VwGH 2002/21/0148

VwGH2002/21/014819.11.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, in der Beschwerdesache des MB in B, vertreten durch Dr. Sepp Holzmüller, Rechtsanwalt in 2700 Wr. Neustadt, Bahngasse 8, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 14. Juni 2002, Zl. Fr 4749/00, betreffend Ausweisung, den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung der Beschwerde wird abgewiesen.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, aus dem Bundesgebiet aus.

Dieser Bescheid wurde dem Vertreter des Beschwerdeführers am 28. Juni 2002 zugestellt. Die Beschwerde wurde am 16. August 2002, somit verspätet, zur Post gegeben. Nach Einräumung einer Stellungnahme zur Frage der Verspätung beantragte der Beschwerdeführer fristgerecht die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit folgender Begründung: Die Fristenvormerkung sei in der Kanzlei des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers so organisiert, dass täglich unmittelbar nach Postzustellung jedes Poststück von der mit der Postbearbeitung betrauten Sekretärin mit einem kanzleiinternen Eingangsstempel versehen und dann im Posteingangsbuch eingetragen werde. In weiterer Folge werde jedes Poststück auf Fristen untersucht und auf solchen, die eine Frist in Gang setzten, werde der letzte Tag der Frist vermerkt. Der Rechtsvertreter kontrolliere die Richtigkeit der Fristenberechnung in unregelmäßigen Abständen, dies unter Bedachtnahme auf den jeweiligen Arbeits- und Zeitdruck in der Kanzlei und das der Sekretärin entgegenbringbare Vertrauen. Der Ablauf der gegenständlichen Frist sei von der Sekretärin fälschlicherweise mit 16. August 2002 statt richtig mit 9. August 2002 vorgemerkt und nicht anlässlich einer Stichprobe überprüft worden. Diese Sekretärin sei seit einem Jahr mit der Postbearbeitung und Fristenvormerkung betraut gewesen und habe bislang alle Fristen fehlerfrei eingetragen. Ca. sechs Monate lang habe der Rechtsvertreter alle von ihr berechneten und journalisierten Fristen kontrolliert und nachdem während dieser Zeit kein einziger Fehler festgestellt habe werden können, habe er in weiterer Folge nur mehr in unregelmäßigen Abständen kontrolliert. Auch die in unregelmäßigen Abständen durchgeführten Kontrollen hätten nie einen Fehler erbracht, sodass solche auch in Zukunft aller Voraussicht nach auszuschließen und für den Rechtsvertreter kein Anlass gewesen seien, sein Kontrollsystem zu ändern.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist, wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Für die richtige Beachtung der Rechtsmittelfristen ist in einer Rechtsanwaltskanzlei stets der Rechtsanwalt verantwortlich, denn er selbst hat die Fristen zu setzen, ihre Vormerkung anzuordnen sowie die richtige Eintragung im Kalender im Rahmen der gebotenen Aufsichtspflicht zu überwachen, und zwar auch dann, wenn die Kanzleiangestellte überdurchschnittlich qualifiziert und deshalb mit der selbstständigen Besorgung bestimmter Kanzleiarbeiten, so auch der Führung des Fristenvormerks betraut worden ist und es bisher nicht zu Beanstandungen gekommen sein sollte (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. November 1997, Zl. 97/02/0375, sowie den hg. Beschluss vom 22. März 2002, Zlen. 2002/21/0016, 0037).

Demnach bedarf es eines wirksamen Kontrollsystems, um die Vorlage der einlangenden Poststücke gewährleisten bzw. eine durch Angestellte bereits erfolgte Fristeintragung in jedem Fall überprüfen zu können. Der Bestand eines derartigen Kontrollsystems wurde in keiner Weise behauptet.

Aus diesen Erwägungen musste dem vorliegenden Wiedereinsetzungsantrag der Erfolg versagt bleiben.

Mangels Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war die unbestritten nach Ablauf der Beschwerdefrist eingebrachte Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als verspätet zurückzuweisen.

Wien, am 19. November 2002

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