Normen
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
BAO §115 Abs1;
BAO §115 Abs2;
BAO §245 Abs1;
BAO §278;
BAO §289 Abs1;
B-VG Art119a Abs5;
GdO Allg Krnt 1998 §95 Abs1;
LAO Krnt 1991 §193 Abs1;
LAO Krnt 1991 §210;
LAO Krnt 1991 §215 Abs1;
LAO Krnt 1991 §91 Abs1;
LAO Krnt 1991 §91 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
BAO §115 Abs1;
BAO §115 Abs2;
BAO §245 Abs1;
BAO §278;
BAO §289 Abs1;
B-VG Art119a Abs5;
GdO Allg Krnt 1998 §95 Abs1;
LAO Krnt 1991 §193 Abs1;
LAO Krnt 1991 §210;
LAO Krnt 1991 §215 Abs1;
LAO Krnt 1991 §91 Abs1;
LAO Krnt 1991 §91 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2;
Spruch:
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Kärnten hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 2.176,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 23. Jänner 2002 wurde spruchgemäß die von der Beschwerdeführerin "gegen die Berufungsvorentscheidung des Bürgermeisters vom 24. September 2001 eingebrachte Berufung" als unbegründet abgewiesen. Mit dem erwähnten Abgabenbescheid des Bürgermeisters sei eine Kanalgebühr (Bereitstellungsgebühr) vorgeschrieben worden, wogegen die Beschwerdeführerin Berufung erhoben habe.
1.2. Mit dem (weiteren) Bescheid vom 23. Jänner 2002 wies der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde die Berufung der Beschwerdeführerin "gegen die Berufungsvorentscheidung des Bürgermeisters der Marktgemeinde Obervellach vom 24. September 2001 bezüglich der Aussetzung der Zahlung der Kanalanschlussbeiträge bzw. Stundung der Restbeträge der Kanalbereitstellungsgebühr" als unbegründet ab.
1.3. Gegen beide Bescheide des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde erhob die Beschwerdeführerin jeweils Vorstellung, datiert mit 14. Februar 2002 bzw. 12. Februar 2002. In beiden Schriftsätzen findet sich unter anderem der Vermerk im Zusammenhang mit den jeweils bekämpften Bescheiden "Postempfang am 01. Feber 2002".
1.4. Die belangte Behörde forderte in der Folge die mitbeteiligte Marktgemeinde jeweils mit Schreiben vom 3. Juni 2002 unter anderem auf anzugeben, wann der Beschwerdeführerin der bekämpfte Bescheid zugestellt worden sei.
1.5. Mit den beiden vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheiden vom 7. Juni 2002 wurde jeweils die Vorstellung der Beschwerdeführerin als verspätet zurückgewiesen. Die belangte Behörde ging dabei übereinstimmend davon aus, dass nach dem jeweils im Verwaltungsakt beiliegenden Zustellnachweis die Zustellung der verfahrensgegenständlichen Entscheidung des Gemeindevorstandes am 25. Jänner 2002 durch Hinterlegung des Schriftstückes erfolgt sei. Die Abholfrist und damit auch die zwei Wochen betragende Frist zur Einbringung der Vorstellung habe damit am 25. Jänner 2002 zu laufen begonnen, weshalb die am 14. Februar 2002 bzw. am 12. Februar 2002 eingebrachten Vorstellungen verspätet seien.
1.6. Die Beschwerdeführerin bekämpft beide Bescheide der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften; sie erachtet sich in ihrem Recht auf inhaltliche Behandlung ihrer Vorstellungen verletzt.
1.7. Die belangte Behörde hat jeweils die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und je eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerdeverfahren wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges verbunden und in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
2.1. Nach § 78 der Kärntner Landesabgabenordnung 1991, LGBl. Nr. 128, sind Zustellungen, soweit in diesem Gesetz nicht anderes bestimmt ist, nach dem Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, vorzunehmen.
Nach § 17 Abs. 1 ZustellG ist das Schriftstück im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in der selben Gemeinde befindet, zu hinterlegen, wenn die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.
Gemäß § 95 Abs. 1 der Kärntner Allgemeinen Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 66/1998, kann, wer durch einen Bescheid eines Gemeindeorganes in einer Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches aus dem Bereich der Landesvollziehung in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides dagegen Vorstellung an die Landesregierung erheben.
2.2. Vor Zurückweisung einer Berufung als verspätet hat die Behörde entweder von Amts wegen zu prüfen, ob ein Zustellmangel unterlaufen ist, wenn Umstände auf einen solchen hinweisen, oder dem Berufungswerber die offenbare Verspätung seines Rechtsmittels vorzuhalten. Unterlässt sie dies, so kann der Berufungswerber ohne Verstoß gegen das Neuerungsverbot den Zustellmangel nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in der Beschwerde an diesen dartun. Geht die Behörde von der Versäumung der Rechtsmittelfrist aus, ohne dies dem Rechtsmittelwerber vorgehalten zu haben, so hat sie das Risiko einer Bescheidaufhebung zu tragen (vgl. zu all dem das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1999, Zl. 97/19/0938, mwN). Diese Grundsätze gelten auch für das Vorstellungsverfahren.
Die belangte Behörde hat der Beschwerdeführerin die offenbare Verspätung ihres Rechtsbehelfs nicht vorgehalten. Das in der Beschwerde jeweils erstattete Vorbringen zu den Umständen der Zustellung unterliegt daher nicht dem sonst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot. Die Beschwerdeführerin macht nunmehr geltend, sie habe sich von Montag, den 21. Jänner 2001 (richtig wohl: 2002) bis Freitag, den 1. Februar 2002 nicht an der Abgabestelle aufgehalten. Sie sei daher im Sinne der Bestimmungen des Zustellgesetzes vorübergehend ortsabwesend gewesen, zumal sie sich im genannten Zeitraum in der Bundesrepublik Deutschland befunden habe, wo sie sich unter anderem auch ärztlichen Behandlungen unterzogen habe. Ihren Aufenthalt bei der näher genannten Familie an einer näher angeführten Anschrift könne sie "jederzeit nachweisen". Die Beschwerdeführerin sei am 1. Februar 2002 an die Abgabestelle zurückgekehrt und habe die Sendung am selben Tag behoben.
Mit diesem Vorbringen - sein Zutreffen vorausgesetzt - gelingt es der Beschwerdeführerin, die Rechtswidrigkeit der vorliegenden Bescheide darzutun. Die Abwesenheit des Empfängers von der Abgabestelle in der hier angeführten Zeit erfüllte das Tatbestandselement des regelmäßigen Aufenthaltes nicht und machte daher die Ersatzzustellung unwirksam. Nach dem Vorbringen der Bescheidadressatin betreffend ihre Rückkehr hätte erst mit diesem Zeitpunkt die Zustellung des Bescheides als bewirkt gegolten; die am 15. Februar 2002 bzw. am 13. Februar 2002 bei der mitbeteiligten Marktgemeinde eingelangten Vorstellungen der Beschwerdeführerin (ein Datum der Postaufgabe ist nicht ersichtlich) wären diesfalls als rechtzeitig erhoben anzusehen gewesen.
2.3. Der belangten Behörde ist somit ein Verfahrensfehler unterlaufen, bei dem im Hinblick auf die Darlegungen in der Beschwerde nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Behörde bei Vermeidung des Verfahrensfehlers zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Die angefochtenen Bescheide waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben.
2.4. Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
2.5. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Wien, am 20. November 2002
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)