VwGH 2000/17/0098

VwGH2000/17/009813.8.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, in der Beschwerdesache der MT in B, vertreten durch Dr. Wolfram Themmer, Dr. Martin Prunbauer und Dr. Josef Toth, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Biberstraße 15, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 20. März 2000, Zl. RU1-V-00005/00, betreffend Vorschreibung von Aufschließungsbeiträgen gemäß § 38 Abs. 1 Z 2 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 (mitbeteiligte Partei:

Marktgemeinde Bisamberg, vertreten durch Dr. Wolfgang Kunert, Rechtsanwalt in 2000 Stockerau, Th. Pampichler-Straße 1a), den Beschluss gefasst:

Normen

BauO NÖ 1976 §14 Abs1 idF 8200-1;
BauO NÖ 1996 §38;
B-VG Art119a Abs5;
B-VG Art7 Abs1;
LAO NÖ 1977 §150 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
BauO NÖ 1976 §14 Abs1 idF 8200-1;
BauO NÖ 1996 §38;
B-VG Art119a Abs5;
B-VG Art7 Abs1;
LAO NÖ 1977 §150 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- und der mitbeteiligten Gemeinde Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde bewilligte mit Bescheid vom 6. Juni 1968 unter einer Reihe von Bedingungen die Abteilung näher bezeichneter Grundstücke. Eine der Bedingungen war, dass "die Abteilungswerber beziehungsweise die Grundeigentümer der neu entstehenden Bauparzellen 80 % der Aufschließungskosten zu tragen" hätten und dass diese Verpflichtung im Grundbuch ersichtlich zu machen sei. Am 10. Dezember 1980 leistete der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin als damaliger Eigentümer des Grundstücks einen Beitrag von S 35.027,--.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 31. August 1999 wurde der Beschwerdeführerin die Bewilligung zur Errichtung eines Einfamilienhauses mit Doppelgarage und straßenseitiger Einfriedung auf einem der mit Bescheid vom 6. Juni 1968 abgetrennten Grundstücke erteilt.

Aus Anlass der erstmaligen Errichtung eines Gebäudes auf dem näher bezeichneten Bauplatz wurde der Beschwerdeführerin sodann mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 3. September 1999 eine Aufschließungsabgabe in der Höhe von S 56.100,-- vorgeschrieben. Der in der Verordnung des Gemeinderates vom 23. Juni 1994 festgesetzte Einheitssatz setze sich nach der Verordnung prozentmäßig wie folgt zusammen: 27,45 % für die Straßenherstellung, 17,08 % für die öffentliche Beleuchtung, 19,21 % für den Gehsteig und 36,26 % für die Oberflächenentwässerung. Für das gegenständliche Grundstück mit einem Flächenausmaß von 553 m2, einer Berechnungslänge von 23,52 m, dem Bauklassenkoeffizienten 1,0 sei unter Zugrundelegung des Einheitssatzes von S 4.300,-- eine Abgabe von S 101.136,-- zu entrichten. Unter Berücksichtigung der bereits geleisteten Kostenbeiträge für die Straßenherstellung von 27,45 % und für die öffentliche Beleuchtung von 17,08 % würden der Beschwerdeführerin 44,53 % (= S 45.036,--) angerechnet. Es seien daher für den Gehsteig noch 19,21 % und für die Oberflächenentwässerung 36,26 %, somit insgesamt 55,47 % (= S 56.100,--) zu entrichten.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 1. Oktober 1999 Berufung und brachte vor, dass dem vormaligen Eigentümer des gegenständlichen Grundstückes bereits im Jahre 1968 eine Aufschließungsabgabe in der Höhe von S 35.027,-- von der Gemeinde mittels Bescheides vom 6. Juni 1968 vorgeschrieben worden sei, die dieser auch entrichtet habe; dies sei im Grundbuch auch ersichtlich gemacht worden. Die Behörde sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die geleisteten Beiträge lediglich für die Straßenherstellung und die öffentliche Beleuchtung entrichtet worden seien. Zum Beweis ihres Vorbringens legte die Beschwerdeführerin unter anderem eine am 10. Dezember 1980 ausgestellte Kassabestätigung der mitbeteiligten Gemeinde über S 35.027,-- vor.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 21. Oktober 1999 wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass der Verweis im Bescheid vom 6. Juni 1968 auf die Verpflichtung, Aufschließungsbeiträge in der Höhe von 80 % zu entrichten, keine ziffernmäßige Festsetzung der Aufschließungsabgabe darstelle und daher die gegenständliche Abgabenvorschreibung rechtmäßig erfolgt sei.

