VwGH 2000/10/0025

VwGH2000/10/002527.8.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerde des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 14. September 1999, Zl. 7/8106/5/Ro-1999, betreffend Rodungsbewilligung (mitbeteiligte Partei: Dipl. Ing. Friedrich M in Grödig), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §60;
ForstG 1975 §17 Abs1;
ForstG 1975 §17 Abs2;
ForstG 1975 §17 Abs3;
ForstG 1975 §17 Abs4;
ForstG 1975 §19 Abs11;
AVG §60;
ForstG 1975 §17 Abs1;
ForstG 1975 §17 Abs2;
ForstG 1975 §17 Abs3;
ForstG 1975 §17 Abs4;
ForstG 1975 §19 Abs11;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung (BH) vom 14. September 1999 wurde der mitbeteiligten Partei gemäß den §§ 17 Abs. 2 und 18 Abs. 1 ForstG 1975 (ForstG) die Bewilligung zur Rodung näher beschriebener Teilflächen von Waldgrundstücken im Gesamtflächenausmaß von 46200 m2 zur Anlage von insgesamt 15 Wildwiesen bei Einhaltung von im Einzelnen dargestellten Auflagen erteilt. Begründend wurde ausgeführt, es überwiege nach dem Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens das öffentliche Interesse an den zur Rodung beantragten Flächen als Wildwiesen jenes an der Erhaltung dieser Flächen als Wald, weil die Wildwiesen der leichteren Bejagdbarkeit und damit der standortgemäßen Verjüngung der Waldbestände dienten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft gemäß dem - für den vorliegenden Fall eines anhängigen Verfahrens gemäß § 179 Abs. 6 letzter Satz ForstG in der Fassung des VerwaltungsreformG 2001, BGBl. I Nr. 65/2002 in Geltung belassenen - § 170 Abs. 8 ForstG unter Anschluss der Verwaltungsakten erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, die mitbeteiligte Partei beteiligte sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Er bringt hiezu im Wesentlichen vor, die belangte Behörde habe es unterlassen, ein jagdliches Gutachten einzuholen, das für die Beurteilung des öffentlichen Interesses am "Jagdwesen" erforderlich gewesen wäre. Darüber hinaus liege ein wesentlicher Mangel des Verfahrens darin, dass die belangte Behörde es verabsäumt habe, die tatsächlich gegebene Wilddichte zu erheben und diese mit dem biotopadäquaten Wildbestand ins Verhältnis zu setzen. Im forstfachlichen Gutachten finde sich lediglich der Hinweis, mit den vorgesehenen Wildwiesen solle die Bejagung und damit die Erfüllung des Abschussplanes erleichtert werden. Es sei aber weder eine Aussage über den für das Biotop angemessenen Wildstand getroffen, noch der durch einen tragbaren Wildbestand hervorgerufene Äsungsbedarf konkret beziffert wurden. Aus der Bescheidbegründung lasse sich somit mangels entsprechender Feststellungen weder ein öffentliches Rodungsinteresse, noch eine gesetzmäßige Interessenabwägung ableiten.

Gemäß § 17 Abs. 1 ForstG ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) verboten. Die Forstbehörde kann aber gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle eine Bewilligung zur Rodung erteilten, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung derselben als Wald überwiegt.

Nach § 17 Abs. 3 ForstG können öffentliche Interessen im Sinne des Abs. 2 insbesondere in der umfassenden Landesverteidigung, im Eisenbahn-, Luft- und öffentlichem Straßenverkehr, im Post- und öffentlichen Fernmeldewesen, im Bergbau, im Wasserbau, in der Energiewirtschaft, in der Agrarstrukturverbesserung sowie im Siedlungswesen begründet sein.

Gemäß § 17 Abs. 4 ForstG hat die Behörde bei Abwägung der öffentlichen Interessen im Sinne des Abs. 2 insbesondere auf eine die erforderlichen Wirkungen des Waldes gewährleistende Waldausstattung Bedacht zu nehmen; ferner sind unter diesen Voraussetzungen die Zielsetzungen der Raumordnung zu berücksichtigen.

Gemäß § 19 Abs. 11 ForstG sind Bescheide, mit denen eine Rodungsbewilligung erteilt wird, auch dann zu begründen, wenn dem Antrag vollinhaltlich Rechnung getragen wird.

Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung des Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Nach diesen Bestimmungen ist es Sache der Forstbehörde, gestützt auf entsprechende Ermittlungsergebnisse in einer der nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Weise darzulegen, ob und inwiefern am dargelegten Rodungszweck ein öffentliches Interesse besteht und gegebenenfalls, ob und aus welchen Gründen dieses öffentliche Interesse jenes an der Erhaltung der zur Rodung beantragten Fläche als Wald überwiegt. Die von der Forstbehörde vorzunehmende Interessenabwägung setzt somit voraus, dass zunächst festgestellt wird, ob und in welchem Ausmaß ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche besteht (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 21. März 2001, Zl. 2000/10/0066 und die dort zitierte Vorjudikatur).

Die belangte Behörde hat dem angefochtenen Bescheid die Auffassung zugrundegelegt, an der Verwendung der zur Rodung beantragten Flächen als Wildwiesen bestehe ein das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Flächen als Wald überwiegendes öffentliches Interesse, weil die Wildwiesen der leichteren Bejagbarkeit und damit der standortgemäßen Verjüngung der Waldbestände dienten.

Es kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob der im Beschwerdefall mit der Anlage von Wildwiesen offenbar angestrebte Zweck, die Bejagung und damit die Erfüllung des Abschussplanes zu erleichtern, als ein im öffentlichen Interesse des Jagdwesens gelegenes Interesse zu qualifizieren ist, oder - wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift meint - im öffentlichen Interesse am Schutz der umliegenden Naturverjüngungsflächen gelegen ist. Es ändert diese Qualifizierung nämlich nichts am Fehlen von Feststellungen, denen nachvollziehbar entnommen werden kann, eine Erleichterung der Bejagung sei im vorliegenden Fall erforderlich und zwar durch die Anlage der beantragten Wildwiesen, um einen ausreichenden Wildabschuss zu gewährleisten. Entsprechend konkrete Feststellungen lassen aber überhaupt erst eine Beurteilung zu, ob der mit der Anlage der Wildwiesen verfolgte Zweck im öffentlichen Interesse gelegen ist und einer Interessenabwägung i. S. d. § 17 Abs. 2 ForstG eine taugliche Grundlage geben kann.

Dieser Mangel belastet daher den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid gelangt wäre; eine Sanierung dieses Mangels ist selbst durch ausführliche Darlegungen in der Gegenschrift nicht möglich (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2 (1998) 1064 f referierte hg. Judikatur).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Wien, am 27. August 2002

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte