VwGH 2001/07/0170

VwGH2001/07/017021.3.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde 1. der GH, 2. des FS, 3. des AAund 4. des Ing. HG, alle in T, alle vertreten durch Dr. Charlotte Böhm, Mag. Marina Breitenecker, Dr. Christine Kolbitsch und Dr. Heinrich Vana, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwalt in Wien II, Taborstraße 10/2, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 25. September 2001, Zl. WA1-W-41.198/1-01, betreffend Parteistellung in einem Wasserrechtsverfahren, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §42 Abs1 idF 1998/I/158;
AVG §45 Abs2;
AVG §56;
AVG §8;
VwRallg;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §12 Abs1;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §12 Abs4;
WRG 1959 §5 Abs2;
AVG §42 Abs1 idF 1998/I/158;
AVG §45 Abs2;
AVG §56;
AVG §8;
VwRallg;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §12 Abs1;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §12 Abs4;
WRG 1959 §5 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die MEC G-GmbH beantragte bei der Bezirkshauptmannschaft B (BH) die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die abschnittweise Querung des so genannten "Hauptdrainagegrabens" (eingetragen im Wasserbuch für den Verwaltungsbezirk B unter Postzahl B) im Bereich des Grundstückes Nr. 590 der KG E zum Zwecke der Errichtung von Rennbahnen des geplanten "Pferdesportparkes E".

Die BH beraumte für 14. Februar 2001 eine mündliche Verhandlung an, zu der die Beschwerdeführer nicht persönlich geladen wurden. Diese mündliche Verhandlung wurde (nur) durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde kundgemacht.

In der Verhandlungsschrift vom 14. Februar 2001 ist im Verzeichnis der Anwesenden lediglich der Drittbeschwerdeführer angeführt.

Der Amtssachverständige für Geohydrologie führte in seinem Gutachten aus, aus geohydrologischer Sicht hätten die im Zuge der Querung des Hauptdrainagegrabens geplanten Maßnahmen auf das Grundwasserregime keine Auswirkungen; dies insbesondere deswegen, da keine Tieferlegung der Drainagesohle im Bereich der vier Querungen geplant sei und auch keine größeren Widerlager für die Helcor Ökoprofile eingebaut würden. Es werde hervorgehoben, dass die Wässer der Wasserhaltungen nicht in ein anderes Gerinnesystem geleitet würden. Die in der Ausschreibung angeführte Ableitung in den Umlaufgraben des Kalten Ganges sei in der Verhandlung ausdrücklich als nicht vorgesehen erklärt worden. Es sei im Hinblick auf die Auswirkungen dieser Überdeckungen auf die bestehenden Naturschutz- bzw. Sicherungsflächen aus geohydrologischer Sicht zu fordern, dass im Bereich der Überdeckung 2 das linksufrige Tannenwiderlager mit einer Drainageschichte aus Rollschotter mit einer Dicke von 10 cm ummantelt werde, wobei zum Schutz gegen eindringende Feinteile diese Drainageschichte mit einem Vlies ummantelt werde. Diese Vorschreibung sei deshalb wichtig, da sich gezeigt habe, dass der Drainagegraben im Abschnitt der Überdeckung 2 die linksufrige Sicherungsfläche dotiere und diese Dotation unbedingt erhalten werden müsse. Ohne diese Maßnahme einer Trennschicht um das Tannenwiderlager könnten die Wasserweglichkeiten, die durch dünnschichtige Sandschichten gewährleistet werden, stark reduziert werden, was wiederum die Charakteristik dieser Sicherungsfläche stark beeinflusse (Charakteristikum der "aufgehenden Quellen").

