung über Zusammenschaltung binnen einer Frist von sechs Wochen ab dem Einlangen der Nachfrage nicht zustande, kann jeder der an der Zusammenschaltung Beteiligten die Regulierungsbehörde anrufen.

(3) Die Regulierungsbehörde hat nach Anhörung der Beteiligten innerhalb einer Frist von sechs Wochen, beginnend mit der Anrufung, über die Anordnung der Zusammenschaltung zu entscheiden. Die Regulierungsbehörde kann das Verfahren um längstens vier Wochen verlängern. Die Anordnung ersetzt eine zu treffende Vereinbarung. Die Regulierungsbehörde hat dabei die Richtlinien der Europäischen Gemeinschaften, die nach Art. 6 der Richtlinie 90/387/EWG des Rates vom 28. Juni 1990 zur Verwirklichung des Binnenmarktes für Telekommunikationsdienste durch Einführung eines offenen Netzzugangs (Open Network Provision - ONP) (Abl. Nr. L 192 vom 24.7.1990, S 1) vom Europäischen Parlament und vom Rat erlassen werden, zu beachten. Entsprechend der Richtlinie findet der Grundsatz der Kostenorientiertheit nur bei der Festlegung der Höhe der Entgelte von marktbeherrschenden Unternehmen Anwendung.

..."

In Punkt 8 des Allgemeinen Teils des angeführten Zusammenschaltungsvertrages ist betreffend die Vertragsdauer, Kündigung und Vertragsanpassung Folgendes geregelt:

"8.1. Erstmalige Vertragsdauer

8.1.1 Dieser Zusammenschaltungsvertrag tritt am Tag

nach Unterzeichnung in Kraft. Er ist keiner ordentlichen Kündigung zugänglich und endet am 31.12.1998, ohne dass es einer Aufkündigung bedürfte.

Bis zum 30.09.1998 werden einander die Vertragsparteien wechselseitig allfällige Änderungswünsche für den diesem erstmalig abgeschlossenen Zusammenschaltungsvertrag nachfolgenden Vertrag für die Zeit ab 01.01.1999 mitteilen und unverzüglich Verhandlungen darüber aufnehmen. Es steht jeder Vertragspartei frei, die Regulierungsbehörde betreffend die Anordnung einer Nachfolgeregelung für die Zeit ab 01.01.1999 anzurufen, wenn und soweit binnen 6 Wochen ab Einlangen eines mit Gründen versehenen Änderungswunsches keine Einigung erfolgt ist. Wird die Regulierungsbehörde spätestens bis zum 31.12.1998 angerufen, so wenden die Vertragsparteien den gegenständlichen, erstmalig zwischen den Vertragsparteien abgeschlossenen Zusammenschaltungsvertrag vorläufig weiter an, bis ein rechtskräftiger Spruch der Regulierungsbehörde vorliegt; eine solche Neuregelung tritt dann rückwirkend mit 01.01.1999 in Kraft.

8.1.2 Dieser und jeder nachfolgende Zusammenschaltungsvertrag endet jedoch, ohne dass es einer Kündigung bedarf, automatisch, wenn die Konzession einer Vertragspartei zur Erbringung von Telekommunikationsleistungen für die Öffentlichkeit erlischt.

8.2. Weitere Vertragsdauer; ordentliche und

außerordentliche Kündigung

8.2.1 Laufzeit der Nachfolgeregelung, ordentliche

Kündigung

Wird dieser Vertrag über den 31.12.1998 fortgesetzt,

ohne dass der Mechanismus des Punktes 8.1. zur Anwendung gekommen

wäre, so läuft dieser Vertrag auf unbestimmte Zeit. Er kann in der

Folge von jeder Vertragspartei jeweils zum Ende eines

Kalenderjahres unter Einhaltung einer sechsmonatigen

Kündigungsfrist mit eingeschriebenem Brief gekündigt werden.

Die Vertragsparteien haben keine Einigkeit darüber erzielt, ob, und wenn ja unter welchen Voraussetzungen die P, solange sie Marktbeherrscher ist, angesichts des Grundsatzes der Nicht-Diskriminierung von ihrem ordentlichen Kündigungsrecht Gebrauch machen darf.

8.2.2 Außerordentliche Kündigung

Jede Vertragspartei ist berechtigt, den Zusammenschaltungsvertrag mit Ablauf eines jeden Werktages unter Einhaltung einer sechstägigen Kündigungsfrist mit eingeschriebenem Brief zu kündigen, wenn:

8.2.2.1 ....."