Mit Schriftsatz vom 23. November 1999 beantragte die Beschwerdeführerin die Entscheidung der Berufungsbehörde über ihre Berufung, welche der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 6. Dezember 1999 als unbegründet abwies.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 23. Dezember 1999 Vorstellung, in der sie im Wesentlichen ihr Berufungsvorbringen wiederholte und auf die Verletzung von Verfahrensvorschriften durch die Abgabenbehörden hinwies.

Mit dem angefochtenem Bescheid vom 20. März 2000 gab die belangte Behörde der Vorstellung der Beschwerdeführerin statt, hob den Berufungsbescheid auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde zurück.

Hiezu führte sie nach Darstellung des bisherigen Verwaltungsverfahrens und Wiedergabe der maßgeblichen Rechtslage begründend aus, dass das gegenständliche Grundstück im Rahmen der Grundabteilung im Jahre 1968 entstanden sei und die damaligen Anforderungen an einen Bauplatz erfüllt habe. Dieses Grundstück gelte daher als Bauplatz im Sinne des § 11 Abs. 1 Z 2 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996. Der Grundabteilungsbewilligungsbescheid vom 6. Juni 1968 gebe (im Zusammenhang mit der erwähnten Bedingung zur Zahlung von 80 % der Aufschließungskosten lediglich einen Teil des Wortlautes des damals geltenden § 14 Abs. 5 der Bauordnung für Niederösterreich 1883 wieder. Der allgemeine Verweis auf 80 % der ziffernmäßig nicht festgesetzten Anliegerleistungen stelle jedoch keinen der Höhe nach bestimmten Aufschließungsbeitrag im Sinne des derzeit geltenden § 38 Abs. 1 Z 2 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 dar, der einer Abgabenvorschreibung entgegenstehen würde. Ein diese Voraussetzungen erfüllender späterer Bescheid, mit welchem eine ziffernmäßig konkretisierte Abgabenfestsetzung erfolgt wäre, sei nicht erlassen worden. Ein solcher befinde sich auch weder in den Verwaltungsakten, noch sei ein solcher von der Beschwerdeführerin vorgelegt worden. Im Beschwerdefall sei daher die Abgabenvorschreibung dem Grunde nach zu Recht erfolgt.

Auch sei die von den Abgabenbehörden vorgenommene Berechnung der Aufschließungsbeiträge nachvollziehbar. Eine Valorisierung der vom Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin entrichteten Geldleistungen im Sinne von § 38 Abs. 7 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 sei jedoch nicht erfolgt. Eine prozentuelle Anrechnung entspreche nicht der geforderten Heranziehung des Baukostenindexes zur Valorisierung von Geldleistungen. Da somit der Berufungsbescheid das Recht der Beschwerdeführerin auf eine nachvollziehbare Ermittlung des valorisierten Betrages der erbrachten früheren Geldleistungen und deren Anrechnung verletzt habe, sei der Vorstellung der Beschwerdeführerin stattzugeben gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden, da der Vorstellungsbescheid das Bestehen der Abgabepflicht dem Grunde nach bejahe. Die Beschwerdeführerin erachtet sich dadurch in ihrem Recht auf Nichtvorschreibung des gegenständlichen Aufschließungsbeitrages verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie ebenso wie die mitbeteiligte Gemeinde die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Die mitbeteiligte Gemeinde erstattete eine Gegenäußerung, in der sie ebenfalls die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt und vorbringt, dass dem Grundabteilungsbewilligungsbescheid vom 6. Juni 1968 außer der Bewilligung der Grundabteilung keinerlei rechtsgestaltender oder rechtsfestsetzender normativer Charakter zukommen würde; etwaige Leistungen des Rechtsvorgängers der Beschwerdeführerin seien - mangels Erlassung eines weiteren Bescheides - freiwillig erbracht worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die gegenständliche Beschwerde wendet sich gegen einen Vorstellungsbescheid, mit dem der Vorstellung der Beschwerdeführerin Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde verwiesen wurde.

