VwGH 2000/12/0314

VwGH2000/12/031425.9.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des Dipl. Ing. G in G, vertreten durch Mag. Dr. Regina Schedlberger, Rechtsanwältin in 8045 Graz, Andritzer Reichsstraße 42, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 8. November 2000, Zl. Präs. K- 123/2000-3, betreffend Zuerkennung von außerordentlichen Vorrückungen als Belohnung gemäß § 74 Abs. 3 der Dienst- und Gehaltsordnung der Landeshauptstadt Graz 1956, zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art130 Abs2;
DGO Graz 1957 §31g;
DGO Graz 1957 §74 Abs3;
B-VG Art130 Abs2;
DGO Graz 1957 §31g;
DGO Graz 1957 §74 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Die Stadt Graz hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Oberbaurat in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zur Landeshauptstadt Graz.

Mit Schreiben vom 14. Dezember 1999 beantragte er beim Personalamt des Magistrates Graz die Zuerkennung einer außerordentlichen Vorrückung im Ausmaß von zwei Gehaltsstufen gemäß § 74 Abs. 3 der Dienst - und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz 1956 (DO-Graz) mit Rechtswirksamkeit ab 1. Oktober 1999 unter Hinweis auf ein Schreiben des Abteilungsvorstandes des Baupolizeiamtes Dipl.-Ing. D. vom 20. Juli 1998 an den Stadtrat W. In diesem Schreiben werde ausgeführt, dass er das Wohnbaureferat aufgebaut habe. Ein Wohnbaureferent als einziger Ansprechpartner im Baupolizeiamt für alle in Graz laufenden Wohnbauprojekte sei bereits Wunsch des Bürgermeister-Stellvertreters und des Baudirektors gewesen, weil in den Medien immer wieder Klagen über die langwierigen Verfahren geführt worden seien. Dem Beschwerdeführer sei vom damals zuständigen Stadtrat im Jahre 1993 die schnellstmögliche Beförderung zum Senatsrat (Dienstklasse VIII) und für den Zeitraum bis zur tatsächlichen Beförderung die Gewährung einer angemessenen Leistungszulage zugesagt worden. Dies unter der Voraussetzung, dass er im Stande sei, jährlich 2000 Wohnungen "einer Verhandlung zuzuführen" und die Dauer der Bewilligungsverfahren wesentlich zu reduzieren. Der Beschwerdeführer habe seine Aufgabe mit großem Einsatz glänzend gelöst, jedoch keine der zugesagten Belohnungen erhalten. Da in der Folge die Dienstbehörde erster Instanz über seinen Antrag nicht entschied, stellte der Beschwerdeführer am 15. Juni 2000 bei der belangten Behörde einen Devolutionsantrag.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 8. November 2000 gab die belangte Behörde dem Devolutionsantrag vom 15. Juni 2000 gemäß § 73 AVG iVm § 1 DVG statt und wies den Antrag auf Zuerkennung einer außerordentlichen Vorrückung im Ausmaß von zwei Gehaltsstufen gemäß § 74 Abs. 3 DO-Graz ab. Sie führte in ihrer Begründung im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei seit 3. November 1978 bei der Stadt Graz tätig, seine Dienstbeschreibung laute auf "ausgezeichnet". Er sei auf einem wichtigen Dienstposten verwendet worden; seine Dienstleistung sei für die Gemeinde als besonders wertvoll zu beurteilen. Er erfülle die Voraussetzungen der Richtlinien des Gemeinderates vom 15. September 1977 für die Zuerkennung ao. Vorrückungen in eine nächsthöhere Gehaltsstufe (Stufenrichtlinien) in der Fassung des Gemeinderatsbeschlusses vom 22. Juni 1995, eine tatsächlich mindestens 6-jährige Dienstzeit bei der Stadtgemeinde Graz sowie eine auf "ausgezeichnet" lautende Dienstbeschreibung. Da die vom Beschwerdeführer erbrachten Leistungen auch nicht nach anderen Vorschriften abzugelten gewesen seien, seien die Voraussetzungen für die Anwendung des § 74 Abs. 3 DO-Graz iVm Abschnitt I der Stufenrichtlinien gegeben.

Die in den letzten Jahren geübte Ermessenspraxis bei der Zuerkennung außerordentlicher Vorrückungen sei jedoch auf Grund der Budgetsituation der Stadt Graz äußerst restriktiv gewesen. Die Berücksichtigung der budgetären Möglichkeiten des Dienstgebers stelle einen im Rahmen der Ermessenswahrnehmung zu berücksichtigenden Rechtsaspekt dar, der - sofern nur das Gleichheitsgebot nicht verletzend - sachlich gerechtfertigt sei. Es habe in den letzten Jahren keinen einzigen Fall der Gewährung einer außerordentlichen Gehaltsvorrückung an einen im Aktivstand befindlichen Dienstnehmer gegeben. Die budgetäre Situation der Stadt Graz - und hier insbesondere im Personalbereich - gebe Anlass zur Sorge.

