VwGH 2002/10/0107

VwGH2002/10/010716.12.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerde des Ing. R in Neusiedl am See, vertreten durch Dr. Michaela Iro, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Invalidenstraße 13/1/15, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 22. April 2002, Zl. 5-N-B1181/70-2002, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

NatSchG Bgld 1990 §50 Abs2 idF 1994/001;
NotwegeG 1896 §1;
NatSchG Bgld 1990 §50 Abs2 idF 1994/001;
NotwegeG 1896 §1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 6. März 2002 beantragte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde die (nachträgliche) Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung für die Errichtung eines Steges auf den Grundstücken Nr. 5757/151 und 5757/137 der KG N. Das gegenständliche Vorhaben liege im Natur- und Landschaftsschutzgebiet Neusiedler See, wobei das (See-)Grundstück Nr. 5757/137 im Eigentum des Beschwerdeführers stehe und im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan als "Bauland - Erholung und Fremdenverkehr" ausgewiesen sei. Das (angrenzende) Grundstück Nr. 5757/151 sei im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan als "Verkehrsfläche" ausgewiesen und stünde im gemeinschaftlichen Eigentum. Der 4 m lange und 0,85 m breite Steg solle dazu dienen, eine Verbindung zwischen der auf dem (See-)Grundstück des Beschwerdeführers errichteten Bootsanlege-/Badesteganlage und der Straße herzustellen. Der Beschwerdeführer sei der Auffassung, dass eine naturschutzbehördliche Bewilligung nicht erforderlich sei, der Antrag werde daher bloß "vorsichtshalber" gestellt.

Die belangte Behörde forderte daraufhin den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 18. März 2002 auf, im Sinne des § 50 Abs. 2 des Burgenländischen Naturschutz- und Landschaftpflegegesetzes - NG 1990, LGBl. Nr. 27/1991 (in weiterer Folge: Bgld NatSchG), eine Zustimmungserklärung der Eigentümer des Grundstückes Nr. 5757/151 zu der beantragten Maßnahme vorzulegen, widrigenfalls sein Ansuchen gemäß § 13 Abs. 3 AVG nicht berücksichtigt werden könne. Ergänzend wurde darauf hingewiesen, dass die verfahrensgegenständliche Steganlage auf Grund des Bescheides der belangten Behörde vom 7. Jänner 2002 zu entfernen sei.

In einer Stellungnahme vom 8. April 2002 brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, nach § 50 Abs. 2 Bgld NatSchG sei die Zustimmung der Eigentümer dann nicht erforderlich, wenn auf Grund anderer gesetzlicher Regelungen eine Einräumung von Zwangsrechten möglich sei. Eine solche Einräumung von Zwangsrechten sei nach dem von ihm eingeholten Rechtsgutachten des Rechtsanwaltes Dr. Richard W. nach dem Notwegegesetz (NWG) möglich. Bezüglich des erwähnten Wiederherstellungsbescheides vom 7. Jänner 2001 verweise er auf den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 20. März 2002, mit dem seinem Antrag, seiner Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, Folge gegeben worden sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 22. April 2002 wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers um nachträgliche Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung zur Errichtung eines Steges auf den Grundstücken Nr. 5757/151 und 5757/137 der KG N. zurückgewiesen.

In der Begründung des Bescheides wurde nach Wiedergabe der Rechtslage und des bisherigen Verfahrensgeschehens darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer in der ihm eingeräumten Frist die Zustimmungserklärung der Grundeigentümer nicht beigebracht habe. Zu seinen Einwendungen, im gegenständlichen Fall finde § 1 NWG Anwendung, werde festgehalten, dass ein bewilligungspflichtiger Tatbestand Voraussetzung dafür sei, um für die beantragte Maßnahme eine Enteignung erwirken zu können. Das Notwegegesetz sehe vor, dass die Einräumung eines Notweges über fremde Liegenschaften begehrt werden könne. Nach § 2 NWG sei dies unzulässig, wenn der Vorteil des Notweges nicht die Nachteile überwiege. Gegenstand des naturschutzbehördlichen Verfahrens sei die Errichtung einer Anlage, nämlich eines Steges, wobei das Naturschutzgesetz vorsehe, dass bei bewilligungspflichtigen Vorhaben die Zustimmung des Grundeigentümers nachzuweisen sei. Die Einräumung eines Zwangsrechtes oder die Enteignung für die beantragte Steganlage sei durch das Notwegegesetz aber nicht möglich. Mangels Zustimmungserklärung der Eigentümer (Miteigentümer) sei das Ansuchen daher zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Beschwerdeführer hat dazu eine Replik erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer Eigentümer des (See-)Grundstückes Nr. 5757/137 ist. Er und eine Reihe weiterer Personen sind Miteigentümer des unmittelbar angrenzenden Grundstückes Nr. 5757/151; dieses ist als "Verkehrsfläche" ausgewiesen. Die Steganlage soll dazu dienen, eine Verbindung mit dem Grundstück des Beschwerdeführers und dem im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Grundstück Nr. 5757/151 herzustellen.