Die Präambel des Besonderen Teiles lautet:

"Die P und C schalten im Sinne des geltenden Telekommunikationsgesetzes und der geltenden Zusammenschaltungsverordnung ihre öffentlichen Telekommunikationsnetze gemäß dem mit dem VAT multilateral festgelegten Allgemeinen Teil des Zusammenschaltungsvertrages und dem nachstehenden, bilateral vereinbarten Besonderen Teil zusammen. Allgemeiner und Besonderer Teil bilden gemeinsam den Zusammenschaltungsvertrag. Der Allgemeine Teil ist dem Besonderen Teil als Anlage ./A angeschlossen. Der Besondere Teil ergänzt die Regeln dieser allgemeinen Bestimmungen. Im Falle von Widersprüchen zwischen dem Allgemeinen und dem Besonderen Teil haben die Regelungen des Besonderen Teils Vorrang."

Punkt 2. des Besonderen Teiles (betreffend Terminierungsentgelt und Entgeltstruktur für Terminierung im Netzwerk der Mitbeteiligten) ordnet Folgendes an:

"Folgende Terminierungsentgelte und Entgeltstruktur für die Terminierung im Netzwerk der Mitbeteiligten werden für 1998 vereinbart:

Vom P-Festnetz, einschließlich internationalem Verkehr:

ATS 2,70 / Minute.

Das angegebene Entgelt versteht sich in ATS zuzüglich

gesetzlicher Umsatzsteuer.

Für den Fall, dass sich die Entgelte für im Festnetz der P

entstehende Gespräche, die in Mobilnetzen anderer

Mobilfunkbetreiber (M AG) terminieren (Gesprächstyp P 8), ändern,

vereinbaren die Vertragsparteien, rechtzeitig Verhandlungen auch

für Terminierungsentgelte und die Entgeltstruktur für Terminierung

im Netzwerk der C aufzunehmen."

Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass nach der Präambel zum Besonderen Teil des verfahrensgegenständlichen Zusammenschaltungsvertrages bei einander widersprechenden Vertragsbestimmungen (des Allgemeinen Teiles und des Besonderen Teiles) diejenigen des Besonderen Teiles Vorrang genießen sollten. Im Punkt 2. des Besonderen Teiles sei von den Vertragsparteien für den Fall, dass sich die Entgelte für im Festnetz der P AG (nunmehr die Beschwerdeführerin) entstehende Gespräche, die in Mobilnetzen anderer Mobilfunkbetreiber terminieren, änderten, vereinbart worden, rechtzeitig Verhandlungen auch für Terminierungsentgelte und die Entgeltstruktur für Terminierungen im Netzwerk der Mitbeteiligten aufzunehmen. Diese Klausel solle es den Vertragsparteien ermöglichen, eine Anpassung des Vertrages für den Fall vorzunehmen, dass sich die kommerziellen Konditionen für Mobilfunkterminierung im Markt geändert hätten. Könne eine Anpassung im Verhandlungswege nicht erzielt werden, müsse "natürlich" eine Anrufungsmöglichkeit der belangten Behörde eröffnet sein, andernfalls wäre diese Bestimmung des Vertrages bedeutungslos.

Die angeführte Klausel verpflichte zunächst beide Seiten im Hinblick auf eine diesbezügliche Vertragsänderung zur Verhandlungsführung. Ziel dieser Vertragsbestimmung sei eindeutig die neue Festlegung der Entgelte in Anpassung an die geänderte Markt-Tarifstruktur. Der Wille der Vertragsparteien könne nicht dahingehend interpretiert werden, dass im Falle eines Fehlschlags von Änderungsverhandlungen der vertragliche Status quo erhalten bleibe. Diese Vertragsklausel würde sich andernfalls als gänzlich untauglich erweisen. Die Vertragsparteien hätten dieser Bestimmung eine zentrale Bedeutung beigemessen.

Nach Auffassung der Beschwerdeführerin sei die im Punkt 2. enthaltene Öffnungsklausel dahingehend zu verstehen, dass bei Nichteinigung über die Terminierungsentgelte eine Anrufung der belangten Behörde mit dem Ziel einer Neufestlegung (auch) des gesamten Vertrages möglich sein solle. Jedenfalls aber müsse eine unverzügliche Anpassung der Terminierungsentgelte im Netz der Mitbeteiligten durch eine Entscheidung der Regulierungsbehörde möglich sein, wenn sich die Parteien im Verhandlungswege nicht einigen könnten. Daran änderten auch die im Allgemeinen Teil des Vertrages in Punkt 8. enthaltenen Bestimmungen über die Kündigung des Vertrages nichts. Diesen Kündigungsbestimmungen sollte durch die in der Präambel des Besonderen Teiles enthaltene Vorrangregel in Verbindung mit der in Punkt 2. vorgesehenen Öffnungsklausel (zur Anpassung und Weiterentwicklung) derogiert werden. Die von der belangten Behörde in dieser Hinsicht vorgenommene Auslegung sei somit nicht zutreffend.