Wenngleich dem Gehaltsgesetz 1956 (GG) eine dem § 74 Abs. 3 DO Graz analoge Bestimmung fehle, so handle es sich bei der Zuerkennung der Vorrückungen ebenfalls um eine - wenn auch weiter gehende - Form der Belohnung, weshalb die Rechtssprechung zu § 19 GG herangezogen werden könne. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei einem Beamten ein Rechtsanspruch auf Belohnung durch das GG in keinem Fall eingeräumt. Nach § 19 GG (in der Fassung der 40. GG-Novelle) könne dem Beamten für besondere Leistungen, die nicht nach anderen Vorschriften abzugelten seien, nach Maßgabe der vorhandenen Mittel eine Belohnung gezahlt werden. Obwohl die DO-Graz expressis verbis weder im § 31g noch im § 74 Abs. 3 die Gewährung einer Belohnung auf die zur Verfügung stehenden Mittel abstelle, so komme gerade dieser Frage bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen bei Ausübung des Ermessens entscheidende Bedeutung zu. Gerade die angespannte Budgetsituation der Stadt Graz habe dazu geführt, dass in den letzten Jahren außerordentliche Vorrückungen gem. § 74 Abs. 3 DO-Graz iVm Abschnitt I der Stufenrichtlinien für die Zuerkennung von außerordentlichen Vorrückungen in die nächste Gehaltsstufe bzw. für die Bemessung des Ruhegenusses anrechenbare Dienstzulagen im Ausmaß des letzten Vorrückungsstichtages nicht gewährt worden seien. Es seien neue pekuniäre Leistungsanreize in Form von Belohnungsrichtlinien geschaffen worden, die geeignet seien, qualifizierte und hochwertige Leistungen zu honorieren, ohne Folgekosten über unbestimmte Zeiträume zu bewirken.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 74 Abs. 3 der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz 1956 (DO Graz), LGBl. Nr. 30/1957, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 126/1968, lautet:

"Einem Beamten können als Belohnung für seine ausgezeichnete Dienstleistung außerordentliche Vorrückungen in eine höhere Gehaltsstufe oder, wenn er bereits die höchste Gehaltsstufe seiner Dienstklasse (Schema II) oder Verwendungsgruppe (Schema I) erreicht hat, für die Bemessung des Ruhegenusses anrechenbare Dienstzulagen im Ausmaß des letzten Vorrückungsbetrages zuerkannt werden."

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Zuerkennung einer außerordentlichen Vorrückung im Ausmaß von zwei Gehaltsstufen gemäß § 74 Abs. 3 DO-Graz verletzt. Er bringt vor, die Heranziehung einer angespannten Budgetsituation als einziges und entscheidendes Kriterium bei der Ermessensübung ließe die positive Anwendung der strittigen Bestimmung generell nicht zu. Kein einziger der Fälle, in denen die Gewährung einer außerordentlichen Gehaltsvorrückung verweigert worden sei, sei mit dem Beschwerdefall vergleichbar. Er habe durch seine ausgezeichnete Dienstleistung der Stadt Graz nachweislich Mehreinnahmen in der Höhe von mehr als 30 Millionen Schilling gebracht und sei durch ein Angebot seines Dienstgebers vom damals zuständigen Stadtrat zu dieser Leistung überredet worden. Die belangte Behörde habe im angefochtenen Bescheid dargelegt, dass der Beschwerdeführer sämtliche Voraussetzungen des Abschnitts I der Stufenrichtlinien erfülle und sei daher inhaltlich bei der Ausübung ihres Ermessens an diese Richtlinien gebunden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 2001/12/0182, in einem sachverhaltsmäßig vergleichbaren Fall ausgesprochen, dass insoweit bei der Ermessensbestimmung des § 74 Abs. 3 DO-Graz auf das Ausmaß der vorhandenen Mittel als allein entscheidendes Kriterium für die Ausübung des Ermessens abgestellt und daran anknüpfend die Zuerkennung von außerordentlichen Vorrückungen als Belohnung verweigert wird, die Ausübung des Ermessens nicht im Sinn des Gesetzes liegt. Auch sei der Verweis auf die auf § 31g DO-Graz gründenden (Belohnungs)Richtlinien nicht geeignet, eine (negative) Ermessensentscheidung hinsichtlich des ausdrücklich auf § 74 Abs. 3 DO-Graz gestützten und daher ausschließlich an Hand dieser Bestimmung zu prüfenden Anspruches zu tragen. Auf dieses Erkenntnis wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen. Auch im Beschwerdefall hat die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage bei Ausübung ihres Ermessens diesen Kriterien die entscheidende Bedeutung zugemessen und ihre Ermessensentscheidung daher nicht im Sinn des § 74 Abs. 3 DO-Graz getroffen.

Aus den angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem § 3 Abs. 2 anzuwendenden

Verwaltungsgerichtshof-Aufwandersatzverordnung

BGBl. II Nr. 501/2001. Die Gebühr nach § 24 Abs. 3

VwGG war mit EUR 181,68 zuzusprechen. Das Mehrbegehren war mangels Vorlage der Vollmacht abzuweisen.

Wien, am 25. September 2002

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