VwGH 99/21/0326

VwGH99/21/032628.2.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des am 26. Februar 1961 geborenen P, vertreten durch Dr. Paul Delazer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 29. Juli 1999, Zl. Fr-4250a- 82/99, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §14 Abs1 Z1;
AsylG 1997 §14 Abs1 Z2;
AsylG 1997 §14 Abs1 Z5;
AsylG 1997 §14 Abs4;
AsylG 1997 §14 Abs5;
AsylG 1997 §20 Abs1;
FrG 1997 §23 Abs7;
VwRallg;
AsylG 1997 §14 Abs1 Z1;
AsylG 1997 §14 Abs1 Z2;
AsylG 1997 §14 Abs1 Z5;
AsylG 1997 §14 Abs4;
AsylG 1997 §14 Abs5;
AsylG 1997 §20 Abs1;
FrG 1997 §23 Abs7;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen einen im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg (der belangten Behörde) vom 29. Juli 1999, mit dem gegen den Beschwerdeführer, einen rumänischen Staatsbürger, gemäß § 36 Abs. 1 und 2 Z. 1, 2 und 7 i. V. m. §§ 37 bis 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein mit zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen wurde.

Der Beschwerdeführer sei nach der Begründung dieses Bescheides wie folgt verurteilt worden:

§ 23. ...

...

(7) Auf Grund einer Mitteilung der Asylbehörde gemäß § 14 Abs. 4 des Asylgesetzes 1997 hat die Behörde dem Fremden ungeachtet des § 28 Abs. 5 wegen Eintrittes eines Endigungsgrundes (Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention) von Amts wegen eine weitere Niederlassungsbewilligung unbefristet zu erteilen, die für jeglichen Aufenthaltszweck gilt.

..."

Die §§ 14 und 20 des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76, lauten:

"Verlust des Asyls

§ 14. (1) Asyl ist von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn

1. Asyl auf Grund eines Asylantrages oder von Amts wegen gewährt wurde und einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist;

2. Asyl durch Erstreckung gewährt wurde, der hiefür maßgebliche Grund weggefallen ist und kein anderer Grund für Asylerstreckung besteht;

3. die Fremden den Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen in einem anderen Staat haben;

4. einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Ausschlussgründe eingetreten ist;

5. die Fremden aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit der Republik darstellen oder von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden sind und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeuten. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine solche durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht.

(2) In den Fällen einer Aberkennung hat die Behörde mit der Aberkennung die Feststellung zu verbinden, dass damit dem Betroffenen die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt.

(3) Mit einer Aberkennung gemäß Abs. 1 Z 4 und 5 hat die Behörde eine Feststellung darüber zu verbinden, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist (§ 57 FrG).

(4) Eine Aberkennung des Asyls gemäß Abs. 1 Z 1 oder 2 ist nicht mehr zulässig, wenn seit der Asylgewährung bereits fünf Jahre oder seit Einbringung des für die Asylgewährung maßgeblichen Antrages bereits acht Jahre verstrichen sind und die Fremden ihren Hauptwohnsitz im Bundesgebiet haben. In solchen Fällen hat die Behörde die nach dem Fremdengesetz zuständige Behörde vom Sachverhalt zu verständigen.

(5) Erwerben Fremde, denen Asyl gewährt wurde, die österreichische Staatsbürgerschaft oder wird ihnen in den Fällen des Abs. 4 eine unbefristete Niederlassungsbewilligung (§ 23 Abs. 7 FrG) erteilt, so treten die Bescheide, mit denen Asyl gewährt und die Flüchtlingseigenschaft festgestellt wurde, von Gesetzes wegen außer Kraft.

...

Dauernd und befristet Aufenthaltsberechtigte

§ 20. (1) Das Fremdengesetz findet auf Fremde, denen Österreich Asyl gewährt oder die im Besitz einer befristeten Aufenthaltsberechtigung sind, mit Ausnahme der §§ 33, 41 bis 43, 45 Abs. 3 und 4, 52 bis 56, 59 bis 63 sowie 84 und 107 Anwendung. Ein Aufenthaltsverbot darf gegen Flüchtlinge nur verhängt werden, wenn die Voraussetzungen für die Aberkennung des Asyls gemäß § 14 Abs. 1 Z 5 gegeben sind.

