Normen
VwGG §48 Abs1 Z2;
VwGG §48 Abs1 Z2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Schuld- und Pfandurkunde vom 28. März 1990 erfolgte hinsichtlich einer näher genannten Liegenschaft in der KG Hötting die Einräumung eines Pfandrechtes zu Gunsten der Beschwerdeführerin, einer deutschen Staatsangehörigen mit Wohnort in Deutschland. Dieses Pfandrecht wurde ohne grundverkehrsbehördliche Genehmigung im Grundbuch Innsbruck zu Gunsten der Beschwerdeführerin einverleibt. Die vorgenannte Liegenschaft stand im Alleineigentum der in der Zwischenzeit verstorbenen G. S. (vgl. Mitteilung der Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin an die belangte Behörde vom 20. Oktober 1998).
Mit Bescheid vom 13. Februar 1998 hat der Bürgermeister der Landeshauptstadt Innsbruck als Grundverkehrsbehörde erster Instanz gemäß § 33 Abs. 1 des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996 (kurz: GVG 1996), LGBL. Nr. 61/1996, ein Verfahren zur Prüfung der Frage, ob das mit Schuld- und Pfandurkunde vom 28. März 1990 grundbücherlich sichergestellte Pfandrecht zu Gunsten der Beschwerdeführerin der erforderlichen grundverkehrsbehördlichen Genehmigung entbehrt, eingeleitet.
Mit Beschluss des Bezirksgerichts Innsbruck vom 3. März 1998 wurde im Grundbuch bei der näher genannten EZ von amtswegen u.a. hinsichtlich dieses Pfandrechts die Anmerkung der Einleitung des Feststellungsverfahrens im Sinne des vorgenannten Bescheides angeordnet.
Mit Bescheid vom 30. April 1998 stellte der Bürgermeister der Landeshauptstadt Innsbruck als Grundverkehrsbehörde erster Instanz gemäß § 2 Abs. 3 lit. b in Verbindung mit den §§ 3 Abs. 1 und 2 Abs. 1 des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1983 (kurz: GVG 1983), LGBl. Nr. 69/1983, fest, dass für das mit Schuld- und Pfandurkunde vom 28. März 1990 grundbücherlich sichergestellte Pfandrecht zu Gunsten der Beschwerdeführerin eine grundverkehrsbehördlichen Zustimmung nicht erforderlich sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Landesgrundverkehrsreferent beim Amt der Tiroler Landesregierung Berufung. Nach Ansicht des Landesgrundverkehrsreferenten diene nämlich das gegenständliche Pfandrecht, wie aus der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides ersichtlich sei, einer Absicherung für den Hausbau auf der Liegenschaft der G. S. (Bauen auf fremden Grund) sowie auch der Absicherung eines Wohn- und Gebrauchsrechtes. Dabei sei völlig klar, dass eine Genehmigung für derartige Rechtserwerbe zum Zeitpunkt der Errichtung der Schuld- und Pfandurkunde nicht erteilt worden sei, weswegen der Weg einer Sicherstellung über einen sofort vollstreckbaren Notariatsakt gewählt worden sei.
Mit Bescheid vom 3. Februar 1999 stellte die belangte Behörde unter Bezugnahme auf § 2 Abs. 3 in Verbindung mit den §§ 16 Abs. 2 und 3 Abs. 1 GVG 1983 fest, dass für den Rechtserwerb entsprechend der Schuld- und Pfandurkunde vom 28. März 1990, abgeschlossen zwischen G. S. und der Beschwerdeführerin, eine Zustimmung der Grundverkehrsbehörde erforderlich war bzw. ist.
In der Begründung dieses Bescheides wird u.a. unter Bezugnahme auf § 40 Abs. 3 GVG 1996 ausgeführt, dass die in Rede stehende Schuld- und Pfandurkunde vor dem 1. Jänner 1994 abgeschlossen worden sei, weshalb materiellrechtlich die Vorschriften des GVG 1983 Anwendung zu finden hätten.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluss vom 7. Juni 1999, B 517/99-6, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Mit hg. Beschluss vom 28. Februar 2003 erging an die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz VwGG die Anfrage, aus welcher Vorschrift des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996 (in der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Stammfassung LGBl. Nr. 61/1996) sich die Zuständigkeit des Landesgrundverkehrsreferenten zur Erhebung einer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid (vom 13. Februar 1998) ergeben könnte.