Der Amtssachverständige für Wasserbautechnik führte in seinem Gutachten aus, die geplante Querung des Hauptdrainagegrabens sei durch die Errichtung der Pferderennbahn erforderlich. Durch die Eindeckung mit Halbschalen werde der Abflussquerschnitt nur geringfügig verändert (Einengung der Grabenbreite auf 1,60 m). Die Sohllage und die Gefällsverhältnisse blieben unverändert. Damit ergebe sich keine Änderung der Abflussverhältnisse und seien nachteilige Auswirkungen für die Unterlieger nicht erkennbar. Während der Bauzeit sei eine Wasserhaltung im Baustellenbereich erforderlich. Diese Wasserhaltung erfolge durch Überleitung mit Schwerlastrohren, Durchmesser 200 mm oder größer. Dadurch werde gewährleistet, dass der Eintrag von Schwebstoffen in das Gerinne so gering als möglich gehalten und die Wasserqualität nur geringfügig beeinträchtigt werde. Zusätzlich würden anfallende Drainage- oder Regenwässer mit einer Tauchpumpe abgepumpt und im angrenzenden Gelände versickert. Dadurch würden keine zusätzlichen Schwebstoffe in das Gerinne eingebracht. Aus wasserbautechnischer Sicht bestehe gegen die Errichtung der vier Gerinneeindeckungen daher kein Einwand.

Weiter heißt es in der Verhandlungsschrift, vom Verhandlungsleiter werde festgehalten, dass auf Grund der Aussagen und Stellungnahmen der Amtssachverständigen Anrainer durch das gegenständliche Projekt in subjektiv-öffentlichen Rechten nicht beeinträchtigt würden und daher keine Parteistellung genössen. Sollte eine solche beantragt werden, sei dieser Antrag bescheidmäßig zurückzuweisen.

Unter der Überschrift "Erklärungen der Anrainer" heißt es, von den Anrainern GH (Erstbeschwerdeführerin) und FS (Zweitbeschwerdeführer) beauftragt, verlangten der Dritt- und der Viertbeschwerdeführer (Obmann bzw. Schriftführer des Ortsbauernrates von T) Parteistellung zuerkannt zu bekommen. Sie seien der Meinung, dass diese durch das Projekt (Rennbahnquerung, Nutzwasserentnahme, etc.) gegeben sei, da Eingriffe in den Grundwasserbereich, wenn auch möglicherweise nur in geringem Ausmaße bei Grundwassertiefstand, erfolgten. Bei jährlich wiederkehrenden Grundwasserhochständen seien die Beeinträchtigungen und der Einfluss auf bestehende Wasserrechte entsprechend höher. Zwei namentlich genannte Personen, die in der Verhandlungsschrift als anwesend aufscheinen, würden als fachliche Berater beigezogen. Im Übrigen schließe man sich der Stellungnahme des Rechtsvertreters einer anderen Partei an.

Dieser Rechtsvertreter hatte geltend gemacht, der Sachverständige für Geohydrologie schreibe vor, dass das linksufrige Tannenwiderlager im Bereich der Überdeckung 2 mit einer Drainageschicht mit einem Vlies zu ummanteln sei. Dies bedeute, dass eine tiefer liegende Auskofferung in diesem Bereich erheblich unter dem Niveau der Sohle zu Stande komme. Dies führe zu einer Veränderung des Grundwasserhaushaltes, da dort Grundwasser austrete und zu Tage komme. Eingewendet werde weiters, dass schon vor etwa eineinhalb Jahren ein Gesamtprojekt zur wasserrechtlichen Genehmigung eingereicht worden sei, welches derzeit unterbrochen sei. Die nunmehrige Vorgangsweise der Projektbetreiberin, einzelne kleine Projekte zur Genehmigung zu beantragen, führe dazu, dass es zu keiner Gesamtbeurteilung der Beeinträchtigungen des Wasserhaushaltes kommen könne. Auch wenn ein einzelnes kleines Projekt eventuell noch keine Auswirkungen auf das Grundwasserregime habe und dies dann auch noch für ein weiteres Einzelprojekt gelten möge, so könnten diese mehreren Projekte insgesamt aber doch zu einer Gesamtbeeinträchtigung und Veränderung des Grundwasserregimes führen. Da das Gesamtprojekt bekannt sei, sei es unzulässig, nur Kleinprojekte der Genehmigung zuzuführen und hiebei die Auswirkungen aus anderen Detailprojekten außer Acht zu lassen. In diesem Zusammenhang werde darauf hingewiesen, dass die Pferdesportbahn in ihren Grundzügen schon errichtet sei, hiebei Auskofferungen vorgenommen worden und auch im Bereich der vorgesehenen vier Querungen die Baumaßnahmen schon sichtbar seien. Im Bereich der Pferdesportbahn sei der Moorboden entfernt und ein wasserdurchlässiges Vlies eingebaut worden, was zu Wasserabflüssen in Richtung des Hauptdrainagegrabens im Bereich der Querungen führen werde. Diesbezüglich lägen keine Stellungnahmen der Sachverständigen vor. Es werde beantragt, dem Projekt die wasserrechtliche Genehmigung zu verweigern bzw. das Verfahren bis zur Erledigung des Gesamtprojektes in wasserrechtlicher Hinsicht zu unterbrechen. Es könnten nicht mehrere Verfahren betreffend dasselbe Projekt abgewickelt werden.

