Normen
AVG §8;
StVG §120 Abs1;
StVG §48 Abs1;
TierzuchtG Slbg 1995 §8 Abs1;
TierzuchtG Slbg 1995 §8 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
AVG §8;
StVG §120 Abs1;
StVG §48 Abs1;
TierzuchtG Slbg 1995 §8 Abs1;
TierzuchtG Slbg 1995 §8 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Das Land Salzburg hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei wurde mit Bescheid der Kammer für Land- und Forstwirtschaft in Salzburg (Landwirtschaftskammer Salzburg) vom 18. Juni 1996 als Zuchtorganisation nach dem Salzburger Tierzuchtgesetz, LGBl. Nr. 15/1995 (Sbg. TierzuchtG) zugelassen.
Mit Bescheid der Landwirtschaftskammer Salzburg vom 15. Jänner 1997 wurde gemäß § 8 Abs. 1 Sbg. TierzuchtG der Österreichische Shetlandponyzuchtverband (die mitbeteiligte Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens) als Zuchtorganisation im Bundesland Salzburg zugelassen.
Mit Schreiben vom 13. April 2000 beantragte die beschwerdeführende Partei bei der Landwirtschaftskammer Salzburg die Zuerkennung der Parteistellung im Verfahren betreffend die Zulassung des Österreichischen Shetlandponyzuchtverbandes. Zur Begründung brachte sie vor, nach § 8 Abs. 4 Sbg. TierzuchtG habe die Landwirtschaftskammer u.a. die Anerkennung zu verweigern, wenn das Zuchtprogramm einer anerkannten Zuchtorganisation gefährdet werden würde. Voraussetzung für die Anerkennung einer Zuchtorganisation sei somit die Nichtgefährdung einer anerkannten Zuchtorganisation. Die Schutzbestimmung verpflichte die Behörde im Interesse bestehender Zuchtorganisationen, gefährdende Anerkennungen zu verweigern. Dabei handle es sich nicht um ein rein faktisches Interesse, sondern um ein rechtliches Interesse, da durch die Anerkennung der Verband der Pony- und Kleinpferdezüchter in Österreich auf Grund der Gefährdung des Zuchtprogrammes in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten beeinträchtigt werde. Wesentliches Element des Zuchtprogrammes der beschwerdeführenden Partei sei es, dass sie als gemischtrassiger Verband überwiegend kleine Populationen von in Österreich etablierten und sich etablierenden Kleinpferderassen betreue und dabei deren unterschiedliche Ausgangssituation sowie ihre Verwendbarkeit in den Zuchtzielen berücksichtigen müsse. Gerade durch die Anerkennung des Shetlandponyzuchtverbandes sei dieses Zuchtprogramm entscheidend gefährdet und die beschwerdeführende Partei sei in ihrer rechtlichen Stellung beeinträchtigt worden.
Mit Bescheid der Landwirtschaftskammer Salzburg vom 19. Dezember 2000 wurde festgestellt, dass der beschwerdeführenden Partei im Verfahren betreffend die Anerkennung des österreichischen Shetlandponyzuchtverbandes keine Parteistellung zukommt.
Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Berufung.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 9. Mai 2001 wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.
In der Begründung heißt es, wenn die beschwerdeführende Partei vorbringe, dass sich ihre Parteistellung aus § 8 Abs. 4 Sbg. TierzuchtG deshalb ableiten lasse, weil hier normiert sei, dass die Landwirtschaftskammer u.a. die Anerkennung einer natürlichen oder juristischen Person als Zuchtorganisation dann zu verweigern habe, wenn die Erhaltung einer Rasse oder das Zuchtprogramm einer anerkannten Zuchtorganisation gefährdet werden würde, so sei dem entgegen zu halten, dass zwar möglicherweise die wirtschaftlichen Interessen der beschwerdeführenden Partei durch diese Anerkennung tangiert würden, dass aber nicht einleuchtend sei, warum dadurch eine Rasse oder das Zuchtprogramm einer anerkannten Zuchtorganisation gefährdet werden würde. Es möge zwar zutreffen, dass dadurch das wirtschaftliche Interesse anderer Zuchtorganisationen tangiert werde, es werde aber durch das Sbg. TierzuchtG ein solches wirtschaftliches Interesse nicht zu einem rechtlichen Interesse erhoben. Es ergebe sich dadurch auch keine Parteistellung anderer Zuchtorganisationen in jenen Verwaltungsverfahren, die hinsichtlich der Zulassung anderer natürlicher oder juristischer Personen als Zuchtorganisationen durchgeführt würden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die mitbeteiligte Partei hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet und die Abweisung der Beschwerde beantragt. Sie bezweifelt aber auch die Zulässigkeit der Beschwerde und begründet dies damit, dass nach einem Urteil des Landesgerichtes Wr. Neustadt vom 17. Oktober 2001 die beschwerdeführende Partei über keinen ordnungsgemäßen Vorstand verfüge und daher nicht geschäftsfähig sei.
Über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes hat die beschwerdeführende Partei dazu eine Stellungnahme abgegeben, in der sie unter Anschluss entsprechender Unterlagen die Auffassung vertritt, ihre Handlungsfähigkeit sei gegeben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die mitbeteiligte Partei bezweifelt die Zulässigkeit der Beschwerde, weil die beschwerdeführende Partei nicht handlungsfähig sei.