In der zu dieser Anfrage erstatteten Äußerung vom 27. März 2003 vertritt die belangte Behörde die Auffassung, dass im gegenständlichen Fall nicht ohne Zweifel zu beurteilen gewesen sei, ob die Einräumung des Pfandrechtes zu Gunsten der Beschwerdeführerin aus den in § 3 Abs. 1 lit. h GVG 1983 angeführten Motiven erfolgt sei, oder ob die Pfandrechtsbegründung lediglich den Sinn einer Darlehensbesicherung gehabt habe. Im ersten Fall wäre eine grundverkehrbehördliche Genehmigung erforderlich gewesen, im zweiten Fall allerdings nicht. Es seien daher die in der Regierungsvorlage zum GVG 1996 angeführten Zweifel, ob ein Rechtserwerb an einem Grundstück in den Geltungsbereich dieses Gesetzes falle oder nicht, im konkreten Anlassfall durchaus vorhanden gewesen. Unter diesem Gesichtspunkt sei nach Ansicht der belangten Behörde die Rechtsgrundlage für das Berufungsrecht des Landesgrundverkehrsreferenten der § 24 Abs. 3 i. V.m. Abs. 5 GVG 1996.
Auch die beschwerdeführende Partei gab eine Äußerung vom 21. März 2003 ab, in welcher sie zu dem Schluss kommt, dass dem Landesgrundverkehrsreferenten im vorliegenden Fall kein Berufungsrecht zugekommen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Entgegen der von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift vertretenen Ansicht ist die vorliegende Beschwerde zulässig und die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichtshofs zur Behandlung derselben gegeben (vgl. näher das hg. Erkenntnis vom 30. September 1999, Zl. 99/02/0039).
Gemäß § 40 Abs. 3 GVG 1996 in der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Stammfassung LGBl. Nr. 61/1996 (= vor der erst am 31. Dezember 1999 in Kraft getretenen Novelle LGBl. Nr. 75/1999) ist auf Rechtsgeschäfte und Rechtsvorgänge, die vor dem 1. Jänner 1994 abgeschlossen wurden, in materiellrechtlicher Hinsicht weiterhin das Grundverkehrsgesetz 1983 anzuwenden. Hinsichtlich der Behörden und des Verfahrens gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes.
Unbestritten ist, dass im Beschwerdefall das zu beurteilende Pfandrecht (Urkunde vom 28. März 1990) vor dem 1. Jänner 1994 bestellt wurde, weshalb auf Grund der Bestimmung des § 40 Abs. 3 GVG 1996 in der zitierten Stammfassung hinsichtlich der Zuständigkeit des Landesgrundverkehrsreferenten die Bestimmungen des GVG 1996 heranzuziehen sind.
Für das Berufungsrecht des Landesgrundverkehrsreferenten ergibt sich jedoch aus nachfolgenden Gründen keine Rechtsgrundlage:
Nach § 24 Abs. 5 GVG 1996 sind Bescheide nach den Abs. 1 bis 4 (dieses Paragraphen) auch dem Landesgrundverkehrsreferenten zuzustellen, der dagegen Berufung erheben kann.
Aus der im Beschwerdefall näher zu berücksichtigenden Vorschrift des § 24 Abs. 3 GVG 1996 (für die Anwendung der Absätze 1, 2 und 4 ergibt sich sachverhaltsbezogen kein Anhaltspunkt) ist - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - ein Berufungsrecht des Landesgrundverkehrsreferenten nicht abzuleiten:
Diese Vorschrift lautet:
"Bestehen Zweifel darüber, ob ein Rechtserwerb an einem Grundstück in den Geltungsbereich nach § 1 dieses Gesetzes fällt, so hat bei Rechtserwerben an land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken der Vorsitzende der Bezirks-Grundverkehrskommission in deren Namen, in allen anderen Fällen die Grundverkehrsbehörde auf Antrag des Rechtserwerbers oder von Amts wegen mit Bescheid darüber zu entscheiden."
§ 1 GVG 1996 regelt den "Geltungsbereich" dieses Gesetzes, worunter gemäß § 1 Abs. 1 lit. b leg. cit. der Erwerb von Rechten an Baugrundstücken fällt.
Auf Grund des bereits zitierten § 40 Abs. 3 GVG 1996 ist im Beschwerdefall jedoch in materiellrechtlicher Hinsicht weiterhin das GVG 1983 anzuwenden. Die Frage hinsichtlich des "Geltungsbereiches" ist daher nach den Regelungen des GVG 1983 zu prüfen.