Gemäß § 61 Abs. 5 Nö Gemeindeordnung, LGBl. 1000-12, ist der Gemeinderat bei der neuerlichen Entscheidung an die Auffassung der belangten Behörde gebunden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung zu dieser Bindung der Gemeindebehörden an die Entscheidung der Aufsichtsbehörde ausgesprochen, dass eine solche nur im Umfang der die Aufhebung tragenden Gründe besteht (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 22. Oktober 1971, Slg. Nr. 8091/A - verstärkter Senat, vom 16. Juni 1980, Zl. 3153, 3154/79, oder vom 24. März 1998, Zl. 98/05/0008). Durch die nicht die Aufhebung tragenden sonstigen Begründungselemente eines kassatorischen Vorstellungsbescheides kann der Vorstellungswerber mangels einer Bindungswirkung dieser Begründungsteile in seinen Rechten nicht verletzt sein.

2. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den Bescheid dadurch beschwert, dass die belangte Behörde das Bestehen der Abgabenpflicht dem Grunde nach bejahte, und hat dementsprechend als Beschwerdepunkt die Verletzung im Recht auf Nichtvorschreibung des gegenständlichen Aufschließungsbeitrages genannt. Die Rechtsauffassung der belangten Behörde hinsichtlich der Notwendigkeit der Valorisierung wird in der Beschwerde nicht bekämpft.

Die Aufhebung des mit Vorstellung bekämpften Bescheides durch die belangte Behörde erfolgte jedoch (ausschließlich) mit der Begründung, dass die Gemeindebehörde keine (bzw. eine unzutreffende) Valorisierung vorgenommen hätten. Nur insoweit entfaltet der angefochtene Bescheid Bindungswirkung für das fortgesetzte Verfahren.

3. Die Besonderheit der Bindungswirkung kassatorischer gemeindeaufsichtsbehördlicher Bescheide bringt es mit sich, dass nicht nur der Spruch an sich, sondern auch die maßgebende in der Begründung enthaltene Rechtansicht - taugliches - Beschwerdeobjekt sein kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Juni 1980, Zl. 3153, 3154/79, mit Hinweis auf Azizi, Zur Bindung an die Rechtsanschauung der zurückverweisenden Berufungsbehörde nach § 66 Abs. 2 AVG, ZfV 1976, 133, 137, 141, sowie zu § 66 Abs. 2 AVG aus jüngerer Zeit etwa das hg. Erkenntnis vom 16. September 1999, Zl. 96/07/0215).

Der Verwaltungsgerichtshof hat daher - ausgehend von der dargestellten Rechtsprechung zur Bindungswirkung (ausschließlich) der tragenden Aufhebungsgründe einer Vorstellungsentscheidung - zwar die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde gegen eine aufhebende Vorstellungsentscheidung durch den Vorstellungswerber selbst bejaht, dies aber nur im Hinblick auf die Bekämpfung einer in der Vorstellungsentscheidung vertretenen Rechtsansicht, der Bindungswirkung zukommt (vgl. z.B. die hg. Beschlüsse vom 19. Mai 1994, Zl. 91/17/0209, vom 15. Mai 2000, Zl. 95/17/0385, und vom 28. Jänner 2002, Zl. 2001/17/0195).

4. Daraus folgt, dass die Zulässigkeit einer Bescheidbeschwerde durch den Vorstellungswerber, dessen Vorstellung Erfolg hatte, gegen den aufhebenden Vorstellungsbescheid davon abhängt, welche Rechtsverletzung der Beschwerdeführer geltend macht. Nur dann, wenn sich die Beschwerde gegen einen der tragenden Aufhebungsgründe wendet, kann von der Zulässigkeit der Beschwerde ausgegangen werden (vgl. z.B. den genannten Beschluss vom 28. Jänner 2002).