Das bereits durchgeführte Vorhaben liegt in einem Gebiet, das mit Verordnung der Burgenländischen Landesregierung vom 16. Juli 1980 zum Natur- und Landschaftsschutzgebiet erklärt worden ist (Natur- und Landschaftsschutzverordnung Neusiedlersee), LGBl. Nr. 22 (NatLSchV Neusiedlersee 1980, in der Folge: NatLSchV). Diese Verordnung gilt gemäß § 81 Abs. 2 Bgld NatSchG idF der Novelle LGBl. Nr. 66/1996 mit den sich aus Abs. 3 bis 6 ergebenden Änderungen als landesgesetzliche Regelung weiter, sofern in diesem Gesetz nicht gesonderte Regelungen getroffen worden sind oder diese Verordnung nicht den Bestimmungen dieses Gesetzes widerspricht.

Die belangte Behörde ist von einer Bewilligungspflicht der Steganlage ausgegangen. Diese Auffassung erweist sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als zutreffend (vgl. dazu das den Beschwerdeführer betreffende Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2002/10/0048, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).

Gemäß § 50 Abs. 1 Bgld NatSchG ist die Erteilung von Bewilligungen schriftlich zu beantragen.

Nach § 50 Abs. 2 Bgld NatSchG idF der Novelle LGBl. Nr. 1/1994 sind in einem Antrag Art, Lage, Umfang und Verwendung des Vorhabens anzugeben. Das Eigentum am betroffenen Grundstück ist glaubhaft zu machen. Ist der Antragsteller nicht Grundeigentümer, ist die Zustimmung des Eigentümers zur beantragten Maßnahme schriftlich nachzuweisen, es sei denn, dass auf Grund anderer gesetzlicher Regelungen für die beantragte Maßnahme eine Enteignung oder eine Einräumung von Zwangsrechten möglich ist.

Das Erfordernis des Nachweises der Zustimmung des Grundeigentümers dient dem verwaltungsökonomischen Ziel, landschaftsschutzrechtliche Bewilligungsverfahren nur in den Fällen durchzuführen, in denen sichergestellt erscheint, dass das geplante Vorhaben nicht allein schon wegen der fehlenden Zustimmung des Grundeigentümers zum Scheitern verurteilt ist (vgl. z. B. das zum Oberösterreichischen Naturschutzgesetz ergangene Erkenntnis vom 27. Jänner 1997, Zl. 96/10/0257).

Der Beschwerdeführer ist dem Verlangen der belangten Behörde, eine Zustimmungserklärung der Miteigentümer (des Grundstückes Nr. 5757/151) vorzulegen, mit dem Hinweis auf § 50 Abs. 2 letzter Satz Bgld NatSchG begegnet, wonach dieses Erfordernis im Beschwerdefall wegen der Möglichkeit der Einräumung eines Notweges nicht gegeben sei.

§ 1 Abs. 1 und 2 NWG bestimmt:

"§ 1. (1) Für eine Liegenschaft, welche der für die Zwecke einer ordentlichen Bewirtschaftung oder Benützung nötigen Wegeverbindung mit dem öffentlichen Wegenetz entbehrt, sei es, dass eine Wegeverbindung gänzlich mangelt oder dass sie unzulänglich erscheint, kann der Eigentümer in jenen Fällen, in denen für die Befriedigung des Wegebedürfnisses nicht die Voraussetzungen der Enteignung oder unentgeltlichen Gestattung nach § 365 ABGB oder nach sonstigen hiefür erlassenen Gesetzen eintreten, die gerichtliche Einräumung eines Notweges über fremde Liegenschaften nach Maßgabe dieses Gesetzes begehren.

(2) Für die Anwendung dieses Gesetzes wird unter dem Ausdruck 'Wegeverbindung' eine Wegeanlage (ein gebahnter Weg), wie auch eine ohne den Bestand einer Wegeanlage ausgeübte Wegegerechtigkeit verstanden."

Nach § 3 besteht der Notweg in der Servitut des Fußsteiges, Viehtriebes oder Fahrweges, oder in der Erweiterung solcher bereits bestehender Wegerechte; insbesondere kann als Notweg auch die Mitbenützung eines vorhandenen Privatweges oder die Herstellung einer Wegeanlage über fremden Grund und Boden bewilligt werden.

Dem angefochtenen Bescheid liegt die unbestrittene Annahme zu Grunde, dass das Vorhaben zum Teil auf dem Grundstück des Beschwerdeführers, zum anderen auf dem unmittelbar angrenzenden, im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Grundstück, das als "Verkehrsfläche" ausgewiesen ist, verwirklicht worden ist. Davon ausgehend kommt die Einräumung eines Notweges nicht in Frage, handelt es sich doch beim - an die Verkehrsfläche angrenzenden - Grundstück des Beschwerdeführers nicht um ein solches, das im Sinne des § 1 erster Satz NWG einer "Wegeverbindung mit dem öffentlichen Wegenetz entbehrt".

Dafür, dass sich das Vorhaben zur Gänze auf dem Grundstück des Beschwerdeführers befände - in welchem Fall eine Zustimmung der Eigentümer des Grundstückes Nr. 5757/151 zu Unrecht verlangt worden wäre - findet sich kein Anhaltspunkt. Der Antrag des Beschwerdeführers um naturschutzbehördliche Bewilligung der Steganlage wurde daher von der belangten Behörde mangels Erfüllung der in § 50 Abs. 2 Bgld NatSchG normierten Zulässigkeitsvoraussetzung zu Recht zurückgewiesen.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 16. Dezember 2002

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