Mit Bescheid vom 14. Mai 2001 stellte die BH fest, dass die Beschwerdeführer im wasserrechtlichen Verfahren betreffend die Querung des Hauptdrainagegrabens im Bereich des Grundstückes Nr. 590 der KG E im Zuge der Errichtung von Pferderennbahnen nicht Partei im Sinne des § 8 AVG in Verbindung mit § 102 Abs. 1 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) sind (Spruchabschnitt I).

Unter Spruchabschnitt II wurde der Antrag der Beschwerdeführer auf Einräumung der Parteistellung zurückgewiesen.

In der Begründung heißt es, nach dem Projekt der MEC G-GmbH solle der Hauptdrainagegraben an insgesamt vier Stellen mit Helcor-Ökoprofilen (Halbschalen) überdeckt werden, wobei diese auf gerinnesohlgleich verlegten Tannenkanthölzern aufgebaut werden. Die Gerinnesohle werde grundsätzlich nicht verändert. Ebenso werde durch diese Maßnahmen keine Veränderung an der Wasserführung, der hydraulischen Abfuhrmöglichkeit des Gerinnes oder des Grundwasserhaushaltes bewirkt.

Im Ermittlungsverfahren hätten der wasserbautechnische Amtssachverständige, der Amtssachverständige für Geohydrologie, der Amtssachverständige für Gewässerbiologie sowie der naturschutzfachliche Sondersachverständige gutächtlich festgestellt, dass durch das gegenständliche Vorhaben fremde Rechte nicht verletzt und öffentliche Interessen nicht beeinträchtigt würden. Trotzdem seien im Zuge des Bewilligungsverfahrens von den Beschwerdeführern der Antrag auf Einräumung der Parteistellung gestellt und Einwendungen erhoben worden. Die Beschwerdeführer hätten dabei die Meinung vertreten, durch das Projekt erfolgten Eingriffe in den Grundwasserbereich, wenn auch möglicherweise in geringem Ausmaß. Näher substantiiert worden seien die Einwendungen nicht. Ferner sei die Meinung vertreten worden, das Projekt sei Teil eines bereits beim Landeshauptmann von Niederösterreich (LH) anhängigen und zur Zeit ausgesetzten Verfahrens und könne daher nicht Gegenstand eines gesonderten Verfahrens sein.

Das Vorbringen, der Verhandlungsgegenstand sei auch Teil eines anhängigen wasserrechtlichen Verfahrens beim LH, gehe insofern ins Leere, als es dem Konsenswerber freistehe, auch die Genehmigung einer abgeänderten Form des Projektes bei der zuständigen Behörde zu beantragen.

Im Ermittlungsverfahren sei sachverständig erhoben worden, dass durch das geplante Vorhaben wasserrechtlich geschützte subjektive öffentliche Rechte der Anrainer nicht berührt würden und eine solche Verletzung von den Betroffenen konkret auch nicht behauptet worden sei.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung.

Sie führten aus, sie seien "Grundwasserberechtigte" und als Bauern auf die Grundwassernutzung, insbesondere zur Bewässerung der Felder, angewiesen. Dieses Grundwasser, auf welches die Beschwerdeführer angewiesen seien, werde durch das Projekt unabhängig von der Entfernung des Eingriffes wesentlich beeinträchtigt, insbesondere durch die Grundwasserabsenkung. So werde die Durchnässung des Bodens und die Sättigung des Humus, insbesondere bei Hochwasser, beeinträchtigt. Dies sei in der mündlichen Verhandlung auch eingewendet worden. Weiters hätten die Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung folgende Einwendungen erhoben:

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