Jener Teil der Begründung des angefochtenen Bescheides, welcher Bindungswirkung entfaltet, wird von der Beschwerdeführerin nicht bekämpft. Insoweit sich die Beschwerde aber gegen jenen Teil der Begründung des angefochtenen Bescheides richtet, der keine Bindungswirkung entfaltet, fehlt es an der Möglichkeit einer Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin.

5. Die Beschwerde war daher mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nicht öffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 und 7 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

7. Für das fortgesetzte Verfahren sieht sich der Verwaltungsgerichtshof zur Vermeidung von Unklarheiten zur Rechtsauffassung der belangte Behörde betreffend das Bestehen der Abgabepflicht zu folgenden Bemerkungen veranlasst:

7.1. Gemäß § 14 Abs. 5 der Bauordnung für Niederösterreich 1883 hatte der Abteilungswerber ("überdies") folgende Beiträge zu leisten:

"1. Einen Beitrag zu den Kosten der Herstellung der Fahrbahn der im Abteilungsplane vorgesehenen Straßen. Dieser Beitrag darf 80 % der ortsüblichen Kosten einer gewalzten Straße mit genügendem Unterbau (Fahrbahn- und Oberflächenentwässerung) nicht übersteigen.

2. Einen Beitrag zu den im Abteilungsgebiete erforderlichen Kanalisierungs-, Wasserleitungs- und Beleuchtungsanlagen in derselben Höhe."

Wurde die Erfüllung der unter Ziffer 1. und 2. angeführten Leistungen vom Abteilungswerber nicht in angemessener Weise sichergestellt, so konnte die Abteilungsbewilligung versagt oder zurückgezogen werden. Die Bestimmungen dieses Absatzes fanden auf Abteilungswerber keine Anwendung, welche nachweisen konnten, dass ihnen für das geplante Bauvorhaben auf Grund des Bundesgesetzes vom 15. April 1921, BGBl. Nr. 252, vom Bundes-, Wohn- und Siedlungsamt finanzielle Hilfe geleistet oder zugesichert worden war.

7.2. Gemäß § 14 Abs. 1 der Niederösterreichischen Bauordnung 1969 hatte die Gemeinde aus Anlass der Grundabteilung einen Beitrag zu den Herstellungskosten der Fahrbahn, des Gehsteiges, der Oberflächenentwässerung und der Straßenbeleuchtung einzuheben. Der Beitrag war gleichzeitig mit der Bewilligung der Grundabteilung vorzuschreiben und war drei Monate nach Rechtskraft des Grundbuchsbeschlusses fällig. Gemäß § 15 der Niederösterreichischen Bauordnung 1969 waren die in §§ 13 und 14 leg. cit. vorgesehenen Anliegerleistungen jedenfalls nur einmal zu erbringen, und zwar anlässlich der Grundabteilung.

7.3. Gemäß § 14 Abs. 1 der Niederösterreichischen Bauordnung 1976, LGBl. Nr. 8200-0, hatte die Gemeinde aus Anlass der Grundabteilung einen Beitrag zu den Herstellungskosten der Fahrbahn, des Gehsteiges, der Oberflächenentwässerung und der Straßenbeleuchtung einzuheben. Der Beitrag war gleichzeitig mit der Bewilligung der Grundabteilung vorzuschreiben und war drei Monate nach Rechtskraft des Grundbuchbeschlusses fällig. Gemäß § 15 erster Satz leg. cit. waren die in den §§ 13 und 14 leg. cit. vorgesehenen Anliegerleistungen jedenfalls nur einmal zu erbringen, und zwar anlässlich der Grundabteilung.

7.4. Mit der Novelle LGBl. Nr. 8200-1 wurde § 15 aufgehoben und statt dessen dem ersten Absatz des § 14 folgende Bestimmung angefügt:

"Wenn zuvor noch kein Aufschließungsbeitrag entrichtet wurde, dann ist ein solcher nach den folgenden Bestimmungen anläßlich der erstmaligen Errichtung eines Gebäudes auf dem Bauplatz zugleich mit der Erteilung der Baubewilligung vorzuschreiben."