§ 1 GVG 1983 ist mit dem Begriff "Anwendungsbereich" überschrieben. Nach § 1 Abs. 1 Z. 2 lit. a GVG 1983 unterliegen den Bestimmungen dieses Gesetzes alle nicht unter die Z. 1 fallenden Grundstücke (= land- und forstwirtschaftliche Grundstücke), wenn der Rechtserwerb durch natürliche Personen, die nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, erfolgt.
Unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin deutsche Staatsangehörige ist, weshalb im Hinblick auf § 1 Abs. 1 Z. 2 lit. a GVG 1983 der gegenständliche Rechtserwerb durch Einräumung eines Pfandrechtes an einer näher genannten Liegenschaft in Tirol grundsätzlich dem "Anwendungsbereich" (Geltungsbereich) des GVG 1983 unterliegt.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in der zitierten Anfrage nach § 41 Abs. 1 VwGG dargelegt hat, ist das Berufungsrecht des Landesgrundverkehrsreferenten nach § 24 Abs. 3 GVG 1996 in Hinsicht auf dessen Regelungsgegenstand auslegungsbedürftig:
In der Regierungsvorlage zum GVG 1996 (Zl. L-165/96, S. 17) wird dazu ausgeführt:
"In den Abs. 3 und 4 wird eine ausdrückliche Zuständigkeit zur Entscheidung von Streitigkeiten über den Geltungsbereich des Grundverkehrsgesetzes neu geschaffen.
Es können im Einzelfall Zweifel daran bestehen, ob ein Rechtserwerb an einem Grundstück in den Geltungsbereich dieses Gesetzes fällt. Nach § 1 Abs. 1 unterliegt etwa der Erwerb von Ödland durch einen Inländer nicht diesem Gesetz. Sollte es zu Zweifelsfragen über den Geltungsbereich des Grundverkehrsgesetzes kommen, kann die Behörde diese mit Bescheid entscheiden. ..."
Im Beschwerdefall geht es aber nicht um "derartige Zweifel", zumal - wie bereits dargelegt - der gegenständliche Rechtserwerb nach § 1 Abs. 1 Z. 2 lit. a GVG 1983 dem "Anwendungsbereich" des GVG 1983 unterliegt. Davon ist jedoch - was die belangte Behörde in der zitierten Äußerung vom 27. März 2003 verkennt - die Frage zu unterscheiden, ob der Rechtserwerb nach dem GVG 1983 allenfalls auch zustimmungspflichtig war, zumal nur ein Teil der vom "Anwendungsbereich" des GVG 1983 erfassten Rechtsgeschäfte auch der Zustimmungspflicht unterlagen (vgl. etwa die Ausnahmen für das Erfordernis der Zustimmung nach § 3 Abs. 2 GVG 1983).
Da im Beschwerdefall keine Zweifel, ob das zu beurteilende Rechtsgeschäft in den Anwendungsbereich des GVG 1983 fällt, sondern allenfalls lediglich Zweifel daran bestanden, ob eine Genehmigungspflicht (= Zustimmungspflicht im Sinne des GVG 1983) der Grundverkehrsbehörde für dieses Rechtsgeschäft gegeben war, fehlte es aber an einer gesetzlichen Grundlage für eine Berufung durch den Landesgrundverkehrreferenten nach § 24 Abs. 5 GVG 1996, zumal eine solche Berufung nach dieser Bestimmung eben nur gegen Bescheide "nach den Abs. 1 bis 4" erhoben werden kann.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher - da diese Berufung als unzulässig zurückzuweisen gewesen wäre - als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Das Mehrbegehren der beschwerdeführenden Partei betreffend Schriftsatzaufwand für die erstattete Äußerung vom 21. März 2003 war abzuweisen, weil für eine Äußerung der beschwerdeführenden Partei auf Grund einer Anfrage des Verwaltungsgerichtshofs kein Kostenersatz gebührt, zumal § 48 Abs. 1 VwGG eine Erstattung des Schriftsatzaufwandes nur für die Einbringung der Beschwerde vorsieht (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, S. 686 angeführte hg. Judikatur). Ersatz von Umsatzsteuer neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand gebührt gleichfalls nicht.
Wien, am 29. April 2003
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)