VwGH 2002/21/0038

VwGH2002/21/003822.3.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerden 1.) der Mr, geboren am 28. Mai 1953, 2.) des Ma, geboren am 25. April 1954, 3.) des L, geboren am 25. Jänner 1981, 4.) der Pe, geboren am 8. Oktober 1987, 5.) der Z, geboren am 5. Februar 1986, und

6.) des Pa, geboren am 23. August 1989, sämtliche vertreten durch Dr. Klaus Kocher, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Sackstraße 36, gegen die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 8. Jänner 2002, jeweils zur Zl. Fr 837/2000, betreffend Ausweisung und Zurückweisung der Anträge nach § 75 Abs. 1 FrG, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
EMRK Art8;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
EMRK Art8;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit den zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Beschwerdeführer, jugoslawische Staatsangehörige, gemäß den §§ 31 Abs. 1, 33 Abs. 1 und 37 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, aus dem Bundesgebiet aus. Weiters gab sie den Berufungen gegen die Zurückweisung der Anträge auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung gemäß den §§ 75, 57 Abs. 1 und Abs. 5 FrG nicht Folge.

Zur Begründung der Ausweisungsbescheide führte sie im Wesentlichen gleichlautend aus: Die Beschwerdeführer seien am 15. März 1999 illegal in das Bundesgebiet eingereist. Die am 16. März 1999 gestellten Asylanträge seien am 10. Juli 2000 in zweiter Instanz rechtskräftig negativ abgewiesen worden. Damit hätten die vorläufigen Aufenthaltsberechtigungen nach dem Asylgesetz geendet. Die Beschwerdeführer hielten sich seither unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, weil sie über keinerlei Bewilligung nach dem Asyl- oder Fremdengesetz verfügten. Bereits ein mehrmonatiger unrechtmäßiger Aufenthalt gefährde die öffentliche Ordnung in hohem Maß, die Ausweisung sei demnach zur Wahrung der öffentlichen Ordnung dringend geboten. In Österreich hielten sich die volljährigen Kinder bzw. Geschwister der Beschwerdeführer auf, von denen sie auch finanziell unterstützt werden könnten. Der deswegen mit der Ausweisung verbundene relevante Eingriff in das Familienleben werde dadurch relativiert, dass die in Österreich niedergelassenen Kinder bereits erwachsen seien und ein geregeltes Einkommen hätten. Eine Integration der Beschwerdeführer im Bundesgebiet könne weder in wirtschaftlicher noch in sozialer Hinsicht festgestellt werden. Ihren Lebensunterhalt bestritten sie aus Mitteln der Sozialhilfe. Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein sehr hoher Stellenwert zu. Die privaten Interessen der Beschwerdeführer an einem Verbleib in Österreich wögen nicht so schwer wie das dagegen stehende öffentliche Interesse an der Erlassung der Ausweisungen. Unter Berücksichtigung der Einreise unter Umgehung der Grenzkontrolle mit Hilfe eines Schleppers und des daran anschließenden unrechtmäßigen Aufenthalts - den Zeitraum der vorläufigen Aufenthaltsberechtigungen ausgenommen - könne nicht davon gesprochen werden, dass die Erstbehörde bei Erlassung der Ausweisung das ihr eingeräumte Ermessen nicht im Sinn des Gesetzes gehandhabt hätte.

Da die Entscheidung über die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung bereits in sachlichem Konnex mit der Abweisung der Asylanträge erfolgt sei, hätten die Anträge vom 5. Februar 2001 auf Feststellung der Unzulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung wegen des Vorliegens der negativen Prozessvoraussetzung der entschiedenen Sache keine Zuständigkeit der Fremdenbehörde im Sinn des § 57 Abs. 5 FrG begründen können.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diese Bescheide erhobenen und wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführer bekämpfen nach dem Inhalt der Beschwerden die angefochtenen Bescheide lediglich in Ansehung der darin verfügten Ausweisungen.