Dieser Ansicht der Beschwerdeführerin kann nicht gefolgt werden. § 41 Abs. 2 TKG sieht die Anrufung der belangten Behörde dann vor, wenn zwischen den Betreibern von Telekommunikationsnetzen, die Telekommunikationsleistungen für die Öffentlichkeit anbieten, innerhalb von 6 Wochen nach dem Einlangen der Nachfrage keine Vereinbarung zustande kommt. Punkt 2. des Besonderen Teiles des verfahrensgegenständlichen Zusammenschaltungsvertrages bezieht sich allein darauf, dass für den Fall, dass sich die Entgelte für im Festnetz der Beschwerdeführerin entstehende Gespräche, die in Mobilnetzen anderer Mobilfunkbetreiber terminieren, änderten, die rechtzeitige Aufnahme von Verhandlungen auch für Terminierungsentgelte vereinbart wurde. Diese Bestimmung enthält keine Regelung über einen allfälligen Anrufungsmechanismus im Sinne des § 41 Abs. 2 TKG bzw. über die Kündigung oder die Vertragsdauer des vorliegenden Vertrages. Es kann daher nicht davon gesprochen werden, dass der angeführte Satz des Punktes 2. des Besonderen Teiles des Zusammenschaltungsvertrages mit dem Allgemeinen Teil (insbesondere dessen Punkt 8. betreffend Kündigung, Vertragsdauer und Anpassung des Vertrages) im Sinne der Präambel zum Besonderen Teil im Widerspruch stehe. Diese Regelung tritt nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes vielmehr - gleichfalls im Sinne der Präambel - ergänzend zu den Regelungen in Punkt 8. des Allgemeinen Teiles des vorliegenden Zusammenschaltungsvertrages. Für die Frage des Endes dieses Vertrages ist Punkt 8. des Allgemeinen Teiles maßgeblich, sofern sich die Vertragsparteien nicht einvernehmlich auf einen neuen, geänderten Vertrag einigen. Nach Punkt 8.2.1. läuft dieser Vertrag auf unbestimmte Zeit, wenn dieser Vertrag über den 31. Dezember 1998 fortgesetzt wird, ohne dass der Mechanismus des Punktes 8.1. zur Anwendung gekommen wäre. Es ist von der Beschwerdeführerin unbestritten, dass der in Punkt 8.1.1. vorgesehene Mechanismus nicht zur Anwendung gekommen ist. Weder die Beschwerdeführerin noch die Mitbeteiligte haben allfällige Änderungswünsche für den diesen erstmalig abgeschlossenen Zusammenschaltungsvertrag nachfolgenden Vertrag für die Zeit ab 1. Jänner 1999 bis zum 30. September 1998 mitgeteilt. Es kam daher auch nicht dazu, dass eine der Vertragsparteien die Regulierungsbehörde betreffend die Anordnung einer Nachfolgeregelung für die Zeit ab 1. Jänner 1999 im Sinne der Regelung des Punktes 8.1.1. angerufen hätte. Wenn der Vertrag aber über den 31. Dezember 1998 gilt, kann der Vertrag gemäß Punkt 8.2. einseitig nur auf Grund einer (ordentlichen oder außerordentlichen) Kündigung unter den näher angeführten weiteren Voraussetzungen beendet werden.

Es kann in diesem Zusammenhang auch auf die Entscheidungsgründe des angeführten Schiedsspruches vom 31. Juli 2000 (S 26f) verwiesen werden, wonach aus der Entstehungsgeschichte der Zusammenschaltungsvereinbarung abgeleitet werden kann, dass ab 1. Jänner 1999 keine Öffnungsklausel vorgesehen war. Bei einer Laufzeit über den Erstvertrag sollte die Kündigung bei sechsmonatiger Kündigungsfrist zum nächstfolgenden Jahresende genügend Zeit lassen, um im Falle der Nichteinigung über einen Änderungswunsch rechtzeitig eine Zusammenschaltungsanordnung durch die dann zweifelsfrei zuständige Regulierungsbehörde zu erwirken.

Eine Voraussetzung für eine behördliche Anordnung gemäß § 41 Abs. 3 TKG ist aber das Nichtvorliegen einer Zusammenschaltungsvereinbarung zwischen den in Frage kommenden Betreibern eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes (für den antragsgegenständlichen Zeitraum). Der verfahrensgegenständliche Antrag auf Zusammenschaltung wurde daher zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 26. Februar 2003

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