VwGH 99/15/0217

VwGH99/15/021728.2.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. U. Zehetner, über die Beschwerde des J in S, vertreten durch Dr. Klaus Plätzer, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Alpenstraße 12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg als Finanzstrafbehörde II. Instanz vom 29. September 1999, RV 175/1- 6/99, betreffend Einleitung des Finanzstrafverfahrens, zu Recht erkannt:

Normen

FinStrG §82 Abs1;
FinStrG §82 Abs3;
FinStrG §82;
FinStrG §83;
FinStrG §82 Abs1;
FinStrG §82 Abs3;
FinStrG §82;
FinStrG §83;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Zuge einer bei VL durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung stellte der Prüfer fest, dass bei Ermittlung der Einkünfte des VL aus seiner selbständigen Tätigkeit als Dentist "anteilige Kosten" - diese seien von der L-KG weiterverrechnet worden - als Betriebsausgaben und die darauf entfallende Umsatzsteuern als Vorsteuern geltend gemacht worden seien, obwohl diesen Positionen keine Belege und keine Buchungen zugrundegelegen seien. Es handle sich um folgende Beträge: 1990: 600.000 S plus 20% USt (120.000 S); 1992: 400.000 S plus 20% USt (80.000 S). Der Aufwand sei bei VL nicht betrieblich veranlasst und könne daher - ebenso wie die geltend gemachten Vorsteuern - nicht anerkannt werden.

Auf Vorhalt gab VL durch seinen Vertreter Mag. E mit Schreiben vom 25. September 1995 bekannt, der Beschwerdeführer sei seinerzeit Steuerberater des VL gewesen. Der Beschwerdeführer habe selbständig und ohne VL zu informieren oder seine Zustimmung einzuholen bei der Gewinnermittlung für VL im Rahmen der Um- und Nachbuchungen "anteilige Kosten" angesetzt. Es fehle hiefür jede wirtschaftliche und rechtliche Grundlage, da keine Leistungen erbracht worden seien und auch kein Beleg mit gesondertem Mehrwertsteuerausweis vorliege. Zudem sei es zu keinem Zahlungsfluss gekommen. VL habe von diesen "Machenschaften" keine Kenntnis gehabt und hätte sie unter keinen Umständen gebilligt.

In einem von Mag. E für VL verfassten Nachsichtsansuchen vom 10. September 1997 wird ausgeführt, der noch aushaftende Abgabenrückstand sei im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass beim VL für die Jahre 1990 und 1992 zu Unrecht Kosten und Vorsteuern in Abzug gebracht worden seien, für die es weder Belege noch Buchungen gebe. "Dazu ist festzuhalten, dass der seinerzeitige Steuerberater diese Luftbuchungen selbständig vornahm ohne (VL) zu informieren oder seine Zustimmung einzuholen. (VL) hatte von diesen Machenschaften keine Kenntnis und hätte dieser Vorgangsweise, falls man ihn gefragt hätte, keinesfalls eingewilligt. ... Einen geldmäßigen Vorteil hatte (VL) aus diesen Einbuchungen nicht, da der damalige Steuerberater die Gepflogenheit hatte, Finanzamtskonto-Überschüsse als Honorarabschlagszahlungen sich selbst anweisen zu lassen." In dieser Eingabe teilte Mag E auch mit, dass VL mittlerweile drei Schlaganfälle erlitten habe und im Koma liege, sodass jederzeit mit seinem Ableben gerechnet werden müsse.

ML, die Ehefrau des VL, wurde am 18. September 1997 von der Finanzstrafbehörde erster Instanz als Auskunftsperson vernommen. Sie sagte aus, die L-KG habe niemals Kosten an die Dentisten-Praxis ihres Ehemannes weiterverrechnet.