7.5. § 38 der im Beschwerdefall anzuwendenden Niederösterreichischen Bauordnung 1996, LGBl. Nr. 8200-0, (im Folgenden: Nö BauO 1996) lautet:

"Aufschließungsabgabe

(1) Dem Eigentümer eines Grundstücks im Bauland ist von der Gemeinde eine Aufschließungsabgabe vorzuschreiben, wenn mit rechtskräftigem Bescheid

1. ein Grundstück oder Grundstücksteil zum Bauplatz (§ 11) erklärt oder

2. eine Baubewilligung für die erstmalige Errichtung eines Gebäudes oder einer großvolumigen Anlage (§ 23 Abs. 3) auf einem Bauplatz nach § 11 Abs. 1 Z. 2 und 3, für den kein der Höhe nach bestimmter Aufschließungsbeitrag oder keine entsprechende Abgabe vorgeschrieben und entrichtet worden ist, erteilt wird.

Die Errichtung eines Gebäudes oder einer großvolumigen Anlage auf einem Bauplatz gilt als erstmalig, wenn auf diesem Bauplatz am 1. Jänner 1970 und danach kein unbefristet bewilligtes Gebäude gestanden ist.

Die Aufschließungsabgabe nach Z. 2 ist nicht vorzuschreiben, wenn die Errichtung eines Gebäudes nach § 23 Abs. 3, letzter Satz, bewilligt wird. Wird auf demselben Bauplatz ein weiteres Gebäude errichtet, ist die Abgabe vorzuschreiben.

(...)

(7) Frühere Leistungen für den Ausbau der Fahrbahn, des Gehsteiges, der Oberflächenentwässerung und der Beleuchtung einer an den Bauplatz grenzenden Straße sind auf die Aufschließungsabgabe anzurechnen, wenn sie erbracht wurden:

1. als Geldleistung auf Grund einer Vereinbarung mit der Gemeinde oder

2. als Arbeits- oder Materialleistung mit Zustimmung der Gemeinde.

Mit Verordnung des Gemeinderates dürfen für einzelne Leistungen nach Z. 2 Pauschalsätze in Prozenten der Aufschließungsabgabe festgelegt werden. Eine Geldleistung nach Z. 1 ist auf der Grundlage des Baukostenindexes der Bundesanstalt 'Statistik Österreich' zum Zeitpunkt der Vorschreibung zu valorisieren. (...)"

7.6. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass die von ihrem Rechtsvorgänger anlässlich der Erteilung des Grundabteilungsbewilligungsbescheides vom 6. Juni 1968 entrichteten Anliegerleistungen der Entstehung des gegenständlichen Abgabenanspruches nicht entgegenstünden und beruft sich dabei auf zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 ergangene hg. Erkenntnisse.

Die Abgabenbehörden haben die Vorschreibung der Abgabe aus Anlass der Erteilung einer Baubewilligung im Jahre 1999 vorgenommen. Die Abgabenvorschreibung stützt sich somit auf § 38 Nö BauO 1996, LGBl. Nr. 8200-0.

Wie sich aus diesem ergibt, ist für die Frage der Berücksichtigung bereits entrichteter Anliegerleistungen - soweit es sich nicht um Arbeits- oder Materialleistungen handelt - zu unterscheiden, ob solche auf Grund einer der Höhe nach bestimmten Abgabenvorschreibung (§ 38 Abs. 1 Z 2 leg. cit. - bewirkt das Nichtentstehen des Abgabenanspruches) oder als Geldleistung auf Grund einer Vereinbarung mit der Gemeinde (§ 38 Abs. 7 leg. cit. - führt zur Anrechnung) erbracht wurden.

