VwGH 99/18/0127

VwGH99/18/012722.1.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des M, (geb. 1970), vertreten durch Dr. Gerhard Koller, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Friedrich Schmidtplatz 7, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 4. Februar 1999, Zl. III 16-6/99, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §33;
FrG 1997 §34;
FrG 1997 §33;
FrG 1997 §34;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (der belangten Behörde) vom 4. Februar 1999 wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, gemäß § 33 Abs. 1 und §§ 35, 37 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, aus Österreich ausgewiesen.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Gültigkeitsdauer der letzten österreichischen Aufenthaltsbewilligung des Beschwerdeführers mit Ablauf des 30. November 1994 geendet habe. Am 10. Oktober 1994, sohin fristgerecht, habe der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Kufstein um Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung angesucht. Diesem Antrag sei mit (letztinstanzlichem) Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. Februar 1996, rechtswirksam erlassen am 12. März 1996, nicht stattgegeben worden. Dieser Bescheid gehöre bis dato der Rechtsordnung an. Sein "Antrag auf Verlängerung der Niederlassungsbewilligung" vom 28. September 1998 sei daher in Wirklichkeit kein Verlängerungsantrag, sondern ein sogenannter Erstantrag des Beschwerdeführers. Sein Aufenthalt im Bundesgebiet sei seit dem 12. März 1996 nicht rechtmäßig, weil er seither nicht mehr über eine erforderliche gültige Aufenthaltsbewilligung im Sinn des § 31 Abs. 1 FrG (§ 15 Abs. 1 FrG aus 1992) verfüge. Der Tatbestand des § 33 Abs. 1 FrG sei daher erfüllt. Weiters erachtete die belangte Behörde den mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers zur Erreichung des im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziels des Schutzes der öffentlichen Ordnung, näherhin des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen, gemäß § 37 Abs. 1 FrG für dringend geboten. Ein Ausweisungsverbotsgrund gemäß § 35 FrG - auch gemäß § 35 Abs. 2 leg. cit. - komme im Fall des Beschwerdeführers nicht zum Tragen, weil er sich rechtmäßig lediglich von 1990 bis 1996 in Österreich aufgehalten habe und daher die dort genannte zeitliche Komponente nicht erfülle. Vom Ermessen des § 33 Abs. 1 FrG werde im Hinblick auf die Erschleichung der Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung ab 1990 durch seine "Scheinehe" mit einer namentlich genannten österreichischen Prostituierten von 1990 bis 1992 zum Nachteil des Beschwerdeführers Gebrauch gemacht (wobei die belangte Behörde näher darlegt, warum sie diese Ehe als Scheinehe einstuft).

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, verzichtete aber auf die Erstattung einer Gegenschrift.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Es ist unstrittig, dass der Beschwerdeführer im September 1998 - als er nicht im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung war - einen Antrag auf Verlängerung der Niederlassungsbewilligung gestellt hat. Da der Beschwerdeführer auf dem Boden der Feststellungen im angefochtenen Bescheid nach Ablauf der ihm erteilten Aufenthaltsbewilligung mit 30. November 1994 im Bundesgebiet niedergelassen blieb, ist das Verfahren über seinen Antrag vom September 1998 - ungeachtet seines rechtswidrigen Aufenthaltes - als solches auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung zu führen. Die Ausweisung von Fremden, die sich während eines Verfahrens zur Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels - gleichgültig, ob rechtmäßig oder unrechtmäßig - im Bundesgebiet aufhalten, ist aber abschließend in § 34 FrG geregelt, weshalb die Ausweisung solcher Personen gemäß § 33 leg. cit. nicht in Betracht kommt. Die von der belangten Behörde auf diese Bestimmung gestützte Ausweisung entspricht daher nicht der Rechtslage. (Vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 21. September 2000, Zl. 98/18/0303, mwH.)

2. Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

3. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 3 Abs. 2 Z. 2 Eurogesetz BGBl. I Nr. 72/2000 und der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 22. Jänner 2002

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte