VwGH 2001/03/0400

VwGH2001/03/04003.9.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde der B in G, vertreten durch Mag. Andreas Wimmer, Rechtsanwalt in 5400 Hallein, Kuffergasse 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 16. März 2001, Zl. uvs-2000/21/002-1, betreffend Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

Normen

VStG §51e idF 1998/I/158;
VStG §51e idF 1998/I/158;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Tirol hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin für schuldig erkannt, sie habe am 25. November 1999 um 11.54 in I auf der B in Richtung Norden fahrend als Lenkerin eines dem Kennzeichen nach näher bestimmten Pkws die durch angebrachte Vorschriftszeichen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 36 km/h überschritten. Sie habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 52 lit. a Z 10a StVO verletzt; über sie wurde eine Geldstrafe von S 1.800,-- verhängt.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung mit Beschluss vom 3. Oktober 2001, B 812/01, abgelehnt und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat. Dieser hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin bringt zunächst vor, die belangte Behörde habe es u.a. unterlassen, eine öffentliche Verhandlung anzuberaumen.

§ 51e Abs. 1 bis 5 VStG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 158/1998 lautet (auszugsweise):

"Öffentliche mündliche Verhandlung (Verhandlung)

§ 51e. (1) Der unabhängige Verwaltungssenat hat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung entfällt, wenn

1. der Antrag der Partei oder die Berufung zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist;

2. der Devolutionsantrag zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(3) Der unabhängige Verwaltungssenat kann von einer Berufungsverhandlung absehen, wenn

1. in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder

  1. 2. sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder
  2. 3. im angefochtenen Bescheid eine 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde oder

    4. sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet

    und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Der Berufungswerber hat die Durchführung einer Verhandlung in der Berufung zu beantragen. Etwaigen Berufungsgegnern ist Gelegenheit zu geben, einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

(4) Der unabhängige Verwaltungssenat kann ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn er einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erlassen hat, die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt, und dem nicht Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten BGBl. Nr. 210/1958, entgegensteht.

(5) Der unabhängige Verwaltungssenat kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung geklärt werden.

..."

Im gegenständlichen Fall hat die Beschwerdeführerin in der Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis die Tatbegehung mit näherer Begründung bestritten und mehrere Beweisanträge wie z.B. die Beischaffung weiterer Urkunden und die Einvernahme eines mit Namen und Anschrift bezeichneten Zeugen beantragt. Da die Beschwerdeführerin in der Berufung auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, war die belangte Behörde im Beschwerdefall verpflichtet, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen, was die Beschwerdeführerin zu Recht rügt.

Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei Durchführung einer Verhandlung zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen gewesen wäre.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Wien, am 3. September 2002

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