Normen
AHG 1949 §11;
BDG 1979 §39 Abs3 Z1;
VwGG §67;
AHG 1949 §11;
BDG 1979 §39 Abs3 Z1;
VwGG §67;
Spruch:
Gemäß § 67 VwGG wird festgestellt, dass der Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 11. Februar 1999, Zl. 12 1200/1- I/11/99, rechtswidrig war.
Begründung
Mit Schreiben vom 27. Februar 2001 hat das Landesgericht Linz gemäß § 11 Abs. 1 des Amtshaftungsgesetzes (AHG) und §§ 64 ff VwGG den Antrag gestellt, die Frage der Rechtswidrigkeit des Bescheides des Bundesministers für Finanzen vom 11. Februar 1999, Zl. 12 1200/1-I/11/99, zu beurteilen. Diesem Antrag liegt die auf das Amtshaftungsgesetz (im Folgenden: AHG) gestützte Klage des als weitere Partei gemäß § 64 VwGG Erstangeführten (im Folgenden kurz: Kläger) gegen die Republik Österreich zu Grunde. Mit dieser Klage machte der Kläger, der im Bereich der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (in der Folge kurz: FLD) in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund steht und dessen Dienststelle das Finanzamt A. ist, (näher aufgeschlüsselte) Schadenersatzansprüche in Höhe von insgesamt S 538.416,40 s.A. geltend, die ihm durch die rechtswidrige Verlängerung der Dienstzuteilung zum Finanzamt B. entstanden seien. Des Weiteren begehrte er die Feststellung, dass ihm die als weitere Partei gemäß § 64 VwGG Zweitangeführte (im Folgenden kurz: Beklagte) für alle aus der Dienstzuteilung zum Finanzamt B. erwachsenden Spät- und Folgeschäden zu haften habe.
Das Landesgericht Linz unterbrach das Verfahren und stellte unter gleichzeitiger Vorlage der Verwaltungsakten den eingangs angeführten, auf § 64 VwGG gestützten Antrag an den Verwaltungsgerichtshof.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Ist die Entscheidung des Rechtsstreites von der Frage der Rechtswidrigkeit des Bescheides einer Verwaltungsbehörde abhängig, über die noch kein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt und hält das Gericht den Bescheid für rechtswidrig, so hat es gemäß § 11 Abs. 1 AHG, sofern die Klage nicht gemäß § 2 Abs. 2 leg. cit. abzuweisen ist, das Verfahren zu unterbrechen und beim Verwaltungsgerichtshof mit Beschwerde (Antrag) nach Art. 131 Abs. 2 B-VG die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides zu begehren. Nach Einlangen des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes hat das Gericht das Verfahren fortzusetzen und den Rechtsstreit unter Bindung an die Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes zu entscheiden.
Das antragstellende Gericht hat dargelegt, dass die Entscheidung eines vor ihm anhängigen Rechtsstreites von der Frage der Rechtswidrigkeit des im Antrag bezeichneten Bescheides abhängt. Ob in der vorliegenden Fallkonstellation überhaupt ein Amtshaftungsanspruch begründet ist, ist nicht vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der Überprüfung der Zulässigkeit des Antrages, sondern ausschließlich vom antragstellenden Gericht zu beurteilen.
Unbestritten ist, dass noch kein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes über den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 11. Februar 1999 vorliegt. Dieser Bescheid war zwar bereits Gegenstand eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, doch wurde mit Beschluss vom 17. August 2000, Zl. 99/12/0103, die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückgewiesen, weil ein rechtliches Interesse des Beschwerdeführers (des nunmehrigen Klägers) an der angestrebten Feststellung jedenfalls zum Zeitpunkt der Erhebung der Beschwerde nicht mehr gegeben war.
Nach § 67 VwGG hat das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes über die Rechtswidrigkeit eines Bescheides lediglich feststellende Bedeutung. Die in diesem Verfahren erwachsenden Kosten sind nach § 68 VwGG Kosten des Rechtsstreites vor dem antragstellenden Gericht.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Antrag des Zivilgerichtes gemäß § 11 AHG als Beschwerde im Sinne des Art. 131 Abs. 2 B-VG aufzufassen. Im Falle der Stattgebung des Antrages hat der Verwaltungsgerichtshof die Rechtswidrigkeit des Bescheides festzustellen, andernfalls ist der Antrag abzuweisen (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, auf S. 742 zu § 65 VwGG angeführte Rechtsprechung) .
Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Bescheides hat der Verwaltungsgerichtshof die Sachlage und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides zu Grunde zu legen. Soweit sich aus den §§ 64 bis 69 VwGG nicht anderes ergibt, gelten nach § 70 leg. cit. die §§ 22 bis 25, 29, 31 bis 34, 36 Abs. 8, 40, 41 Abs. 1, 43 Abs. 1, 2, 3, 4, 5, 7 und 8, §§ 45, 46 und 62 sinngemäß.
Nach der auf Grund des § 70 VwGG im Verfahren über Amtshaftungssachen anzuwendenden Bestimmung des § 41 Abs. 1 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof, soweit er nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde oder wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften gegeben findet (§ 42 Abs. 2 Z. 2 und 3) und nicht § 38 Abs. 2 anwendbar ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte (§ 28 Abs. 1 Z. 4) oder im Rahmen der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 28 Abs. 2) zu überprüfen.
Auf den Fall eines Verfahrens nach dem zweiten Unterabschnitt des VwGG (Besondere Bestimmungen über Beschwerden in Amts- und Organhaftungssachen) bezogen bedeutet dies, dass die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides nur dann in Betracht kommt, wenn dieser entweder inhaltlich rechtswidrig ist oder wenn die Behörde den Sachverhalt unter Verletzung von Verfahrensvorschriften festgestellt hat; dies trotz des Umstandes, dass nach § 70 VwGG die Bestimmung des § 42 leg. cit. im Verfahren über Amtshaftungssachen nicht anzuwenden ist.
Die Überprüfung des angefochtenen Bescheides "auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalts" soll die Berücksichtigung von Tatsachen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ausschließen, die nicht bereits im zu Grunde liegenden Verwaltungsverfahren bei der belangten Behörde vorgebracht wurden. Dieses so genannte Neuerungsverbot gilt aber nur so weit, als eine Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens im Verwaltungsverfahren Gelegenheit hatte, Tatsachen und Beweismittel vorzubringen (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 23. November 2001, Zl. 99/19/0140).
Ausgehend von der Zulässigkeit des Antrages hatte der Verwaltungsgerichtshof gemäß dem in § 11 AHG verankerten gesetzlichen Auftrag den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 11. Februar 1999, Zl. 12 1200/1-I/11/99, zu überprüfen.
Der Bundesminister für Finanzen hat in diesem Bescheid das Vorliegen der im § 39 BDG genannten Voraussetzungen für die Verlängerung der Dienstzuteilung bejaht und dies wie folgt begründet:
Dienstliche Gründe für die Verlängerung der Dienstzuteilung seien für die FLD insoweit gegeben gewesen, als seitens der Dienstbehörde den vom (nunmehrigen) Kläger im Zuge des Ermittlungsverfahrens in seinen Eingaben laufend erhobenen Anschuldigungen und Verdächtigungen gegenüber dem Amtsvorstand, leitenden Funktionären und sonstigen Bediensteten des Finanzamtes A. nachzugehen gewesen sei. Diese notwendigen Erhebungen hätten bis zum Ablauf der 90tägigen Dienstzuteilung nicht abgeschlossen werden können (Hinweis auf eine "Vielzahl" seiner Eingaben - es wird davon eine Reihe beispielsweise genannt), weil die Sachlage immer noch nicht ausreichend geklärt gewesen sei. Eine Rückkehr nach A. im Stadium der laufenden Ermittlungen und in die damals auf beiden Seiten (sowohl des Finanzamtes A. und der steuerlichen Vertreter einerseits als auch des Klägers andererseits) emotionsgeladene Atmosphäre hätte zu einer empfindlichen Störung des Dienstklimas geführt, nämlich insoweit, als eine - sachliche - Zusammenarbeit nicht möglich gewesen wäre (Hinweis auf die "Aussage des Amtsvorstandes" vom 2. Februar 1995). Auch das Steuerlandesinspektorat habe wiederholt von einer derartigen Maßnahme - auch im Interesse des Klägers - abgeraten (beispielsweise werden genannt die Berichte vom 2. Dezember 1992 und vom 10. Oktober 1994).
Unter den damals gegebenen Umständen - es seien keinerlei Anhaltspunkte gefunden worden, die die Behauptungen des Klägers gestützt hätten - sei es für die FLD dringend geboten gewesen, die Dienstzuteilung des Klägers zum Finanzamt B. bis "zur Klärung bzw. Beruhigung und Entspannung der Situation" beim Finanzamt A. zu verlängern.