Auf Grund der geänderten Rechtslage kann sich die Beschwerdeführerin bezüglich der Frage, inwieweit früher erbrachte Leistungen das Entstehen des Abgabenanspruches hindern, nicht auf die zur alten Rechtslage ergangene hg. Rechtsprechung (etwa zu § 14 Nö Bauordnung idF LGBl. Nr. 8200-1) berufen. Gegen die nunmehrige Rechtslage, der zufolge der Abgabenanspruch nur in bestimmten Fällen, in denen schon Leistungen für die Aufschließung erbracht wurden, nicht entsteht, in anderen derartigen Fällen aber früher erbrachte Leistungen "nur" angerechnet werden, begegnet auch im Lichte der von der Beschwerdeführerin zitierten hg. Überlegungen in der Vorjudikatur keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wird doch damit sichergestellt, dass Leistungen der Abgabepflichtigen oder ihrer Rechtsvorgänger auf die nach der derzeitigen Rechtslage sich ergebende Abgabenschuld jedenfalls anzurechnen sind. Dass aber der Gesetzgeber innerhalb der allgemeinen Schranken der Verfassung frei ist, durch eine Änderung von Abgabentatbeständen auch Abgabenpflichten für Fälle entstehen zu lassen, in denen nach der früheren Rechtslage keine Vorschreibung mehr zulässig gewesen wäre, sowie dass keine Bedenken dagegen bestehen, wenn ähnliche Tatbestände gegenüber früheren Abgabentatbeständen geschaffen werden, deren Entstehen durch frühere Leistungen nicht verhindert wird, sondern die Leistungen nur angerechnet werden, hat der Verfassungsgerichthof in seinem Erkenntnis vom 4. März 1997, Slg. 14.779, zu § 6a Steiermärkische Bauordnung (auf Grund eines Antrags des Verwaltungsgerichtshofes) ausgesprochen. Ein verfassungsrechtliches Gebot, für alle Fälle, in denen bereits Leistungen für die Errichtung einer öffentlichen Verkehrsfläche erbracht wurden, das Entstehen künftiger Abgabenansprüche aus dem Titel der Errichtung der Verkehrsfläche generell auszuschließen, besteht somit nicht. Eine sachgerechte Anrechungsbestimmung ist unter dem Gesichtspunkt des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes ausreichend.

Gemäß § 38 Abs. 1 Z 2 Nö BauO 1996 entfiele jedoch die Abgabepflicht im Fall der erstmaligen Bauführung nur dann, wenn für das Grundstück bereits einmal ein der Höhe nach bestimmter Aufschließungsbeitrag vorgeschrieben und entrichtet worden wäre. In diesem Zusammenhang hat die belangte Behörde jedoch zutreffend festgestellt, dass eine solche Vorschreibung im Beschwerdefall nicht erfolgt war.

Gemäß § 150 Abs. 2 NÖ AO 1977 haben Abgabenbescheide im Spruch die Art und Höhe der Abgaben, den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) zu enthalten.

Die im Grundabteilungsbescheid vom 6. Juni 1968 enthaltene Bedingung, wonach die Abteilungswerber beziehungsweise die Grundeigentümer der neu entstandenen Bauparzellen 80 % der Aufschließungskosten zu tragen hätten, kann - wie die belangte Behörde richtig erkannte - keinesfalls als eine der Höhe nach bestimmte Abgabenvorschreibung qualifiziert werden. Diese Bedingung des Abteilungsbescheides ist nämlich kein an eine konkrete Person gerichteter Abgabenbescheid. Es lässt sich auch nicht einmal der Begründung des angefochtenen Bescheides entnehmen, in welcher konkreten Höhe die Aufschließungsabgaben zu leisten wären. Dieser Spruchteil des Bescheides vom 6. Juni 1968 stellt jedenfalls keine ziffernmäßige Vorschreibung eines Aufschließungsbeitrages dar.

7.7. Für das fortzusetzende Verfahren bemerkt der Verwaltungsgerichtshof daher, dass es ihm auf Grund der vorstehenden Erwägungen zutreffend erscheint, wenn die belangte Behörde unter Berufung auf die Bestimmung des § 38 Abs. 1 Z 2 Nö BauO 1996 das Entstehen der gegenständlichen Abgabenschuld dem Grunde nach bejahte.

8. Im Hinblick auf die Ausführungen unter Punkt 1. bis 4. war die Beschwerde jedoch mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen (siehe oben Punkt 5.).

9. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 51 VwGG, in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001, im Besonderen deren § 3 Abs. 2.

Wien, am 13. August 2002

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