VwGH 2001/18/0202

VwGH2001/18/020222.1.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des Lo in L, geboren 1974, vertreten durch Mag. Harald Mühlleitner, Rechtsanwalt in 4490 St. Florian, Marktplatz 10, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 20. August 2001, Zl. St 117/01, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37;
FrG 1997 §39;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37;
FrG 1997 §39;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 20. August 2001 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 sowie §§ 37 und 39 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Der Beschwerdeführer sei am 7. November 1999 von der Slowakei her in das Bundesgebiet eingereist. Er habe sich als Staatsangehöriger der Republik Kongo ausgegeben. Seine Identität stehe allerdings mangels entsprechender Dokumente nicht fest. Am 10. November 1999 habe der Beschwerdeführer einen Asylantrag eingebracht. Dieser sei in erster Instanz mit Bescheid vom 28. Jänner 2000 abgewiesen worden. Ein Berufungsverfahren sei noch anhängig. Während des Asylverfahrens sei der Beschwerdeführer zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt.

Bei seiner Einreise nach Österreich habe sich der Beschwerdeführer mit einem gefälschten niederländischen Reisepass ausgewiesen. Deswegen habe die Bezirkshauptmannschaft Schärding mit Bescheid vom 16. November 1999 gegen den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von drei Jahren erlassen. Die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen diesen Bescheid sei ausgeschlossen worden. Dieses Aufenthaltsverbot sei noch bis 18. November 2002 gültig.

Am 4. Jänner 2000 sei der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach § 224 (§ 223 Abs. 2) StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sechs Wochen rechtskräftig verurteilt worden, weil er den gefälschten niederländischen Reisepass anlässlich des Grenzübertrittes und zum Nachweis seiner Identität verwendet habe.

Mit Urteil vom 6. April 2001 sei er wegen des Vergehens der Bandenbildung gemäß § 278 Abs. 1 StGB sowie wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren gewerbsmäßigen Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3, 148 zweiter Fall iVm § 15 Abs. 1 StGB sowie wegen des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 zweiter Fall StGB (§ 15 StGB, § 28 Abs. 2 vierter Fall Suchtmittelgesetz) zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 16 Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Diese Strafe verbüße der Beschwerdeführer derzeit in der Justizanstalt Linz, in die er am 7. Oktober 2000 eingeliefert worden sei. Das urteilsmäßige Strafende sei der 4. Februar 2002.

Dem letztgenannten Urteil liege zu Grunde, dass sich der Beschwerdeführer im Juli 2000 mit anderen Schwarzafrikanern mit dem Vorsatz verbunden habe, dass von einem oder mehreren Mitgliedern dieser Verbindung in teils wechselnder Zusammensetzung Betrügereien ausgeführt werden. Bei diesen Betrügereien habe es sich darum gehandelt, dass andere Personen durch die Vorspiegelung, mittels hochwertiger und teurer Chemikalien geschwärzte US-Dollar-Banknoten im Wert von S 2,000.000,-- "reinzuwaschen", zur Ausfolgung von Bargeld für den Ankauf dieser Chemikalien verleitet bzw. zu verleiten versucht worden seien. Dadurch seien diese Personen jeweils in einem S 500.000,-- übersteigenden Betrag an ihrem Vermögen geschädigt bzw. zu schädigen versucht worden. Auf diese Weise sei am 24. Juli 2000 ein Unbekannter zur Ausfolgung von Bargeld im Wert von US-Dollar 50.000,-- veranlasst worden; am 14. September 2000 sei eine andere Person zur Ausfolgung von S 600.000,-- verleitet worden, wobei es beim Versuch geblieben sei. Weiters habe der Beschwerdeführer am 6. Oktober 2000 eine andere Person dadurch behördlicher Verfolgung ausgesetzt, dass er sie bewusst falsch verdächtigt habe, den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge in Verkehr zu setzen versucht zu haben.

Auf Grund dieser Verurteilung sei der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht.

Der Beschwerdeführer sei bereits wenig mehr als ein halbes Jahr nach seiner Einreise in Form bandenmäßiger Kriminalität straffällig geworden. Das Verbrechen des schweren gewerbsmäßigen Betruges in mehreren Tathandlungen mit einer S 500.000,-- übersteigenden Schadenssumme wiege seiner Art nach schwer. Zudem sei der Beschwerdeführer mit einem gefälschten Reisepass in das Bundesgebiet eingereist und stehe seine Identität nicht fest. Es lägen somit Tatsachen vor, die die Annahme rechtfertigten, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit im Sinn des § 36 Abs. 1 Z. 1 FrG gefährde.

Der Beschwerdeführer befinde sich noch nicht so lange im Bundesgebiet, dass von einer Integration ausgegangen werden könne. Einen beträchtlichen Teil seines Aufenthaltes habe er in Haft verbracht. Unter diesen Umständen sei das Aufenthaltsverbot nicht mit einem Eingriff in das Privatleben verbunden. Einen Eingriff in ein in Österreich geführtes Familienleben habe der Beschwerdeführer nie behauptet. Ein solcher sei auch aus der Aktenlage nicht ersichtlich.

In der Berufung habe der Beschwerdeführer vorgebracht, in Hinkunft ein geregeltes Leben führen zu wollen. Dabei würde ihn seine Freundin Helga O., bei der er wohnen könnte, unterstützen. Darüber hinaus hätte er auch Kontakt zur "Haftentlassenenhilfe Linz" aufgenommen. Selbst wenn man unter Berücksichtigung dieses Vorbringens einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privatleben annähme, sei für den Beschwerdeführer nichts gewonnen. Auf Grund des Umstandes, dass er schon kurze Zeit nach seiner Einreise in das Bundesgebiet schwerwiegend kriminell in Erscheinung getreten sei, sei das Aufenthaltsverbot zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen (Art. 8 Abs. 2 EMRK) dringend geboten und daher im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig. Die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes wögen jedenfalls wesentlich schwerer als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers. Diese Maßnahme sei daher auch gemäß § 37 Abs. 2 FrG zulässig. Dem Berufungsvorbringen, der Beschwerdeführer würde sich auch auf Grund des erstmals verspürten Haftübels ändern, könne insofern kein Glaube geschenkt werden, als sich der Beschwerdeführer auch durch die in der Zeit von 8. November 1999 bis 14. Jänner 2000 erlittene Schubhaft nicht davon habe abhalten lassen, schwere Straftaten zu begehen.

Im Zusammenhang mit den Straftaten des Beschwerdeführers seien Charaktereigenschaften zu Tage getreten, die nicht erkennen ließen, wann die Gründe, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt hätten, weggefallen sein würden. Das Aufenthaltsverbot sei von der Erstbehörde daher zu Recht unbefristet erlassen worden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In der Beschwerde bleibt die Rechtsansicht der belangten Behörde, dass vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht und die in § 36 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, unbekämpft. Auf dem Boden der unbestrittenen maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen begegnet diese Beurteilung keinem Einwand.

2. Bei der - unter der Annahme eines mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriffs in das Privatleben des Beschwerdeführers vorgenommenen - Interessenabwägung gemäß § 37 FrG hat die belangte Behörde auf die (kurze) Aufenthaltsdauer und den vorgebrachten Umstand, dass der Beschwerdeführer im Inland eine Freundin habe, bei der er nach Haftentlassung wohnen könne, Bedacht genommen. Im Hinblick darauf, dass sich der Beschwerdeführer erst seit etwa 22 Monaten im Bundesgebiet aufhält, wovon er unstrittig etwa zwei Monate in Schubhaft und etwa elf Monate in Untersuchungs- bzw. Strafhaft verbracht hat, kommt seinen persönlichen Interessen am Verbleib im Bundesgebiet nur ein sehr geringes Gewicht zu.

Dem steht gegenüber, dass der Beschwerdeführer als Mitglied einer Bande mehrere schwere Betrugsfakten mit Schadenssummen jeweils über S 500.000,-- gewerbsmäßig, also in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung derartiger strafbarer Handlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (§ 70 StGB), begangen hat. Sein weiterer Aufenthalt stellt daher eine schwerwiegende Gefährdung des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung der Eigentumskriminalität dar. Darüber hinaus ergibt sich aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer mit einem gefälschten Reisepass in das Bundesgebiet eingereist ist, dass sein weiterer Aufenthalt auch eine Gefährdung des großen öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens und des öffentlichen Interesses an der Zuverlässigkeit von Urkunden und Beweiszeichen darstellt. Der in der Beschwerde vorgebrachte Umstand, dass dem Beschwerdeführer ein Bewährungshelfer "zugeteilt" worden sei, kann im Hinblick auf die schweren gewerbsmäßig begangenen Straftaten zu keiner entscheidenden Minderung der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefahr führen.

Von daher begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass das Aufenthaltsverbot zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Verhinderung strafbarer Handlungen, Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung) dringend geboten sei (§ 37 Abs. 1 FrG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 37 Abs. 2 leg. cit.), keinen Bedenken.

3. Schließlich wendet sich der Beschwerdeführer gegen die unbefristete Erlassung des Aufenthaltsverbotes.

Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 20. Februar 2001, Zl. 2000/18/0028) ist ein Aufenthaltsverbot - unter Bedachtnahme auf § 39 Abs. 1 FrG - für jenen Zeitraum, nach dessen Ablauf vorhersehbarerweise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird, und auf unbestimmte Zeit (unbefristet) zu erlassen, wenn ein Wegfall des Grundes für seine Verhängung nicht vorhergesehen werden kann. Wie dargestellt resultiert aus den schweren Straftaten eine große Gefährlichkeit des Beschwerdeführers für die maßgeblichen öffentlichen Interessen, insbesondere das gewichtige Interesse an der Verhinderung der Eigentumskriminalität. Es kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie angesichts dieser Umstände die Auffassung vertreten hat, der Zeitpunkt des Wegfalles des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Grundes könne nicht vorhergesehen werden.

4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 22. Jänner 2002

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