VwGH 2000/05/0251

VwGH2000/05/025129.1.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger-Heis, über die Beschwerde 1. des AG und 2. der TG, beide in Seewalchen, vertreten durch Dr. Martin Morscher und Dr. Monika Morscher-Spießberger, Rechtsanwälte in 4840 Vöcklabruck, Stadtplatz 7, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 3. Oktober 2000, GZ.: BauR-011659/4-2000-Ba/Pa, betreffend Verfahren gemäß § 10 O.ö. Straßengesetz 1991, (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Seewalchen a. A., vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art119a Abs5;
LStG OÖ 1991 §10 Abs1;
LStG OÖ 1991 §6;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art119a Abs5;
LStG OÖ 1991 §10 Abs1;
LStG OÖ 1991 §6;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Oberösterreich insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 17. August 1993 stellten zwölf "Verkehrsinteressenten" den an die mitbeteiligte Marktgemeinde gerichteten Antrag "auf Feststellung des Gemeingebrauches gem. § 10 des O.ö. Straßengesetze 1991" für das Grundstück Nr. 1078/1, "da seit mehr als 30 Jahren dieses Straßenstück für Verkehrszwecke benützt wird".

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung stellte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Bescheid vom 25. Oktober 1995 "für den in der Beilage 1 gekennzeichneten Weg auf den Parzellen Nr. 1078/1, 1079/2 und 1079/3, (Grundstücksteile dieser Parzellen), alle KG Litzlberg, (...) auf Grund des § 10 Abs. 1 des O.ö. Straßengesetzes 1991, LGBl. Nr. 84/1991, idgF. das Vorliegen des Gemeingebrauches" fest. Die Breite des gegenständlichen Weges wurde "durchgehend mit 3 Metern bestimmt und der Weg als ländliche Straße mit geringer Verkehrsbedeutung eingeordnet".

Die dagegen von den Beschwerdeführern, den Eigentümern der Parzellen Nr. 1078/1 und 1079/2, erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 31. Jänner 1996 als unbegründet abgewiesen.

Mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 11. März 1996 wurde der gegen den Berufungsbescheid erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführer Folge gegeben und festgestellt, dass die Beschwerdeführer in ihren Rechten verletzt worden sind. Die Vorstellungsbehörde führte in der Begründung ihres aufhebenden Bescheides aus, dass durch bestimmte, auf besonderen Rechtstiteln des Privatrechtes oder des öffentlichen Rechtes beruhenden Wegerechte kein Gemeingebrauch begründet werden könne, wobei es unerheblich sei, ob es sich dabei um im Grundbuch eingetragene Dienstbarkeiten oder um ersessene Rechte handle. Werde eine Wegparzelle lediglich von "Anrainern" auf Grund besonderer Rechtstitel benützt, so komme dem Gemeingebrauch keine Bedeutung zu (Hinweis auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Oktober 1993, Zl. 92/06/0238, und vom 23. Juni 1988, Zl. 88/06/0023, 0024). Jene Personen, die unbestrittenermaßen ein Geh- oder Fahrtrecht besäßen, könnten zur Klärung der Frage, ob hier die Voraussetzungen für die Feststellung des Gemeingebrauchs vorlägen oder nicht, nichts beitragen bzw. könnten deren Aussagen als Beweisgrundlage nicht herangezogen werden.

Servitutsberechtigte benützten nämlich einen Weg nicht - wie dies § 10 Abs. 3 O.ö. Straßengesetz 1991 verlange - "unabhängig vom Willen des jeweiligen Grundeigentümers und dritter Personen", sondern mit ausdrücklicher Duldung des Wegebesitzers. Dahingehend sei auch die Aussage des Erstbeschwerdeführers zu verstehen, wonach er keinem der bei der Verhandlung anwesenden Zeugen bzw. Verkehrsinteressenten jemals die Benützung des Weges untersagt habe. Schon anlässlich der mündlichen Verhandlung hätten drei Zeugen ausdrücklich erklärt, Servitutsrechte zu besitzen. Im fortgesetzten Verfahren werde es daher notwendig sein, jene Personen festzustellen, denen tatsächlich ein von den Vorstellungswerbern anerkanntes Geh- und/oder Fahrtrecht zugestanden wird. Sollten sich die Behauptungen der Beschwerdeführer als richtig erweisen, dass nur die Ehegatten G und GB ein solches Recht nicht für sich in Anspruch nehmen könnten, so werde es in der Folge unerlässlich sein, noch weitere Personen dahingehend zu befragen, ob, in welchem Umfang, d. h. hinsichtlich welcher Arten des öffentlichen Verkehrs (z.B. Fußgängerverkehr), und in welchem Zeitraum die Benützung des gegenständlichen Weges im Rahmen des öffentlichen Verkehrs erfolgt sei.

Nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde der Berufung der Beschwerdeführer teilweise Folge und änderte den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend ab, "dass der Gemeingebrauch des Weges auf den Grundstücken Nr. 1078/1, 1078/3, 1079/2, 1079/3, KG Litzlberg, festgestellt wird. Die Breite des Weges durchgehend wird mit 2,50 Metern festgestellt. Der Verlauf und die Lage des Weges ist aus dem beiliegenden Lageplan ersichtlich, der einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides darstellt. Dieser Weg wird als Ortschaftsweg eingeordnet." Im Lageplan wurde "Lage und Verlauf des Weges" verbal wie folgt näher beschrieben:

"Der Weg beginnt östlich im Anschluss an die öffentliche Wegparzelle 2710, KG Litzlberg und verläuft in westlicher Richtung auf den Grundstücken Nr. 1078/1, 1078/3, 1079/2, 1079/3, KG Litzlberg bis zum Grundstück Nr. 999 bzw. 994/2, KG Litzlberg."

In der Begründung des Berufungsbescheides wird wie folgt ausgeführt:

"Dem Berufungsvorbringen der Zeugenaussagen von Servitutsberechtigten wurde aufgrund der Vorstellungsentscheidung stattgegeben.

Zu dem weitern Vorbringen wird festgestellt, dass das Vorliegen des Gemeingebrauches aufgrund der vorliegenden Zeugenaussagen, insbesondere von DB, SF, FA, GT, MF u. T festgestellt wird. Auch die weiteren Zeugenaussagen von G u. GB, KB, CS, WJ u. H, SO u. KK unterstützten eine Feststellung des Gemeingebrauches.

Für die Berufungsbehörde besteht kein Anhaltspunkt dafür, die Aussagen der Zeugen, besonders der unter Wahrheitsermahnung niederschriftlich einvernommenen, in Zweifel zu ziehen. Unter der Voraussetzung der Wahrheitspflicht für Zeugen und im Rahmen der Beweiswürdigung ist die Berufungsbehörde berechtigt, Zeugenaussagen einen höheren Wahrheitsgehalt beizumessen als etwa Äußerungen von Parteien oder Beteiligten, die nicht an die Wahrheitspflicht gebunden sind.

Die Breite des Weges von durchgehend 2,50 Metern sowie der Verlauf des Weges lt. beiliegender Skizze wird im Zuge der Beweiswürdigung aufgrund der niederschriftlich einvernommenen Zeugen festgestellt. In welcher Weise die Breite des Weges sowie dessen Verlauf unrichtig sein sollte, haben Sie bisher in ihren Eingaben nicht aufgezeigt.

Die weiteren Berufungsvorbringen sowie Stellungnahmen zum Ergebnis der Beweisaufnahme werden abgewiesen."

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführer keine Folge und stellte fest, dass die Beschwerdeführer durch diesen Bescheid in ihren Rechten nicht verletzt werden.

