VwGH AW 2002/18/0070

VwGHAW 2002/18/007028.5.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des M, geboren am 20. November 1981, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt, der gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 8. Februar 2002, Zl. Fr-5/1/02, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, erhobenen und zur hg. Zl. 2002/18/0087 protokollierten Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Normen

FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
FrG 1997 §38;
SGG §16;
SMG 1997 §27;
SMG 1997 §28;
SPG 1991 §82 Abs1;
StGB §83;
StGB §84;
VwGG §30 Abs2;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
FrG 1997 §38;
SGG §16;
SMG 1997 §27;
SMG 1997 §28;
SPG 1991 §82 Abs1;
StGB §83;
StGB §84;
VwGG §30 Abs2;

 

Spruch:

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

1.1. Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG ist einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

1.2. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) vom 8. Februar 2002 wurde gegen den Beschwerdeführer ein mit fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Die belangte Behörde stellte fest, dass der Beschwerdeführer zwar in Österreich geboren sei, aber als Kleinkind mit knapp eineinhalb Jahren nach Jugoslawien gebracht worden sei. Als Dreijähriger sei er im Jänner 1985 wieder nach Österreich gebracht worden und habe sich bis Juli 1988 hier aufgehalten. Dann sei der Beschwerdeführer wieder nach Jugoslawien zurückgekehrt und als Neunjähriger, am 3. Oktober 1990, endgültig nach Österreich zugezogen. Der Beschwerdeführer halte sich seit 4. Jänner 1991 rechtmäßig bei seinen Eltern in Österreich auf. Der Beschwerdeführer habe in Österreich die Schule besucht und eine Ausbildung als Koch und Kellner absolviert.

Noch als Strafunmündiger habe der Beschwerdeführer im Mai 1995 mehrmals in Umkleideräumen des Fußballklubs Mittersill aus dort abgelegten Kleidungsstücken Geld gestohlen. Mit Strafanzeige vom 28. November 1997 sei er als Jugendlicher wegen des Vergehens nach § 16 Suchtgiftgesetz angezeigt worden. Er sei unter anderem vom Landesgericht Salzburg am 10. August 2000 wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt worden, weil er am 18. Juli 1999 in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit zwei weiteren Tätern eine Person durch das Versetzen von Faustschlägen und Fußtritten gegen den Kopf und den Oberkörper vorsätzlich am Körper schwer verletzt habe (stumpfes Bauchtrauma mit einer kleinen Rissbildung im Bereich des linken Leberlappens mit einem entsprechenden Bluterguss des linken Leberlappens, Schädelprellung). Mit Anzeige vom 8. Mai 2001 sei der Beschwerdeführer vom Gendarmerieposten Bramberg wegen aggressiven Verhaltens, Anstandsverletzung und Lärmerregung angezeigt und nach § 35 VStG vorläufig festgenommen worden. Gemäß § 82 Abs. 1 SPG sei er zu einer Geldstrafe von S 3.000,-- rechtskräftig bestraft worden.

Im August 2001 habe der Beschwerdeführer beim Bramberger Dorffest einen 16-jährigen Jugendlichen, der ihn um eine Zigarette gebeten habe, in unbeschreiblich brutaler Weise grundlos zu Boden gestoßen, mit den Füßen gegen dessen Oberkörper getreten und mit den Fäusten auf den Kopf des 16-jährigen eingeschlagen. Schließlich habe der Beschwerdeführer den wehrlosen Burschen in einen Würgegriff und zwar mit einem speziellen Griff, der in der Kampfsportart Taekwondo gelehrt werde, genommen, und ihn so stark gegen einen lebenden Zaun gedrückt, dass er mit seinem Opfer durch den Zaun hindurch in das dahinterliegende Grundstück gefallen sei. Der Beschwerdeführer habe diesen Spezialgriff gezielt eingesetzt. Der 16-jährige Jugendliche sei dadurch schwer verletzt worden. Er habe einen Knick der Halsschlagader erlitten, wodurch sich ein Blutgerinsel gebildet habe, welches einen Hirninfakt und eine Lähmung der linken Körperhälfte zur Folge gehabt habe. Für den Jugendlichen seien bleibende Gehirnschäden zu befürchten. Das diesbezügliche Strafverfahren sei zur Zl. Ur ... beim Landesgericht Salzburg anhängig.

