VwGH 2001/12/0181

VwGH2001/12/018113.3.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde des A in H, vertreten durch Riedl & Ringhofer, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. Juli 2001, Zl. 6222/3329-II/4/01, betreffend Abweisung eines Antrags auf Erlassung eines Feststellungsbescheides in Angelegenheiten einer Dienstzuteilung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
BDG 1979 §44 Abs3;
VwRallg;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
BDG 1979 §44 Abs3;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Chefinspektor in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Bis 31. Jänner 2001 war die Greko Berg, deren Kommandant der Beschwerdeführer ist, seine Dienststelle.

Im Jahr 2000 wurde vom Gendarmeriezentralkommando (GZK) eine Untersuchungskommission eingesetzt, die Erhebungen im Bereich der Greko Berg durchführte, im Zuge derer sich Verdachtsmomente wegen Amtsmissbrauches u.a. gegen den Beschwerdeführer konkretisierten. Auf Grund dieser Erhebungsergebnisse wurde das Landesgendarmeriekommando für Niederösterreich (LGK) angewiesen, den Beschwerdeführer im Hinblick auf seine beabsichtigte Versetzung mit Wirkung vom 1. Februar 2001 auf eine Dienststelle außerhalb des Bezirkes Bruck an der Leitha zuzuteilen. Mit Befehl des LGK vom 25. Jänner 2001 wurde die Dienstzuteilung des Beschwerdeführers zur Verkehrsabteilung Außenstelle Schwechat (VAASt Schwechat) mit Wirksamkeit vom 1. Februar 2001 verfügt.

Der Beschwerdeführer beantragte daraufhin, rechtsanwaltlich vertreten, mit Schriftsatz vom 1. Februar 2001, die belangte Behörde möge gemäß § 56 Abs. 1 AVG bescheidmäßig feststellen, dass die Befolgung der angeführten Dienstzuteilungsverfügung sowohl

a) für den Zeitraum der ersten 90 Kalendertage, das sei vom 1. Februar 2001 bis zum 1. Mai 2001 als auch

b) für den darüber hinausgehenden Zeitraum ab 2. Mai 2001 nicht zu seinen Dienstpflichten gehöre, da in beiden Fällen

die im § 39 BDG 1979 gesetzlich normierten Voraussetzungen nicht vorlägen. Hinsichtlich der Zuständigkeit der belangten Behörde berief er sich auf § 1 Abs. 1 Z. 9 DVV.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 12. Juli 2001 wurde dieser Antrag gemäß den §§ 56 und 59 AVG abgewiesen. Die belangte Behörde führte (zusammengefasst) aus, Feststellungsbescheide seien nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unzulässig, wenn an der Erlassung des Feststellungsbescheides kein rechtliches Interesse bestünde oder die strittige Frage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgesehenen Verfahrens zu klären sei. Der Verwaltungsgerichtshof verneine das Bestehen eines rechtlichen Interesses an der Erlassung eines Feststellungsbescheides auch dann, wenn eine gesetzliche Möglichkeit vorgesehen sei, ein strittiges Rechtsverhältnis zu klären. Eine solche gesetzliche Möglichkeit sei auch das Remonstrationsrecht gemäß § 44 Abs. 3 BDG 1979, sodass es unzulässig sei, einen Bescheid zu erlassen, wenn das einer Konfliktlösung dienende Verfahren nach § 44 Abs. 3 leg. cit. noch nicht abgeschlossen sei.

Der Beschwerdeführer habe es unterlassen, von dem auf Grund des § 44 Abs. 3 BDG 1979 vorgesehenen Remonstrationsrecht gegenüber der schriftlichen Weisung des LGK Gebrauch zu machen und im Wege seines ausgewiesenen Vertreters mit Schreiben vom 1. Februar 2001 die Erlassung eines Feststellungsbescheides zu einem Zeitpunkt begehrt, zu dem eine andere gesetzliche Möglichkeit zur Klärung des strittigen Rechtsverhältnisses (nämlich das Verfahren nach § 44 Abs. 3 BDG 1979) vorgesehen gewesen sei. Vor diesem Hintergrund sei also noch kein Raum, über die vom Beschwerdeführer bekämpfte Weisung mit Bescheid abzusprechen. Aus diesem Grund sei der Antrag abzuweisen und wie im Spruch zu entscheiden gewesen.

