VwGH 2001/09/0011

VwGH2001/09/001118.7.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des R in Z, vertreten durch Dr. Hermann Rieder, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Stiftgasse 23, gegen den Bescheid des Landesgendarmeriekommandanten für Tirol vom 7. September 2000, Zl. 6531/2-PA/00, betreffend vorläufige Suspendierung, den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §56;
BDG 1979 §112 Abs1;
BDG 1979 §112 Abs3;
B-VG Art129a Abs1 Z2;
VwGG §33 Abs1;
AVG §56;
BDG 1979 §112 Abs1;
BDG 1979 §112 Abs3;
B-VG Art129a Abs1 Z2;
VwGG §33 Abs1;

 

Spruch:

Das Verfahren wird eingestellt.

Den Kostenanträgen der belangten Behörde und des Beschwerdeführers wird nicht stattgegeben.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Oberst des Landesgendarmeriekommandos für Tirol in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er war vor Ausspruch der vorläufigen Suspendierung Kommandant der Verkehrsabteilung Z. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 7. September 2000 sprach die belangte Behörde mit sofortiger Wirkung die vorläufige Suspendierung des Beschwerdeführers vom Dienst gemäß § 112 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) aus.

Nach der Begründung dieses Bescheides wurde dem Beschwerdeführer (im Verdachtsbereich) zur Last gelegt,

in neun Fällen Fahrprüfungen zum Teil in der Plandienstzeit durchgeführt zu haben, obwohl die Nebenbeschäftigung unter der Voraussetzung "nicht untersagt" worden sei, dass diese ausschließlich in der Freizeit ausgeübt würde. Darüber hinaus habe er in vier Fällen Überstunden geltend gemacht, verrechnet und diese auch ausbezahlt erhalten, obwohl diese nicht geleistet worden seien bzw. zu dieser Zeit der Nebenbeschäftigung nachgekommen worden sei, sowie

er habe als Verantwortlicher für die Kraftfahrstation der VA in Z in 16 von 32 Fällen entgegen den Richtlinien für das Fahrzeugwesen der österreichischen Bundesgendarmerie Dienstkraftfahrzeuge in seiner Freizeit verwendet,

er habe zu Unrecht gegenüber dem Amt der Tiroler Landesregierung Reisegebühren (Fahrtkosten für ein öffentliches Verkehrsmittel) geltend gemacht und dadurch einen Vermögensvorteil in Höhe von ca. ATS 3.000,-- erlangt,

er habe in Dienstberichten und Fahrtenbüchern unwahre bzw. mit den Tatsachen im Widerspruch stehende Eintragungen (Zeiten und Zweck der Fahrten) gemacht,

er habe in 13 Fällen beim Amt der Tiroler Landesregierung Prüfungsgebühren nach jenem - höheren - Tarif, der an sich nur für die Verrichtung der Nebenbeschäftigung in der Freizeit gebührt, geltend gemacht, obwohl er Prüfungen teilweise in Plan- und Überstundendiensten abgehalten habe,

er habe in zwei Fällen für ein und die selbe Zeit (Zeitüberschneidungen), sowohl beim Amt der Tiroler Landesregierung (im Rahmen der Nebenbeschäftigung) als auch beim Bund (im Rahmen des Dienstverhältnisses) Reisegebühren geltend gemacht,

er habe den Zivilstreifenwagen der Marke Peugeot 406, silber, mit dem amtlichen Kennzeichen BG 7.049 (Deckkennzeichen LZ- 3 SGU und KU-7 LPV) in der Zeit vom 10. Juli 1999 bis 15. Juli 1999 überwiegend für private Zwecke (Begräbnisvor- und nachbereitung) benützt, und betreffend die unter Pkt. 2.1 angeführte Fahrt im Fahrtenbuch unwahre bzw. mit den Tatsachen im Widerspruch stehende Eintragungen gemacht,

er habe sich am 13. Juli 1999 einen 12-stündigen Außendienst (08.00 - 20.00 Uhr) mit Zielort VAASt L lediglich zum Zwecke der Rechtfertigung für die Benützung des dienstlichen Zivilwagens in der Zeit von 10. Juli 1999 bis 15. Juli 1999 geplant und im Dienstbericht vom 13. Juli 1999 unwahre bzw. mit den Tatsachen in Widerspruch stehende Austragungen getätigt,

er habe im Wissen, dass sein Stellvertreter, Obstlt. H. am 14. Juli 1999 an den Begräbnisfeierlichkeiten seines Vaters teilgenommen habe, diesem einen Dienstauftrag zur Leistung von 12 Überstunden (09.00 - 21.00 Uhr) mit fiktiven Aufträgen erteilt (unterfertigt),

er habe den zu Pkt. 2.5 von Obstlt. H. verfassten, mit unwahren bzw. mit den Tatsachen in Widerspruch stehenden Angaben versehenen Dienstbericht für den 14. Juli 1999 paraphiert und dadurch, wider besseres Wissen, dessen Richtigkeit bestätigt (letztlich wurden acht Plusstunden und 4 Überstunden geltend gemacht).

Es seien in Zusammenhang mit seiner Dienstplanung sowie mit jener seines Stellvertreters für den Zeitraum Jänner 1998 bis Februar 2000 eine Vielzahl teils gravierender Mängel festgestellt worden, die nicht nur eine grobe Missachtung wesentlicher Bestimmungen der Dienstzeitregelung darstellten, sondern in einigen Fällen auch strafrechtliche Relevanz hätten vermuten lassen.

Es gelte in Zusammenhang mit dem Konsum von Alkohol als erwiesen, dass er - ungeachtet seiner dienstlichen Tätigkeit - regelmäßig alkoholische Getränke zu sich genommen habe.