Wie sich aus dem Vorbringen der Beschwerdeführer ergebe, sei die Frage strittig, ob der über private Grundstücksflächen führende Weg 30 Jahre allgemein für Verkehrszwecke genutzt worden sei, ohne dass die Verfügungsberechtigten dagegen eingeschritten wären. Maßgeblicher Zeitpunkt für die 30-jährige "Ersitzungszeit" sei im vorliegenden Fall das Jahr 1993. In diesem Jahr hätten die Beschwerdeführer durch das Aufstellen einer Fahrverbotstafel mit dem Zusatz "Privat, ausgenommen Servitutsberechtigte" zu erkennen gegeben, dass sie mit der allgemeinen Benutzung ihrer Grundstücke nicht mehr einverstanden seien. Zu prüfen sei daher, ob vor dem Anbringen dieses Verkehrszeichens zuvor 30 Jahre lang der Gemeingebrauch bestanden habe. Von einem derartigen Sachverhalt habe der Gemeinderat ausgehen dürfen, weil den Aussagen von zumindest vier einvernommenen Zeugen und von EG eindeutig zu entnehmen sei, dass die in Rede stehenden Grundstücke über einen mehr als 30-jährigen, ununterbrochenen Zeitraum hinaus allgemein für Verkehrszwecke in Anspruch genommen worden seien. So habe beispielsweise BD erklärt, dass sie seit 1937 bis etwa Mitte der 60er Jahre den Weg mit einem Fuhrwerk (Kühe) befahren habe, um vom angrenzenden Wald Brennmaterial zu holen. Ab etwa 1965 sei dieser Weg von ihrem Gatten mit einem Traktor befahren worden. Ähnlich habe sich AF geäußert, die seit 1917 in Litzlberg wohne. Abgesehen davon, dass ihre Familie diesen Weg für Verwandtenbesuche in Eggenberg benutzt habe, sei dieser Weg während des Zweiten Weltkrieges für die Holzbringung mit Wagengespannen in Anspruch genommen worden. Auch TG, die seit 1946 in Litzlberg wohne, habe diesen Weg ab 1946 mit Ochsengespannen befahren, ab etwa 1963 mit einem Traktor. TM, die seit 1948 in Litzlberg wohnhaft sei, habe ausgesagt, den Weg seit diesem Zeitpunkt zunächst als Fußgängerin, in der Folge mit einem Fahrrad, ab 1963 mit einem Traktor und ab 1973 mit einem PKW genutzt zu haben. Zuvor hätten ihre Eltern diesen Weg mit einem Ochsengespann befahren. GB, ebenfalls in Litzlberg wohnhaft, habe angegeben, ab 1959 diesen Weg mit einem PKW befahren zu haben. FS, seit 1960 in Litzlberg beheimatet, habe angegeben, seit diesem Zeitpunkt den Weg sowohl als Fußgänger als auch mit dem PKW benutzt zu haben. EG habe zu Protokoll geben, seit 1958 in Litzlberg zu wohnen und den Weg ununterbrochen auch mit einem PKW benützt zu haben. Hiezu hätten sich die Beschwerdeführer in ihrer Berufung dahingehend geäußert, dass EG in ihrer Jugend die Servitutsberechtigung ihrer Eltern ausgenutzt habe, nach dem Verlassen ihrer elterlichen Wohnung die "Beanspruchung dieser Servitut" jedoch verloren habe. Insoweit die Beschwerdeführer die Feststellung der Berufungsbehörde, der Weg sei mit Ochsengespannen benutzt worden, bekämpften, so sei diese Feststellung nicht von entscheidender Bedeutung. Maßgeblich sei vielmehr die Tatsache, dass einige der einvernommenen Zeugen (TG, TM, GB, FS, EG) über einen Zeitraum von 30 Jahren und mehr den gegenständlichen Weg mit Zugmaschinen und/oder Personenkraftwagen befahren hätten; dies sei von den Beschwerdeführern ernsthaft, nämlich unter Hinweis auf konkrete Anhaltspunkte oder gar Beweise, nicht bestritten worden. Auch der Argumentation, in unmittelbarer Nähe existiere ein alter Kirchenweg zum Hause "G", der eine kürzere Wegverbindung darstelle und daher auch von Fußgängern benützt worden sei, sei der Boden entzogen, weil die Benützung von privaten Grundflächen mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen jedenfalls auch die Benützung durch Fußgänger inkludiere. Dass dieser Weg von Fußgängern nicht frequentiert worden wäre, habe das Ermittlungsverfahren nicht ergeben. Soweit die Beschwerdeführer generell und ganz allgemein die Glaubwürdigkeit der Aussagen der einvernommenen Zeugen in Frage stellten (Stichwort: Absprache), sei zu bedenken, dass Zeugen auf Grund ihrer verfahrensrechtlichen Stellung der Wahrheitspflicht unterlägen und bei deren Verletzung mit strafrechtlichen Sanktionen rechnen müssten, hingegen Parteien keine derartigen Sanktionen träfen. Unter diesen Gesichtspunkten könne die Glaubwürdigkeit von Zeugenaussagen nur dann erschüttert werden, wenn eindeutige Hinweise in diese Richtung bestünden. Den Beschwerdeführern sei es jedoch nicht gelungen, durch konkrete Behauptungen die Beweiskraft sämtlicher Zeugenaussagen zu erschüttern. Schon allein auf Grund der unbedenklichen Zeugenaussagen von TG, TM, GB und FS sowie EG sei davon auszugehen, dass der strittige Weg mehr als 30 Jahre ganz allgemein für Verkehrszwecke in Anspruch genommen worden sei, ohne dass die Eigentümer dies in irgendeiner Weise, zumindest nicht vor 1993, behindert hätten. Es bestehe kein Anhaltspunkt dafür, die Beweiswürdigung der Berufungsbehörde, die sich hauptsächlich auf die unter der Wahrheitspflicht einvernommenen Zeugen stütze, in Zweifel zu ziehen. Wenngleich den Beschwerdeführern zuzustimmen sei, dass es die Berufungsbehörde unterlassen habe, sich sachlich mit ihren Einwendungen auseinander zu setzen, könne darin kein solcher Mangel erkannt werden, der zu einer Aufhebung des Berufungsbescheides führe. Diesem Verfahrensmangel käme nur dann Bedeutung zu, wenn dies zu einem anders lautenden Ergebnis geführt hätte. Eine solche Annahme sei jedoch nicht begründet, weil die Berufungsbehörde entsprechend den vorstehenden Erwägungen - in Übereinstimmung mit den Überlegungen der Aufsichtsbehörde - im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen sei, dass der strittige Weg 30 Jahre lang in Gemeingebrauch gestanden sei.