(2) Ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung wird - ungeachtet der in § 40 FrG genannten Voraussetzungen - gegen die in Abs. 1 genannten Fremden erst durchsetzbar, wenn diese ihre Aufenthaltsberechtigung (§ 31 Abs. 1 und 3 FrG) verloren haben."

Artikel 1 Abschnitt C der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, lautet:

"(C) Dieses Abkommen wird auf eine Person, die unter die Bestimmung des Abschnitts A fällt, nicht mehr angewendet werden, wenn sie

1. sich freiwillig wieder unter den Schutz ihres Heimatlandes gestellt hat; oder

2. die verlorene Staatsangehörigkeit freiwillig wieder erworben hat; oder

3. eine andere Staatsangehörigkeit erworben hat und den Schutz ihres neuen Heimatlandes genießt, oder

4. sich freiwillig in den Staat, den sie aus Furcht vor Verfolgung verlassen oder nicht betreten hat, niedergelassen hat; oder

5. wenn die Umstände, auf Grund derer sie als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen und sie es daher nicht weiterhin ablehnen kann, sich unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen.

Die Bestimmungen der Ziffer 5 sind nicht auf die in Ziffer 1 des Abschnittes A dieses Artikels genannten Flüchtlinge anzuwenden, wenn sie die Inanspruchnahme des Schutzes durch ihr Heimatland aus triftigen Gründe, die auf frühere Verfolgungen zurückgehen, ablehnen;

6. staatenlos ist und die Umstände, auf Grund derer sie als Flüchtling anerkannt ist, nicht mehr bestehen, sie daher in der Lage ist, in ihr früheres Aufenthaltsland zurückzukehren.

Die Bestimmungen der Ziffer 6 sind jedoch auf die in Ziffer 1 des Abschnittes A dieses Artikels genannten Personen nicht anzuwenden, wenn sie die Inanspruchnahme des Schutzes durch ihr früheres Aufenthaltsland aus triftigen Gründen, die auf frühere Verfolgungen zurückgehen, ablehnen."

Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen deswegen für rechtswidrig, weil er anerkannter Flüchtling sei und in keinem einzigen Verfahren festgestellt worden sei, dass ein Asylendigungsgrund - dessen Vorliegen er bestritten habe - eingetreten sei. Die Erlassung und sogar die Durchsetzung eines Aufenthaltsverbotes gegen ihn sei daher nach den §§ 20 und 21 des Asylgesetzes 1997 unzulässig. Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 12. Mai 1998, mit dem ihm eine unbefristete Niederlassungsbewilligung erteilt worden sei, enthalte kein Wort darüber, dass damit gemäß § 14 Abs. 5 letzter Halbsatz des Asylgesetzes 1997 der Asylbescheid von Gesetzes wegen außer Kraft trete. Es zeige sich, dass ihn die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn mit diesem Bescheid in die Irre geführt habe, um dann, nach Eintritt der Rechtskraft, sofort ein Aufenthaltsverbotsverfahren einzuleiten. Es sei für ihn verwirrend, wenn er zunächst die Mitteilung der Asylbehörde in Händen halte, dass ihm das Asyl nicht aberkannt werden könne, weil er schon länger als fünf Jahre in Österreich sei, und wenn er dann im Anschluss daran einen Bescheid der Aufenthaltsbehörde erhalte, dass er nun auch eine unbefristete Niederlassungsbewilligung erhalten habe. Für keinen Bescheidadressaten sei erkennbar, dass damit in seine bisher bescheidmäßig zuerkannten Rechte (Zuerkennung von Asyl bzw. Flüchtlingseigenschaft) eingegriffen würde.

Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sei auch im Hinblick darauf rechtswidrig, dass es der Fremdenbehörde nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwehrt sei, ein Aufenthaltsverbot zu verhängen, wenn sie zuvor in Kenntnis aller Umstände die Aufenthaltsbewilligung erteilt habe.

Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass dem Beschwerdeführer mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 24. Oktober 1989 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist und dass ihm mit rechtskräftigem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 12. Mai 1998 "(g)emäß § 23 Abs. 7 i.V.m. § 24 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 (...) eine unbefristete Niederlassungsbewilligung für jeglichen Aufenthaltszweck für das Gebiet der Republik Österreich erteilt" wurde. In der Begründung des letztgenannten Bescheides wird der Inhalt des § 23 Abs. 7 und des § 24 FrG wiedergegeben und ausgeführt, das Bundesasylamt Innsbruck habe mit Schreiben vom 7. Mai 1998 unter Hinweis auf § 14 Abs. 4 und 5 des Asylgesetzes 1997 mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer infolge Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen Anspruch auf Erteilung einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung gemäß § 23 Abs. 7 des Fremdengesetzes haben dürfte.