Mit Stellungsanzeige der Kriminallabteilung des Landesgendarmeriekommandos Salzburg vom 22. September 2001 sei der Beschwerdeführer wegen Verdachtes des Verbrechens nach dem § 28 SMG angezeigt, festgenommen und in die Justizanstalt Salzburg eingeliefert worden. Der Beschwerdeführer sei dringend verdächtig und teilweise auch geständig, im Zeitraum von Februar bis Juli 2001 größere Mengen Suchtmittel angekauft, verkauft, vermittelt und selbst konsumiert zu haben. Auf Grund der erdrückenden Beweislage könne davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer in dieser Zeit ca. 460 Stück Ecstasy, 1/4 g Speed und 154 bis 174 g Haschisch angekauft, ca. 223 Stück Ecstasy und 15 g Cannabis verkauft, ca. 2 g Kokain vermittelt und 350 bis 400 Stück Ecstasy, ca. 22 g Haschisch und 1/4 g Speed selbst konsumiert habe und durch die fortlaufenden Einnahmen seinen Lebensunterhalt habe aufbessern wollen.

Die belangte Behörde begründete den Ausspruch des befristeten Aufenthaltsverbotes im Wesentlichen damit, dass dieses dringend geboten sei und dessen Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie in Anbetracht der besonderen Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung (§ 37 Abs. 1 und 2 FrG).

Dem Aufenthaltsverbot stehe auch § 38 FrG nicht entgegen, weil der Beschwerdeführer nicht von klein auf im Inland aufgewachsen sei und das der Verurteilung vom 10. August 2000 zu Grunde liegende Fehlverhalten bereits am 18. Juli 1999 gesetzt habe. Die Verhängung des Aufenthaltsverbotes sei gegen den vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet auf Dauer niedergelassenen Beschwerdeführer zulässig, weil er von einem inländischen Gericht wegen Begehung einer strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt worden sei und sein weiterer Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährden würde.

1.3. Der Beschwerdeführer hat seinen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht näher begründet. Die belangte Behörde hat in ihrer Stellungnahme zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ausgeführt, bei ihm handle es sich um eine Persönlichkeit, welcher neben einer beachtlichen kriminellen Energie vor allem eine außergewöhnliche Gewaltbereitschaft und Brutalität anhafte. Er sei mit unbeschreiblicher Brutalität vorgegangen, welche im zweiten Fall - August 2001 - sogar einen bleibenden Gehirnschaden seines Opfers befürchten lasse bzw. dieser sehr wahrscheinlich sei. Hinzu komme schließlich noch der dringende Verdacht des Verbrechens gemäß §§ 27 und 28 SMG und dessen selbst eingestandener Suchtgiftkonsum. Er stelle eine enorme Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar und müsse angesichts seines Gesamtfehlverhaltens bzw. seines Charakters als "tickende Bombe" bezeichnet werden. Der sofortige Vollzug der aufenthaltsbeendenden Maßnahme stehe im zwingenden öffentlichen Interesse und sei dringend geboten.

2. Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG kann die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt werden, wenn dem zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen. Darunter sind besonders qualifizierte öffentliche Interessen zu verstehen, die den sofortigen Vollzug des angefochtenen Bescheides zwingend gebieten. Dies ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere dann der Fall, wenn mit dem Aufschub eine Gefahr für die Gesundheit oder das Leben von Menschen verbunden wäre. Stehen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwingende öffentliche Interessen entgegen, so ist eine Abwägung mit den übrigen Interessen nicht mehr vorzunehmen (Puck, Die aufschiebende Wirkung bei Beschwerden vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts, ZfV 1982, 465; Thiele,

Die aufschiebende Wirkung im verfassungs- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren, ZfV 1998, 766f).

Nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides ist von der Möglichkeit auszugehen, dass der (selbst drogenabhängige) Beschwerdeführer (wiederum) Handlungen setzt, die die Gesundheit oder das Leben von Menschen in hohem Maße gefährden. Der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung stehen daher im vorliegenden Fall zwingende öffentliche Interessen entgegen. Unter dieser Voraussetzung können im Provisorialverfahren die für den Beschwerdeführer mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides allenfalls verbundenen Nachteile nicht berücksichtigt werden.

Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war daher gemäß § 30 Abs. 2 VwGG abzuweisen.

Wien, am 28. Mai 2002

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