VwGH 2002/15/0147

VwGH2002/15/014712.9.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der Ing. B GmbH in S, vertreten durch Mader, Fellmann & Co Treuhand GmbH, Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, 1070 Wien, Seidengasse 45, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 19. Juni 2002, RV/134-06/2002, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum 1999 bis 2001, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §22 Z2;
FamLAG 1967 §41 Abs1;
FamLAG 1967 §41 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs3;
EStG 1988 §22 Z2;
FamLAG 1967 §41 Abs1;
FamLAG 1967 §41 Abs2;
FamLAG 1967 §41 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Ing. BW hält einen Geschäftsanteil im Ausmaß von 90% des Stammkapitals der beschwerdeführenden GmbH und ist ihr Geschäftsführer.

Im Zeitraum 1999 bis 2001 erhielt der Gesellschafter-Geschäftsführer Geschäftsführerentlohnungen in folgender Höhe:

1999: 500.000 S, 2000: 579.000 S, 2001: 600.000 S. Er war auf der Grundlage von - jährlich abgeschlossenen - als Werkvertrag bezeichneten Vertragsverhältnissen tätig. In § 3 Abs 1 lit c dieser Verträge ist festgehalten, dass sich der Entgeltsanspruch des Geschäftsführers für das jeweilige Geschäftsjahr in dem Ausmaß mindere, in dem bei der Beschwerdeführerin durch den Abzug des Geschäftsführungsaufwandes ein negatives Ergebnis der Geschäftstätigkeit entstehe oder anwachse.

Im Zuge einer für den Zeitraum Jänner 1999 bis Dezember 2001 durchgeführten Lohnsteuerprüfung wurden der Beschwerdeführerin für die Bezüge des Geschäftsführers Dienstgeberbeitrag nach § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (im Folgenden kurz: FLAG) und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag vorgeschrieben.

Die gegen diese Vorschreibung erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Begründend wird ausgeführt, der Gesellschafter-Geschäftsführer erbringt der Beschwerdeführerin seine Leistungen kontinuierlich. Die Leistungen beträfen den zentralen Bereich der Unternehmensführung. Aus dieser Tätigkeit ergebe sich die Eingliederung des Gesellschafter-Geschäftsführers in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin. Für die Frage des Unternehmerwagnisses komme es auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Im Vordergrund stehe, ob den Gesellschafter-Geschäftsführer tatsächlich das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen treffe. Der Gesellschafter-Geschäftsführer habe im Jahr 1999 drei Mal 40.000 S, acht Mal 42.000 S und ein Mal 44.000 S erhalten. Im Jahr 2000 habe er zwölf Mal 42.000 S und ein Mal 75.000 S, im Jahr 2001 zwölf Mal 50.000 S erhalten. Das Vorbringen, aufgrund des § 3 Abs 1 lit c des Werkvertrages verliere der Gesellschafter-Geschäftsführer gegebenenfalls den Vergütungsanspruch, widerspreche sohin den tatsächlichen Verhältnissen. Auch ein Risiko von ins Gewicht fallenden Schwankungen der Ausgaben des Gesellschafter-Geschäftsführers sei nicht dargetan worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 41 Abs. 2 FLAG sind Dienstnehmer alle Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988.

Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG ist der Beitrag des Dienstgebers von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Abs. 1 genannten Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht (Beitragsgrundlage). Arbeitslöhne sind Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988.

Die gesetzliche Grundlage für die Erhebung eines Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag bildet § 57 Abs. 7 und 8 Handelskammergesetz bzw. - ab 1999 - § 122 Abs. 7 und 8 Wirtschaftskammergesetz 1998.

Im Erkenntnis vom 1. März 2001, G 109/00, hat der Verfassungsgerichtshof den Antrag des Verwaltungsgerichtshofes auf Aufhebung bestimmter, auch im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen, insbesondere des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988, abgewiesen. Er hat dazu u.a. ausgeführt, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis seien, im Fall der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit eines Gesellschafter-Geschäftsführers ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung zur Bestimmung des durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichneten Typusbegriffes des steuerlichen Dienstverhältnisses verlieren, gehören vor allem folgende: fixe Arbeitszeit, fixer Arbeitsort, arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit, Anwendbarkeit typischer arbeitsrechtlicher Vorschriften wie Abfertigungs- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 23. April 2001, 2001/14/0052, 2001/14/0054, und vom 10. Mai 2001, 2001/15/0061, jeweils mwN).

Insgesamt stellt somit das in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 für wesentlich beteiligte Gesellschafter normierte Vorliegen der sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses - abgesehen vom hinzuzudenkenden Merkmal der Weisungsgebundenheit - vor allem auf die Kriterien der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft und das Fehlen des Unternehmerwagnisses ab. Von Bedeutung ist noch das Merkmal der laufenden (wenn auch nicht notwendig monatlichen) Entlohnung. Eine laufende Entlohnung liegt auch dann vor, wenn der Jahresbezug nicht in monatlich gleich bleibenden Monatsbeträgen ausbezahlt wird.

Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für die Eingliederung (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis vom 23. April 2001, 2001/14/0054).

Unternehmerwagnis liegt vor, wenn der Erfolg der Tätigkeit des Steuerpflichtigen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der persönlichen Geschicklichkeit sowie von den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängt und der Steuerpflichtige für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen muss. Dabei kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an: Im Vordergrund dieses Merkmales steht, ob den Steuerpflichtigen tatsächlich das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen trifft.

Vor dem Hintergrund dieser in der Rechtsprechung sowohl des Verfassungs- als auch des Verwaltungsgerichtshofes herausgearbeiteten Beurteilung in Bezug auf die Erfüllung der Voraussetzungen des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988, die unter Hinweis auf § 43 Abs. 2 Satz 2 VwGG auch dem gegenständlichen Beschwerdefall zu Grunde zu legen ist, kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, dass die belangte Behörde im Beschwerdefall die Betätigung des Geschäftsführers zu Unrecht als solche iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 qualifiziert und daraus die Rechtsfolgen hinsichtlich Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag gezogen hat. Die für die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin wesentliche kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung ist im Beschwerdefall unbestritten gegeben. Ebenso unbestritten ist die kontinuierliche Entlohnung des Geschäftsführers. Wenn die belangte Behörde im Hinblick darauf, dass der Geschäftsführer im wesentlichen gleich bleibende Bezüge erhalten hat (leicht ansteigende Monatsbezüge, geringfügig ansteigende Jahresentlohnungen), ein ins Gewicht fallendes einnahmenseitiges Unternehmerrisiko ausgeschlossen hat, kann dies nicht als rechtswidrig erkannt werden. Daran vermag nichts zu ändern, dass - dem jährlich abgeschlossenen Vertrag zufolge - dem Geschäftsführer im Falle der Erfolglosigkeit der Gesellschaft kein Bezug gebühren würde, zumal nicht erkennbar ist, dass der Eintritt einer derartigen Situation ernstlich gedroht hätte. Mit dem Vorbringen "Für den Fall einer Verlustbilanzierung für 2001 vermindert sich der Vergütungsanspruch des Geschäftsführers" wird nicht dargetan, dass ein derartiges Risiko tatsächlich bestanden habe. Verwiesen sei auch darauf, dass in der Beschwerde nicht aufgezeigt wird, in welcher Höhe der Geschäftsführer tatsächlich Ausgaben habe tragen müssen. Es wird auch nicht behauptet, dass das Risiko ins Gewicht fallender Schwankungen auf der Ausgabenseite bestanden habe.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 12. September 2002

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