Auf Grund eines Erlasses des GZK vom 12. Juli 2001 wurde der Beschwerdeführer - diesmal schriftlich und zu Handen seiner Rechtsvertreter - gemäß § 44 BDG 1979 mit Befehl des LGK vom 23. Juli 2001 angewiesen, der mit LGK-Befehl vom 25. Jänner 2001 verfügten Zuteilung zur VAASt Schwechat Folge zu leisten und seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus Eigenem zu besorgen.

Gegen den zitierten Bescheid vom 12. Juli 2001 richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend macht.

Unter dem Aspekt einer Verfahrensverletzung bringt der Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde habe in der Begründung des angefochtenen Bescheides verschwiegen, dass die bezughabende Weisung von ihr selbst ausgegangen und durch das LGK nur umgesetzt worden sei. Dies sei aber auch rechtlich relevant und es hätte eine entsprechende Feststellung getroffen werden müssen. Allenfalls sei auch noch der weitere Gesichtspunkt von Bedeutung, ob das LGK auf Grund einer Remonstration von sich aus die Weisung hätte zurücknehmen oder auch nur abändern können. Er mache vorsichtshalber geltend, dass dahingehend keine Ermittlungen gepflogen und in der Bescheidbegründung nichts ausgesagt worden sei.

Als inhaltliche Rechtswidrigkeit bringt der Beschwerdeführer vor, er habe sich in der Formulierung seiner Antragstellung an den Wortlaut des § 1 Abs. 1 Z. 9 DVV 1981 gehalten. Ob in diesem Sinne die Befolgung einer Weisung "zu den Dienstpflichten zähle", sei keineswegs mit der Frage gleichzusetzen, ob die Weisung zu befolgen sei. Nicht die Befolgungspflicht nach § 44 Abs. 2 BDG 1979 sei das Thema, sondern nach seiner ausdrücklichen Antragstellung das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 39 BDG 1979. Diese Voraussetzungen seien aber nicht vorgelegen.

Der Beschwerdeführer vertritt weiters die Ansicht, dass eine Antragstellung auf Aufhebung (Beendigung) der Dienstzuteilung jederzeit möglich sei, werde doch dadurch vom Beamten unmittelbar zum Ausdruck gebracht, dass er diese freiwillig nicht mehr akzeptiere. Der Beamte könne jederzeit während der Dienstzuteilung - soweit er sich nicht vorher auf eine bestimmte Zeit schriftlich gebunden habe - zum Standpunkt gelangen, die Dienstzuteilung nicht mehr freiwillig akzeptieren zu wollen und daher deren Beendigung verlangen.

Auf den konkreten Fall bezogen - so führt der Beschwerdeführer weiter aus -, wäre eine schriftliche Eingabe folgenden Inhaltes jedenfalls zulässig gewesen und hätte nicht beanstandet werden können:

"1. Remonstrierung gegen die Weisung mit der Begründung, dass die nach § 39 BDG 1979 für sie erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

2. Antrag auf bescheidmäßige Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit (dass ihre Befolgung nicht zu den Dienstpflichten zählt) für den Fall, dass sie zufolge der Remonstration laut Punkt 1 nicht zurück genommen werden kann."

Es sei aber ein reiner sinnleerer Formalismus, wenn man die von ihm tatsächlich eingebrachte Eingabe vom 1. Februar 2001 nicht als mit einer solcherart umschriebenen Eingabe völlig gleichwertig ansehen würde. Zweifelsfrei vermittle seine Eingabe die Information, dass er Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Weisung habe und erfülle daher den Informationszweck laut § 44 Abs. 3 BDG 1979. Diese Norm sei nur auf einen Informationszweck abgestellt, sie enthalte nicht etwa auch das Erfordernis, dass der Vorgesetzte um Rücknahme der Weisung ersucht werden müsste.

Ein zusätzlicher Aspekt in dieser Angelegenheit bestehe darin, dass ihm gegenüber nicht ein Vorgesetzter aufgetreten sei, der in eigener Verantwortung eine Weisung erteilt habe, sondern dass er von der untergeordneten Dienstbehörde eine Weisung erhalten habe, welche von der obersten Dienstbehörde (der belangten Behörde) vorgegeben gewesen sei. Durch die abschlägige Entscheidung habe die belangte Behörde zum Ausdruck gebracht, dass sie sich für zuständig erachte und damit konkludent anerkannt, dass die Weisung von ihr ausgegangen sei, weil sie ansonsten den Antrag an das LGK hätte weiterleiten müssen. Er habe daher - sinnvollerweise - nicht gegenüber dem LGK remonstrieren können; dass eine solche Remonstration gegenüber der belangten Behörde selbst bereits in seiner Eingabe vom 1. Februar 2001 enthalten gewesen sei, sei schon ausgeführt worden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 9 DVV 1981, BGBl. Nr. 162, wird, soweit die obersten Dienstbehörden gemäß § 2 Abs. 2 erster Satz des Dienstrechtsverfahrensgesetzes in erster Instanz zuständig sind, diese Zuständigkeit für Beamte, die nicht der obersten Dienstbehörde angehören, hinsichtlich der Feststellung, ob die Befolgung eines bestimmten Dienstauftrages zu den Dienstpflichten zählt, auf die im § 2 genannten nachgeordneten Dienstbehörden übertragen, sofern der Dienstauftrag nicht von der obersten Dienstbehörde oder auf deren Weisung erteilt worden ist.

Der verfahrensgegenständliche Dienstauftrag vom 25. Jänner 2001 wurde unstrittig auf Weisung der obersten Dienstbehörde erteilt. Diese war daher zur - mit Schriftsatz vom 1. Februar 2001 beantragten - Feststellung darüber, ob die Befolgung dieses Dienstauftrages zu den Dienstpflichten des Beschwerdeführers zählt, zuständig. In dem Umstand, dass die belangte Behörde ausdrückliche Feststellungen über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Z. 9 DVV unterlassen hat, liegt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides.

Im Mittelpunkt der Beschwerdeausführungen steht das Vorbringen des Beschwerdeführers, sein Antrag vom 1. Februar 2001 sei so zu verstehen gewesen, dass dieser primär eine Remonstration gegen die Weisung im Sinn des § 44 Abs. 3 BDG 1979 darstellen sollte und dass er (nur) für den Fall, dass die Weisung zufolge dieser Remonstration nicht zurückgenommen oder schriftlich erteilt werde, also lediglich "in eventu", auf eine bescheidmäßige Feststellung darüber, dass die Befolgung der Weisung nicht zu den Dienstpflichten zähle, abgezielt habe. Ein solcher Inhalt kann dem verfahrensgegenständlichen Antrag vom 1. Februar 2001 aber nicht entnommen werden.

Nach dem unmissverständlichen Wortlaut dieses an die oberste Dienstbehörde und nicht an den Vorgesetzten des Beschwerdeführers gerichteten Antrages begehrte der Beschwerdeführer ausdrücklich die "bescheidmäßige Feststellung" (im Original gesperrt geschrieben) darüber, dass "die Befolgung der Dienstzuteilungsverfügung vom 25. Jänner 2001 wegen Fehlens der Voraussetzungen des § 39 BDG 1979 nicht zu seinen Dienstpflichten gehörte." Dass die von ihm begehrte bescheidmäßige Feststellung nur "in eventu" zu treffen wäre, ist diesem Antrag nicht zu entnehmen.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers - gleichsam sicherheitshalber - auch (aber nicht primär) als Remonstration gemäß § 44 Abs. 3 BDG 1979 auffasste und mit Erlass vom 12. Juli 2001 das LGK zur Wiederholung der schriftlichen Weisung an den Beschwerdeführer anwies. Diese schriftliche Wiederholung der Weisung datiert vom 23. Juli 2001, somit nach Erlassung des angefochtenen Bescheides.

