Normen
ARB1/80 Art6 Abs1;
AuslBG §1 Abs3;
AuslBG §4c Abs2 idF 1997/I/078;
AVG §13 Abs3;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §68 Abs1;
VwRallg;
ARB1/80 Art6 Abs1;
AuslBG §1 Abs3;
AuslBG §4c Abs2 idF 1997/I/078;
AVG §13 Abs3;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §68 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 29. Mai 1996 stellte der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsbürger, den an die Bezirkshauptmannschaft Zell am See gerichteten Antrag auf Feststellung, dass ihm gemäß Art. 7 und 9 des Beschlusses vom 19. September 1980, Nr. 1/80, des gemäß Art. 6 des Abkommens der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei eingerichteten Assoziationsrates (ARB Nr. 1/80) ein Aufenthaltsrecht zukomme.
Infolge Untätigkeit dieser Behörde begehrte der Beschwerdeführer am 2. Mai 1997 unter Berufung auf § 73 Abs. 2 AVG von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg, diese Behörde möge über seinen Antrag vom 29. Mai 1996 entscheiden. Mit Bescheid vom 18. Juni 1997 wies die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg den Feststellungsantrag des Beschwerdeführers gemäß "§ 56 Abs. 4" AVG als unzulässig zurück und begründete dies im Wesentlichen damit, dass türkische Staatsbürger, die unter den Anwendungsbereich des ARB Nr. 1/80 fielen, Anträge auf Erteilung eines gewöhnlichen Sichtvermerkes zu stellen hätten. Die Erlassung eines Feststellungsbescheides sei nicht zulässig, weil die strittige Rechtsfrage in einem anderen Verfahren zu klären sei.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 26. Mai 1999 gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen. Der angefochtene Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Berufungsausführungen, die Behörde hätte seinen Feststellungsantrag als Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerkes behandeln müssen, nicht zuträfen. Es bestehe ein Unterschied zwischen den beiden Verfahren über einen Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides einerseits und über einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung anderseits. Ersterer unterliege der Zuständigkeit des Arbeitsmarktservice, zweiterer jener der Fremdenbehörden. Über den vom Beschwerdeführer eingebrachten Antrag sei im Rahmen eines anderen Verfahrens von einer anderen Behörde abzusprechen. Die Behörde könne nicht von Amts wegen Anträge umdeuten; auch liege kein Anlass zur Aufforderung des Beschwerdeführers zur Behebung von Formgebrechen gemäß § 13 Abs. 3 AVG vor, und die Behörde sei angesichts des eindeutigen Antrages zu weiteren Erhebungen hinsichtlich dessen Inhaltes nicht verhalten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte unter Verzicht auf die Abfassung einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Beurteilung von Parteienanbringen grundsätzlich der Inhalt des Anbringens, das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes maßgebend. Die Anwendung dieses Grundsatzes setzt allerdings voraus, dass eine der Auslegung zugängliche Parteienerklärung vorliegt und dass der Wille der Partei aus ihrem Vorbringen mit Eindeutigkeit erschlossen werden kann. Hat ein Anbringen einen unklaren oder einen nicht genügend bestimmten Inhalt, so hat die Behörde den Gegenstand des Anbringens - auch eines anwaltlich vertretenen Antragstellers - von Amts wegen zu ermitteln (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 2001, Zl. 97/21/0144, m.w.N.).
Dazu bestand im vorliegenden Fall kein Anlass, weil hinsichtlich des Inhalts des in zweiter Instanz gestellten Antrags kein Zweifel vorlag; der Beschwerdeführer hatte unbestritten einen Antrag auf Feststellung eines Aufenthaltsrechts nach Art. 7 und 9 ARB Nr. 1/80 gestellt. Einen derartigen Antrag sah das Gesetz nicht vor. Zwar hatten bis zum Inkrafttreten des § 4c des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - AuslBG am 1. Jänner 1998 (vgl. § 34 Abs. 19 AuslBG) Familienangehörige eines türkischen Arbeitnehmers gemäß Art. 7 ARB Nr. 1/80, die die in dieser Bestimmung normierten Voraussetzungen erfüllten, das Recht auf Erlassung eines Feststellungsbescheides durch die Behörden des Arbeitsmarktservice, mit dem das Bestehen der nach dem ARB Nr. 1/80 bestehenden Berechtigung bestätigt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1996, Zl. 96/09/0088 = Slg. 14.483/A). Auch ist ein solcher Feststellungsbescheid hinsichtlich des unmittelbar auf der Berechtigung nach dem ARB Nr. 1/80 beruhenden Aufenthaltsrechts der berechtigten Person normativ verbindlich und hat die Wirkung, dass das unmittelbar im ARB Nr. 1/80 gründende Aufenthaltsrecht nicht verneint und der Aufenthalt nicht als unrechtmäßig qualifiziert werden durfte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Juni 1998, Zl. 97/18/0648).
Mit Inkrafttreten des § 4c AuslBG und der darin vorgesehenen Verpflichtung, für gemäß Art. 6, 7 und 9 des ARB Nr. 1/80 berechtigte Personen Beschäftigungsbewilligungen und Befreiungsscheine auszustellen, sowie mit Inkrafttreten des § 30 Abs. 3 des Fremdengesetzes 1997, wonach niedergelassene, sichtvermerkspflichtige Drittstaatsangehörige, die auf Grund u. a. eines unmittelbar anwendbaren Rechtsaktes der Europäischen Union ein Bleiberecht genießen, nach Maßgabe dieses Rechtsaktes Anspruch auf Erteilung eines weiteres Aufenthaltstitels haben, ist das zur Erlassung eines Feststellungsbescheides im Sinn des genannten Erkenntnisses Slg. 14.483/A maßgebliche Interesse und damit auch die diesbezügliche Zuständigkeit der Behörden des Arbeitsmarktservice aber weggefallen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 15. März 2000, Zl. 98/09/0054).
Selbst wenn man daher im Beschwerdefall davon ausginge, dass bis zum Inkrafttreten der § 4c AuslBG und § 30 Abs. 3 des Fremdengesetzes 1997 der Antrag des Beschwerdeführers vom 29. Mai 1996 als ein solcher auf Feststellung seiner Berechtigung nach dem ARB Nr. 1/80 im Sinn des hg. Erkenntnisses Slg. 14.483/A anzusehen gewesen wäre, und daher von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vor dem 1. Jänner 1998 im Hinblick darauf, dass eine unzuständige Behörde nicht einmal einen auf Zurückweisung lautenden Bescheid erlassen darf, sondern die Pflicht zur Weiterleitung gemäß § 6 AVG hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 4. November 1992, Zl. 92/01/0830), nicht zurückgewiesen werden durfte, wurde der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall nicht in seinen Rechten verletzt. Die belangte Behörde hatte nämlich als Berufungsbehörde das zum Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides geltende Recht anzuwenden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. September 1998, Zl. 98/20/0220, Slg. 14.982/A). Nach der nunmehrigen Rechtslage war die Erlassung eines vom Beschwerdeführer begehrten Feststellungsbescheides aber nicht mehr vorgesehen, weshalb der Beschwerdeführer durch die Zurückweisung seines darauf gerichteten Antrages nicht mehr in Rechten verletzt werden konnte.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501.
Wien, am 30. Jänner 2003
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)