Die Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung gemäß § 23 Abs. 7 FrG greift zufolge der in § 14 Abs. 5 Asylgesetz 1997 normierten Rechtsfolge des Außerkrafttretens von Bescheiden, mit denen Asyl gewährt und die Flüchtlingseigenschaft festgestellt wurde, in Rechte des betroffenen Fremden ein, weil damit nicht nur ein unbefristetes Aufenthaltsrecht zuerkannt wird, sondern auch Rechte, die mit der Stellung eines Asylberechtigten verbunden sind (vgl. etwa § 1 Abs. 2 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes) entzogen werden. Im vorliegenden Fall geht es dabei um das Recht gemäß § 20 Abs. 1 zweiter Satz Asylgesetz 1997, dass nicht ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Z. 5 Asylgesetz 1997 ein Aufenthaltsverbot verhängt werde. Man wird daher davon ausgehen müssen, dass im Rahmen der durch § 14 Abs. 4 und 5 Asylgesetz 1997 und § 23 Abs. 7 FrG vorgesehenen Überleitung eines Flüchtlings in das (aufenthaltsrechtliche) Regime des FrG über die dafür maßgebliche Frage des Vorliegens der in § 14 Abs. 1 Z 1 und 2 Asylgesetz 1997 angeführten Umstände unter Wahrung des rechtlichen Gehörs des Betroffenen auf eine im Rechtsschutzsystem bekämpfbare Weise zu entscheiden ist (vgl. zur Problematik allgemein etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1989, Slg. 13.092/A, die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 13.223/1992 und 13.699/1994, sowie Thienel, Der mehrstufige Verwaltungsakt, 1996, 36 ff).

Wie diese Entscheidung zu erfolgen hat, kann hier indes offen bleiben. Mit Erlassung des Bescheides nach § 23 Abs. 7 FrG wurde der "Regimewechsel" im vorliegenden Fall nämlich abschließend vollzogen, weshalb nunmehr im Rahmen des damit nicht mehr im Zusammenhang stehenden Aufenthaltsverbots-Verfahrens darauf nicht mehr eingegangen werden musste. Dass der Bescheid vom 12. Mai 1998 keinen ausdrücklichen Hinweis auf das Eintreten der in § 14 Abs. 5 letzter Halbsatz Asylgesetz 1997 vorgesehenen Rechtsfolge enthält, vermag daran nichts zu ändern, dass er diese entfaltet, weil das Gesetz die Aufnahme eines derartigen Hinweises nicht verlangt.

Der belangten Behörde kann im vorliegenden Fall daher kein Vorwurf gemacht werden, dass sie das Vorliegen der Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 zweiter Satz Asylgesetz 1997 nicht geprüft hat, im Übrigen brachte der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren auch nicht substanziiert vor, er wäre ungeachtet des Außerkrafttretens des Bescheides der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 24. Oktober 1989 weiterhin Flüchtling im Sinne dieser Gesetzesstelle.

Soweit der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig hält, weil es einer Fremdenbehörde nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes versagt sei, ein Aufenthaltsverbot zu verhängen, wenn sie zuvor in Kenntnis aller Umstände eine Aufenthaltsbewilligung erteilt habe, zeigt er deswegen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil § 23 Abs. 7 FrG die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung bei Vorliegen der in dieser Gesetzesstelle angeführten Voraussetzungen zwingend vorschreibt. Versagungsgründe kommen dabei nicht zum Tragen, weshalb ein vom Beschwerdeführer angesprochener Wertungswiderspruch im Vorgehen der belangten Behörde zum Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 12. Mai 1998 nicht besteht.

Im Grunde der §§ 36 ff FrG hält der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid nicht für rechtswidrig. Auch der Verwaltungsgerichtshof hegt dagegen angesichts der aus seinen unbestrittenen wiederholten Straftaten und seiner unbestrittenen Mittellosigkeit zutreffend erstellten Gefährlichkeitsprognose keine Bedenken (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 24. März 2000, Zl. 98/21/0444, und vom 9. Oktober 2001, Zl. 2000/21/0068).

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 28. Februar 2002

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