Da - wie dargestellt - dem verfahrensgegenständlichen Antrag nicht zu entnehmen ist, über ihn solle erst nach der Abwicklung eines vorzuschaltenden Remonstrationsverfahrens entschieden werden, war die belangte Behörde zur Erlassung eines Bescheides über den verfahrensgegenständlichen Antrag zuständig.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darauf verwiesen, dass Feststellungsbescheide nur dann zulässig sind, wenn die bescheidmäßige Feststellung im öffentlichen Interesse oder im rechtlichen Interesse einer Partei gelegen ist. Ein solches rechtliches Interesse ist dann gegeben, wenn der Feststellungsbescheid für die Partei ein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung ist. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Partei die bescheidmäßige Feststellung strittiger Rechte begehren, wenn der Bescheid für sie im Einzelfall notwendiges Mittel der Rechtsverteidigung ist und insofern in ihrem Interesse liegt. Die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erklärt Feststellungsbescheide u.a. dann als unzulässig, wenn die strittige Frage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgesehenen Verfahrens entschieden werden kann (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 21. März 2001, Zl. 2000/12/0118, m.w.N.).

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat (siehe dazu etwa die Erkenntnisse vom 6. Februar 1989, Zl. 87/12/0112 = VwSlg. 12.856/A, oder auch vom 22. Oktober 1990, Zl. 89/12/0026), scheidet vor dem Hintergrund der Funktion des Feststellungsbescheides als subsidiärem Rechtsbehelf die Erlassung eines solchen Bescheides darüber, ob ein Beamter (infolge einer derartigen Weisung) zu künftigen weisungsgemäßen Dienstleistungen verpflichtet werden kann, jedenfalls so lange aus, als nicht eine Klärung dieser strittigen Frage im Wege des § 44 Abs. 3 BDG 1979 versucht wurde. Denn vor Durchführung dieses einer möglichen Konfliktbewältigung durch Klarstellung, Erläuterung, Modifizierung oder (ausdrückliche oder entsprechend dem letzten Satz dieser Bestimmung vermutete) Zurückziehung der Weisung dienlichen Verfahrens steht der Inhalt der Weisung, um deren Rechtmäßigkeit es geht, gar nicht endgültig fest und muss demnach bis zum Abschluss dieses Verfahrens, auch wenn jener nicht in der Erlassung eines Bescheides besteht, schon deshalb das Interesse an der Erlassung eines entsprechenden Feststellungsbescheides verneint werden (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 29. September 1993, Zl. 92/12/0125 und vom 13. September 2001, Zl. 2001/12/0072).

Vor diesem Hintergrund hätte die belangte Behörde das vorliegende Feststellungsbegehren zurückweisen müssen. Aus dem Inhalt des angefochtenen Bescheides, mit dem der Antrag abgewiesen wurde, geht nun aber zweifelsfrei hervor, dass die belangte Behörde - unter Bezugnahme auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - das Vorliegen eines Feststellungsinteresses und damit eines Rechtsanspruches auf Erlassung eines Feststellungsbescheides verneinte. In der an Stelle einer Zurückweisung des Antrages erfolgten Abweisung liegt daher lediglich ein Vergreifen im Ausdruck mit dem Ergebnis, dass mit dem angefochtenen Bescheid keine meritorische Entscheidung in Form einer Abweisung des Antrages vorgenommen wurde.

Ergänzend sei bemerkt, dass von einer nachträglichen Sanierung des Feststellungsantrages keinesfalls ausgegangen werden kann, weil die bereits erwähnte schriftliche Weisungswiederholung erst nach Erlassung des angefochtenen Bescheides erfolgt ist.

Aus den obgenannten Gründen war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 13. März 2002

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