Die Beschwerden werfen der belangten Behörde weitwändig Verfahrensfehler in der Form vor, dass die belangte Behörde amtswegige Ermittlungen unterlassen und ihre Begründungspflicht verletzt hätte. Diese Ausführungen gehen ins Leere, weil einerseits den angefochtenen Bescheiden die getroffenen Feststellungen und die rechtliche Beurteilung schlüssig und nachvollziehbar zu entnehmen sind und zum anderen die Beschwerden nicht aufzeigen, welche weiteren Feststellungen die belangte Behörde hätte treffen müssen, die zu einem für die Beschwerdeführer günstigen Ergebnis hätten führen können. Die Beschwerdeführer werfen in diesem Zusammenhang konkret lediglich die Frage auf, "ob und inwieweit" die minderjährigen Beschwerdeführer die Schule besuchten und der deutschen Sprache mächtig seien sowie inwieweit die volljährigen Kinder auf Grund ihres Einkommens fähig seien, die Beschwerdeführer zu unterstützen, und "ob" zu den erwachsenen und hier niedergelassenen Kindern ein "Pflege- bzw. Obsorgeverhältnis" besteht.

Die belangte Behörde hat ohnedies berücksichtigt, dass mit der Ausweisung ein relevanter Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer verbunden ist. Ebenso zutreffend hat sie aber auch den hohen Stellenwert aufgezeigt, der den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) zukommt (vgl. für viele etwa das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 2000, Zl. 99/21/0137). Dieses öffentliche Interesse haben die Beschwerdeführer tatsächlich dadurch gravierend beeinträchtigt, dass sie unter Negierung der einreise- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften eingereist sind und lediglich auf der Grundlage letztlich unberechtigter Asylanträge vorläufige Aufenthaltsberechtigungen erlangt haben. Indem die Beschwerde darauf hinweist, dass der Familienbegriff einer aus dem Kosovo stammenden Familie ein nachhaltigerer als der einer österreichischen Familie sei und eine solche Familie stärkere Beziehungen unter den einzelnen Familienmitgliedern aufweise, wird gerade damit keine Integration in die österreichische Gesellschaft aufgezeigt. Die von der belangten Behörde vorgenommene Beurteilung der Zulässigkeit der Ausweisungen trotz des Eingriffs in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer - eine solche lässt sich entgegen den Beschwerdeausführungen eindeutig den angefochtenen Bescheiden entnehmen - kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden. Soweit die Beschwerde auf die Situation im Heimatland der Beschwerdeführer verweist, sind solche Umstände bei der Erlassung einer Ausweisung nicht von Relevanz.

Weiters erachten die Beschwerden den Ausschluss einer Interessenabwägung nach § 37 Abs. 2 FrG im Fall einer auf § 33 Abs. 1 FrG gestützten Ausweisung als verfassungswidrig. Dazu hat der Gerichtshof bereits zu den inhaltlich vergleichbaren Bestimmungen des Fremdengesetzes 1992 ausgesprochen, dass er sich nicht veranlasst sieht, ein Gesetzesprüfungsverfahren zu beantragen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 13. Juni 1996, Zl. 96/18/0102, und vom 27. Juni 1996, Zl. 96/18/0107).

Letztlich verweisen die Beschwerden darauf, dass ein Eingriff in das Familienleben aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nur dann als gerechtfertigt angesehen werden könnte, wenn schwere Straftaten, etwa Drogenhandel, verwirklicht worden seien. Dem ist zu entgegnen, dass nach ständiger hg. Rechtsprechung (vgl. aus jüngster Zeit etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 2002, Zl. 2001/18/0263) (bloße) Verstöße gegen fremdenrechtliche Bestimmungen einen mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben der Fremden rechtfertigen können. Ergänzend sei im Blick auf die im Inland niedergelassenen Familienmitglieder der Beschwerdeführer bemerkt, dass aus Art. 8 EMRK ein allgemeines Recht des Fremden auf Familienzusammenführung in einem bestimmten Staat bzw. eine allgemeine Verpflichtung des Staates, eine Familienzusammenführung auf seinem Gebiet zuzulassen, nicht abgeleitet werden kann (vgl. auch dazu das Erkenntnis Zl. 2001/18/0263).

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerden erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, waren die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nicht öffentlicher Sitzung ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 22. März 2002

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