Da die Voraussetzungen für die Verlängerung der Dienstzuteilung gegeben gewesen seien, könne auch kein Zweifel daran bestehen, dass der Kläger verpflichtet gewesen sei, die vorliegendenfalls strittige Weisung zu befolgen.
Dieser Bescheid war - wie eingangs erwähnt - bereits Gegenstand eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Zur Vermeidung entbehrlicher Wiederholungen wird in sinngemäßer Anwendung des § 43 Abs. 2 und 8 VwGG vorerst auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes zum Nichtvorliegen der vom Kläger behaupteten Unzuständigkeit des Bundesministers für Finanzen verwiesen.
Darüber hinaus ist Folgendes auszuführen:
Eine Dienstzuteilung liegt nach § 39 Abs. 1 BDG 1979, BGBl. Nr. 333, vor, wenn der Beamte vorübergehend einer anderen Dienststelle zur Dienstleistung zugewiesen und für die Dauer dieser Zuweisung mit der Wahrnehmung von Aufgaben eines in der Geschäftseinteilung dieser Dienststelle vorgesehenen Arbeitsplatzes betraut wird. Eine Dienstzuteilung ist nach Abs. 2 der genannten Bestimmung nur aus dienstlichen Gründen zulässig. Sie darf ohne schriftliche Zustimmung des Beamten höchstens für die Dauer von insgesamt 90 Tagen in einem Kalenderjahr ausgesprochen werden. Eine darüber hinausgehende Dienstzuteilung ist nach Abs. 3 Z. 1 der genannten Bestimmung (- nur diesem Tatbestand kommt Entscheidungsbedeutung zu -) ohne Zustimmung des Beamten nur dann zulässig, wenn der Dienstbetrieb auf andere Weise nicht aufrechterhalten werden kann.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 22. Oktober 1997, Zl. 96/12/0304, ausgeführt, aus dieser Regelung folge klar, dass nur für die Dauer besonders gravierender Umstände, deren Beseitigung einer sinnvollen Gestaltungsmöglichkeit entzogen ist, die Aufrechterhaltung einer Dienstzuteilung gegen den Willen des Beamten über den zeitlichen Rahmen von 90 Tagen hinaus gerechtfertigt werden kann.
Das Vorliegen dieser sehr strengen Voraussetzungen ist dem zu beurteilenden Bescheid nicht zu entnehmen:
Der Bundesminister für Finanzen hat dargelegt, dass durch die vom Kläger erhobenen Anschuldigungen gegen Leiter und Mitarbeiter des Finanzamtes A. die Konfliktsituation zwischen diesen Personen auch während der Zeit der ersten Dienstzuteilung des Klägers aufrecht geblieben ist. Allein aus dem Vorliegen eines solchen Spannungsverhältnisses kann zwar - wie der Bundesminister für Finanzen zutreffend darlegt - auf eine empfindliche Störung des Dienstbetriebes im Falle der Rückkehr des Klägers geschlossen werden, nicht jedoch darauf, dass der Dienstbetrieb bei diesem Finanzamt in diesem Fall überhaupt nicht mehr aufrecht erhalten werden könnte. Auch der Umstand, dass die inhaltliche Berechtigung der Vorwürfe des Klägers noch ungeklärt ist, hindert für sich genommen die Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes bei diesem Finanzamt noch nicht.
Der Bundesminister für Finanzen hat Feststellungen, dass der Dienstbetrieb beim Finanzamt A. nur durch die getroffene Personalmaßnahme hätte aufrechterhalten werden können und eine sinnvolle andere Gestaltungsmöglichkeit zwingend gefehlt hätte, unterlassen. Da diese unterlassenen Feststellungen auf einer unrichtigen Rechtsansicht hinsichtlich der aus § 39 Abs. 3 Z. 1 BDG 1979 gegebenen Einschränkung der Berechtigung zu einer "längeren" Dienstzuteilung beruhen, belastete er den zu beurteilenden Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Es war daher dem Antrag des Landesgerichtes Linz stattzugeben und die Rechtswidrigkeit des Bescheides des Bundesministers für Finanzen vom 11. Februar 1999 gemäß § 67 VwGG iVm § 11 AHG festzustellen.
Wien, am 25. September 2002
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