Die bestehenden Verdachtsmomente hätten eine Überprüfung der Gendarmerie notwendig gemacht. Die Verkehrsabteilung des Landes Tirol habe ihm das Vertrauen entzogen. Erhebungen durch die vom BM für Inneres eingesetzte Kommission seien noch im Gange. Durch sein Verhalten habe er mehrfach und über einen längeren Zeitraum seine Dienstpflichten hinsichtlich der Bestimmungen der §§ 43, 44, 45 sowie 48, 49, und 56 BDG 1979 auf eine Art verletzt, dass durch seine weitere Belassung im Dienst sowohl wesentliche Interessen des Dienstes als auch das Ansehen des Standes (Amtes) im besonderen Maße gefährdet erscheine, zumal die zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen auch den dringenden Verdacht gerichtlich strafbarer Handlungen darstellten, weshalb auch Anzeige an die Staatsanwaltschaft erstattet worden sei. Die Dienstbehörde erachte seine Einstellung zum Dienst als gestört; durch sein Verhalten habe er nicht nur das Vertrauen seiner Mitarbeiter, Vorgesetzten und Behörden stark in Mitleidenschaft gezogen, sondern auch seine Vorbildfunktion massiv beeinträchtigt und damit die Fähigkeit zur Erfüllung der ihm übertragenen dienstlichen Aufgaben in Frage gestellt.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer die am 22. Januar 2001 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangte, zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete, von diesem nach Ablehnung ihrer Behandlung gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetretene Beschwerde.

In dem vom Verwaltungsgerichtshof daraufhin eingeleiteten Vorverfahren legte die belangte Behörde die Akten des Verfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ist ersichtlich, dass die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres - Senat 44 mit Bescheid vom 13. Dezember 2000, Zl. 47/10-DK/44/00, den Beschwerdeführer mit Wirksamkeit vom Tag der Zustellung dieses Bescheides an gemäß § 112 Abs. 3 BDG 1979 vom Dienst suspendiert hat.

Mit weiterem Bescheid vom selben Tag, Zl. 47/11-DK/44/00, wurde gegen den Beschwerdeführer die Einleitung des Disziplinarverfahrens gemäß § 123 Abs. 1 BDG 1979 und unter einem die Unterbrechung des Disziplinarverfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluss des gerichtlichen Verfahrens gemäß § 114 Abs. 2 BDG 1979 beschlossen.

Die gegen diese Bescheide gerichteten Berufungen wurden mit Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport vom 14. Februar 2001 (betreffend die Suspendierung) bzw. der Berufungskommission vom 3. April 2001 (betreffend die Einleitung und Unterbrechung des Disziplinarverfahrens) als unbegründet abgewiesen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu den Beschluss vom 19. Jänner 1989, 88/09/0146, und die dort angeführte Vorjudikatur) führt nicht nur die formelle (ausdrückliche) Aufhebung des angefochtenen Bescheides, sondern auch der Wegfall des Rechtsschutzinteresses im Zuge eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu dessen Einstellung, weil der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen einer nach Art. 131 B-VG erhobenen Bescheidbeschwerde zu einer rein abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Bescheides nicht berufen ist. Ergibt sich also im Verfahren über eine derartige Beschwerde, dass eine fortwirkende Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes des Beschwerdeführers durch den angefochtenen Bescheid nicht (mehr) gegeben ist und auch eine der Beschwerde stattgebende Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes in Ansehung des verletzten subjektiv-öffentlichen Rechtes des Beschwerdeführers keine Veränderung bewirken würde, führt dies zur Einstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens.

Gemäß § 112 Abs. 3 zweiter Satz BDG 1979 BGBl. Nr. 333 endet die vorläufige Suspendierung spätestens mit dem Tag der Entscheidung der Disziplinarkommission über die Suspendierung. Bei der von der Dienstbehörde gemäß § 112 Abs. 1 BDG 1979 verfügten vorläufigen Suspendierung handelt es sich nicht um einen Akt der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, sondern um einen im Verwaltungsrechtszug nicht anfechtbaren Bescheid (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Juni 1983, Slg. Nr. 11108/A). Die von der Dienstbehörde auszusprechende "vorläufige Suspendierung" ist auch nicht gleichzusetzen mit der von der Disziplinarkommission zu verfügenden ("endgültigen") Dienstenthebung. Sie stellt rechtlich ein "aliud" dar (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. November 1989, Zl. 89/09/0103, sowie den Beschluss vom 15. September 1994, Zl. 94/09/0172).

Mit dem Tage der Zustellung der Entscheidung der Disziplinarkommission vom 13. Dezember 2000 hat gemäß § 112 Abs. 3 BDG 1979 die vorläufige Suspendierung des Beschwerdeführers geendet. Damit ist von Gesetzes wegen eben jene Maßnahme weggefallen, die Inhalt der Beschwerde ist. Mehr könnte im Beschwerdefall auch eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof nicht bewirken; sie hätte daher bloß theoretische Bedeutung (vgl. dazu die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Juni 1992, Zl. 92/09/0040, und vom 23. Februar 1994, Zl. 93/09/0310).

Damit war das Verfahren wegen Gegenstandslosigkeit nach Anhörung des Beschwerdeführers gemäß § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen.

Der Kostenausspruch gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 58 Abs. 2 VwGG.

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 88/1997 ist der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei einer Beschwerde bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen.

Unter Zugrundelegung dieser Bestimmung ist im Beschwerdefall davon auszugehen, dass es im Rahmen der Entscheidung über die Zuerkennung von Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, zu beurteilen, ob die Beschwerde zum Erfolg geführt haben würde, weshalb im Sinne des Abs. 1 leg. cit. mit Kostenaufhebung vorzugehen war.

Wien, am 18. Juli 2002

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