Mit Bescheid vom 29. März 1999 leitete die Finanzstrafbehörde erster Instanz das Strafverfahren ein. Es bestehe der Verdacht, dass der Beschwerdeführer im Bereich des Finanzamtes Salzburg-Stadt als Wahrnehmender der steuerlichen Agenden des VL vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch Abgabe unrichtiger Einkommen- und Umsatzsteuererklärungen für 1990 und 1992 bescheidmäßig festzusetzende Abgaben (konkret genannte Beträge an Einkommensteuer 1990 und 1992 und Umsatzsteuer 1990 und 1992) in Höhe von insgesamt 553.325 S verkürzt und hiemit ein Finanzvergehen nach § 33 Abs. 1 FinStrG begangen habe. Der Beschwerdeführer habe vorgebracht, dass VL - entgegen dessen Behauptung - von der anteiligen Kostenüberrechnung informiert gewesen sei. VL habe wegen seiner Erkrankung nicht vernommen werden können. Der Beschwerdeführer sei im Tatzeitraum steuerlicher Vertreter des VL und auch der L-KG gewesen. In deren Namen habe er die Abgabenerklärungen 1990 und 1992 unterschrieben. Aus der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung des VL für die Jahre 1990 und 1992 ergebe sich, dass "anteilige Kosten (L-KG)" von 600.000 S (1990) und 400.000 S (1992) ausgewiesen seien. Nach den Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung und der Aussage der Prüferin GE seien die Buchungen erst im Zuge der Abschlussarbeiten vorgenommen worden. Eine laufende Verrechnung sei nicht erfolgt. Es gebe keine den Buchungen zugrundeliegenden Belege. Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, es habe in den Jahren 1986 und 1988 eine vergleichbare Verrechnung von Kosten durch ML an den Betrieb des VL gegeben, sei in keiner Weise abzuleiten, welche Kosten in der im gegenständlichen Fall behaupteten Höhe von 600.000 S und 400.000 S angefallen sein sollten. Dass eine Aufwandsverrechnung zwischen den Unternehmen nicht stattgefunden habe bzw solche Aufwendungen gar nicht angefallen seien, ergebe sich aus den Aussagen der Ehegatten L. Auf Grund der Gewinnsituation im Unternehmen des VL sei ersichtlich, dass Aufwendungen nur für jene Jahre verrechnet worden seien, in denen sie zur Gewinnminderung und damit zur Minderung der Steuerbelastung erforderlich gewesen seien, nämlich in den Jahren 1990 und 1992.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Administrativbeschwerde vom 16. April 1999 wird vorgebracht, der Beschwerdeführer habe mit VL, der seit Oktober 1989 alleiniger Geschäftsführer der L-KG gewesen sei, die jeweiligen Kostenüberrechnungen besprochen. Es wird gerügt, dass VL nicht einvernommen worden sei. Mittlerweile sei VL verstorben.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. Das Finanzamt habe seit Mitte des Jahres 1997 versucht, VL zum gegenständlichen Vorgang einzuvernehmen, was jedoch wegen des schlechten Gesundheitszustandes des VL nicht möglich gewesen sei. VL sei am 10. April 1999 verstorben. ML sei Prokuristin der L-KG gewesen und habe tatsächlich die Geschäfte der L-KG geführt. Die Betriebsprüferin habe am 13. Oktober 1997 ausgesagt, während der bei der L-KG durchgeführten Betriebsprüfung nur mit ML Kontakt gehabt zu haben. Im Übrigen sei es gar nicht wesentlich, ob VL Kenntnis von den Aufwandsbuchungen gehabt habe. Tatsächlich sei im Zuge der Abschlussbuchungen Aufwand verbucht worden, für den es keine Belege gegeben habe. Solche Buchungen werde kaum VL selbst vorgenommen haben. Anders als bei den in der Administrativbeschwerde angesprochenen, im Zeitraum der Vorprüfung erfolgten Aufwandsverrechnungen von ML an den Betrieb des VL habe es im gegenständlichen Fall keine Unterlagen über die Verrechnung und, obwohl VL seinen Gewinn durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermittelt habe, keine Belege über einen Zahlungsfluss gegeben.