Das von der mitbeteiligten Partei zur Untermauerung ihrer Auffassung vorgelegte Urteil des Landesgerichtes Wr. Neustadt vom 17. Oktober 2001 betrifft die Feststellung, dass bestimmte, vom Vorstand der beschwerdeführenden Partei am 7. Jänner 1997 und am 6. Mai 1997 gefasste Beschlüsse - die mit dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren nichts zu tun haben - unwirksam sind, weil die Funktionsperiode des Vorstands zum Zeitpunkt der Beschlussfassungen bereits abgelaufen gewesen sei.
Nach Mitteilung der beschwerdeführenden Partei hat deren Generalversammlung am 19. September 1997 und am 14. Juli 2001 jeweils einen Vorstand (einschließlich des zum Vorstand gehörenden Obmannes, der zur Vertretung des Verbandes nach außen berufen ist) gewählt. Das Urteil des Landesgerichtes Wr. Neustadt bezieht sich auf einen vor diesen Wahlen gelegenen Zeitraum.
An der Handlungsfähigkeit der beschwerdeführenden Partei bestehen angesichts dieses Sachverhalts keine Bedenken.
Nach § 8 Abs. 1 Sbg. TierzuchtG sind als Zuchtorganisationen natürliche oder juristische Personen von der Landwirtschaftskammer anzuerkennen, wenn sie eine Reihe näher bezeichneter Voraussetzungen aufweisen.
Nach § 8 Abs. 4 leg. cit. hat die Landwirtschaftskammer die Anerkennung zu verweigern, wenn eine der Voraussetzungen des Abs. 1 nicht erfüllt ist oder wenn die Erhaltung einer Rasse oder das Zuchtprogramm einer anerkannten Zuchtorganisation gefährdet werden würde.
Ausdrückliche Bestimmungen darüber, wer im Verfahren zur Anerkennung als Zuchtorganisation Parteistellung hat, enthält das Sbg. TierzuchtG nicht.
Nach § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien.
Im § 8 AVG wird unter Verwendung der Begriffe "Rechtsanspruch" und "rechtliches Interesse" festgelegt, in welcher Beziehung an einem Verwaltungsverfahren Beteiligte zu diesem Verfahren stehen müssen, damit ihnen die Stellung einer Partei zukommt. Darüber, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, dass von einem Rechtsanspruch oder rechtlichem Interesse die Rede sein kann, enthält § 8 AVG keine Bestimmung. Es kann demnach die Frage, wer in einem konkreten Verwaltungsverfahren Parteistellung besitzt, an Hand des AVG allein nicht gelöst werden. Die Parteistellung muss vielmehr aus den verwaltungsrechtlichen Vorschriften abgeleitet werden; auf dem Boden des materiellen Verwaltungsrechts muss sie nach dem Gegenstand des betreffenden Verwaltungsverfahrens und nach dem Inhalt der zur Anwendung kommenden Verwaltungsvorschriften beurteilt werden (vgl. die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 194 f, angeführte Rechtsprechung).
Ob einer Norm des objektiven Rechts ein subjektiver Rechtsanspruch korrespondiert, wird nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann, wenn sich im Gesetz auch keine bestimmte sprachliche Wendung über die Qualifikation des faktischen Interesses einer Person findet, nach einer Zweifelsregel gelöst:
Hat eine Person ein Interesse an der Erfüllung einer Pflicht, ein Interesse, das für die gesetzliche Festlegung der verpflichtenden Norm maßgebend war, so streitet im demokratischen Rechtsstaat eine Vermutung für ihre Befugnis zur Rechtsverfolgung (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Jänner 1998, 97/20/0151 = VwSlg. 14.826 A/1998, und die dort angeführte Vorjudikatur).
Bei Anwendung dieser Grundsätze der Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall kann der beschwerdeführenden Partei die Parteistellung im Verfahren zur Anerkennung des Österreichischen Shetlandponyzuchtverbandes nicht abgesprochen werden.
Die beschwerdeführende Partei hat in ihrem Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung geltend gemacht, durch die Anerkennung des Österreichischen Shetlandponyzuchtverbandes als Zuchtorganisation würde ihr eigenes Zuchtprogramm gefährdet.
In § 8 Abs. 4 Sbg. TierzuchtG wird das Zuchtprogramm einer anerkannten Zuchtorganisation zum Schutzobjekt erklärt und der Behörde die Verpflichtung auferlegt, die Anerkennung einer natürlichen oder juristischen Person als Zuchtorganisation zu verweigern, wenn durch diese Anerkennung das Zuchtprogramm einer anerkannten Zuchtorganisation gefährdet werden würde. Dass die beschwerdeführende Partei ein Interesse an der Einhaltung dieser Verpflichtung hat, liegt auf der Hand. Ihr kommt daher auch Parteistellung zu, da der Gesetzgeber mit der Bestimmung des § 8 Abs. 4 Sbg. TierzuchtG nicht nur ein wirtschaftliches, sondern auch ein rechtliches Interesse anerkannter Zuchtorganisationen statuiert hat.
Wenn die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausführt, es sei nicht ersichtlich, inwiefern das Zuchtprogramm der beschwerdeführenden Partei durch die Anerkennung des Österreichischen Shetlandponyzuchtverbandes gefährdet werden könnte, so handelt es sich dabei um eine Frage, die im Verfahren zur Anerkennung zu klären wäre. Dass von vornherein eine solche Gefährdung völlig ausgeschlossen sei, ist dieser Begründung nicht zu entnehmen. Daher vermag auch mit dieser Begründung die Parteistellung der beschwerdeführenden Partei nicht ausgeschlossen zu werden.
Aus den dargestellten Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 23. Mai 2002
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