Die Beschwerdeführer rügten unter Hinweis auf § 492 ABGB, die Benützung eines Weges zum Besuch von Verwandten und Freunden sowie zum Verbringen eines Urlaubes sei durch die bestehenden Geh- und Fahrtrechte gedeckt, weshalb die Aussagen der Zeugen FM, FB, JW, HW, OS und CS (nach Ansicht der belangten Behörde aber auch die Aussagen der Zeugen F und KK) bei der Beurteilung des Falles außer Betracht bleiben müssten. Insoweit sei den Beschwerdeführern auch zuzustimmen, es dürfe jedoch nicht übersehen werden, dass die Berufungsbehörde selbst bei Beachtung dieses Umstandes zu keinem für die Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte kommen können. Es reichten nämlich die Aussagen der Zeugen TG, TM, GB und FS sowie EG für die Annahme eines Gemeingebrauches voll aus. Die von den Beschwerdeführern angedeutete abstrakte Möglichkeit, auch diese Zeugen hätten ein Servitutsrecht erwerben können, sei durch die Ermittlungsergebnisse nicht gedeckt. Für das Aufstellen eines verordnungspflichtigen Verkehrszeichens sei die Frage, ob eine Straße oder ein Weg die Merkmale der Öffentlichkeit gemäß O.ö. Straßengesetz 1991 erfülle, ohne Belang. Das Grundstück Nr. 1078/3 stehe nicht im Eigentum der Beschwerdeführer, weshalb sie dadurch, dass die Berufungsbehörde erstmals Teile dieses Grundstück in die Feststellung der Öffentlichkeit mit einbezogen habe, nicht in ihren Rechten verletzt sein könnten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid "in dem Recht auf Abstandnahme von der Feststellung des Gemeingebrauchs des u. a. auch auf ihren Grundstücken 1078/1 und 1092/2, je Grundbuch 50310 Litzlberg, verlaufenden Weges" verletzt. Sie machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend und führen aus, erstmals im zweiten Rechtsgang sei der Gegenstand der Verhandlung auf eine vierte Parzelle, nämlich auf Grundstück Nr. 1078/3 (grundbücherlicher Eigentümer GG, EZ 67, Grundbuch 50310 Litzlberg) ausgedehnt worden. Es fehlten Feststellungen, wo der gegenständliche Weg tatsächlich ende. Der Plan lasse erkennen, dass der Weg im östlichen Bereich noch in das Grundstück Nr. 1077 rage. Demnach seien nur Teile des gegenständlichen Weges für den Gemeingebrauch festgestellt worden; dies sei jedoch unzulässig und rechtswidrig (Hinweis auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. Oktober 1950, Slg. Nr. 1669/A, vom 17. April 1986, Zl. 84/06/0238, und vom 28. November 1989, Zl. 84/05/0029). Der Berufungsbescheid sei "im wesentlichen ohne jegliche Begründung geblieben". Dieser Bescheid setze sich nicht mit den Tatbestandsmerkmalen des § 10 O.ö. Straßengesetz 1991, insbesondere die Zeitdauer, die Unabhängigkeit vom Willen des Grundeigentümers und dritter Personen, den Gemeingebrauch für Verkehrszwecke und das Vorliegen einer ausdrücklichen Widmung, auseinander. Dem Auftrag der Aufsichtsbehörde im aufhebenden Bescheid sei die Berufungsbehörde nicht nachgekommen. Die Behörden hätten den Umfang der auf Privatrechtstiteln oder sonstigen Titeln beruhenden Benützung des Weges durch Beischaffung von diesbezüglichen Urkunden und Einholung sonstiger Beweise, wie z.B. Zeugen, "erkunden" müssen. Auf Grund der bisherigen Aktenlage bleibe offen, ob und inwieweit die befragten Personen bzw. Zeugen den Weg auf Grund eines Privatrechtstitels oder eines öffentlichen Titels bzw. in Ableitung eines solchen, benutzten. Unabhängig davon sei nicht erhoben worden, ob im Einzelfall eine zeitlich und inhaltlich beschränkte Duldung seitens der Beschwerdeführer bzw. der anderen Grundstückseigentümer vorgelegen habe. Im zweiten Rechtsgang habe keine mündliche Verhandlung stattgefunden; dadurch habe die Berufungsbehörde gegen zwingende Verfahrensvorschriften des § 10 Abs. 2 leg. cit. verstoßen.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Hinblick auf die amtswegige Einleitung des beschwerdegegenständlichen Verfahrens betreffend die Feststellung des Gemeingebrauchs gemäß § 10 O.ö. Straßengesetz 1991, LGBl. Nr. 84/1991, im Jahre 1994 ist hier dieses Gesetz in der Fassung LGBl. Nr. 111/1993 anzuwenden (siehe Artikel II Abs. 3 der O.ö. Straßengesetz-Novelle 1997, LGBl. Nr. 82/1997, wonach die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Landesgesetzes anhängigen Verwaltungsverfahren nach der bisher geltenden Rechtslage weiterzuführen und abzuschließen sind).

Die hier maßgebliche Bestimmung des O.ö. Straßengesetz 1991

hat folgenden Wortlaut:

"§ 10

Feststellung des Gemeingebrauchs

(1) Werden Grundstücke oder Grundstücksteile seit mindestens 30 Jahren unabhängig vom Willen des Grundeigentümers und dritter Personen im Gemeingebrauch für Verkehrszwecke benützt, ohne dass hiefür eine ausdrückliche Widmung vorliegt, so hat die Behörde über Antrag des Grundeigentümers oder von Amts wegen durch Bescheid das Vorliegen des Gemeingebrauchs festzustellen. Ein amtswegiges Verfahren ist jedenfalls einzuleiten, wenn dies von mehr als zwei Verkehrsinteressenten verlangt wird.

(2) Der Feststellung hat eine mit einem Augenschein an Ort und Stelle zu verbindende mündliche Verhandlung vorauszugehen; diese Verhandlung ist öffentlich zugänglich. Zur Verhandlung sind die betroffenen Grundeigentümer und dinglich Berechtigten als Parteien zu laden. Jene der Behörde bekannten Personen, die an der Feststellung des Gemeingebrauchs ein berechtigtes Interesse besitzen, sind davon in geeigneter Weise zu verständigen.

(3) Der Bescheid hat die Grundstücke oder Grundstücksteile, die im Gemeingebrauch benützt werden, genau zu bezeichnen. Mit der rechtskräftigen Feststellung des Gemeingebrauchs ist die Straße öffentlich und gilt als Verkehrsfläche der Gemeinde."

Das beschwerdegegenständliche Verfahren zur Feststellung des Gemeingebrauchs von Grundstücksteilen für Verkehrszwecke ist auf Grund des Verlangens mehrerer Verkehrsinteressenten zulässigerweise von Amts wegen eingeleitet worden.

Tatbestandsvoraussetzung für das Vorliegen des Gemeingebrauchs im Sinne des § 10 Abs. 1 O.ö. Straßengesetz 1991 ist, dass Grundstücke oder Grundstücksteile seit mindestens 30 Jahren unabhängig vom Willen des jeweiligen Grundeigentümers und dritter Personen im Gemeingebrauch für Verkehrszwecke benützt werden, ohne dass hiefür eine ausdrückliche Widmung vorliegt. Die Notwendigkeit der Verkehrsverbindung muss nicht vorliegen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1995, Zl. 95/05/0226).

Der Gemeingebrauch besteht gemäß § 6 leg. cit. in der Möglichkeit der Benützung von bestimmten Grundflächen von jedermann unter gleichen Bedingungen für Verkehrszwecke. Für die Feststellung des Gemeingebrauchs ist Voraussetzung, dass eine solche Benützung einer Grundfläche seit mindestens 30 Jahren unabhängig vom Willen des Grundeigentümers und dritter Personen erfolgt(e). Hiezu bedarf es im Wesentlichen begründeter Feststellungen darüber, wer, seit wann, wie oft, mit welchen Verkehrsmitteln, zu welchem Zweck, mit wessen Zustimmung, welche - genau zu beschreibenden - Grundflächen benützt hat (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1996, Zl. 95/05/0331).

Der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde kam als Berufungsbehörde im zweiten Rechtsgang nach Durchführung ergänzender Beweisaufnahmen zum Ergebnis, dass der im Berufungsbescheid im Zusammenhang mit dem zum integrierenden Bestandteil dieses Bescheides erklärten Lageplan näher umschriebene Weg gemäß den im § 10 Abs. 1 O.ö. Straßengesetz 1991 geforderten Tatbestandsvoraussetzungen im Gemeingebrauch für Verkehrszwecke bis zum Widerspruch durch die Beschwerdeführer im Jahre 1993 genutzt worden ist. Auch wenn der von der Berufungsbehörde nunmehr beschriebene Weg teilweise von dem von der Behörde erster Instanz festgestellten Verlauf des Weges abweicht, hat die Berufungsbehörde nicht über eine "andere Sache" entschieden; in Ermangelung einer einschränkenden Bestimmung wäre die Berufungsbehörde vielmehr gemäß § 66 Abs. 4 AVG auch berechtigt gewesen, den erstinstanzlichen Bescheid bezüglich des festzustellenden Verlaufes des den Verfahrensgegenstand bildenden Weges auch zum Nachteil der Berufungswerber zu ändern (siehe das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1998, Zl. 98/05/0023). Die Berufungsbehörde hat den für den Gemeingebrauch festgestellten Weg auch deutlich und für jedermann erkenntlich umschrieben. Aus der verbalen Umschreibung im Spruch des Berufungsbescheides ist im Zusammenhang mit dem Lageplan der Verlauf des Weges eindeutig zu entnehmen. Es bestehen auch keine Zweifel am Beginn und Ende dieses Weges. Dass das Grundstück Nr. 1077, KG Litzlberg, im Spruch des Bescheides nicht ausdrücklich angeführt ist, schadet im Hinblick auf die sich in anderer Weise ergebende Bestimmtheit der Sache daher nicht; es bestehen keine Divergenzen zwischen Bescheidspruch und Lageplan. Im Übrigen können in dem Umstand, dass das vorerwähnte Grundstück im Bescheidspruch nicht ausdrücklich erwähnt worden ist, im Beschwerdefall Rechte der Beschwerdeführer nicht verletzt sein, weil dieses Grundstück nicht in ihrem Eigentum steht und ihnen auch keine Sonderrechte an diesem Grundstück zukommen. Verfehlt ist in diesem Zusammenhang auch das Vorbringen der Beschwerdeführer, nur Teile des gegenständlichen Weges seien für den Gemeingebrauch festgestellt worden.

Den Beschwerdeführern ist insofern zu folgen, dass mangels einer ausreichenden Beweiswürdigung für sie nicht nachvollziehbar war, wie und warum die Berufungsbehörde in ihrem Bescheid zu den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen gelangt ist. Die belangte Behörde hat im Rahmen ihrer aufsichtsbehördlichen Prüfungsbefugnis zum Zwecke der Kontrolle der Beweiswürdigung der Berufungsbehörde die Wesentlichkeit dieses Verfahrensmangels geprüft und kam in ihren überzeugenden Erwägungen zum Ergebnis, dass die Annahmen der Berufungsbehörde bezüglich der von ihr festgestellten Ermittlungsergebnisse richtig sind. Die Vorstellungsbehörde darf im Rahmen der ihr übertragenen aufsichtsbehördlichen Rechtmäßigkeitskontrolle eines gemeindebehördlichen Bescheides durch eigene Ermittlungen die Voraussetzungen für die endgültige Lösung der Frage, ob eine Rechtsverletzung des Vorstellungswerbers eingetreten ist, prüfen; sie ist also berechtigt, selbständig ein Ermittlungsverfahren durchzuführen, um sich darüber Gewissheit zu verschaffen, ob ein Vorstellungswerber infolge einer falschen oder unzureichenden Sachverhaltsermittlung durch den Bescheid des obersten Gemeindeorganes in einem Recht verletzt worden ist (siehe das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1998, Zl. 98/05/0034). Sie kann daher auch Beweise aufnehmen, um zu prüfen, ob ein wesentlicher Verfahrensmangel vorliegt, und ist demnach berechtigt, zur Prüfung der Frage, ob ein Verfahrensmangel wesentlich ist und/oder ob die Gemeindebehörde unter Vermeidung des gegebenen Verfahrensmangels zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, eine Beweisaufnahme durchzuführen; dies auch zum Zwecke der Kontrolle der Beweiswürdigung (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 14. Dezember 1978, Slg. Nr. 9723/A, zur insoweit vergleichbaren Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes im Rahmen eines Bescheidbeschwerdeverfahrens). Die belangte Behörde hat dies in einem von Mängeln freien Verfahren auf Grund der Aktenlage vorgenommen; das AVG sieht nämlich eine Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme nicht vor (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1998, Zl. 98/05/0023). Dass die von der belangten Behörde in diesem Zusammenhang im angefochtenen Bescheid angestellten Erwägungen nicht zutreffend wären, wird in der Beschwerde nicht behauptet. Insbesondere wird nicht bestritten, dass die Zeugen TG, TM, GB, FS und EG den Weg ohne besondere Rechtstitel benützt haben. Der Verwaltungsgerichtshof vermag im Rahmen der ihm gestellten Prüfungsaufgabe eine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid nicht zu erkennen, entsprechen die Darlegungen doch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut und können mit den Denkgesetzen in Einklang gebracht werden. Auf Grund der vorliegenden, ausreichend gewürdigten Beweisergebnisse, konnte daher die Berufungsbehörde ohne Rechtsirrtum zum Schluss kommen, dass der hier zu beurteilende Weg von den Personen, die ein Interesse daran hatten, - auch ohne irgendwelche insbes. private Sonderrechte - seit mehr als 30 Jahren unabhängig vom Willen der jeweiligen Grundeigentümer und/oder anderer dritter Personen, insbes. der Beschwerdeführer, bis 1993 für Verkehrszwecke im festgestellten Umfang benützt worden ist.

Weiterer Feststellungen bedurfte es nicht, weil hinreichend geklärt worden ist, dass die Benützung des Weges von allenfalls bestehenden Servitutsrechten losgelöst erfolgt ist. Die Beschwerdeführer behaupten in Beschwerde selbst nicht, dass und bejahendenfalls welche auf das Privatrecht zurückzuführenden Sonderrechte die Benützer dieses Weges hatten. Das Verwaltungsverfahren hat hiefür auch keinen konkreten Anhaltspunkt gegeben, sodass die Behörden keinen Anlass hatten, das Beweisverfahren diesbezüglich zu ergänzen.

Die Behörde erster Instanz hat gemäß § 10 Abs. 2 O.ö. Straßengesetz 1991 an Ort und Stelle eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Warum auch die Berufungsbehörde eine Verhandlung hätte durchführen sollen, wird in der Beschwerde nicht ausgeführt. Die Wesentlichkeit eines allenfalls darin liegenden Verfahrensmangels zeigen die Beschwerdeführer nicht auf.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 1 Z. 6 VwGG nicht geboten.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 29. Jänner 2002

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