Die VL betreffenden Abgabenerklärungen für die Jahre 1990 und 1992 seien vom Beschwerdeführer unterfertigt worden. VL habe sich in steuerlichen Angelegenheiten auf den Beschwerdeführer verlassen. Die Ausführungen im Schreiben des Steuerberaters Mag. E vom 25. September 1995 seien plausibel. Der Beschwerdeführer habe diese Ausführungen nicht entkräften können. Auffallend sei zudem, dass die in Rede stehenden Aufwandsbuchungen nur in jenen Jahren erfolgt seien, in denen sie zur Minderung des Gewinnes und damit der Steuerlast des VL erforderlich gewesen seien, nämlich in den Jahren 1990 und 1992.

Beim Verdacht, der Beschwerdeführer habe im Zuge der Um- und Nachbuchungen Aufwandspositionen je nach Gewinnsituation ohne tatsächlichen wirtschaftlichen Gehalt und ohne Beleg geschaffen, könne nur von vorsätzlichem Handeln ausgegangen werden.

Im gegenständlichen Verfahren gehe es nur darum, ob genügend Verdachtsgründe für die Einleitung eines Strafverfahrens gegeben seien. Die belangte Behörde gelange zum Ergebnis, dass die gegebenen Umstände für die Annahme des Tatverdachts ausreichten. Der Verdacht eines vorsätzlichen Finanzvergehens sei ausreichend begründet. Das Finanzamt habe sich im Einleitungsbescheid mit der objektiven und der subjektiven Tatseite auseinandergesetzt, die Verdachtsmomente seien durch den Akteninhalt gedeckt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens genügt es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wenn gegen den Verdächtigen genügend Verdachtsgründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass er als Täter eines Finanzvergehens in Frage kommt. Der Verdacht muss sich dabei sowohl auf den objektiven als auch auf den subjektiven Tatbestand erstrecken (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2000, 2000/14/0104).

In der Begründung des Einleitungsbescheides ist dazulegen, von welchem Sachverhalt die Finanzstrafbehörde ausgegangen ist und welches schuldhafte Verhalten dem Beschuldigten vorgeworfen wird. Aus der Begründung muss sich ergeben, dass die Annahme der Wahrscheinlichkeit solcher Umstände gerechtfertigt ist, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis 2000/14/0104).

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid ihrer Begründungspflicht entsprochen. Wie sich aus dem angefochtenen Bescheid ergibt, gründet sich der Verdacht auf folgende Feststellungen: Bei der den Einkommen- und Umsatzsteuererklärungen des VL für die Jahre 1990 und 1992 zugrunde liegenden Ermittlung des Gewinnes (durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung) und der Grundlagen für die Umsatzbesteuerung seien zu Unrecht Aufwandsüberrechnungen der L-KG als Betriebsausgaben und die darauf entfallenden Umsatzsteuern als Vorsteuern geltend gemacht worden. Über diese Überrechnungen gebe es keine Belege. Es habe auch kein Zahlungsfluss stattgefunden. Die Aufwendungen seien erst im Zuge der Abschlussarbeiten (Erstellung der Jahreserklärungen) angesetzt worden. VL habe in der durch seinen Vertreter Mag. E verfassten Stellungnahme vom 25. September 1995 zum Ausdruck gebracht, dass der Beschwerdeführer diese Betriebsausgaben und Vorsteuern eigenmächtig zum Ansatz gebracht und VL davon keine Kenntnis gehabt habe. Auch ML habe bestätigt, dass eine Überrechnung von Kosten durch die L-KG an VL nicht stattgefunden habe. Die "Buchungen" im Zuge der Erstellung der Jahreserklärungen müsse der Beschwerdeführer vorgenommen haben. Bei Vornahme solcher "Buchungen" ohne Beleg (und ohne Zahlungsvorgang) komme nur vorsätzliches Handeln in Betracht. Der Beschwerdeführer sei es auch gewesen, der die Abgabenerklärungen unterschrieben habe.

In der Beschwerde wird nicht bestritten, dass es der Beschwerdeführer gewesen ist, der die den Steuererklärungen für VL zugrunde liegenden Bemessungsgrundlagen für die Einkommensteuer und die Umsatzsteuer ermittelt hat. Die Beschwerde tritt auch der Feststellung des angefochtenen Bescheides, dass kein Beleg vorhanden gewesen sei und es zu keinem Abfluss bei VL gekommen sei, nicht entgegen. Im Hinblick darauf, dass der Gewinn für die freiberufliche Tätigkeit des VL durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung und somit unter Beachtung des Zu- und Abschlussprinzips des § 19 EStG ermittelt worden ist und gemäß § 12 Abs. 1 UStG zu den Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Rechnung gehört, liegt es somit auf der Hand, dass der Beschwerdeführer die - sodann in den Steuererklärungen ausgewiesenen - Bemessungsgrundlagen für Einkommen- und Umsatzsteuer 1990 und 1992 unrichtig ermittelt hat. Solcherart kam es - entgegen dem Beschwerdevorbringen - nicht mehr darauf an, welche konkreten Kostenarten Gegenstand der in Rede stehenden Aufwandsüberrechnung gewesen sind.

Der Beschwerdeführer rügt, dass VL nicht rechtzeitig einvernommen worden sei. Die Vernehmungsunfähigkeit habe sich nicht auf den gesamten Zeitraum der Erhebungen erstreckt. Es hätte auch ML dazu einvernommen werden müssen, ob VL vernehmungsfähig sei.

Dem Beschwerdeführer ist entgegenzuhalten, dass es vom Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens umfasst ist, ob der angefochtene Bescheid durch eine Verletzung von Verfahrensvorschriften durch die belangte Behörde mit Rechtswidrigkeit belastet ist. Eine in der Unterlassung der Einvernahme des VL gelegene Verletzung von Verfahrensvorschriften durch die belangte Behörde ist im gegebenen Zusammenhang auszuschließen, weil VL im Zeitpunkt der Einbringung der Administrativbeschwerde bereits verstorben war. Ergänzend sei aber auf die Versuche der Finanzstrafbehörde erster Instanz zur Einvernahme von VL verwiesen; der Behörde wurde mehrfach - auch unter Vorlage ärztlicher Bestätigungen - mitgeteilt, dass VL aus gesundheitlichen Gründen nicht vernommen werden könne.

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, er sei von VL und ML zur Verrechnung der Aufwendungen "instruiert" worden.

Im Rahmen der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Ausgaben-Rechnung können laufende Kosten nur dann als Betriebsausgaben geltend gemacht werden, wenn es zu einem Abfluss iSd § 19 EStG gekommen ist. Gemäß § 12 Abs. 1 UStG erfordert der Vorsteuerabzug das Vorhandensein einer Rechnung iSd § 11 UStG. Selbst im Falle einer - von ML und von VL durch dessen Vertreter bestrittenen - "Instruktion" durch ML und VL hat der Beschwerdeführer durch die Geltendmachung der in Rede stehenden Beträge im Rahmen der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen und durch die Einreichung entsprechender Abgabenerklärungen zu einer Abgabenverkürzung beigetragen. Der belangten Behörde kann auch nicht entgegengetreten werden, wenn sie diese Vorgangsweise als Indiz für den Verdacht auf vorsätzliches Handeln gewertet hat, zumal ein Irrtum über die im gegenständlichen Fall maßgeblichen steuerlichen Normen vom Beschwerdeführer nicht eingewendet worden ist und zudem bei einem Steuerberater äußerst unwahrscheinlich wäre.

Soweit der Beschwerdeführer das Unterbleiben der Zeugeneinvernahme des Mag. E rügt, ist ihm entgegenzuhalten, dass er eine solche nicht beantragt hat.

Sohin kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zum Ergebnis gelangt ist, dass ausreichende Verdachtsgründe gegen den Beschwerdeführer vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass er als Täter eines Finanzstrafvergehens in Frage komme.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II 501/2001.

Wien, am 28. Februar 2002

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