VwGH 2001/11/0277

VwGH2001/11/02774.7.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, in der Beschwerdesache der G in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schwedenplatz 2/74, gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 5. Juli 2001, Zl. 421.976/1-II/B/7/01, betreffend Übergang der Entscheidungspflicht i.A. Ausstellung eines österreichischen Führerscheines, den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §33 Abs1;
VwGG §33 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren wird eingestellt.

Ein Zuspruch von Aufwandersatz findet nicht statt.

Begründung

1. Mit Bescheid vom 6. März 2000 nahm die Bundespolizeidirektion Wien das Verfahren gemäß § 23 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG) wegen Ausstellung eines österreichischen Führerscheines auf Grund eines ukrainischen Führerscheines gemäß § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG iVm § 69 Abs. 3 AVG vom Amts wegen wieder auf und sprach aus, dass das Verfahren in den Stand vor Erteilung der Lenkberechtigung zurückgetreten sei. Unter einem wurde die Ablieferung des über die erteilte Lenkberechtigung ausgestellten österreichischen Führerscheindokumentes angeordnet und der Antrag der Beschwerdeführerin vom 23. Dezember 1999 auf "Austausch" eines ukrainischen Führerscheines gemäß § 23 Abs. 3 FSG abgewiesen. Schließlich wurde die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung gemäß § 64 Abs. 2 AVG aberkannt.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung.

Mit Bescheid vom 5. Juli 2001 wies der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie den am 27. September 2000 eingebrachten Antrag der Beschwerdeführerin auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung über die Berufung vom 22. März 2000 gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 6. März 2000 gemäß § 73 Abs. 2 AVG ab. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, eine schuldhafte Verzögerung der Entscheidungspflicht des Landeshauptmannes von Wien im Sinne des § 73 Abs. 2 AVG liege nicht vor, wenn die säumige Behörde gemäß § 38 zweiter Satz AVG berechtigt sei, das Verfahren auszusetzen, wobei es zur Vermeidung von Säumnisfolgen auch keines formellen Aussetzungsbescheides bedürfe. Im vorliegenden Fall sei das im Zusammenhang mit den für den erstinstanzlichen Wiederaufnahmebescheid maßgeblichen Delikten durchzuführende Verwaltungsstrafverfahren "gegenwärtig noch im Berufungswege anhängig". Da die Entscheidung der Verwaltungsstrafbehörde eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG für die "im Entziehungsverfahren zu ergehende Berufungsentscheidung" darstelle, sei der Landeshauptmann von Wien berechtigt gewesen, das Berufungsverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Verwaltungsstrafverfahren auszusetzen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

2. Die belangte Behörde legte mit Note vom 11. Juni 2002 - unvollständig (die Verwaltungsakten der belangten Behörde fehlen) - die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet, verzichtete aber auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Mit Schriftsatz vom 7. Juni 2002 legte die Beschwerdeführerin die Kopie eines Berufungsbescheides des Landeshauptmannes von Wien vom 19. April 2002 vor, mit welchem der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 6. März 2000 keine Folge gegeben wird, wobei im Spruchpunkt 1 die Wiederaufnahme des Verfahrens auf § 69 Abs. 1 Z. 2 iVm § 69 Abs. 3 AVG gestützt wird. Die Erlassung dieses Bescheides ist auch aus den vorgelegten Verwaltungsakten ersichtlich (vgl. AS 111).

3. Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgend einer Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde. Bei einer Bescheidbeschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ist unter einer "Klaglosstellung" nach § 33 Abs. 1 und § 56 erster Satz VwGG nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides - im Besonderen durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof - eingetreten ist (vgl. den Beschluss eines verstärkten Senates vom 9. April 1980, Slg. Nr. 10.092/A).

§ 33 Abs. 1 VwGG ist aber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall liegt, wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Beschluss vom 9. April 1980 darlegte, z.B. auch dann vor, wenn der Beschwerdeführer kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat.

Diese Voraussetzung ist, wie die Beschwerdeführerin in ihrem Schriftsatz vom 7. Juni 2002 richtig ausführt, im vorliegenden Beschwerdefall gegeben.

Die Beschwerde war daher gemäß § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren war einzustellen.

4. Die Entscheidung, dass kein Aufwandersatz zugesprochen wird, gründet sich auf § 58 Abs. 2 zweiter Satz VwGG.

Wien, am 4. Juli 2002

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